Fürstpropstei Ellwangen

Fürstpropstei Ellwangen
Blick auf die Residenz der Fürstpröpste, Schloss ob Ellwangen

Die Fürstpropstei Ellwangen war ein von 1460 bis zur Säkularisation im Jahre 1802 eigenständiges Fürstentum, das in den jeweiligen Fürstpröpsten weltliche und zugleich geistliche Macht in sich vereinte.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Ausdehnung

Bei der Säkularisation 1802 wohnten ca. 20.000 Menschen im Territorium der Fürstpropstei, das etwa 500 Quadratkilometer umfasste. Es bestand zunächst aus den Ämtern Ellwangen, Tannenburg und Kochenburg. 1471 kam das Amt Rötlen, 1545 Wasseralfingen und 1609 Heuchlingen dazu.

Geschichte

Die Fürstpropstei Ellwangen ging aus einer reichsunmittelbaren Abtei in Ellwangen an der Jagst hervor, die im Jahr 764 (750?) von Hariolf und Erlolf (Bischof der französischen Stadt Langres) als Benediktinerkloster gegründet worden war. 1460 wurde die Abtei in ein weltliches Chorherrenstift umgewandelt. Dem Stiftskapitel gehörten zwölf adlige Kanoniker und zehn Chorvikare an. Der Fürstpropst besaß im Reichstag eine Virilstimme und vergab die städtischen Ämter in Ellwangen jeweils für ein Jahr gegen eine Gebühr. Dies betraf sowohl den Stadtschultheißen als auch die Mitglieder des Gerichts, die zugleich den Rat bildeten. Selbst das Hirtenamt und das Amt des Büttels wurden auf diese Weise besetzt.[1]

Ab 1524 verbreitete Stiftsprediger Johann Kreß die Ideen der Reformation. Der Ellwanger Pfarrer Georg Mumpach erklärte 1525, die Leibeigenschaft sei aufgehoben und die Klöster sollten umgewandelt und zerstört werden. Auf seine Anregung hin sammelten sich die Ellwanger Bauern zu einem Haufen, der am 17. Mai 1525 von Truppen des Schwäbischen Bundes geschlagen wurde. Mumpach und Kreß wurden gefangengenommen, verurteilt und am 7. November 1525 in Lauingen enthauptet.[2]

In den Jahren 1588 und 1611–1618 wurden etwa 450 Frauen und Männer während der Hexenprozesse in Ellwangen umgebracht. Damit wurde in Ellwangen neben dem Hochstift Bamberg die Hexenverfolgung am intensivsten betrieben.

Im Dreißigjährigen Krieg war Ellwangen der Katholischen Liga beigetreten und leistete hohe finanzielle Beiträge an dieses Bündnis. Die Stadt wurde am 22. Mai 1632 von den Schweden besetzt, König Gustav Adolf schenkte Ellwangen seinem Generalstatthalter Graf Kraft von Hohenlohe-Neuenstein, der versuchte, die Reformation durchzusetzen. Am 9. September 1634, drei Tage nach der Schlacht bei Nördlingen, räumte Hohenlohe-Neuenstein Ellwangen.[2]

Unter Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1694–1732) und Franz Georg von Schönborn (1732–1756) wurde Ellwangen zu einer barocken Residenzstadt umgebaut. Letzter Fürstpropst war Clemens Wenzeslaus von Sachsen. 1802 wurde die Fürstpropstei durch den Reichsdeputationshauptschluss aufgelöst und Württemberg zugeordnet. Ellwangen war zunächst Sitz der Regierung von Neuwürttemberg. 1803 wurde der Ort Sitz des Oberamtes Ellwangen, das 1806 Teil des Königreichs Württemberg wurde.

Staatsrechtliche Organisation

Herrscher der Fürstpropstei waren die dem Augustiner-Chorherren-Stift Ellwangen vorstehenden Fürstpröpste, die sich aber oftmals nicht in Ellwangen selbst aufhielten, sondern gleichzeitig mehrere geistliche Ämter wie Domherr, Dompropst oder Fürstbischof ausübten.

Ellwangen war ein Konsistorialbenefizium, nach einer Wahl oder Postulation des Fürstpropsten durch das Stiftskapitel wurde das Amt durch den Papst verliehen.[3]

Das Amt des Fürstpropstes von Ellwangen war gut dotiert, weshalb bei einer anstehenden Wahl oft mehrere Bewerber antraten. Demgegenüber war die politische Bedeutung geringer; Ellwangen verfügte aber zumindest über einen Sitz im Kreistag des Schwäbischen Reichskreises und im Reichstag.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Matthias Steuer: Ihro fürstliche Gnaden ... . Die Fürstpröbste von Ellwangen und ihre Kultur. Hrsg. v. Geschichts- und Altertumsverein Ellwangen e. V. und Tourismusverein Ellwangen e. V. 2011. ISBN 978-3-00-024630-2.

Einzelnachweise

  1. Eugen Weis: Bürger zu Ellwangen unter Abt und Propst. In: Ellwangen 764–1964. Schwabenverlag Ellwangen, 1964, S. 168–178.
  2. a b Hermann Tüchle: Reformation und Gegenreformation in der Fürstpropstei Ellwangen. In Ellwangen 764–1964. Schwabenverlag Ellwangen, 1964, S. 225–244.
  3. a b Rudolf Reinhardt: Untersuchungen zur Besetzung der Probstei Ellwangen seit dem 16. Jahrhundert. In Ellwangen 764–1964. Schwabenverlag Ellwangen, 1964, S. 316–378.

Weblinks


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