Geheimes Markus-Evangelium

Geheimes Markus-Evangelium

Das Geheime Markusevangelium (Secret Mark oder kurz SecMark, im griechischen eigentlich mystisches Markusevangelium), eine Textvariante zum kanonischen Markusevangelium, ist nur in zwei Fragmenten überliefert. Beide finden sich in einem Clemens von Alexandria (etwa 150-215) zugeschriebenen Brief, der sich an einen unbekannten Theodoros richtet. Dieser Text ist nur in einer Handschrift aus dem 18. Jahrhundert erhalten (s.u.).

Inhaltsverzeichnis

Inhalt des Briefs

Aus dem Brief geht hervor, dass Theodorus Clemens wegen einiger angeblicher Markus-Zitate, die die Karpokratianer verbreiteten, befragt hat.

Clemens schreibt, Markus habe in Alexandria ein erweitertes Evangelium verfasst, das in der Bibliothek von Alexandria aufbewahrt werde:

[Solchermaßen] verfaßte [Markus] ein geistigeres Evangelium zum Gebrauch für jene, die eben vervollkommnet wurden. Desungeachtet enthüllte er nicht die nicht zu verbreitenden Dinge, noch schrieb er die hierophantische Lehre des Herrn nieder, sondern fügte den schon geschriebenen Geschichten noch andere hinzu und brachte überdies gewisse Aussprüche hinein, von denen er wußte, daß ihre Interpretation als ein Mystagogon die Hörer in das innerste Heiligtum jener Wahrheit führen würde, die von sieben [Schleiern] verhüllt ist. So bestimmte er insgesamt, meiner Meinung nach, weder ungern noch unvorsichtig, die Dinge vorher und hinterließ sterbend sein Werk der Kirche in Alexandria, wo es noch heute aufs sorgfältigste behütet und nur denen vorgelesen wird, die in die großen Geheimnisse eingeweiht werden.

Gleichwohl sei Karpokrates, der Anführer einer gnostisch-christlichen Sekte, unter Anwendung hinterlistiger magischer Künste in den Besitz einer Kopie gelangt und beschmutze nun die „makellosen und heiligen Worte“, indem er ihnen „äußerst schamlose Lügen“ beimenge. Und wenn nun die Karpokratianer ihr verfälschtes Werk zeigten, solle man unter Eid verneinen, dass es das Geheime Evangelium des Markus sei – auch wenn es Teile dieses Evangeliums enthalte.

Da aber die unreinen Geister immer auf die Zerstörung der Rasse der Menschen sinnen, machte sich Karpokrates, von ihnen unterrichtet und hinterlistige magische Künste gebrauchend, einen gewissen Presbyter der Kirche in Alexandria so gefügig, daß er von ihm eine Abschrift des Geheimen Evangeliums bekam, das er seiner blasphemischen und fleischlichen Doktrin entsprechend auslegte und es darüber hinaus beschmutzte, indem er den makellosen und heiligen Worten äußerst schamlose Lügen beimengte. Aus dieser Mischung sind die Lehren der Karpokratianer abgezogen. Ihnen darf man daher, wie ich oben sagte, nie nachgeben, noch auch sollte man, wenn sie ihre Fälschungen herausstellen, ihnen zugeben, daß das Geheime Evangelium von Markus ist, sondern sollte es sogar unter Eid verneinen. „Nicht alles Wahre muß allen Menschen gesagt werden.“

Nun zitiert Clemens eine Passage des geheimen Evangeliums Wort für Wort im Originaltext und gibt auch den genauen Ort an (zwischen Mk 10,34 und 35):

„Und sie kamen nach Bethanien, und eine gewisse Frau, deren Bruder gestorben war, war dort. Und herzu kommend, warf sie sich vor Jesus nieder und sagte zu ihm: 'Sohn Davids, habe Erbarmen mit mir.' Aber die Jünger wiesen sie zurück. Und Jesus, der in Wut geriet, ging mit ihr in den Garten, wo das Grab war, und sogleich wurde ein lauter Schrei aus dem Grab gehört. Und näher tretend, rollte Jesus den Stein vom Eingang des Grabes weg. Und sogleich ging er hinein, wo der Jüngling war, streckte seine Hand aus und zog ihn hoch, indem er dessen Hand ergriff. Aber der Jüngling, als er ihn ansah, liebte ihn und fing an, ihn anzuflehen, daß er bei ihm sein möge. Und sie gingen aus dem Grab heraus und kamen in das Haus des Jünglings, denn er war reich. Und nach sechs Tagen sagte ihm Jesus, was er tun solle, und am Abend kommt der Jüngling zu ihm, ein leinenes Tuch über [seinem] nackten [Körper] tragend. Und er blieb diese Nacht bei ihm, denn Jesus lehrte ihn das Geheimnis des Reiches Gottes. Und von da erhob er sich und ging auf die andere Seite des Jordans zurück.“

Anschließend weist er darauf hin, dass die Worte „nackter Mann mit nacktem Mann“ und die anderen Dinge, von denen Theodorus schrieb, da nicht vorhanden seien.

Außerdem füge das geheime Evangelium den Worten „Und er kommt nach Jericho“ [in Mk 10,46] noch Folgendes hinzu:

„Und die Schwester des Jünglings, den Jesus liebte, und seine Mutter und Salome waren dort, und Jesus empfing sie nicht“.
Aber die vielen anderen [Dinge, über] die du schriebst, scheinen falsch zu sein und sind Fälschungen.
Nun, die wahre Erklärung und das, was mit der wahren Weisheit übereinstimmt...

Hier bricht der Bericht mitten auf der Seite ab.

Forschungsdiskussion

Der Bericht über den neu gefundenen Clemens-Brief und die von Morton Smith daraus gezogenen provokativen Folgerungen wurden von der etablierten Forschung mit äußerster Skepsis aufgenommen. Einige Autoren gingen so weit, den Brief sogar als Fälschung von Morton Smith zu bezeichnen. Heute haben sich die Emotionen ziemlich gelegt, die Meinungen gehen jedoch in einigen Punkten immer noch weit auseinander.

Echtheit des Manuskripts

Das Manuskript fand sich als handschriftlicher Zusatz vermutlich aus dem 18. Jahrhundert (Handschriftenanalyse) auf den leeren Seiten einer gedruckten Ausgabe der Briefe des Ignatius von Antiochien von 1646. Der Eintrag wurde Ende der 50er Jahre von dem us-amerikanischen Gelehrten Morton Smith (1915-1991) entdeckt und 1973 veröffentlicht. Behauptungen, es handle sich um eine Fälschung Smith' werden bis heute vertreten und dadurch genährt, dass das Original nach dem Transfer vom Kloster Mar Saba bei Jerusalem in die Bibliothek des Orthodoxen Patriarchates in Jerusalem nicht mehr gefunden wird. Philologische Analysen lassen es allerdings durchaus möglich erscheinen, dass der Text in der Tat von Clemens von Alexandrien stammt.

Autorschaft von Clemens von Alexandria

Die meisten Autoren nehmen aufgrund der linguistischen Analyse an, dass es sich um einen echten Brief des Clemens von Alexandria handelt. Andererseits haben verschiedene Autoren inhaltliche Diskrepanzen zum sonstigen Werk des Clemens festgestellt. [1]

Einordnung des geheimen Markus-Evangeliums

Gemäß den Zitaten im Clemens-Brief handelt es sich bei dem geheimen Markus-Evangelium um eine erweiterte Form des kanonischen Evangeliums. Ob es sich bei diesem geheimen Markus-Evangelium um eine ältere oder jüngere Fassung des kanonischen Evangeliums handelt, ist bis heute offen, und in diesem Punkt sind die Meinungen sehr unterschiedlich.

Aus einer Echtheit des Briefs könnte dann allerdings nur sicher geschlossen werden, dass um 170 n. Chr. in einer Bibliothek in Alexandria eine verglichen mit dem heutigen Text expandierte Version des Markus-Evangeliums existierte, von der eine vermutlich weitere Variante existierte, die von Karpokrates falsch ausgelegt und in seinem Sinn ergänzt worden war.

Jede Einordnung des geheimen Markus-Evangeliums kann daher nur hypothetisch sein und ist praktisch überall nicht nur durch auf dem Inhalt des Dokuments beruhende Argumente, sondern auch durch die sonstige Sicht der frühchristlichen Literatur des Autors bestimmt.

Hypothesen

Eine gnostische Erweiterung des kanonischen Evangeliums

Die Mehrheit der Neutestamentler geht davon aus, dass es sich bei dem geheimen Evangelium um eine spätere Version des kanonischen Evangeliums handelt, das bereits in gnostischer Richtung erweitert wurde (Robert H. Gundry, 1993, N.T. Wright, 1996). Gerd Theissen schreibt in „Der historische Jesus“ (2001): „Die Mehrheit der Ausleger sieht das geheime Evangelium als eine gnostische Revision des kanonischen Markus, die im zweiten Jahrhundert verfasst wurde. Dies wird unterstützt durch die Betonung ihres 'geheimen' Charakters und seinen Gebrauch in karpokratischen Kreisen, die es offensichtlich verwendeten, um bestimmte liturgische Gebräuche zu legitimieren.“ Klaus Berger in „Das Neue Testament und die frühchristlichen Schriften“ datiert das geheime Evangelium auf etwa 130.

Begründet wird das durch die Bezeugung des Texts einzig in diesem einen Brief (auch beispielsweise nicht vom Clemens-Schüler Origenes, von dessen Schriften sehr viele erhalten sind) von einem Autor, dessen historische Genauigkeit bezüglich frühchristlicher Texte nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Auch wenn es glaubhaft ist, dass Clemens ein entschiedener Gegner der Gnostiker und selbst von der Echtheit dieses geheimen Markus-Evangeliums überzeugt war, stellt sich die Frage, wie weit man sich da auf sein Urteil verlassen kann. Bei anderen Texten hat sich Clemens nach heutigem Wissen sehr getäuscht, beispielsweise sagt er, die apokryphen „Predigten von Petrus“ und die „Apokalypse des Petrus“ seien von Petrus selbst geschrieben und erklärt auch andere apokryphe Texte für authentisch, die zeitgenössische Theologen als nicht-kanonisch ablehnen. Seine übrigen Schriften zeigen auch, dass er sehr viel für Geheimnisse, esoterische Lehren und mystische Erfahrungen übrig hatte.

Kritik: Die These von der nachträglichen Expansion verzichtet auf eine mögliche Erklärung für den jungen Mann in Mk 14,50-52. Sie liefert auch keine Erklärung für die Lücke in Mk 10,46, die bereits vor der Entdeckung des geheimen Evangeliums bekannt war. Auch wenn es in der theologischen Literatur alternative Erklärungen für diese beiden Punkte gibt, müsste den Autoren der gnostischen Erweiterung unterstellt werden, die sprachlichen Inkonsistenzen im Markus-Evangelium ebenfalls wahrgenommen und auf hochkomplexe Weise gelöst zu haben.

Eine Urform des Evangeliums

Eine kleine Gruppe geht davon aus, dass das geheime Markus-Evangelium älter ist als das kanonische Evangelium, welches eine gekürzte Form des geheimen Evangeliums darstelle: Helmut Koester beispielsweise hat zwei Studien publiziert, die argumentieren, dass sich Markus nach und nach entwickelt habe. Zuerst der Ur-Markus, den Matthäus und Lukas verwendet hätten. Danach sei der Original-Markus publiziert worden, die Version, die die alexandrinische Kirche besessen habe (und aus dieser dann die gnostifizierte Version von Karpokrates). Bald darauf oder gleichzeitig sei eine gekürzte Version von Markus weithin publiziert und zum kanonischen Markus-Evangelium geworden. Der Ur-Markus sei, ebenso wie die Logienquelle Q, nicht erhalten geblieben. Dominic Crossan in The Historical Jesus: „Die zweite Version von Markus strich diese Stellen, ließ aber ihre textlichen Überreste, die im Text verstreut waren, bestehen. Das dürfte etwa am Ende der 70er geschehen sein.“

Diese These beruft sich auf zwei Stellen im kanonischen Markus-Evangelium. So heißt es dort anlässlich der Festnahme von Jesus Christus durch die Hohepriester:

„Ein junger Mann aber, der nur mit einem leinenen Tuch bekleidet war, wollte Jesus nachgehen. Da packten sie ihn; er aber ließ das Tuch fallen und lief nackt davon.“ (Mk 14,50-52)

Die an sich unverständliche Schilderung der Tatsache, dass der junge Mann, der Jesus zu folgen versuchte, nur mit einem Leinentuch bekleidet war, ergibt, wenn man die sehr ähnliche Passage aus dem geheimen Evangelium hinzunimmt, auf einmal einen intertextuellen Sinn. Es handelt sich demnach um den Jüngling, den Jesus zuvor in Betanien von den Toten auferweckt hatte (nach Joh 12,1 also um Lazarus). Die These, dass dieser Jüngling Lazarus war, wird auch von Autoren vertreten, die sich nicht auf das geheime Markus-Evangelium beziehen. Die allgemeine kirchliche Tradition geht allerdings davon aus, der Jüngling sei Markus selbst gewesen.

Ebenso kann der abrupte Übergang in Mk 10,46 (im ersten Satz kommen die Jünger nach Jericho, im zweiten Satz verlassen sie es bereits wieder) mit Hilfe des geheimen Evangeliums als Folge einer Kürzung erklärt werden.

Die ungewöhnliche Schrumpfung des Markus-Evangeliums wird von den Befürwortern der These mit der Zensur von Stellen erklärt, die nicht mit der späteren kirchlichen Lehre übereinstimmten. So verurteilt etwa Paulus an verschiedenen Stellen die gleichgeschlechtliche Begierde zwischen Männern (Röm 1,27). Dies könnte ein Grund sein, warum das längere der beiden oben zitierten Fragmente gestrichen wurde. Die Streichung des kürzeren Fragments dürfte sich dagegen der Erwähnung Salomes verdanken. In gnostischen Schriften wird Salome, ebenso wie Maria Magdalena, zu den Jüngern gerechnet. Einige Autoren gehen davon aus, dass in den kanonischen Evangelien Texte gestrichen wurden, um ihre Bedeutung nachträglich zu schmälern.

Kritik: Gegen diese These wird ins Feld geführt, dass die kürzere von zwei Textvarianten meistens auch die ältere ist. Ebenso gibt es keine wissenschaftlichen Belege für eine Zensur der Evangelien, die nur von Zeit zu Zeit als Hypothese auftaucht, mit der eine theologische Richtung das Neue Testament ihrer Sichtweise anpassen will.

Pastiche

Eine weitere Hypothese ist auch, dass es sich um eine so genannte Pastiche handle, also eine Zusammenstellung von Texten aus verschiedenen Evangelien unter möglicher Verwendung von älterem Material. Solche Pastichen sind aus etwas späterer Zeit vielfach überliefert.

Diese These wird vom Bibelwissenschaftler F. F. Bruce vertreten, der in seinem Londoner Vortrag jedes der einzelnen Textstücke identifiziert und dazu die Quelle angibt.

Kritik: Auch hier bleiben die Inkonsistenzen im kanonischen Markus-Evangelium und die Frage, warum sie im geheimen Evangelium aufgelöst sind, ein offenes Problem.

Interpretation und Wertung

Morton Smith

Die von Smith publizierten Schlussfolgerungen in seinen Büchern „The secret Gospel: The discovery and interpretation of the secret Gospel according to Mark“ (1974) und „Jesus the Magician“ (1981) werden von der großen Mehrheit der Forscher abgelehnt.

Von den verstreuten Andeutungen in den kanonischen Evangelien und dem geheimen Markus-Evangelium können wir uns ein Bild machen von der Taufe von Jesus, dem „Geheimnis des Reiches Gottes“. Es war eine Wassertaufe, die Jesus bei ausgewählten Jüngern vollzog, einzeln und des Nachts. Der Jünger trug dabei ein leinenes Tuch über dem nackten Körper. Dieses Tuch wurde wahrscheinlich für die eigentliche Taufe, das Eintauchen ins Wasser, entfernt. Dieses Eintauchen war eine vorbereitende Reinigung. Danach wurde der Jünger durch unbekannte Zeremonien mit dem Geist von Jesus vereinigt. Eins mit Jesus, nahm er so durch Halluzination an dessen Aufstieg in den Himmel teil, er trat ins Reich Gottes ein und wurde dadurch von den Gesetzen der niedrigeren Welt befreit. Freiheit vom Gesetz könnte die Vollendung der geistigen Vereinigung durch eine körperliche Vereinigung gewesen sein. Das geschah sicher in vielen Formen des gnostischen Christentums. Wie früh es begann, lässt sich nicht sagen. Morton Smith, The Secret Gospel (1974)

Homosexuelle Handlung oder Initiation?

In verschiedenen Medien der Schwulenbewegung wurde die von Morton Smith eher angedeutete Möglichkeit, dass Jesus und der unbekannte junge Mann in der Nacht eine sexuelle Beziehung eingegangen seien, zu einer durch das Geheime Markusevangelium belegten Tatsache uminterpretiert. Weiter wurde daraus geschlossen, dass Jesus entweder homosexuell oder bisexuell orientiert gewesen sei.

Allerdings ist diese Interpretation als anachronistisch zu bezeichnen, da die Formulierungen („... am Abend kommt der Jüngling zu ihm, ein leinenes Tuch über [seinem] nackten [Körper] tragend. Und er blieb diese Nacht bei ihm, denn Jesus lehrte ihn das Geheimnis des Reiches Gottes.“) für einen Leser in der Antike vermutlich keine homosexuelle Handlung implizierten. Die nächtliche Belehrung entspricht eher einem jüdischen Topos, wie er im Jubiläenbuch erhalten ist.

Identität des Jünglings

Obwohl die Parallelen zwischen dem im Clemens-Brief zitierten Bericht von der Erweckung des Jünglings und der Perikope von der Erweckung des Lazarus im Johannes-Evangelium natürlich sehr auffällig sind, kann nicht sicher geschlossen werden, dass der Jüngling des Clemens-Briefs mit dem Lazarus aus Joh 11 identisch ist (Das Neue Testament und Frühchristliche Schriften; Klaus Berger und Christiane Nord; Frankfurt 1999, S.924).

Insgesamt kann man sagen, dass die Frage nach der Identität des Jünglings kein neues Feld eröffnet, sondern ein bestehendes Feld erweitert. Zur wechselseitigen Identifizierung stehen die folgenden Gestalten des NT an:

  • der reiche Jüngling (Mk 10,17-22)
  • der Jüngling am Grab (Mk 16,5-7) (trägt ein langes, weißes Gewand)
  • der Jüngling im Garten Gethsemane (Mk 14,51,52) (trägt Leinengewand auf bloßer Haut, flieht unter Zurücklassung desselbigen)
  • Lazarus, Bruder von Maria und Martha (Joh 11,1-46; 12,1-2,9-11,17-19) (trägt bei der Auferstehung von den Toten Grabbinden und Schweißtuch)
  • der Jünger, den Jesus liebte (Joh 13,23-26; 19,26-27; 20,2-10; 21,20-24)

Insbesondere die rätselhafte Gestalt des Jünglings am Grab und die beiläufige Erwähnung des Jünglings im Garten Gethsemane beim sonst für seine lakonische Kürze bekannten Markus haben schon Generationen von NT-Exegeten vor bislang nicht gelöste Probleme gestellt.

Das geheime Evangelium der Adidam

In den Achtzigerjahren wurde das apokryphe Markus-Evangelium von der Adidam, einer für viele sexuelle Varianten offenen kalifornischen religiösen Gruppe in Hindu-Tradition, vereinnahmt und publiziert. Der Guru der Bewegung meinte, Smith habe in diesem Brief das Herz-Meister-Da entdeckt, eine alte Bestätigung, dass auch Jesus ein Geisttäufer gewesen sei, der Jünger in den echten spirituellen Yoga-Vorgang eingeweiht habe.

Morton Smiths The Secret Gospel wurde im Verlag der Gruppe (Dawn Horse Press) mit einem entsprechenden Vorwort von Elaine Pagels neu herausgegeben.

Edwin Yamauchi

Ein prominenter Kritiker von Smiths Interpretation war der Historiker Edwin Yamauchi. In seinem 1986 erschienenen Essay über Magie und Wunder wies er auf einige schwache Punkte von Smiths Arbeit hin, insbesondere bezüglich seiner Reinterpretation von Jesus als Magus-Zauberer. Yamauchi argumentierte, dass die Neigung von Smith zum Finden von Parallelen zwischen Jesus und dem Leben des Pythagoräers Apollonius von Philostratus historisch anachronistisch sei. Er argumentierte auch, dass Smith Abschnitte von griechischen magischen Papyri außerhalb ihres Kontext zitierte, um sein Argument zu unterstützen, dass Jesus und die frühen Christen Magie praktiziert hätten.

F. F. Bruce

Der Bibelwissenschaftler F. F. Bruce sieht in dem Text eine gnostische Apokryphe, die deutlich jünger ist als die kanonischen Schriften, und hält es für gut möglich, dass sie innerhalb der Karpokraten oder einer ähnlichen Gruppe entstanden ist. Dass Clemens sie für echt hielt, sieht er als irrelevant an angesichts von Clemens' sehr unkritischer Akzeptanz anderer Apokryphen. Für ihn ist die Geschichte sehr offensichtlich eine eher unbeholfene Nachahmung der Auferweckung des Lazarus bei Johannes und keine unabhängige Markus-Parallele dazu, ganz zu schweigen davon, dass es sich um die Quelle des Johannesberichts handeln könnte.

Literatur

  • Morton Smith: Clement of Alexandria and a Secret Gospel of Mark. Harvard University Press, Cambridge, Mass. 1973 (wissenschaftlich)
  • Morton Smith: Auf der Suche nach dem historischen Jesus. Ullstein, Frankfurt/M. 1973/74 (populär)
  • Frederick Fyvie Bruce: Außerbiblische Zeugnisse über Jesus und das frühe Christentum, Brunnen-Verlag Gießen 1991, ISBN 3-7655-9366-4
  • Stephen C. Carlson: The Gospel Hoax: Morton Smith's Invention of Secret Mark Baylor University Press 2005, ISBN 1932792481
  • Edwin M. Yamauchi: A Secret Gospel of Jesus as 'Magus'? A Review of the Recent Works of Morton Smith, Christian Scholar's Review, 4/3 (1975): 238-251.

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. F. F. Bruce: The 'Secret' Gospel of Mark Ethel M. Wood Lecture delivered before the University of London on 11 February 1974

Weblinks


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