Gaeltachtaí

Gaeltachtaí
Gaeltacht (vorherrschend irischsprachige Regionen Irlands)
gälischsprachiges Verkehrsschild in Donegal

Gaeltacht [ˈgɰeːɫt̪əxt̪] (Plural Gaeltachtaí [ˈgɰeːɫt̪əxt̪iː]) ist die Bezeichnung für Regionen in Irland, in denen irisches Gälisch offiziell die vorherrschende Sprache ist. Die Gesamtheit dieser Regionen sowie einzelne Regionen werden mit dem Singular bezeichnet, mehrere einzelne Regionen mit dem Plural.

Inhaltsverzeichnis

Regionen

Diese Gegenden befinden sich vor allem im Westen Irlands, namentlich in den Countys (Grafschaften) Donegal, Mayo, Galway, Kerry und Cork, sowie in kleineren Gegenden im Süden von Waterford und im Osten Irlands in Meath. Insgesamt leben in diesen Gebieten ca. 86.000 Menschen, die praktisch alle als Zweitsprache fließend Englisch sprechen oder für die Englisch sogar die Erstsprache ist.

Geschichte

Die Gaeltacht wurde wenige Jahre nach der formellen Unabhängigkeit Irlands im Jahre 1926 erstmals festgelegt. Dabei wurde eine Unterscheidung in so genannte fíor-Ghaeltachtaí („echte Gaeltachtaí“) und breac-Ghaeltachtaí („gescheckte Gaeltachtaí“) getroffen. Das Unterscheidungsmerkmal bestand im höheren prozentualen Anteil von Irischsprechern in den fíor-Ghaeltachtaí. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass die Grenzen der betreffenden Gebiete viel zu weit gezogen worden waren und mit dieser Festlegung weder eine effektive Verwaltung noch eine sinnvolle Sprachpolitik möglich war. Die tatsächliche Anzahl der habituellen Englischsprecher war für diese Zwecke viel zu hoch.

Aus diesem Grunde wurde die Gaeltacht 1956 mit wesentlich engeren Grenzen neu definiert. Die Unterscheidung zwischen fíor-Ghaeltachtaí und breac-Ghaeltachtaí wurde dabei fallen gelassen. In diesen Grenzen besteht die Gaeltacht im Wesentlichen bis heute. Jedoch stellt sich auch heute das Problem, dass die habituellen Irischsprecher nur in einigen kleinen Teilen der Gaeltacht tatsächlich die Mehrheit der Einwohner stellen. In den meisten Teilen sind beide Sprechergruppen annähernd ausgeglichen, zum Teil stellen sogar die Englischsprecher die Mehrheit. Dieser Umstand wird zum Teil durch die Unterstützungszahlungen für Einwohner der Gaeltacht begünstigt, die auch Bewohner der angrenzenden Gebiete anlocken, die jedoch längst nicht in allen Fällen des Irischen mächtig oder bereit sind, dieses in einem Maße zu erlernen, das für die Alltagskonversation ausreicht.

Probleme

Ein weiteres Problem der Gaeltacht stellt der so genannte fish-bowl effect (engl. „Aquariumseffekt“) dar. Jedes Jahr besucht eine Vielzahl von Schülern, Studenten und Interessierten, zu großen Teilen auch aus Amerika, die Gaeltacht, um das Irische zu erlernen und die angeblich traditionelle Lebensweise der Bewohner zu erleben. Dieser Reiseverkehr ist zu großen Teilen auf die Ideologie der 20er bis 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückzuführen, in der der irischsprechende und traditionell lebende Bauer im Westen Irlands geradezu zum mythisch überhöhten Symbol der wahren Identität Irlands erhoben wurde. Obwohl heute (und zum Teil wohl auch in jenen Jahrzehnten) davon wenig zu spüren ist, ist diese Vorstellung durchaus noch lebendig. Sie führt einerseits jedoch dazu, dass mit den meist wenig Irisch sprechenden Gästen das Englische verstärkt Einzug in die Gaeltacht hält. Aus Höflichkeitsgründen wird in solchen Situationen meist das Englische verwendet. Andererseits fühlen sich die Bewohner häufig sehr beobachtet und sogar als Hinterwäldler missachtet (eigentlicher fish-bowl effect). Die meisten Einwohner betrachten sich nicht als traditioneller oder konservativer als ihre Nachbarn außerhalb der Gaeltacht. Dies schließt jedoch ein eigenes soziokulturelles Selbstverständnis mit dem dazugehörigen Regional- oder Lokalstolz in den meisten Fällen nicht aus.

Diese Form des Tourismus hat jedoch zusammen mit den staatlichen Unterstützungszahlungen zu einem relativen Wohlstand in der Gaeltacht geführt, der den der umliegenden Gebiete meist übertrifft. Dieser sorgt einerseits für das Verbleiben vieler Einwohner (und damit der irischen Sprache), zieht jedoch auch erneut (englischsprechende) Menschen von außerhalb an. Insgesamt ergibt sich bereits bei oberflächlicher Betrachtung ein kompliziertes Geflecht aus positiven und negativen Faktoren, die in der Gaeltacht auf das Irische wirken.

Kultur

Die Gaeltachtaí weisen trotz der oben beschriebenen widersprüchlichen Faktoren eine Reihe kultureller Merkmale auf, die sie zu kulturell relativ eigenständigen Gebieten machen. Zu großen Teilen beruht dies durchaus auf dem Bewusstsein, zu den letzten Trägern der irischen Sprache zu gehören. Allerdings beruhen die kulturellen Merkmale längst nicht nur auf Überresten der „alten irischen Kultur“, wie sie bis in das 16. oder 17. Jahrhundert existierte. Die Unterscheidung zwischen „traditionellen“ und „modernen“, also später entstanden kulturellen Eigenheiten ist jedoch im einzelnen selten genau abzugrenzen.

Zu den auffälligsten Eigenheiten zählt die Existenz einer lebendigen Musiktradition. Während sich die Instrumentalmusik für Außenstehende nur wenig von der sonstigen traditionellen Musik Irlands unterscheidet, besteht hier eine Gesangskultur, die sich neben rein musikalischen Eigenheiten vor allem durch eine offenbar tiefe und ehrliche Verwurzelung bei vielen Menschen auszeichnet. Diese so genannte Sean-Nós-Tradition (Ausspr. /'s´an'no:s/, etwa „alte Sitten“) ist zwar kein direkter Überrest der mittelalterlichen Bardentradition, wie hin und wieder behauptet wird, sondern eine „Erfindung“ des 19. Jahrhunderts, doch wird sie von einer erstaunlich breiten Menge von Menschen gepflegt. Relativ oder ganz spontane Gesangseinlagen bei privaten Feiern, in Kneipen oder verschiedenen sonstigen Gelegenheiten sind keine Seltenheit. Männer und Frauen, die über gute Gesangstimmen mit ausgefeilter Technik verfügen und außerdem vielleicht eine große Anzahl von Liedern beherrschen, stehen meist in sehr hohem Ansehen, auch unter jüngeren Leuten.

Auch in literarischer Hinsicht hat sich die Gaeltacht ausgezeichnet. Insbesondere das Gebiet von Corca Dhuibhne (Ausspr. /ˌkorkə ˈɣuiːn´ə/ im Westen der Halbinsel Dingle in der Grafschaft Kerry hat eine erstaunliche Zahl von Schriftstellern hervorgebracht. Besonders bekannt sind und auch in Deutschland verlegt wurden die so genannten Blasket Biographies von Tomás Ó Criomhthainn (Tomás O’Crohan), Peig Sayers und Muiris Ó Súilleabháin (Maurice O’Sullivan). Doch auch in anderen Gaeltachtaí ist eine große Zahl von schriftstellerisch tätigen Menschen ansässig, die fast ausnahmslos Freizeitautoren sind. Insgesamt wird der Gaeltacht-Literatur häufig der Vorwurf gemacht, zu sehr in herkömmlichen romantischen Klischees und Strukturen verfangen zu sein („Nabelschau“) und sich zu wenig um einen modernen literarischen Ansatz zu bemühen. Damit steht sie zumindest teilweise im Kontrast zur stärker urban und weltoffen geprägten, modernen irischsprachigen Literatur, wie sie sich vor allem seit etwa 1960 entwickelt hat.

Verwaltung

Zuständig für die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Gaeltacht ist die Údarás na Gaeltachta [1]. Sie arbeitet zusammen mit dem Department of Community, Rural and Gaeltacht Affairs [2], das sich neben anderen Aufgaben ebenfalls für die Entwicklung der Gaeltacht und den Gebrauch der irischen Sprache einsetzt.

Medien

Ein eigenes irischsprachiges Radioprogramm für die Gaeltacht bietet Raidió na Gaeltachta als Teil von Radio Telefís Éireann (RTÉ), dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Irlands. Über die Website kann das Programm mittels Live-Streaming weltweit gehört werden.

Literatur

  • Advisory Planning Committee of Bord na Gaeilge (An Bord Pleanála), The Irish Language in a Changing Society: Shaping The Future, 1986.
  • Hindley, Reg, The Death of the Irish language. A Qualified Obituary, London, New York 1990. In der Bewertung sehr pessimistischer, aber methodisch fundierter Beitrag eines englischen Geographen
  • Ó Riagáin, Pádraig, Language Policy and Social Reproduction, Ireland 1893-1993 (Oxford Studies in Language Contact), Oxford 1997. Weiter gefasste Sprachgeschichte ab Ende des 19. Jahrhunderts mit Blick auf soziologische Faktoren

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