Funka

Funka
Ein Funkenfeuer in Haselstauden
Funkenhexe am Oberfallenberg
Ein vorbereiteter Funken aus Stroh mit Funkentanne und Hexe, auf einer Anhöhe im oberen Linzgau.
Brennender Funken in Herdwangen

Das Funkenfeuer (kurz: Funken) ist ein alter Feuerbrauch, der heute noch im schwäbisch-alemannischen Raum (Vorarlberg, Liechtenstein, Schweiz, Schwarzwald, Allgäu, Oberschwaben sowie im Tiroler Oberland und Vinschgau), aber auch in Ostfrankreich und bis in die Gegend von Aachen verbreitet ist. Jedes Jahr am Funkensonntag (heute teilweise auch am Samstag davor) werden die so genannten Funken abgebrannt. Mit Funkensonntag bezeichnet man den ersten Sonntag nach Aschermittwoch, also den ersten Fastensonntag.

Der Funken ist ein um eine Funkentanne kunstvoll aufgeschichteter Holzturm, auf dessen Spitze eine Hexenpuppe (Funkenhexe) hängt, die mit Schießpulver gefüllt ist. Mit der Abenddämmerung werden die Funken unter den Augen der Dorfbevölkerung angezündet, die auf die Explosion der Funkenhexe wartet. Nach der Explosion der Hexe wird meist ein Feuerwerk abgebrannt. Die größten Funken können eine Höhe von bis zu 30 Metern erreichen.

In der Schweiz oder mindestens im Rheintal werden keine Funkenhexen verbrannt, sondern der Böög. So wird die Figur genannt, die mit einigen lauten Knallern explodiert. Zudem sind im Rheintal die Funken keine Holztürme, sonder einfache Haufen, die aufgeschüttet werden. Sie sind weniger hoch als die Holztürme, aber dafür bedecken sie eine viel größere Fläche.

Die Funkenzunft Gaißau (Vorarlberg) hat im Jahr 2000 einen 41 Meter hohen Funken gebaut und dafür einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde bekommen. Das Verbrennen der Funkenhexe und die historische Hexenverbrennung sollen angeblich nichts miteinander zu tun haben.

Inhaltsverzeichnis

Vorbereitungen

Bis der Funken angezündet werden kann, sind einige Vorbereitungen zu treffen. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Vorbereitungen meist durch die Dorfjugend durchgeführt. Im Laufe der Zeit wurden diese Aufgaben aber immer mehr durch gut organisierte Funkenzünfte übernommen. Traditionell wird am Faschingsdienstag die Funkentanne geschlagen. In derselben Woche wird in der Bevölkerung Brennmaterial gesammelt. Für den Funkenbau werden oftmals alte Christbäume, Paletten oder anderes Abfallholz verwendet.

Am Samstag vor dem Funkensonntag wird mit dem Aufbau des Funkens begonnen. In der Nacht auf Sonntag passt eine Funkenwache auf, damit der Funken nicht frühzeitig von der „Konkurrenz“ aus den Nachbardörfern angezündet wird. Die wirtschaftlichen Interessen, die heute vielerorts mit diesem Brauch verbunden sind, haben aber dazu geführt, dass dieser althergebrachte Streich heute strafbar ist. Früher wurde in manchen Gegenden in den Funken ein Raum für die Funkenwirtschaft eingebaut, wo bis kurz vor dem Anzünden bewirtet wurde. Aus Sicherheitsgründen wird heute aber eher in einem Zelt neben dem Funken gefeiert.

Funkenringwürfeln

Diese immer noch sehr lebendige Tradition findet in Oberschwaben und im Allgäu traditionell am Funkensonntag (bzw. vielerorts zudem auch am Samstagabend) statt. Dann wird in vielen Wirtshäusern und Vereinshäusern ab dem Frühschoppen um so genannte Funkenringe, einem kreisförmigen Hefegebäck (Kranzbrot), gewürfelt. Der Funkenring gilt auch als ein Sonnen- und Fruchtbarkeitssymbol.

Funkenwagen

Im Oberschwäbischen Raum, speziell in der Gegend um Ravensburg gehört zum Funkenbauen auch das gemütliche Beisammensein im Funkenwagen. Ein Funkenwagen ist oft ein alter, teils von den Funkenbauern umgebauter Bauwagen.

Funkensonntag

Am Funkensonntag ziehen die Dorfbewohner bei Einbruch der Dämmerung in einem Fackelzug zum Funkenplatz. Die Fackeln sind dabei vor allem für die Kinder gedacht. In manchen Gemeinden veranstalten die Funkenzünfte Gießkurse für die Kinder, die dann ihre Fackeln selbst gießen können. In einigen Gemeinden wird am Nachmittag auch ein Kinderfunken abgebrannt. Der Zug wird oftmals von einer Dorfmusik, einem Gesangsverein und/oder Fackelschwingern begleitet. Wenn sich alle um den Funken versammelt haben und die Dunkelheit eingebrochen ist wird der Funken unter dem Beifall der Zuschauer entzündet.

Die Zuschauer warten nun, bis sich das Feuer nach oben gearbeitet hat und die mit Schießpulver gefüllte Hexe explodiert. Es gilt allgemein als schlechtes Omen, wenn der Funken umfällt, bevor die Hexe explodiert ist. In diesem Fall wird die Hexe am darauffolgenden Sonntag in einer Zeremonie „beerdigt“.

Nachdem die Hexe explodiert ist, wird heute üblicherweise ein Feuerwerk abgebrannt. Durch die große Anzahl der Funkenfeuer (in Vorarlberg bspw. über 150) ergibt sich ein beeindruckendes Bild. Vor allem von einer Anhöhe aus sind zahlreiche Funkenfeuer und Feuerwerke zu beobachten. Beim Funken spielt sich in manchen Regionen dann auch der Brauch des Scheibenschlagens ab, bei dem brennende Holzscheiben in die Luft geschleudert werden.

Ursprung

Verbreitung der Feuer am Funkensonntag (rot) und am 1. März (blau)

Der Ursprung dieses Brauches ist unklar. Es gibt dazu zahlreiche Thesen, die die Herkunft des Funkenbrauches zu beschreiben versuchen. Vielfach wurden dabei eigene (zeitgenössische) Ideologien und Interessen hineininterpretiert.

Landläufige Meinung über den Ursprung

Eine landläufig bekannte, jedoch wissenschaftlich nicht haltbare Meinung ist, dass das Funkenabbrennen ein althergebrachtes Brauchtum zur Vertreibung des Winters sei. Diese Deutung ist auch bei dem Landeshistoriker und Priester Josef Thaler zu finden, der in einem Gedicht mit dem Titel „Lertha“ aus dem Jahre 1798 die Funkenfeuer im christlichen Sinne interpretierte. Er sah den Brauch als Rest aus dem Heidentum, der von den gegenwärtigen „Enkeln“ jedoch zum Lob Gottes und zu sittlicher Hebung durchgeführt wird. Dem Gedicht hat Thaler eine historische Deutung beigefügt:

„Die Holepfann-Feuer (Anm. andere Bezeichnung für Funkenfeuer) werden in der Umgebung von Meran, wie in Ulten, Passeier und Vinschgau, bei der Abenddämmerung des ersten Sonntags nach dem Fasching rings herum auf Anhöhen angezündet, wobei man auch hie und da brennende Reisig- und Strohbündel über die Saaten hinunter rollen lässt, was man in Ulten das ‚Kornaufwecken’ nennt. Im Vinschgau sind diese Feuer mit dem sogenannten Scheibenschlagen – dem Hinausschleudern von brennenden (ursprünglich wohl die Sonne vorstellenden) Holzscheiben unter lauten Begrüßungen an irgendein teures Haupt – verbunden. Dieser Brauch ist wohl ein Überbleibsel von den Naturfesten, welche unsere heidnischen Voreltern der Göttin Herda (Mutter Erde) und im weiteren Sinne der Weltmutter Frigga (Mutter Natur) sowohl, als auch dem Sonnengotte Balder gefeiert haben, und zwar sowohl nach der Wintersonnenwende, als auch jene des Sommers, woher sich unsere Johannisfeuer im Innthale schreiben.“

Auch Franz Josef Fischer spricht 1921 in seinem Buch Der Funken und Küachlesonntag in Vorarlberg und Liechtenstein unter anderen die Möglichkeit eines heidnischen Ursprungs an:

„Die heidnischen Ureinwohner des Landes, die keltischen Rhätier, huldigten wie alle indogermanischen Völker der Verehrung des Lichtes und des Feuers, die von der Sonne ausgehen, sie verehrten den Sonnengott Mithra und Baldur als Spender von Helle und Wärme. Der sieghafte Gott überwindet den Sohn des Nordens, den Winter, mit seinem nächtlichen, grausen Spuk und lässt durch seinen milden Frühlingshauch, in den Alpenländern den Föhn, todbannend und lebenwirkend, die Erde neu grünen und sprossen. Diesem Gotte werden Opfer gebracht, Feuer angezündet, festliche Tänze veranstaltet.“

Wissenschaftliche Meinung über den Ursprung

Die heidnische Interpretation wurde im 19. und noch im 20. Jahrhundert auch von der Wissenschaft stark verbreitet, lässt aber Überlieferung und Termin des Brauchs völlig außer Acht. Das Abbrennen des Funkens steht vielmehr in engem Zusammenhang mit dem Ende der Schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Genauer gesagt ist der Termin ein Überbleibsel des früheren Beginns der Fastenzeit (daher in manchen Gegenden auch Alte Fasnacht genannt). Schon auf der Synode von Benevent im Jahr 1091 wurde aber der Termin auf den Aschermittwoch verlegt. Der Brauch muss also älter sein. Die neuere volkskundliche Forschung führt ihn auf noch heute in Oberitalien gebräuchliche Feuer zum römischen Jahresanfang am 1. März zurück, die dann im frühen Mittelalter in den christlichen Kalender integriert worden seien.

Außerdem diente der Funken zur Verbrennung von Unrat und hatte somit eine überaus profane Funktion, die in Verbindung mit der Frühjahrsreinigung des Hauses und der Wiesen stand. Wenn auch das heute aus Umweltschutzgründen verboten ist, werden doch auch noch vielerorts die alten Christbäume im Funken verbrannt.

Die Funkenfeuer im Laufe der Zeit

Funken am Oberfallenberg

Der erste Beleg für den am Funkensonntag stattfindenden Feuerbrauch stammt aus einem lateinischen Brandbericht des Benediktinerklosters Lorsch aus dem Jahr 1090. Laut Bericht wurde der Brand des Klosters durch eine brennende Holzscheibe entfacht, die die Burschen am Abend des 21. März 1090 geworfen hatten. Weitere Belege aus dem 15. Jahrhundert (Basel), sowie des 16. und 17. Jahrhunderts (Luzern, Bregenz, Innsbruck), belegen die einstige Verbreitung des Brauchs.

Erst mit der Aufklärung wurde er zurückgedrängt. Die Verbrennung einer Hexenpuppe auf dem Funken ist nicht ein Rest der schrecklichen Hexenverbrennungen der frühen Neuzeit, sondern vermutlich erst im 19. Jahrhundert in Anlehnung an die Fastnacht entstanden.

Nach dem Ersten Weltkrieg ließ der Brauch des Funkenabbrennens stark nach. Auf Grund des allgemeinen Holzmangels war er sogar einige Jahre verboten. Im österreichischen Ständestaat zwischen 1933 und 1938 ist der Funken auch im Spannungsverhältnis zwischen dem Ende der 1. Republik und dem austrofaschistischen Putsch zu sehen. Dabei hatte die lokale austrofaschistische Kulturpolitik insgesamt versucht, den Funken mit ständestaatlichen Ideen zu verbinden und „heimatliche“ Traditionsbildungen fortzuführen. Der Funken wurde propagandistisch bewusst zur Förderung einer „Österreich-Ideologie“ bzw. zur Darstellung des Ständestaates eingesetzt. Dies aber nur mit mäßigem Erfolg. Der Funkenbrauch wurde nur selten in das austrofaschistische Festrepertoire übernommen.

Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich 1938 wurde vor allem der touristische Aspekt des Funkens entdeckt. Durch den Anschluss war die Tausendmarksperre aufgehoben worden, und zahlreiche deutsche Urlauber strömten nun im Winter nach Vorarlberg. Der politische Nutzen den der Funken für die Nationalsozialisten hatte war eher gering. Der Funken demonstrierte zwar die Vielfalt des Reiches, zugleich aber auch einen weniger erwünschten „stammlich“ begründeten Regionalismus, der nicht gerade als der beste Ausdruck von nationaler Stärke und Geschlossenheit schien. Für einen konkreten nationalsozistischen Zweck eignete sich etwa das Sonnwendfeuer deutlich besser.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfuhr der Funkenbrauch in Vorarlberg einen starken Aufschwung. Trotz Brennstoffmangels brannten dort überall zahllose Feuer. Der Funken diente in dieser Zeit als Instrument zur Identitätsfindung der Vorarlberger Bevölkerung. Das Feuer symbolisierte auf politischer Ebene eine als notwendig empfundene „Reinigung“, es versprach die Überbrückung tief aufgerissener Gegensätze in den Dörfern und es veranschaulichte die wiedererreichte Selbständigkeit des Landes Vorarlberg. Mehr als je zuvor wurde der Funken in Vorarlberg zum Landesbrauch schlechthin.

In zahlreichen Gemeinden wurden nun eigens für die Durchführung des Funken Funkenzünfte gegründet. Mit der einhergehenden Professionalisierung der Durchführung wurden die Funken immer höher und kunstvoller gebaut. Die einzelnen Funkenzünfte entwickelten über die Jahre hinweg unterschiedliche Funkenbauweisen und Begleitprogramme, sodass heute eine fast unüberschaubare Vielfalt existiert.

Kritik

Auch wenn die Durchführung des Funkens von einer breiten Öffentlichkeit getragen wird, bleibt sie nicht kritikfrei. Mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Funkens wurde wiederholt die Frage nach dem Sinn laut. Die eigentliche Tradition würde für eine reine Geschäftemacherei geopfert und die Forderung zu einer Rückkehr zu den alten Traditionen mit weniger Pomp wurde gefordert.

Nicht nur Feministinnen sind der Meinung, dass die Tradition des Funkenfeuers darunter leidet, wenn dabei immer noch Hexen verbrannt werden. Auch wenn das Funkenfeuer historisch nicht aus der Hexenverbrennung entstanden ist, werden dieselben Bilder verwendet. Viele Frauen fühlen sich ohnmächtig und ausgeliefert, wenn sie diesem Ritual beiwohnen. „Zum Spaß“ ein Symbol zu verbrennen, das für einen Menschen steht, ist ein zweifelhaftes Vergnügen. Das gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass es jahrhundertelang für Frauen, Männer und Kinder lebensbedrohlich sein konnte, als Hexe bezichtigt zu werden.

Mit dem wachsenden Umweltbewusstsein entstand auch die Kritik, dass der Funken eine nicht notwendige Luftverschmutzung darstelle. Die vielfach verwendeten Brandbeschleuniger (wie z. B. Heizöl) wurden in Frage gestellt.

Bauernregeln

„Sieht man am Funkensonntag viele Sterne, dann gibt es in diesem Jahr viele Kirschen.“
„Wenn es am Funkensonntag lange Eiszapfen hat, gibt es einen langen Flachs.“

Weblinks

Literatur

  • Martin Zender: Die Termine der Jahresfeuer in Europa. Erläuterungen zur Verbreitungskarte. Forschungen zum Ethnologischen Atlas Europas und seiner Nachbarländer 1, Göttingen 1980
  • Reinhard Johler: Die Formierung eines Brauches: Der Funken- und Holepfannsonntag. Studien aus Vorarlberg, Liechtenstein, Tirol, Südtirol und dem Trentino. Selbstverlag des Instituts für Europäische Ethnologie der Universität Wien, Wien 2000
  • Monika Hehle: 's Ländlejohr. Hecht Verlag, 2000, ISBN 3-85298-076-3
  • Franz Josef Fischer: Der Funken- und Küachlesonntag in Vorarlberg und Liechtenstein. Verlag der Heimat, 1921
  • Hans Gapp: Alpenbräuche. Innsbruck 1994

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