Gert von Paczensky

Gert von Paczensky

Gert Franz-Joseph von Paczensky und Tenczin (* 21. August 1925 in Hausneindorf) ist ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Gastronomiekritiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach Schulbesuch und dem Kriegs-Reifezeugnis war Gert von Paczensky von 1942 bis 1945 als Soldat bei der Luftnachrichtentruppe. 1946 begann er seine journalistische Tätigkeit als Reporter der Deutschen Allgemeinen Nachrichtenagentur (DANA) in Stuttgart, wurde später Redakteur der DANA-Zentrale in Bad Nauheim und leitete anschließend den Berliner Stadtdienst der DANA. Von 1947 an arbeitete er für Die Welt (Korrespondent in London 1949–1952, in Paris bis 1957, dann Ressortchef „Außenpolitik“). Ab 1960 arbeitete er für den NDR, wo er 1961 zusammen mit Rüdiger Proske das Fernsehmagazin „Panorama“ gründete. Wegen zahlreicher regierungskritischer Berichte in dieser Sendung (z. B. über Franz Josef Strauß im Zusammenhang mit der Fibag-Affäre und der Spiegel-Affäre) wurde sein Vertrag beim NDR 1963 nicht mehr verlängert.

Paczensky war 1963/1964 stellvertretender Chefredakteur des „Stern“. Ende 1965 gründete er gemeinsam mit Bernt Engelmann in Hamburg einen Verlag, in dem ab Anfang 1966 die Zeitschrift Deutsches Panorama erschien (1967 wegen finanzieller Probleme eingestellt). Paczensky war kurzzeitig 1969/1970 und dann wieder seit 1973 Chefredakteur bei Radio Bremen, wo er auch zeitweise als Co-Moderator in der Talkshow 3 nach 9 tätig war. Von März 1972 bis August 1973 war er Leiter des Referats „Grundsatzfragen, Inneres und Justiz“ des Bundespresseamtes, wohin ihn Conrad Ahlers auf Zeit berufen hatte. Auf dem Saarbrücker Kongress des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS), heute in ver.di, wurde er in den Bundesvorstand gewählt, dem er von 1984 bis 1987 angehörte.

Seit 1950 hat er Probleme der „Dritten Welt“ in Artikeln, Rundfunksendungen, Fernsehfilmen und Büchern behandelt und vor allem in den 1970er-Jahren mehrere Bücher geschrieben, die sich kritisch mit Kolonialismus und wirtschaftlicher Ausbeutung beschäftigen. 1994 klagte er erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Hamburg gegen die Charakterisierung als „linker Antisemit“ durch den Publizisten Henryk M. Broder.

Paczensky schrieb auch beliebte und einflussreiche Restaurantkritiken. Als Mitarbeiter der Zeitschrift "essen & trinken" berichtete er mehrere Jahrzehnte lang aus der französischen Spitzengastronomie und setzte sich für die Verbesserung der Esskultur in deutschen Landen ein.[1] In dieser Phase habe er - so ein Kenner der Szen - „die Restaurantkritik zur schönen Kunst erhoben“.[2] Seine Bücher über Cognac und Champagner wurden international zu Standardwerken. Seit 1985 ist er Ehrenbürger der Stadt Cognac.

Privates

Er war von 1947 bis 1969 mit der Journalistin Susanne von Paczensky (geborene Czapski) verheiratet,[3] mit ihr hat er zwei Kinder. Seit 1975 ist er mit der Schriftstellerin Anna Dünnebier verheiratet.

Werke

  • 1970 Die Weißen kommen, Die wahre Geschichte d. Kolonialismus. Hoffmann u. Campe, Hamburg, ISBN 3-455-05900-7 (später bei Hädecke, Weil der Stadt ISBN 3-7750-3418-8, überarbeitete Neuausgabe als Fischer-Taschenbuch Nr. 3418 unter dem Titel: Weiße Herrschaft. Eine Geschichte des Kolonialismus, Fischer, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-596-23418-2)
  • 1971 Unser Volk am Jordan? Ein Beitrag zur Geschichte des Israel-Konflikts. In: Standpunkte. Hoffmann und Campe, Hamburg 1971, ISBN 3-455-05901-5 (spätere Ausgabe unter dem Titel: Faustrecht am Jordan?, Zur Entwicklung des arabisch-israelischen Konflikts. Erdmann, Tübingen / Basel 1978, ISBN 3-7711-0295-2).
  • 1971 Lokaltermin Thailand. Was tut die Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen? In: Materialien zur Welternährungslage. Band 11, Deutsche Welthungerhilfe, Bonn.
  • 1972 Wieviel Geld für die dritte Welt? Entwicklungshilfe kritisch durchgerechnet. In: Problem Nr. 2, Deutsche Welthungerhilfe, Bonn.
  • 1976 Feinschmeckers Beschwerdebuch. Brevier wider die Sünden der Gastronomie In: rororo-Sachbuch rororo 6994, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, ISBN 3-499-16991-6
  • 1980 Über das Fernsehen. Munition gegen das öffentlich-rechtliche Komplott. In: Edition Guido Baumann, Bucher, Luzern / Frankfurt am Main, ISBN 3-88132-199-3.
  • 1981 Aktuelles Bremen-ABC (mit Anna Dünnebier), Atelier am Bauernhaus, Fischerhude, ISBN 3-88132-199-3.
  • 1982 Das Ölkomplott Von der Kunst, uns und andere auszunehmen, Kösel, München, ISBN 3-466-11023-8 (Taschenbuchausgabe als Fischer-Taschenbuch 4325, Fischer, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-24325-4).
  • 1984 Nofretete will nach Hause Europa - Schatzhaus der «dritten Welt» (mit Herbert Ganselmayr), Bertelsmann, München, ISBN 3-570-03587-5.
  • 1984 Cognac (Fotos von Jürgen D. Schmidt, Illustrationen von Jean-Pierre Haeberlin), Hädecke, Weil der Stadt, ISBN 3-7750-0129-8 (gilt heute als das allgemeine deutschsprachige Standardbuch zum Thema «Cognac»).
  • 1987 Champagner (Fotos von Jürgen D. Schmidt, Illustrationen von Jean-Pierre Haeberlin), Hädecke, Weil der Stadt, ISBN 3-7750-0168-9 (gilt heute als das allgemeine deutschsprachige Standardbuch zum Thema «Champagner»).
  • 1991 Teurer Segen. Christliche Mission und Kolonialismus. Was im Namen Christi verbrochen wurde, Knaus, München, ISBN 3-8135-2255-5 (Taschenbuchausgabe als Goldmann Taschenbuch 12506, Goldmann, München 1994, ISBN 3-442-12506-5, 2002 neu aufgelegt unter dem Titel: Verbrechen im Namen Christi. Mission und Kolonialismus, Orbis, München, ISBN 3-572-01177-9).
  • 1994 Leere Töpfe, volle Töpfe. Die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens (mit Anna Dünnebier), Knaus, München, ISBN 3-8135-2082-X (Taschenbuchauflage als Goldmann-Tschenbuch 72192, Goldmann, München 1997, ISBN 3-442-72192-X.)
  • 1998 Das bewegte Leben der Alice Schwarzer (mit Anna Dünnebier), Kiepenheuer und Witsch, Köln, ISBN 3-462-02735-2.
  • 1998 Wo Frankreich am besten isst Aquitane, zwischen Pyrenäen und Atlantik. Hädecke, Weil der Stadt, ISBN 3-7750-0310-X.
  • 1999 (mit Anna Dünnebier) Kulturgeschichte des Essens und Trinkens. Orbis, München 1999, ISBN 3-572-10047-X
  • 2003 Journalist mit Appetit. Autobiographie, Hädecke, Weil der Stadt, ISBN 3-7750-0701-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Erwin Seitz: Cotta's Kulinarischer Almanach No. 15: Deutschlands neue Gastlichkeit. Klett-Cotta 2007, S. 91.
  2. Zitiert nach: Martin Eichhorn: Kulturgeschichte der "Kulturgeschichten": Typologie einer Literaturgattung. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, S. 181.
  3. Beide lernten sich im Politressort der Zeitung Die Welt kennen. Da Paare im selben Ressort nicht erlaubt waren, musste sie das Ressort in Richtung Feuilleton verlassen. Siehe: Christina Prüver: Willy Haas: Und das Feuilleton der Tageszeitung"die Welt". Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, S. 57.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Susanne von Paczensky — (Geburtsname Czapski) (* 22. Januar 1923 in Augsburg; † 15. Mai 2010 in Hamburg) war eine deutsche Journalistin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Preise 3 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Paczensky — Stammwappen der von Paczensky Paczensky und Tenczin ist der Name eines alten oberschlesischen Adelsgeschlechts. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte …   Deutsch Wikipedia

  • Anna Dünnebier — (* 21. Januar 1944 in Stuhm) ist eine deutsche Schriftstellerin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Herausgeberschaft 4 Webl …   Deutsch Wikipedia

  • Esskultur des Mittelalters — Bankett am Hof des französischen Königs Karl V. (Zentrum) im Jahre 1378 in Paris. Zu Gast sind Kaiser Karl IV. und sein Sohn Wenzel. Jeder Teilnehmer des Banketts hat zwei Messer, einen Salzbehälter, Serviette, Brot und einen Teller.… …   Deutsch Wikipedia

  • Esskultur im Mittelalter — Bankett am Hof des französischen Königs Karl V. (Zentrum) im Jahre 1378 in Paris. Zu Gast sind Kaiser Karl IV. und sein Sohn Wenzel. Jeder Teilnehmer des Banketts hat zwei Messer, einen Salzbehälter, Serviette, Brot …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Paa–Pam — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Essbesteck — Stäbchen, Porzellanlöffel, Teelöffel, Esslöffel, Gabel, Messer, Fischmesser Ein Ged …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des Bieres — Grabbeigabe in Form eines Modells einer Bäckerei und Brauerei, Ägypten, circa 2009 bis 1998 vor Christus Die Geschichte des Bieres reicht weit in die Geschichte der Menschheit zurück: Bier ist eines der ältesten alkoholischen Getränke. Es ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Henryk Broder — Henryk M. Broder 2007 Henryk Modest Broder (* am 20. August 1946 in Kattowitz, Polen) ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Als Publizist beschäftigt er sich bevorzugt mit der deutschen Politik und Israel. Kennzeichnend für seinen Stil ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Henryk Modest Broder — Henryk M. Broder 2007 Henryk Modest Broder (* am 20. August 1946 in Kattowitz, Polen) ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Als Publizist beschäftigt er sich bevorzugt mit der deutschen Politik und Israel. Kennzeichnend für seinen Stil ist… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”