Fritz Perls

Fritz Perls
Fritz Perls (1923)

Friedrich Salomon „Fritz“ Perls – auch Frederick S. Perls – (* 8. Juli 1893 in Berlin; † 14. Mai 1970 in Chicago) war ein Psychiater und Psychotherapeut deutsch-jüdischer Herkunft und gilt als einer der maßgeblichen Begründer der Gestalttherapie, gemeinsam mit Laura Perls und Paul Goodman.

Inhaltsverzeichnis

Perls Leben

Perls begann nach seinem Abitur am Askanischen Gymnasium 1914 Medizin zu studieren und schloss nach dem Krieg 1921 mit einem Dr. med. ab, um dann Neuropsychiater zu werden. Während des Studiums spielte er am expressionistischen Theater bei Max Reinhardt und teilte dessen Forderung nach Wahrheit und Echtheit im Gegensatz zu „jener leeren Schauspielerei, von der das Leben voll ist“.

Nach einem kurzen Aufenthalt in den USA begann Perls eine Psychoanalyse bei Karen Horney.

Von 1926 an arbeitete Perls als Assistenzarzt bei Kurt Goldstein und führte dort mit diesem zusammen Studien an Hirnverletzten durch. Durch Goldstein lernte er auch die Gestaltpsychologie kennen, die einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Gestalttherapie haben sollte. Während dieser Zeit lernte er seine spätere Frau Laura Perls (geb. Lore Posner), eine Studentin Goldsteins kennen. 1930 heirateten Fritz und Laura Perls.

1928 begegnete Fritz Perls zum ersten Mal Wilhelm Reich, der später sein Kontrollanalytiker wurde. Perls erlebte Reich als unkonventionellen Analytiker, der nicht nur passiv zuhörte sondern sich aktiv mit seinem Patienten auseinandersetzte.

Südafrika

1934 floh die Familie Perls nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland nach Südafrika. Perls gründeten dort das South African Institute for Psychoanalysis. 1936 hielt Fritz Perls auf einem Psychoanalytischen Kongress in der Tschechoslowakei seinen ersten Vortrag mit dem Titel „Orale Widerstände“. Dieser stieß auf Skepsis der meisten Psychoanalytiker, da die herrschende Lehrmeinung darin bestand, dass Widerstände immer anal seien. Es kam zu einem ersten Bruch mit den orthodoxen Psychoanalytikern: „It was rejected: "Resistances are always anal" (!) I was resentful. This was my first break with the orthodox ones.“[1]

1941 verfasste er zusammen mit seiner Frau sein erstes Buch „Das Ich, der Hunger und die Aggression“, das bereits die grundlegenden theoretischen Gedanken der Gestalttherapie beschreibt.

1942 trat Perls in die Armee ein. 1946 wurde er entlassen und emigrierte in die USA.

USA

Perls entwickelte in Abgrenzung zur Psychoanalyse mit seiner Frau Laura Perls und unter Mitarbeit von Paul Goodman die Gestalttherapie. Es handelt sich dabei um ein spezifisches erlebnisaktivierendes Psychotherapieverfahren, bei dem es um die Förderung der Awareness, des Gewahrseins aller gegenwärtigen Gefühle, Empfindungen und Verhaltensweisen, und des Kontakts zu sich selbst und zur Umwelt geht.

1951 erschien das Buch Gestalt Therapy, das er zusammen mit Paul Goodman und Ralph F. Hefferline verfasst hatte. 1952 gründen sie mit Laura Perls ein Gestaltinstitut in New York, 1953 ein weiteres in Cleveland. Perls entwickelte seine typische, experimentelle Arbeitsweise mit Klienten und fand rasch Anhänger. Zu seinen Kontakten gehörten Judith Malina und Julian Beck, die das Living Theatre aus der Arbeit mit Erwin Piscator entwickelten.

Ab 1960 beschäftigte sich Perls mit existenzieller Psychiatrie und studierte in Japan Zen. 1964 ging er ans Esalen-Institut in Big Sur, Kalifornien, einem wichtigen Begegnungsort der Human-Potential-Bewegung in den 60er Jahren und führte dort seine berühmten Gestalt-Workshops mit (angehenden) Psychotherapeuten durch. 1969 gründete er am Lake Cowichan, Vancouver Island, eine Gestalt-Gemeinschaft. 1970 starb Perls in Chicago während einer Vortragsreise. Er ist gemeinsam mit seiner Frau auf dem jüdischen Friedhof von Pforzheim begraben.

Perls und die Gestalttherapie

Perls blieb seiner Herkunft von der Psychoanalyse trotz heftiger Kritik an ihr insofern treu, als auch seine Gestalttherapie wie die Psychoanalyse im Kern Widerstands-Analyse ist: es geht in der Gestalttherapie um die Analyse und das Durcharbeiten der verschiedenen Widerstände, die Kontakt, Einsicht und Veränderung entgegenstehen.

Perls war unter anderem stark von der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie beeinflusst, mit der er die ganzheitliche Orientierung teilte und von der er einige Erkenntnisse in seine Gestalttherapie integrierte. Diese Bezüge kommen auch in der Wahl der Bezeichnung Gestalttherapie zum Ausdruck. Die amerikanischen Gestaltpsychologen Rudolf Arnheim und Mary Henle standen dieser Verwandtschaft allerdings kritisch gegenüber.

„Perls’ Interesse für den Charakter des Menschen im Unterschied zu seinen Symptomen ist in erster Linie Wilhelm Reich zu verdanken.“

Erving und Miriam Polster: Gestalttherapie, 1975

Seine eigenen Theater-Erfahrungen setzte er auch in seiner Arbeit mit Therapie-Gruppen um: Wie ein Regisseur begleitet er die Personen, ihre inneren Dramen, Träume und Gegensätze in der Gruppe zu inszenieren und vorzustellen, um sie selbst zu akzeptieren und zu verstehen.

Mit Perls Gestalttherapie verwandt, aber nicht identisch, sind die unmittelbar auf der Gestaltpsychologie aufbauende Gestalttheoretische Psychotherapie nach Hans-Jürgen Walter und die aus der Gestalttherapie unter Integration anderer Ansätze hervorgegangene Integrative Therapie nach Hilarion Petzold.

Einzelnachweise

  1. Von Perls selber so zitiert.

Schriften

  • 1942: Ego, hunger and aggression (dt. Das Ich, der Hunger und die Aggression, 1969).
  • 1951: Gestalt therapy: excitement and growth in the human personality (mit Ralph F. Hefferline und Paul Goodman, dt. Gestalt-Therapie, 1979).
  • 1969: Gestalt Therapy Verbatim (dt. Gestalttherapie in Aktion, 1969).
  • 1969: In and out the garbage pail (dt. Gestalt-Wahrnehmung, 1981).
  • 1973: The Gestalt approach and eye witness to therapy (dt. Grundlagen der Gestalttherapie, 1976).

Literatur zu Leben und Werk von Fritz Perls

  • Bernd Bocian: Fritz Perls in Berlin, 1893–1933: Expressionismus, Psychoanalyse, Judentum. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2007.
  • Petruska Clarkson, Jennifer Mackewn: Frederick S. Perls und die Gestalttherapie. EHP, Köln 1993.
  • Martin Shepard: Fritz. Second Chance Press, Sagaponack 1975.

Siehe auch

Real People Press, Verlag, der zur Popularität Perls' und der Verbreitung der Gestalttherapie in den USA einen wichtigen Beitrag geleistet hat.

Weblinks


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