Generalinquisitor

Generalinquisitor
Kardinalinquisitor Don Fernando Niño de Guevara in einem Gemälde von El Greco um ca. 1600.

Ein Großinquisitor (auch Generalinquisitor) war im Mittelalter ein Inquisitor mit besonderen territorialen Befugnissen oder in der Frühen Neuzeit der Vorsteher der Inquisition für ein Land. Im heutigen Sprachgebrauch wird der negative Assoziationen weckende Begriff auch außerhalb seiner eigentlichen historischen Bedeutung metaphorisch gebraucht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ein Groß- bzw. Generalinquisitor wurde üblicherweise vom Heiligen Stuhl eingesetzt und bevollmächtigt, im Rahmen von kirchlichen Inquisitionsverfahren gegen so genannte Ketzer (Christen mit abweichender Lehrmeinung) vorzugehen. In Deutschland gab es im frühen 13. Jahrhundert den Großinquisitor Konrad von Marburg. Für die in der Frühen Neuzeit staatlich institutionalisierten Inquisition in Spanien und Portugal wurden die Großinquisitoren vom König ernannt. Erster Großinquisitor der Spanischen Inquisition war Tomás de Torquemada. Mit dem Großinquisitorenamt ausgestattete Kardinäle wurden auch als Kardinalinquisitoren bezeichnet.

Gegenwart

In der Gegenwart bildet das Wort Großinquisitor überwiegend eine politische, mediale oder literarische Metapher, die auf kollektive klischeehafte Assoziationen im Zusammenhang mit der Inquisition oder der Hexenverfolgung abzielt, die im Kern die negative Vorstellung einer Person gemeinsam haben, die im öffentlichen Auftrag Andersdenkende in böser Absicht oder Verblendung verfolgt und dabei von Grausamkeit und Machtmissbrauch geleitet wird.

Aufgrund der Plakativität des Begriffes ist er für die mediale Verwendung besonders attraktiv. Die Bezeichnung wurde und wird deshalb dazu verwendet, Personen in polemischer Weise mit der negativen Konnotation des Begriffs in Verbindung zu bringen. Beispielsweise wird der jeweilige Präfekt der Glaubenskongregation (Nachfolgeorganisation der Römischen Inquisition) manchmal mit kritischem oder auch ironischem Unterton als „Großinquisitor“ bezeichnet. Beispiele von Personen, die mit diesem Begriff belegt wurden (siehe in den jeweiligen Artikeln): Abraham Calov, Ettore Majorana und Heinrich Himmler.

Die eher literarischen oder Bühnenbearbeitungen, in denen der Begriff aufgegriffen wird, behandeln zumeist schlimme Erfahrungen mit Diktatur, Überwachungsstaat und totalitärer Herrschaft (z.B. Zarenherrschaft, Ostblock, Nationalsozialismus).

Künstlerische Rezeption

  • Der Großinquisitor heißt ein 1992 entstandenes Drama (auch als Hörspiel) von George Tabori.
  • In Hans Hagens 1880 erschienem Drama Konrad von Marburg, deutscher Ketzermeister und Großinquisitor erfuhr die historische Figur des Großinquisitors Konrad von Marburg eine literarische Bearbeitung.
  • Der Großinquisitor heißt das wenig bekannte Oratorium und Orchesterwerk des Komponisten Boris Blacher, das 1947 uraufgeführt wurde.
  • ZORK - Der Großinquisitor heißt ein PC-Adventure-Spiel (Activision, Ende 1990er). → siehe: Zork

Siehe auch

Literatur

  • Alfons Motschenbacher: Katechon oder Großinquisitor? : eine Studie zu Inhalt und Struktur der politischen Theologie Carl Schmitts. Marburg 2000. 416 S. ISBN 3-8288-8149-1 (Bamberg, Univ., Dissertation 1997).
  • Michael Scholz-Hänsel: El Greco, Der Großinquisitor : neues Licht auf die Schwarze Legende. Orig.-Ausg. Frankfurt am Main 1991. ISBN 3-596-10128-X.
  • Hans Hagen: Konrad von Marburg, deutscher Ketzermeister und Großinquisitor : Trauerspiel in fünf Akten ; frei nach der Geschichte bearbeitet. Leipzig 1890.
  • Julius von Voß: Der Großinquisitor von Portugal. [Mikrofiche-Ausgabe der Ausgabe Berlin 1833]. München o.J. (Bibliothek der deutschen Literatur). ISBN 3-598-53065-X.

Weblinks


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