Genealogische Zeichen

Genealogische Zeichen

Ein genealogisches Zeichen bzw. Symbol ist ein Bild, das in Buchstaben oder als Zeichnung für eine Person oder ein häufiges oder fast bei jeder Person vorkommendes Ereignis steht. Genealogische Zeichen und Abkürzungen werden in der Genealogie verwendet, um Zusammenhänge platzsparend darstellen zu können.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Johann Christoph Gatterers Werk Abriß der Genealogie aus dem Jahr 1788 gilt als erste wissenschaftliche Abhandlung über die genealogische Forschung im deutschen Sprachraum.[1] Er verwendet darin bei Sterbedaten teilweise ein vorangestelltes Kreuz, weitere genealogische Zeichen benutzt er nicht.[2] In weiteren Werken, insbesondere in seinem 1798 erschienenen Abriß der Diplomatik, setzt er sich im Zusammenhang mit der Urkundenlehre ausführlich mit der Symbolik und der Verwendung des Kreuzes auseinander. So beschreibt er, dass Kreuze zwar schon in der Antike verwendet wurden, doch mit dem Christentum zum öffentlichen Religionszeichen bis hin zum Chrismon wurden, die dem jeweiligen damit versehenen Schriftstück eine urkundliche und auf christliche Autorität zurückgehende Bedeutung gaben.[3]

Am häufigsten werden in der Genealogie die Symbole für die Geschlechter gebraucht. In der „Allgemeinen Encyclopädie der Wissenschaften und Künste“ von 1853, unter dem Stichwort Genealogie, hat Bernhard Röse vermutlich als erster in einer bildlichen Darstellung von Abstammungsverhältnissen für männliche Personen ein Quadrat und für weibliche einen Kreis gebraucht.[4] Er hat dabei Elternpaare durch eine Linie verbunden, aus deren Mitte die Kinder nach unten abgeleitet werden. Diese Darstellungsweise, die sich im Verlaufe eines Jahrhunderts gegenüber den konkurrierenden Symbolen Mars für männliche und Venus für weibliche Personen durchgesetzt hat, ist sowohl in der Genealogie wie in der Humangenetik international verbindlich geworden. Quadrat und Kreis lassen sich einfacher als die Planetensymbole darstellen und können zudem mit weiteren Zeichen ausgefüllt werden, wodurch sich inhaltliche Ergebnisse (so etwa die Erbgänge) symbolisieren lassen.

Im Jahr 1910 gab Stephan Kekulé von Stradonitz seine Schrift Über den Nutzen einer internationalen Hilfssprache für die genealogische Forschung heraus. Er legte darin eine Vereinheitlichung genealogischer Zeichen fest und entwickelte die Utopie einer international gebräuchlichen Symbolschrift, die zum einen eine Verständigung über Sprachgrenzen hinweg und zum anderen eine erhebliche Vereinfachung der Darstellung genealogischer Zusammenhänge, insbesondere für Druckerzeugnisse, schafft.[5]

Zeichen

Die folgende Tabelle führt die üblichen genealogischen Zeichen auf, wie sie im Duden beschrieben sind.[6]

verbreitete genealogische Symbole und Abkürzungen
Bedeutung Abkürzung Zeichen Unicode Beschreibung
geboren geb. b *, ° U+002A
außerehelich geboren (*)
tot geboren †*
am Tag der Geburt gestorben *†
getauft get. p ~ U+007E
verlobt verl. ⚬, o U+26AC Ring
verheiratet verh. m ⚭, oo, ∞ U+26AD verschlungene Ringe
geschieden gesch. ⚮, o/o, o¦o, ⧞ U+26AE geteilte Ringe
außereheliche Verbindung unehel. nm ⚯, o-o, ⧟ U+26AF getrennte Ringe
gestorben gest. d †, + U+2020 Kreuz
gefallen gef. ⚔, X U+2694 gekreuzte Schwerter
begraben begr. t ⚰, [], ▭ U+26B0 liegendes Rechteck, Sarg
eingeäschert U+26B1 Urne
seltene genealogische Symbole
Bedeutung Zeichen Unicode Beschreibung
Pfarrer !!
Linie ausgestorben ††, ‡ U+2021 Doppelkreuz
tödlich verwundet †⚔, †X U+2020+2694 Kreuzzeichen und gekreuzte Schwerter
Kind von „name“ /name

Die Zahl der jemals von Genealogen für ein personengeschichtliches Ereignis verwendeten Abkürzungen und Symbole beträgt jeweils mehrere Hundert. Im Bestreben, Zeit und Geld zu sparen, haben die Genealogen bereits vor 1910 – der Massenverbreitung der Schreibmaschine – Symbole verwendet. Diese Symbole lassen sich bei handschriftlichen Aufzeichnungen leicht anwenden. Sie standen und stehen jedoch nur spezialisierten Druckereien zur Verfügung. Das führte immer wieder zu neuen Symbolen und Abkürzungen in den Druckereien, falls die speziellen Typen nicht vorhanden waren. Schreibmaschinen mussten besonders eingerichtet oder extra umgerüstet sein. Mit der Einführung der Schreibmaschine zum Schreiben von Ahnenlisten wurde die Chance vergeben, durch eine frühe Festlegung in den 1920er-Jahren zu einheitlichen Abkürzungen zu gelangen. Auf dem IV. Internationalen Kongress für Genealogie und Heraldik in Brüssel 1958 wurde die Ideallösung zwar formuliert, aber nicht konsequent umgesetzt. Beschlossen wurde, dass ein einziger Kleinbuchstabe ohne Punkt jeweils für ein Ereignis stehen sollte. Auch der Einsatz der Computer und computergesteuerter Drucker brachte lange Zeit keine internationale Standardisierung der genealogischen Symbole und Abkürzungen, die Vielfalt wurde eher weiter erhöht.

Jeder Genealoge nutzt dadurch neben den unentbehrlichen und allgemein bekannten noch weitere Abkürzungen. Notwendigerweise sollten die verwendeten Abkürzungen aufgelistet sein und erklärt werden. Die Verwendung sehr vieler Abkürzungen kürzt zwar den Text einer Ahnenliste, aber erschwert das Lesen. Es empfiehlt sich daher, einige wenige, international standardisierte Symbole sowie wenige national gebräuchliche, ergänzt durch wesentliche Abkürzungen von lokal gehäuften Bezeichnungen, etwa für den sozialen Stand und für Orte, zu nutzen.

Im April 2005 hat sich die Situation durch die Veröffentlichung der neuen Version 4.1.0 des internationalen Zeichenkodierungsstandards Unicode deutlich verändert. Sieben weitere familiengeschichtliche Zeichen wurden dem Standard hinzugefügt. Die Zeichen, die in der Genealogie für geboren, getauft und gestorben verwendet werden, waren von Anfang an Teil des Unicode-Standards. Damit ist nun erstmals die Form der meistbenutzten genealogischen Symbole international definiert.[7][8][9] Der Unicode-Standard ermöglicht so weltweit eine typografisch korrekte Darstellung und fehlerfreie Verarbeitung, Übertragung und Archivierung der genealogischen Sonderzeichen, sofern entsprechende Schriften installiert sind. Auch die Symbole für Geschlecht und Sexualität sind Teil des Unicode-Standards.

Symbole für biologisches und soziales Geschlecht (Sexus und Gender)
Bedeutung Abkürzung Zeichen Unicode Beschreibung
männlich männl., m U+2642 Mars, Kreis mit Nordost-Pfeil
weiblich weibl., w, f U+2640 Venus, Kreis mit Süd-Kreuz
zweigeschlechtlich ⚥, ⚦ U+26A5/6 transsexuell, Hermaphrodit, Zwitter
geschlechtslos ⚪, ⚬, ⚲ U+26AA/AC/B2 Kreis, evtl. mit Süd-Strich, asexuell

Für den Fall, dass die oben aufgeführten typografisch korrekten Zeichen nicht zur Verfügung stehen, werden die entsprechenden Ersatzzeichen verwendet. Dies kann nötig werden, wenn eine verwendete Schriftart nicht alle familiengeschichtlichen Zeichen enthält, oder wenn eine Schreibmaschine benutzt wird.

Abkürzungen

Um Platz zu sparen bzw. schneller schreiben zu können, gibt es neben den Genealogischen Zeichen auch eine Reihe Genealogischer Abkürzungen, die allerdings weit weniger einheitlich angewendet werden.

einige Beispiele genealogischer Abkürzungen
Bedeutung Zeichen Erläuterung
September 7bris Septembris (lat. septem, „sieben“)
Oktober 8bris Octobris (lat. octo, „acht“)
November 9bris Novembris (lat. novem, „neun“)
Dezember 10bris, Xbris Decembris (lat. decem, „zehn“)
desselben Monats ejusd lat. ejusdem, desselben
Christ X griechischer Buchstabe Chi (z.B.: Xoph = Christoph)

Weiterführende Literatur

  • Volkmar Weiss: Kreis und Quadrat besiegen Venus und Mars: Zur Geschichte der Symbole in Genealogie und Genetik. Der Herold 38. Jg. (1995) 319–323.
  • Pierre Durye: La généalogie. Paris: Presses Universitaire de France 1961, S. 82.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Genealogische Symbole und Zeichen. In: genealogy.net, abgerufen am 1. September 2010
  2. Johann Christoph Gatterer: Abriß der Genealogie. Göttingen 1788, digitalisierte Fassung bei Google Books
  3. Johann Christoph Gatterer: Abriß der Diplomatik. Göttingen 1798. S. 108 ff.. digitalisierte Fassung aus der Bayrischen Staatsbibliothek
  4. Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Theil 57, Brockhaus, Leipzig 1853, S. 338.
  5. Stephan Kekule von Stradonitz: Über den Nutzen einer internationalen Hilfssprache für die genealogische Forschung. In: Mitteilungen der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, 6. Heft, Leipzig 1910, S. 27–38. Online-Fassung
  6. Duden – Band 1, Die deutsche Rechtschreibung; 21. Auflage 1996
  7. Unicode Zeichentabelle Version 4.1 „Miscellaneous Symbols“ U2600-U26FF (PDF-Liste) (Englisch)
  8. Unicode Zeichentabelle Version 4.1 „C0 Controls and Basic Latin“ U0000-U007F (PDF-Liste) (Englisch)
  9. Unicode Zeichentabelle Version 4.1 „General Punctuation“ U2000-U206F (PDF) (Englisch)

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