Führers Geburtstag

Führers Geburtstag

In der Zeit des Nationalsozialismus war der Führergeburtstag (auch Geburtstag des Führers oder Führers Geburtstag) ein „besonders begangener Tag“, an dem jährlich am 20. April, dem Geburtstag des „Führers und ReichskanzlersAdolf Hitler, Beflaggung angeordnet war. Lediglich der 20. April 1939, Hitlers 50. Geburtstag, war ein staatlich verordneter Feiertag, zu dem auch Vertreter ausländischer Regierungen und Streitkräfte in die Reichshauptstadt eingeladen wurden [1].

Inhaltsverzeichnis

Abläufe

Der Abend des 19. April war das Datum, an dem jährlich im ganzen Deutschen Reich Jugendliche feierlich in die Hitler-Jugend aufgenommen wurden. So berichtet die Donau-Bodensee-Zeitung von einer Feierstunde mit Gelöbnis und anschließendem Marsch durch die Straßen der Stadt Ravensburg am 19. April 1944:

„Am Vorabend des Geburtstags des Führers traten über eine Million Jungen und Mädel im ganzen Reiche an, um in die große Gemeinschaft der Hitler-Jugend aufgenommen zu werden. Auch in Ravensburg waren die Zehnjährigen mit leuchtenden Augen und strahlenden Herzens gekommen, um sich als Geburtstagsgeschenk dem Führer zu geben.“[2]

Am 20. April, dem Geburtstag selbst, wurden Parteifeiern und Gedenkstunden im ganzen Reichsgebiet und in den annektierten Gebieten abgehalten (zuletzt 1944). Bei diesen waren neben Reden über die Größe des Führers und seine Rolle in der Geschichte auch antisemitische Hetzreden an der Tagesordnung. Üblich war auch das Singen von nationalsozialistischen Liedern, so genannten „Liedern der Bewegung“, und der Nationalhymnen (Deutschlandlied als offizielle und Horst-Wessel-Lied als inoffizielle Hymne).[3] Nicht immer gelang es den NSDAP-Führern, den festlichen Charakter der Feiern zu bewahren: nach der Parteifeier am 20. April 1944 im Rigaer Opernhaus entbrannte ein Streit um die Rangfolge der auffahrenden Automobile, der sich zu einer handfesten Prügelei unter den nationalsozialistischen Parteiführern auswuchs.[4]

Am 20. April 1945 waren Feiern nur noch sehr eingeschränkt möglich und nahmen bisweilen groteske Züge an:

„Am 20.4.45, 19 Uhr müssen wir zur ‚Feier des Geburtstages des Führers’ im Kasino des Landeshauses erscheinen. Ein Kreisleiter redet über den Endsieg! Die spendierte Flasche Rotwein und die kleine Portion Schinken und Wurst mit Brot haben uns nicht vom Sieg überzeugen können.“[5]

Vorbild: Kaisers Geburtstag

Im deutschen Kaiserreich war bis 1918 Kaisers Geburtstag, also der Geburtstag Kaiser Wilhelms II. am 27. Januar, ein staatlicher Feiertag. Er wurde in großem Rahmen mit Festansprachen, Festtagsessen usw. gefeiert, und Kinder lernten Gedichte, die zu Kaisers Geburtstag aufgesagt wurden. Insofern bedienten sich die Nationalsozialisten mit den Feiern zu Führers Geburtstag einer Tradition aus der Kaiserzeit.

Nachwirkungen nach 1945

1994 sagte der englische Fußballverband ein auf den 20. April terminiertes Länderspiel in Hamburg gegen Deutschland wegen befürchteter Ausschreitungen aufgrund des Datums ab.[6]

2005 wurde der neue baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger absichtlich nicht an diesem Datum vereidigt, nachdem sein Vorgänger Erwin Teufel am 19. April zurückgetreten war. Es waren ebenfalls Ausschreitungen wegen des Datums befürchtet worden sowie auch ein Schaden am Image des Landes. Oettinger wurde daraufhin am 21. April in sein neues Amt eingeführt.

Siehe auch

Literatur

  • Die Wochenschau von Hitlers 50. Geburtstag. Erläuterungen und Material für ihre Auswertung, hg. f. d. Niedersächsische Landeszentrale für Politische Bildung von Joachim Immisch, Hannover 1961.
  • Walter Kempowski (Hrsg.): Das Echolot. Ein kollektives Tagebuch. Abgesang ’45. Knaus, München 2005, ISBN 3-8135-0249-X
  • Roland Kopp, Die Wehrmacht feiert. Kommandeurs-Reden zu Hitlers 50. Geburtstag am 20. April 1939, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 62 (2003) 2, 471-535.
  • Günther Rühle, Eine deutsche Karriere. „Schlageter“ von Hanns Johst - eine Uraufführung zu Hitlers Geburtstag. In: Theater heute, 43 Jg. 2002, Heft 8/9, S. 56-64

Weblinks

Quellen

  1. Bild der Militärattachés von Polen, Italien, Russland und Frankreich während der Parade zu „Führers Geburtstag“, 20. April 1939
  2. Unsere Jugend gelobte sich dem Führer. Ein neuer Jahrgang ist angetreten., in: Donau-Bodensee-Zeitung, Kreisausgabe Ravensburg, 22. April 1944
  3. Artikel in der Donau-Bodensee-Zeitung, Kreisausgabe Ravensburg, 22. April 1944
  4. Quelle: Beatrice Heiber (Hrsg.): Die Rückseite des Hakenkreuzes, München 1993.
  5. Der Volkssturmmann Fritz Steffen (1893-1979), Stettin, in: Walter Kempowski, Das Echolot - Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch, München 2005.
  6. Kein Länderspiel an Hitlers Geburtstag (1994) (Meldung auf goettingen.de, 20. April 2006)

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