Geschichte der deutschen Parteien

Geschichte der deutschen Parteien

In einem früheren deutschen Sprachgebrauch bezeichnete Partei einen „Teil“ von etwas, abgeleitet vom französischen une part (ein Teil).

Während der bürgerlich-liberalen Märzrevolution von 1848/49 bildeten sich die ersten deutschen parteiähnlichen Gruppierungen im noch in viele unabhängige Fürstentümer zersplitterten Deutschen Bund (unter ihnen die Monarchien Preußen, Österreich, Bayern, Württemberg und Sachsen als dessen größte Staaten) in der Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche. Das so genannte Paulskirchenparlament sollte die Einheit des Deutschen Bundes in einem Nationalstaat vorbereiten und eine gesamtdeutsche Verfassung (vgl. Paulskirchenverfassung) ausarbeiten.

Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49 in der Paulskirche

Die damaligen Gruppierungen benannten sich nach den Hotels und Gaststätten, in denen sie sich trafen. Dort tauschten sie ihre Programme und Standpunkte aus bzw. diskutierten sie.

Es lassen sich bereits hier drei Gruppen unterscheiden: Die demokratische Linke, die sich aus radikalen und gemäßigten Vertretern einer republikanischen Lösung zusammensetzte (die Fraktionen „Donnersberg“, „Deutscher Hof“, „Nürnberger Hof“), die liberale Mitte aus dem linken und rechten Zentrum (die Fraktionen „Württemberger Hof“, „Casino“, „Pariser Hof“), die eine konstitutionelle Monarchie anstrebte, und die konservative Rechte, in der Katholiken und Monarchisten vertreten waren („Café Milani“). Letztere vertraten im wesentlichen den Erhalt des Status quo.

Im Februar 1848 hatten Karl Marx und Friedrich Engels für den Bund der Kommunisten das Manifest der Kommunistischen Partei veröffentlicht, das mit dem Aufruf zum internationalen Klassenkampf des Proletariats gegen die kapitalistische Bourgeoisie die Grundlage für die später entstehenden sozialistischen und kommunistischen Parteien bildete.

Inhaltsverzeichnis

Parteigründungen und Parteien vor und während des Kaiserreichs

Die erste offizielle deutsche Partei mit einem festen Parteiprogramm war die 1861 noch zu Zeiten des Deutschen Bundes gegründete liberale Deutsche Fortschrittspartei.

1867, nach dem Sieg Preußens gegen Österreich im Deutschen Krieg von 1866 und der Gründung des Norddeutschen Bundes als Zwischenstadium zwischen dem Deutschen Bund und dem Deutschen Kaiserreich, spaltete sich diese Partei nach dem preußischen Verfassungskonflikt in verschiedene, teils gegensätzliche liberale Parteien auf. Die bedeutendsten unter ihnen waren:

1863 wurde mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) der erste Vorläufer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) auf wesentliche Initiative von Ferdinand Lassalle in Leipzig gebildet.

1869 entstand, hervorgehend aus der Sächsischen Volkspartei die antipreußische und marxistisch orientierte Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) auf Initiative von Wilhelm Liebknecht und August Bebel, die zunächst noch – aus unterschiedlichen Gründen – in Konkurrenz zum ADAV stand.

1875 vereinigten sich die beiden Parteien in Gotha (vgl. Gothaer Programm) zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, die 1890 nach Aufhebung der 12 Jahre gültigen repressiven Sozialistengesetze zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands wurde. Sie gab sich 1891 das Erfurter Programm, in dem der Marxismus als theoretische Grundlage zunächst gefestigt wurde. Im praktischen Teil wurden die Gleichberechtigung der Frauen, der Schutz der Grundrechte und eine Wahlrechtsreform gefordert. Die SPD des 19. Jahrhunderts orientierte sich zumindest in ihren theoretischen Ansprüchen im Wesentlichen noch an den revolutionären Zielen des Marxismus und dem Ideal des Kommunismus als klassenloser Gesellschaft, wohingegen sich ihre praktische Arbeit im Reichstag zunehmend pragmatisch an den parlamentarischen Möglichkeiten ausrichtete.

1870, ein Jahr vor der Reichsgründung, entstand die katholische Zentrumspartei. Sie wurde die erste von allen Schichten gewählte Volkspartei und erreichte sehr konstante Wahlergebnisse. Während des Kulturkampfes gegen die katholische Kirche war die Partei oppositionell, danach arbeitete sie teilweise in der Regierung mit.

Nach der Reichsgründung 1871 wurde mit dem Reichstag eine Institution geschaffen, für dessen Funktion Parteien notwendig waren. Die Parteien hatten aber keinen Einfluss auf die Regierungsbildung und nur eingeschränkte Gesetzgebungsrechte, Budgetrechte und Kontrollrechte. Mit der Indemnitätsvorlage von 1866 hatten die Parteien ihre eigene Stellung bereits vor der Gründung des Norddeutschen Bundes und des Kaiserreichs geschwächt. Die Wahlen zum Reichstag wurden nach allgemeinem, gleichem, direkten Mehrheitswahlrecht gewählt, wahlberechtigt waren Männer ab 25 Jahren. In den einzelnen Ländern unterschied sich das Wahlrecht; das im Reich dominierenden Preußen hatte beispielsweise bis 1918 ein Dreiklassenwahlrecht.

1878 gründete Adolf Stoecker die Christlich-soziale Arbeiterpartei, welche erstmals Antisemitismus ins Parteiprogramm aufnahm.

Alle Parteien außer der Sozialdemokratischen waren Honoratiorenparteien, das heißt, sie hatten keine große Mitgliederzahl, allerdings nahm die Zahl der Mitglieder, genauso wie die Zahl der Wähler, kontinuierlich zu.

Von Otto von Bismarck wurden die Parteien in Reichsfeinde (Linksliberale, Sozialdemokraten, Katholiken) und Reichstreue (Nationalliberale, Konservative) eingeteilt. Allerdings spielte er die Parteien gegeneinander aus. Die Parteien galten als Vertreter von Sonderinteressen, die der vorgeblich gemeinwohlorientierten Regierung gegenüberstanden. Da das Parlament keinen Einfluss auf die Regierung hatte, für die es Mehrheiten bilden musste, waren die Parteien kaum kompromissfähig.

Während des Ersten Weltkriegs kam es zum Burgfrieden, dem sich nur ein sehr kleiner Teil der SPD um Karl Liebknecht widersetzte. Die Kriegsgegner bildeten nach dem Ausschluss Liebknechts aus der SPD in Folge dessen Verweigerung seiner Zustimmung für die Kriegskredite 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), die bisherige SPD wurde kurzzeitig zur Mehrheitssozialdemokratischen Partei Deutschlands (MSPD). Deren linksrevolutionäre Fraktion, der Spartakusbund, bildete die Keimzelle für die spätere Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Am 6. Juli 1918 gründeten MSPD, Freisinnige, Nationalliberale und Zentrum einen interfraktionellen Ausschuss und forderten einen Verständigungsfrieden und eine weitere Demokratisierung und Parlamentarisierung.

Am 29. September 1918 informierte die OHL den Kaiser und Reichskanzler über die aussichtslose militärische Lage. Ludendorff forderte ein Waffenstillstandsgesuch. Er empfahl eine zentrale Forderung Wilsons zu erfüllen und die Reichsregierung auf eine parlamentarische Basis zu stellen, um günstigere Friedensbedingungen zu erlangen. Damit sollten die demokratischen Parteien die bevorstehende Kapitulation und deren Folgen allein zu verantworten haben. „Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben“, erklärte er am 1. Oktober gegenüber Offizieren seines Stabes. Dies war der Keim der späteren Dolchstoßlegende.

Ludendorffs Lagebericht schockierte die Reichsregierung ebenso wie danach die Reichstagsabgeordneten. Dennoch waren die Mehrheitsparteien, vor allem die SPD-Führer, bereit, die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Da der bisherige Reichskanzler Georg von Hertling überzeugter Monarchist war und die Parlamentarisierung ablehnte, ernannte Wilhelm II. am 3. Oktober den als liberal geltenden Prinzen Max von Baden zum neuen Reichskanzler. In dessen Kabinett trat mit Philipp Scheidemann erstmals auch ein Sozialdemokrat ein. Am Folgetag bot die neue Regierung den Alliierten den von Ludendorff geforderten Waffenstillstand an.

Die Verfassungsänderungen wurden am 28. Oktober vom Reichstag auch formell beschlossen. Fortan waren Kanzler und Reichsminister an das Vertrauen der Reichstagsmehrheit gebunden. Damit war das Deutsche Reich von einer konstitutionellen zu einer parlamentarischen Monarchie geworden. Aus Sicht der SPD-Führung erfüllte die sogenannte Oktoberverfassung alle wichtigen verfassungsrechtlichen Ziele der Partei. Ebert betrachtete schon den 5. Oktober als die „Geburt der deutschen Demokratie“. Eine Revolution hielt er nach dem freiwilligen Machtverzicht des Kaisers für überflüssig.

Die verschiedenen Richtungen

Otto von Bismarck, erster Reichskanzler 1871 bis 1890
Wilhelm Liebknecht, einer der Gründerväter der SPD
  • Die Kommunisten waren bis zum Ersten Weltkrieg noch Teil der Sozialdemokratie. Sie vertraten einen revolutionär sozialistischen Weg, waren entschieden antimonarchistisch eingestellt und verfochten Modelle einer Volksrepublik oder sozialistischen Räterepublik. Eine eigene Kommunistische Partei existierte während des Deutschen Kaiserreiches jedoch noch nicht. Erst während des Ersten Weltkriegs formierte sich als linke Fraktion der USPD der Spartakusbund, aus dem nach der Novemberrevolution von 1918 im Verbund mit anderen linksrevolutionären Gruppen am 1. Januar 1919 die KPD gegründet wurde.

Siehe auch: Lex Hohenlohe

Novemberrevolution

Die demokratischen Oktoberreformen konnten nicht verhindern, dass der Kieler Matrosenaufstand zur Novemberrevolution führte. Die wichtigsten Parteien der Revolutionszeit waren die MSPD („Mehrheits“-SPD) und die USPD, aus denen paritätisch je drei Vertreter den Rat der Volksbeauftragten bildeten. Während der Revolution gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Parlamentarismus und des Rätesystems. Aus dem linken Flügel der USPD, dem Spartakusbund, bildete sich die KPD. Die Parteien wechselten teilweise ihren Namen, einige fügten sich sozusagen aus Vernunftgründen, und weniger aus Überzeugung in das parlamentarische System der Republik ein; einen grundlegenden Wandel im Parteiensystem gab es allerdings nicht.

Weimarer Republik

Wichtige Aufgaben übernahmen die Parteien zum ersten Mal nach der Novemberrevolution in der Weimarer Republik, allerdings waren die Parteien offiziell nicht als Bestandteil einer Demokratie festgeschrieben und somit auch nicht in der Weimarer Verfassung entsprechend erwähnt. Gemeinhin wird die Auffassung vertreten, dass die Weimarer Republik eine Demokratie ohne Demokraten gewesen sei, was schließlich auch mit zu deren Untergang 1933 und dem Übergang zur nationalsozialistischen Diktatur geführt habe.

Geschichtlicher Ablauf

Nachdem in der Weimarer Nationalversammlung die Weimarer Koalition mit den demokratischen Parteien SPD, Zentrum und DDP noch eine breite Mehrheit hatte, änderte sich dies schon Anfang der 1920er Jahre schnell. Mehrere Politiker wie der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger oder der Liberale Walter Rathenau, von den Rechten als „Erfüllungspolitiker“ diffamiert, wurden Opfer von Mordanschlägen. Das häufige Regieren durch Notverordnungen des Reichspräsidenten oder Ermächtigungsgesetze zeigte die Unfähigkeit der Parteien zu einer effektiven Koalitions- und Regierungsarbeit.

Nach den Krisenjahren bis 1923 stabilisierte sich die Republik zunächst. Aber auch in diesen Jahren der relativen Stabilität verfügten nur zwei Regierungen über eine haltbare Mehrheit. 1925, nach dem Tode Friedrich Eberts wurde der Monarchist Paul von Hindenburg, der von der DNVP, DVP, NSDAP und auch der BVP unterstützt wurde, zum Reichspräsidenten gewählt. Die KPD hatte mit Ernst Thälmann einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Dies trug aufgrund der Aufsplittung der Stimmen der Linken mit dazu bei, dass der Kandidat von SPD, Zentrum und DDP, Wilhelm Marx (Zentrum) bei dieser Wahl unterlag. Auch eine Unterstützung durch die BVP, die der bayerische Ableger des Zentrums war, hätte die Wahl zugunsten von Marx entscheiden können.

1929 bot der Volksentscheid gegen den Young-Plan trotz seines Scheiterns der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) eine propagandistische Bühne für ihren Aufstieg. Nachdem sie aufgrund des Hitler-Ludendorff-Putsches von 1923 bis 1925 verboten gewesen war, war sie zwischen 1925 und 1930 mit weniger als 3 % der Stimmen nur als Splitterpartei des rechtsextremen Randes im Reichstag vertreten. Die Weltwirtschaftskrise von Ende 1929 bedeutete den Anfang vom Ende der Weimarer Republik. In diesem Jahr scheiterte die Große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) am Streit um die Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um einen halben Prozentpunkt. Die sozialpolitische Polarisierung der Zeit legt die Vermutung nahe, dass die Koalitionspartner der SPD (Zentrum, DDP, DVP und BVP) diesen Misserfolg beabsichtigten.

Hindenburg setzte nach der Reichstagswahl 1930, bei denen die radikalen Parteien des linken und rechten Randes (KPD und NSDAP) deutliche Stimmengewinne verbuchten, Heinrich Brüning (Zentrum) als Reichskanzler ein. Er stand einem Präsidialkabinett vor, das ohne parlamentarische Mehrheit überparteilich regieren sollte. Im Reichstag war indessen die NSDAP nach einem 6-fachen Stimmenzuwachs mit 18,3 % der Stimmen nach der SPD (24,5 %) zur zweitstärksten Fraktion geworden.

1931 vereinigten sich auf Initiative des DNVP-Vorsitzenden Alfred Hugenberg die antidemokratischen Parteien des rechten Randes DNVP, NSDAP und weitere Gruppierungen der „Nationalen Opposition“ zur Harzburger Front. Ab den Wahlen 1932 hatten diese Parteien die Mehrheit im Reichstag, wobei die NSDAP nach der Wahl am 31. Juli 1932 das erste Mal die stärkste Fraktion stellte. Jedoch scheiterte der Kandidat Adolf Hitler bei der Reichspräsidentenwahl von 1932 gegen Paul von Hindenburg, der mit der Unterstützung der demokratischen Parteien (die so Hitlers Präsidentschaft zu verhindern suchten) als Reichspräsident wiedergewählt wurde.

Die Wahl durch die seiner Ansicht nach „falschen“ Parteien war ein Grund für Hindenburg, Brüning durch Franz von Papen zu ersetzen, der noch 1932, nachdem seine Pläne zur Ausschaltung des Reichstags von Hindenburg abgelehnt worden waren, von Kurt von Schleicher ersetzt wurde. Dieser hatte allerdings mit dem Plan einer „Querfront“ durch alle Parteien keinen Erfolg. Bei der „Querfront“ wollte er auch Mitglieder des „linken“ Flügels der NSDAP einbeziehen, was zu einer Spaltung der NSDAP geführt hätte. Nachdem bei der Reichstagswahl im November 1932 die Stimmenzahl der NSDAP wieder um 4,2 % zurückgegangen war, ernannte der Reichspräsident Hindenburg am 30. Januar 1933 deren Führer Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Parteien in der Weimarer Republik

Obwohl die Parteien teilweise ihren Namen wechselten, ähnelten sie doch größtenteils denen des Kaiserreichs. Hinzu kamen mit der KPD als Abspaltung von der Sozialdemokratie und mit der NSDAP und anderen einige Parteien, die den linken und rechten „Rand“ der deutschen Gesellschaft ausweiteten. Im Folgenden werden die wichtigsten Parteien des Reichstags der Weimarer Republik beginnend von der äußeren Linken bis zur äußeren Rechten aufgeführt:

  • Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war die Partei der Kommunisten. Sie war zum Jahreswechsel 1918/19 aus dem Spartakusbund und anderen linksrevolutionären Gruppen hervorgegangen. Nach der Ermordung ihrer charismatischen Führungsgestalten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 und daran anschließend verschiedenen ideologischen Kontroversen innerhalb der Partei Anfang der 1920er Jahre orientierte sich die KPD ab 1925 unter dem Vorsitz Ernst Thälmanns am stalinistischen System der UdSSR. Im Zuge der sozialen und wirtschaftlichen Krisen ab Ende der 1920er Jahre erlangte sie am Ende der Weimarer Republik eine stärkere Bedeutung im Reichstag (1932 16,9 % der Wählerstimmen und 100 Reichstagsmandate), war jedoch nie an einer Regierung beteiligt.
  • Das Zentrum blieb die Partei des politischen Katholizismus. In ihr versammelte sich ein politisch breit gefächertes Klientel, das von der christlichen Arbeiterbewegung bis zu katholisch-konservativen Kreisen reichte. Das Zentrum unterstützte die Republik und gehörte mit SPD und DDP zur Weimarer Koalition.
  • Die Deutsche Volkspartei (DVP) war die neue Partei der Nationalliberalen. Ihr bedeutendstes Mitglied war Gustav Stresemann, der als Außenminister in den 1920er Jahren die Partei, die einen starken antirepublikanischen Flügel hatte, mit der demokratischen Staatsform versöhnte. Nach dessen Tod driftete sie nach rechts.
  • Der Christlich-Soziale Volksdienst (CSVD) versuchte eine Art protestantisches Gegenstück zum Zentrum zu werden. Er entstand 1929 durch Zusammenschluss verschiedener kleinerer protestantischer Parteien, denen die DNVP zu sehr die Interessen von Großkapital und Großgrundbesitz vertrat. Er vertrat überwiegend konservative Vorstellungen und befürwortete einen Ständestaat.

Demokratische Parteien als Sündenböcke

In der Weimarer Republik konnten sich die Mitglieder der demokratischen Parteien nicht auf die Regierungsarbeit vorbereiten, da sie im Kaiserreich daran nicht beteiligt waren. Sie hatten mit der Dolchstoßlegende zu kämpfen und galten für die noch starken rechtskonservativen, reaktionären und monarchistischen Kreise als „Novemberverbrecher“. Obwohl die Niederlage im Ersten Weltkrieg in der Verantwortung der Monarchie lag, wurde den demokratischen Parteien die Schuld am „Versailler Schanddiktat“ genannten Friedensvertrag von Versailles gegeben.

Die Monarchie war zwar formal durch die Novemberrevolution beseitigt worden, jedoch fehlten die gesellschaftlichen Grundlagen für die allgemeine Anerkennung der pluralistischen Demokratie in großen Teilen der Bevölkerung.

Da nach einem reinen Verhältniswahlrecht gewählt wurde, kam es zu einer Parteienzersplitterung. Die Parteien waren nicht an die Verfassung gebunden. Da der Reichspräsident notfalls mit Notverordnungen die Gesetzgebung übernehmen konnte oder diese mit Hilfe von Ermächtigungsgesetzen direkt an die Regierung gegeben werden konnte, kamen die Parteien gar nicht in die Lage, Kompromisse zu erarbeiten.

Vorläufiges Ende des Parteienpluralismus, Zeit des Nationalsozialismus

Am 23. März 1933 wurde das Ermächtigungsgesetz vom Reichstag beschlossen. Als einzige Partei stimmte, trotz erheblichem Druck der Rechten, die SPD gegen dieses Gesetz. Die KPD war in Folge des Reichstagsbrandes vom 27. Februar schon verboten, ihre Abgeordneten verhaftet, emigriert oder im Untergrund.

Im Rahmen der Gleichschaltung wurden die demokratischen Parteien entweder verboten oder lösten sich auf. Am 22. Juni wurde die SPD verboten, am 27. Juni lösten sich die DNVP und die DVP auf und am 4. Juli die BVP. Am 14. Juli trat das „Gesetz gegen Neubildung von Parteien“ und am 1. Dezember das „Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“ in Kraft.

Es folgten zwölf Jahre Diktatur unter der Alleinherrschaft Hitlers und seiner NSDAP. Das staatsterroristische Regime löste 1939 den Zweiten Weltkrieg aus und ließ Millionen von Menschen auch unabhängig vom Krieg ermorden. Der Völkermord an den europäischen Juden (Holocaust) und anderen, ethnischen Minderheiten sind dafür die bekanntesten Beispiele. Mit dem Sieg der Alliierten, vor allem Großbritanniens, der USA und der UdSSR endete am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands der Zweite Weltkrieg in Europa.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten sich alle Parteien erst wieder neu formieren. Anfangs bedurften die Parteien zur Gründung der Zustimmung der Besatzer in den jeweiligen Besatzungszonen, die NSDAP wurde verboten.

Parteien in der SBZ und der DDR

Nach Befehl Nr. 2 vom 10. Juni der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland wurden kurz nach Kriegsende die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD; Anfang Juli 1945), die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU; 25. Juni 1945), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD; 14. Juni 1945) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD; 11. Juni 1945) gegründet. Nach der Volksfrontpolitik der sowjetischen Besatzer wurde der Schein der Demokratie gewahrt, allerdings wurden wichtige Positionen mit Kommunisten besetzt und die KPD hatte durch die Unterstützung von Seiten der Sowjetunion gegenüber den anderen Parteien deutliche Vorteile.

1946 vereinigte sich die SPD der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) teils freiwillig, teils gezwungen, mit der kleineren KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), was die Hoffnungen westdeutscher SPD-Politiker, beispielsweise Kurt Schumachers, auf eine gesamtdeutsche SPD zunichte machte. In diesem Jahr fanden auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auch die einzigen freien Wahlen (Landtagswahlen) statt, die von der SED gewonnen wurden.

Die SED wurde in der 1949 gegründeten DDR zur beherrschenden Staatspartei in einem am so genannten Realsozialismus von der UdSSR ausgerichteten System. Die anderen Parteien bildeten in der Volkskammer der DDR die politisch einflusslosen Blockparteien. Dass diese Blockparteien anders als in der UdSSR, in der die Kommunistische Partei der Sowjetunion als einzige Partei herrschte, überhaupt existieren durften wurde mit dem Begriff der „Bündnispolitik“ erklärt. Das heißt, da die Gesellschaft der DDR noch stark differenziert war, sollten die mit den Arbeitern verbündeten Schichten (Bauern, Handwerker, Gewerbetreibende und Intelligenzija) ebenfalls repräsentiert werden bis diese in die sozialistischen Produktions- und Lebensverhältnisse integriert seien. Noch 1945 wurden die CDU und die LDPD im Antifaschistischen Block zusammengeführt. 1948 wurde dazu auch noch die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) und der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) integriert und es entstand der Demokratische Block der Parteien und Massenorganisationen. Am 7. September 1948 folgte der Beitritt der neu gegründeten Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD). Am 6. Juli 1950 trat die Freie Deutsche Jugend (FDJ) bei. In den zentralen Blockausschuss wurde am 13. Juni 1952 der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD) aufgenommen. Die Blockparteien wurden als Nationale Front zusammengefasst.

Politisch sicherte der aus der UdSSR übernommene „Demokratische Zentralismus“ die Alleinherrschaft der SED-Führungsschicht. So steht in Artikel 1 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik:

„Die DDR ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei.“

Führende Köpfe der Partei waren Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl, Walter Ulbricht, Erich Honecker und nach dem Wandel zur Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) Gregor Gysi. Wirtschaftlich folgte die DDR einem Konzept der Planwirtschaft. Offizielles Ziel war der Aufbau des Kommunismus in dem ostdeutschen Staat, der sich militärisch durch die Mitgliedschaft im Warschauer Pakt und ökonomisch durch die Mitgliedschaft im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe beziehungsweise Comecon im europäischen Ostblock unter der Führung der UdSSR integrierte.

Siehe auch: Geschichte der DDR

Formierungsphase

Die Entwicklung der Parteien wird in verschiedene Phasen aufgeteilt. Die Zeit von 1945 bis 1953 bezeichnet man als Formierungsphase. In ihr entstanden fast alle wichtigen Parteien.

In den westlichen Besatzungszonen wurden die Parteien später als in der SBZ zugelassen. Als letztes ermutigte Frankreich die politischen Kräfte in seiner Besatzungszone zur Parteiengründung. Einige Parteien wie die SPD und die KPD waren bereits bekannt, andere, vor allem die Unionsparteien und die Freie Demokratische Partei (FDP) wurden neu gegründet. Da es zunächst zu eigenständigen Parteigründungen für jede Besatzungszone kam, war es bei einigen Parteien die größte Schwierigkeit diese zu vereinen, nachdem die westlichen Besatzungszonen zusammengelegt wurden.

Zum ersten Mal wurde die Funktion der Parteien 1949 in der westdeutschen Verfassung, dem Grundgesetz, in Artikel 21, geregelt und festgelegt, dass sie nur durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden dürfen. 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei (SRP) als Nachfolgepartei der NSDAP und 1956 die KPD als bisher einzige Parteien verboten. Im ersten Bundestag (s. Bundestagswahl 1949) waren zwölf Parteien und zwei Unabhängige vertreten, so dass bereits vor „Weimarer Verhältnissen“ gewarnt wurde. Doch obwohl das Lizenzierungsverfahren für Parteien ab 1950 wegfiel, und daraufhin etwa 30 neue Parteien kurzfristig entstanden, so fand doch bereits bei der Wahl zum zweiten Bundestag eine Konzentration statt. Die neuen Parteien konnten nichts bieten was nicht schon durch die vorhandenen Parteien abgedeckt wurde, mit Ausnahme der Rechtsextremen, die kurzfristige Erfolge in den Landtagswahlen hatten. Ab 1953 wurde die Fünf-Prozent-Hürde eingeführt. Im Zweiten Bundestag (s. Bundestagswahl 1953) waren nur noch sechs Parteien vertreten.

Volksparteien

Christlich Demokratische Union Deutschlands

Die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) wurde als Union der beiden christlichen Konfessionen gegründet. Auch wenn die CDU ihre Wurzeln in den konservativen bzw. christlichen Parteien der Weimarer Republik hat, so hat sie auch viele liberale und soziale Elemente, was sie zur ersten Volkspartei macht. Als Bundespartei entstand die CDU erst 1950. Nach der Heterogenität der Gründerkreise in den verschiedenen Zonen, Ländern und Regionen dominierten die Bundespartei die katholische Tradition der Zentrumslinie bis in die 1960er Jahre, vor allem unter der Führung der rheinischen CDU mit Konrad Adenauer an der Spitze. Dieser konnte sich in den Gründerjahren der CDU gegen soziale und gesamtdeutsch gesinnte Gegenspieler wie Karl Arnold oder Jakob Kaiser durchsetzen. Die CDU konnte mit ihrem Parteichef Konrad Adenauer und danach mit Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger die ersten drei Bundeskanzler der Bundesrepublik stellen.

Christlich-Soziale Union in Bayern

Bei der Gründung der Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) gab es ähnliche innere Heterogenitäten wie bei der Schwesterpartei. Daraus entwickelte sich ein Flügelkampf zwischen Kräften um Josef Müller und Kräften um Alois Hundhammer. Während Müller eine interkonfessionelle Sammlungspartei gründen wollte, setzte Hundhammer sich für eine separatistische, bayerisch-katholische Partei ein. Diese Situation wurde erst durch die Gründung einer anderen separatistischen bayerischen Partei, der Bayernpartei geklärt, da sich die neu zu gründende Partei dagegen abgrenzen wollte. So kam es zur Gründung der CSU als interkonfessionelle Sammelpartei, die der Union nicht als Landesverband beitrat, sondern als Konkurrenz zur Bayernpartei eine eigenständige regionale Partei blieb. Es gab jedoch von Anfang an die Vereinbarung zwischen CDU und CSU auf Landesebene nicht gegeneinander zu konkurrieren. Im Bundestag bildeten beide Parteien seit 1949 mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Fraktionsgemeinschaft.

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) entstand als Wiedergründung der gleichnamigen im Nationalsozialismus verbotenen Partei. Sie wurde als erste gesamtdeutsche Partei neuorganisiert, wobei es zwei konkurrierende Flügel gab: Kurt Schumacher in Hannover und Otto Grotewohl in Ost-Berlin. Der Zusammenhalt zerbrach letztlich an der Frage des Zusammenschlusses zu einer gemeinsamen sozialistischen Partei mit der Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Während Schumacher die Kommunisten als „rotlackierte Nazis“ beschimpfte, fusionierte die SPD in der Sowjetischen Besatzungszone mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

Die Westzonen-SPD knüpfte zunächst an Sozialismus-Vorstellungen aus der Weimarer Republik an, was beispielsweise die Enteignung von privatem Großgrundbesitz oder die Sozialisierung der Bodenschätze beinhaltete. Im Gegensatz zu kommunistischen Standpunkten bekannte sich die SPD jedoch stets zur bürgerlichen Demokratie. Auf Grund der bereits 1947 auf 875.000 angestiegenen Mitgliederzahlen und der Tatsache, als einzige Partei 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt zu haben, erwartete die SPD, als stärkste Partei bei den ersten Wahlen abzuschneiden. Sie blieb zunächst jedoch fast ausnahmslos hinter der CDU/CSU zurück.

Kleinere Parteien

Eine große Hürde für kleinere Parteien war das Lizenzierungsverfahren der Besatzungsmächte. Dieses Verfahren ermöglichte es nur einigen kleineren Parteien, sich kurzfristig zu etablieren, manche nur auf regionaler Ebene. Im Bundestag vertreten waren:

Freie Demokratische Partei

Die Freie Demokratische Partei (FDP) vereinigte 1948 Linksliberale und Nationalliberale. Die liberale Bewegung war zum Ende der Weimarer Republik fast vollständig aufgespalten. In den ersten Nachkriegsjahren bildeten sich in den verschiedenen Besatzungszonen jeweils neue liberale Parteien, welche jedoch unterschiedlicher liberal-ideologischer Herkunft waren. Nachdem der Versuch der Gründung einer gesamtdeutschen liberalen Partei in den Jahren 1947/48 scheiterte, fand zum Ende des Jahres 1948 das Gründungstreffen der FDP in den Westzonen statt. Zu dieser Zeit war die FDP eine bürgerliche Honoratiorenpartei, deren Programm vor allem die Abgrenzung zum Sozialismus war. Vor allem auf nationalliberaler Seite wurde die FDP im Rheinland zu einem Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten, so dass die britische Besatzungsmacht 1953 eingriff und einige Funktionäre verhaftet wurden.

Deutsche Zentrumspartei

Trotz der Gründung der CDU, die als Nachfolgepartei angesehen wurde, kam es zu einer Neugründung der Zentrumspartei. Rudolf Amelunxen vom Zentrum war von 1945 bis 1946 erster Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Die Partei saß bis 1958 im nordrhein-westfälischen Landtag und war von 1956 bis 1958 als Koalitionspartner von SPD und FDP in der dortigen Landesregierung vertreten. Im ersten Bundestag war sie mit 10 Abgeordneten vertreten, welche mit der Bayernpartei eine Fraktion der Föderalistischen Union bildeten. Im zweiten Bundestag waren nur noch 3 Abgeordnete, die alle per Direktmandat gewählt wurden und von denen einer Mitglied der CDU war. Bis 1959 saßen außerdem Abgeordnete der Zentrumspartei im niedersächsischen Landtag.

Kommunistische Partei Deutschlands

Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in der Bundesrepublik, im ersten Deutschen Bundestag von 1949 bis 1953 noch als kleine Fraktion mit 15 Abgeordneten vertreten, scheiterte bereits bei der Bundestagswahl 1953 mit 2,2 %. Die KPD war wie die SPD eine Partei, die bereits zu Zeiten der Weimarer Republik existierte und somit neuorganisiert wurde. Nachdem die KPD in der SBZ 1946 mit der SPD zur SED fusionierte, wollte sich die westdeutsche KPD ebenfalls SED nennen, was jedoch verboten wurde. Außerparlamentarisch versuchte die KPD weiterhin, in der Arbeiterbewegung und den Gewerkschaften ihren Einfluss zu halten. Sie war auch beteiligt an den Friedensbewegungen der 1950er Jahre, vor allem der Bewegung gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands („Ohne mich-Bewegung“). 1956 wurde die KPD vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verboten (s. KPD-Verbot).

Deutsche Partei

1945 wurde die Deutsche Partei (DP) als „Niedersächsische Landespartei“ (NLP) neu gegründet. Sie steht in der Tradition der Deutsch-Hannoverschen Partei (DHP) aus Weimarer Republik und Kaiserreich, welche ursprünglich die Wiederherstellung des Königreiches Hannover mit Wiedereinsetzung des Welfenhauses als Ziel hatte. Ziel der DP war der Zusammenschluss der niedersächsischen Landesteile zu einem Gesamt-Niedersachsen. Nachdem im November 1946 von der britischen Militärregierung das Land Niedersachsen gebildet worden war, nannte sich die NLP in „Deutsche Partei“ um und dehnte sich auf die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen aus. Bei der Bundestagswahl 1949 erreichte die DP 4,0 % und 17 Sitze. Sie bildete anschließend mit CDU/CSU und FDP unter Konrad Adenauer die Bundesregierung. Bei der Bundestagswahl 1953 erreichte sie 3,3 % und 15 Sitze. 1957 betrug ihr Stimmenanteil 3,4 %. Noch bis 1960 war die Partei an unterschiedlichen Regierungskoalitionen im Bund unter Führung der CDU beteiligt und stellte mehrere Minister. Bei den ersten drei Bundestagswahlen wurde der DP darüber hinaus von der CDU geholfen, indem diese in den ausgeprägten norddeutschen DP-Hochburgen darauf verzichtet hatte Direktkandidaten aufzustellen. Da die CDU sich zur Bundestagswahl 1961 weigerte, der DP derart erneut zu helfen, wechselten 1960 neun der insgesamt 17 DP-Bundestagsabgeordneten zur CDU. Die Wählerschaft der DP wechselte ab Anfang der sechziger Jahre größtenteils ebenfalls zur CDU, die somit die DP aufsog.

Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei / Deutsche Reichspartei

Die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei war eine politische Partei in der britischen Besatzungszone, die durch den Zusammenschluss der Deutschen Aufbau-Partei (DAP) und der Deutschen Konservativen Partei (DKP) entstand. Bereits 1947 begann die schleichende Auflösung der Partei, als zahlreiche Hamburger und Lübecker Mitglieder zur DP wechselten. Andere Kreisverbände schlossen sich an. 1949 spaltete sich die Sozialistische Reichspartei (SRP) ab, die 1952 als erste Partei vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde. Am 21. Januar 1950 schloss sich die DKP-DRP mit der hessischen Nationaldemokratischen Partei (NDP) zur Deutschen Reichspartei (DRP) zusammen. In den zweiten Bundestag konnte diese nicht mehr einziehen.

Bayernpartei

Die Bayernpartei wurde am 28. Oktober 1946 in München gegründet. Nach anfänglichen Erfolgen auf Bundesebene (17 Sitze im ersten Bundestag) und auf Landesebene (im Landtag bis 1966 vertreten) wurde der Bayernpartei die Uneinigkeit über den Umgang mit der größten Konkurrenz, der CSU, und die „Spielbankenaffäre“ zum Verhängnis. Im Bundestag bildete die Bayernpartei mit der Zentrumspartei eine Fraktion der Föderalistischen Union.

Südschleswigscher Wählerverband

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist 1948 aus dem Südschleswigschen Verein (dänisch: Sydslesvigsk Forening), dem Dachverband der dänischen Volksgruppe in Südschleswig, entstanden. Im ersten Bundestag war er mit einem Sitz vertreten und war in den 1940er Jahren vor allem regional sehr erfolgreich. In vielen Kommunen Schleswig-Holsteins konnten die dänischen Kandidaten politische Mehrheiten gewinnen, unter anderem weil die Partei die Vertriebenenproblematik zu ihren Gunsten benutzte. Zum Teil wurde massiv gegen die neu in das Land gekommenen ostdeutschen Vertriebenen polemisiert. Um dem SSW parlamentarische Partizipation im Landtag zu ermöglichen, wurde 1955 die Sperrklausel für den SSW aufgehoben.

Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung

1949 erzielte die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV) in Bayern aufgrund eines Wahlbündnisses mit der Vertriebenenorganisation „Neubürgerbund“ mehr als 10 % der Stimmen. Sie war damit als eigene Fraktion im Bundestag vertreten. Nach diversen Parteiaustritten löste sich die WAV-Fraktion am 6. Dezember 1951 auf. Die verbliebenen Abgeordneten wechselten zur DP.

Konzentrierungsphase

In den Jahren von 1953 bis 1976 folgte die Konzentrierungsphase. Dies bezieht sich vor allem auf die Konzentration der Wähler auf drei Parteien. Bei den Wahlen 1972 und 1976 konnten SPD, CDU/CSU und FDP insgesamt sogar 99,1 % der Stimmen erreichen. Die Demokratie war inzwischen zu einem Normalzustand geworden und diese drei Parteien stellten in allen möglichen Koalitionen Regierungen. Diese Regierungen waren trotz der vielen Herausforderungen dieser Jahre (z. B. Mauerbau, Ölkrise, Wiederbewaffnung, Notstandsgesetze) stabil. Bezeichnend für die Konzentrierungsphase sind das Wirtschaftswunder, das Wahlwunder und das Parteienwunder.

Wirtschaftswunder

Als Wirtschaftswunder wird in der Bundesrepublik Deutschland die Zeit des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs von Beginn der 1950er Jahre bis in die Mitte der 1960er Jahre genannt. Ein großer Teil dieses Aufschwungs war dem boomenden Wiederaufbau der Nachkriegszeit zu verdanken. Die CDU schaffte es in diesen Jahren die wirtschaftlichen Erfolge ganz auf die soziale Marktwirtschaft der Partei zurückzuführen. Der Boom ermöglichte es den regierenden Parteien eine in der Welt führende Sozialpolitik zu verwirklichen. Der neu entstehende Wohlfahrtsstaat stellte in Bezug auf Rentenniveau, Krankheitsvorsorge, Arbeitslosigkeitsabsicherung oder Sozialfürsorge hohe Versorgungsansprüche auf.

Wahlwunder

Das „deutsche Wahlwunder“ bezieht sich auf die Konzentration der Stimmen zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland auf die großen Parteien und insbesondere die Wahlergebnisse der CDU/CSU bei der Bundestagswahl 1953 als sie fast die absolute Mehrheit der Sitze erreichte und 1957 als sie als erste Partei in Deutschland sogar die absolute Mehrheit der Zweitstimmen erhielt. Nach der anhaltenden Parteienzersplitterung in der Weimarer Republik bei der sich die Stimmen auf viele Parteien verteilten, wurde befürchtet, dass es in der jungen Bundesrepublik auch zu solchen „Weimarer Verhältnissen“ kommt. Durch die breit angelegten Profilierungen der großen Parteien wurden jedoch kleinere Randparteien, die häufig spezialisiert waren, absorbiert. Dies war möglich, obwohl weiterhin nach dem Verhältniswahlrecht gewählt wurde, auch wenn es durch eine Sperrklausel modifiziert war, da es gleichzeitig zu einem Parteienwunder kam.

Parteienwunder

Das „deutsche Parteienwunder“ bezieht sich auf die große Integrationskraft der großen Parteien. Sie schafften es, sehr unterschiedlichen Gruppen eine politische Heimat zu geben. Einerseits mussten die Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen integriert werden, andererseits wurden ehemalige Kommunisten, Nationalsozialisten und Regionalisten einbezogen, wie in späteren Jahren auch die protestierende Jugend.

Wandel der Parteien

Nach der Übernahme der Kanzlerschaft durch Helmut Schmidt modernisierte und öffnete sich die SPD

Alle Parteien wandelten sich in den Jahren der Konzentrationsphase sehr. Anfangs dominierte die Union, die bald als Kanzlerpartei angesehen wurde. Die Wahl 1953 bescherte ihr die deutliche Mehrheit der Sitze im Bundestag und die Wahl 1957 sogar die absolute Stimmenmehrheit. Grundlage dieses Erfolges war die Vereinfachung des Wahlkampfes auf prägnante Parolen, die gleichzeitig die Ängste der Bürger vor negativen Veränderungen schürte (z. B. „Keine Experimente“). Der Bürger hatte sich laut CDU/CSU zu entscheiden, ob es bei dem bisher Bewährten bleiben solle, oder ob es zu einschneidenden Veränderungen kommen soll (z. B. zum Kommunismus). Diese starre Haltung der CDU/CSU gegenüber der SPD wandelte sich erst, als es auch international durch den Wendepunkt des kalten Krieges zu Veränderungen kam. Dies mündete in der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD 1966. Die SPD wurde erst nach dem Godesberger Programm, in der sie die letzten Reste des Marxismus abstreifte, für breite Schichten wählbar. Nun musste sich die CDU/CSU als Partner einer gleichsam erfolgreichen Partei zurechtfinden, zumal die SPD ab diesem Zeitpunkt die Wirtschaftspolitik, ein Steckenpferd der CDU/CSU, dominierte. 1969 kam es zum ersten Regierungswechsel. Die SPD koalierte mit der FDP, die sich in den drei Jahren zuvor als Oppositionspartei der SPD immer weiter genähert hatte. Der Versuch der Opposition, Willy Brandt 1972 durch ein konstruktives Misstrauensvotum zu stürzen, misslang. Bei den darauf folgenden Neuwahlen errang die SPD den größten Erfolg ihrer Geschichte und wurde erstmals stärkste Bundestagsfraktion. In den folgenden Jahren etablierte sich die FDP zum „Zünglein an der Waage“ in der Mitte eines 2½-Parteiensystems und ging auf Länderebene unterschiedliche Koalitionen ein. In der Folge dieses Regierungswechsels kam es auch zu weiteren Veränderungen in der CDU und der SPD. Während sich die CDU zunächst widerwillig mit der Rolle der Opposition anfreundete, vollzog sie doch den Wandel von der Honoratiorenpartei zu einer modernen Volkspartei, ein Wandel der sich bei der Schwesterpartei CSU bereits vollzogen hatte. Auch die SPD modernisierte sich und verlor, was die Klientel anging, ihre Starre. Die zuvor reine Arbeiterpartei zog nun auch Akademiker und Angestellte an.

Transformationsphase

Otto Graf Lambsdorff leitete mit seinem Wendepapier vom 9. September 1982 die Wende ein.

Die Zeit von 1976 bis 1990 bezeichnet man als Transformationsphase. Waren zu Beginn dieser Phase, nach der Wahl 1976, noch die drei etablierten Parteien in der gleichen Form von Koalition (SPD/FDP) und Opposition (CDU/CSU) vorzufinden, so zeichnete sich doch schon eine neue Konstellation ab. Die CDU/CSU hatte sich an die Aufgaben der Opposition gewöhnt und erreichte mit Kanzlerkandidat Helmut Kohl 48,6 % der Stimmen. Bei der Bundestagswahl 1980 verlor die CDU/CSU mit dem Spitzenkandidat Franz Josef Strauß enorme Stimmenanteile und fiel auf 44,5 % zurück.

Die FDP hingegen erreichte 1980 10,6 % der Stimmen, was ein Zeichen für die Erholung der Partei war, nachdem diese durch den Machtwechsel 1969 durch innerparteiliche Krisenzeiten gegangen war.

Die SPD erlebte Ende der 1970er Jahre ebenfalls innerparteiliche Spannungen. Helmut Schmidt gelangte für seine Energiepolitik und seine Außenpolitik in die Kritik. Gegner der Kernenergie und des Nato-Doppelbeschlusses formierten sich in der eigenen Partei, während die Beziehung zum Koalitionspartner FDP in der Wirtschaftspolitik kriselte. Am 17. September 1982 zerbrach die Koalition und die SPD stellte ein eigenes Kabinett auf. Am 1. Oktober stürzte Helmut Kohl mit einem konstruktiven Misstrauensvotum Helmut Schmidt. CDU und FDP bildeten eine neue Regierung, welche bei den Neuwahlen von 1983 bestätigt wurde. Diese Wende der FDP führte bei vielen linksliberalen Bundestagsabgeordneten zu Unverständnis, so dass es einige Parteiübertritte zur SPD gab.

Die Grünen

Petra Kelly war eines der Gründungsmitglieder der Grünen

Ende der 1970er Jahren entstanden verschiedene grüne Parteien, die sich 1980 zur Partei Die Grünen zusammenschlossen. Bei der Europawahl 1979 trat die „Sonstige politische Vereinigung DIE GRÜNEN“ an und erreichte 3,2 % der Stimmen. Am 13. Januar 1980 wurde die Bundespartei DIE GRÜNEN gegründet. Ihre politische Basis fand sich in den Schlagworten sozial, ökologisch, basisdemokratisch und gewaltfrei. 1983 zogen die Grünen in den Bundestag, nachdem sie 1980 noch aufgrund der starken Polarisierung zwischen Strauß und Schmidt chancenlos blieben. Der Erfolg der Grünen führte zu heftigen gesellschaftspolitischen Diskussionen. Im Bundestag wurden sie als illegitimer Eindringling behandelt, doch auch die Grünen selbst taten ein Übriges, um sich von der herkömmlichen Parteienlandschaft abzusetzen (s. z. B. Imperatives Mandat, Rotationsprinzip der Abgeordneten, Trennung von Amt und Mandat, Einhaltung der 50 %-Frauenquote).

Die Republikaner

Ab Mitte der 1980er Jahre kam es zu einem Neuauftreten rechtsextremistischer Parteien. Vor allem die im November 1983 in Bayern von zwei ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten gegründeten Republikaner erregten Aufsehen. 1989 hatten „Die Republikaner“ Erfolg auf Landesebene (Berlin: 7,5 %) und bei der Europawahl (7,1 %). 1992 erreichten sie bei der Baden-Württembergischen Landtagswahl 10,9 %. Obwohl die Republikaner versuchten, sich von rechtsextremen Tendenzen zu distanzieren und sich der breiten Wählerschaft zu öffnen, wurden im Verfassungsschutzbericht von 1995 noch rechtsextreme Bestrebungen der Republikaner festgehalten. Nachdem „Die Republikaner“ jedoch 1994 ein Wahldesaster erlebten, verfielen sie in parteiinterne Querelen und wurden weitgehend bedeutungslos.

Wende & Wiedervereinigung

In die Transformationsphase fielen auch die Wende 1989 und die deutsche Wiedervereinigung. Während der Wende gab es viele Bürgerbewegungen, welche die politische Szene beherrschten. Unter anderem Initiative Frieden und Menschenrechte, Neues Forum, Demokratischer Aufbruch und Demokratie Jetzt. Zur Volkskammerwahl im März 1990 fusionierten diese teilweise zu verschiedenen Bündnissen. Das „Bündnis 90“ ist das einzige von diesen Bündnissen, das Bestand hatte. Es schloss sich Ende 1990 zunächst mit den Ost-Grünen und 1993 bundesweit mit den Grünen zu Bündnis 90/Die Grünen zusammen.

Die Parteien, die sich im Zuge der Wiedervereinigung im Osten gebildet hatten, schlossen sich mit ihren westlichen Gegenstücken zusammen. Die SPD und die Sozialdemokratische Partei in der DDR verbanden sich genauso wie die CDU-West mit der CDU-Ost. Teile des Demokratischen Aufbruchs und der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) gingen ebenfalls in der CDU auf. Die beiden Blockparteien Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) und Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD) hingegen wurden durch die FDP übernommen.

1989/90 ging aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) hervor, die 1990 ebenfalls in den Bundestag gewählt wurde.

Obwohl die Wiedervereinigung dramatische Veränderungen mit sich brachte, blieb die Machtverteilung im Bund auch nach der Wahl 1990 die gleiche. Die Koalition von CDU/CSU und FDP wurde bestätigt und die SPD blieb Opposition. Lediglich die zwei neuen kleineren Gruppierungen aus den neuen Bundesländern, die PDS und Die Grünen/Bündnis 90 (Ost), zogen neu in den Bundestag, während die Grünen der alten Bundesländer den Wiedereinzug nicht schafften.

Zentripetale Phase

Die Zeit ab 1990 bezeichnet man als zentripetale Phase, es kam also wieder zu einer Konzentration anstatt zu einer weiteren zentrifugalen Differenzierung. Es sah zwar zunächst für Erfolge von rechtsextremen Parteien oder auch der Statt Partei aus, bei den Wahlen im Superwahljahr 1994 konnten sich diese jedoch nicht behaupten. Auch die Anfangs der 1990er Jahre attestierte Parteienverdrossenheit nahm wieder ab.

Bündnis 90/Die Grünen konnten sich genauso konsolidieren wie die PDS, die in Ostdeutschland die drittstärkste Kraft wurde. Die FDP erlitt schwere Niederlagen bei allen Landtagswahlen und wurde aus Kommunal-Parlamenten und den Landtagen geworfen – nur im Bundestag konnte sie sich halten. Erst Ende der 1990er Jahre schaffte sie in vielen Landesparlamenten den Wiedereinzug und erlangte im Zuge der CDU-Spendenaffäre neue Sympathien.

1998 konnten die SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Bundestagswahl gewinnen und damit die CDU/CSU- und FDP-Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl nach 16 Jahren ablösen. Die CDU vollzog im Anschluss an diese Wahl einen unfreiwilligen Wandel, ausgelöst vor Allem durch die Finanz- und Spendenaffäre um Altbundeskanzler Helmut Kohl. In seiner Folge kam es zu personellen Neubesetzungen aber auch inhaltliche Konflikte zwischen Konservatismus und neuem Liberalismus traten auf.

Auch Bündnis 90/Die Grünen mussten sich durch die Übernahme von Regierungsverantwortung auf Bundesebene verändern. Die Teilnahme an der Regierungskoalition ließ die Partei gerade bei den Themen Kosovokrieg und Atomausstieg bis an ihre Grenzen gehen. Fundamentale Grundprinzipien der Partei (z. B. Gewaltfreiheit) wurden in Frage gestellt.

2002 war das Ergebnis der Bundestagswahl äußerst knapp, und es stand in den Hochrechnungen lange nicht fest, welche Parteienkonstellation die Wahl gewonnen hatte. Seit 1949 hatte zum ersten Mal keine der großen Parteien über 40 % der Stimmen. CDU/CSU und SPD lagen beide bei 38,5 % der Stimmen, und die SPD wurde mit einem knappen Vorsprung und mit Hilfe von Überhangmandaten stärkste Partei. Welche Konstellation nun aber die Regierung stellen würde, lag ganz bei den kleinen Parteien, und da waren Bündnis90/Die Grünen die eigentlichen Gewinner, während die FDP trotz Zuwächsen hinter den Erwartungen zurückblieb. Die PDS war die größte Verliererin, da die Partei nur noch mit zwei Direktmandaten im Bundestag vertreten waren. Die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder konnte also weiterregieren, auch wenn die Machtverhältnisse im Bundesrat bereits gegen sie standen.

Gerhard Schröder veranlasste durch ein Misstrauensvotum Neuwahlen im September 2005

Nach der deutlichen Niederlage der SPD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 2005 erklärte der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale in Absprache mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, eine Neuwahl schon im Herbst 2005 herbeiführen zu wollen.

Die Wahl brachte für beide Volksparteien starke Verluste. Während die SPD mit 34,2 % dabei ein Ergebnis erreichte, was am oberen Rand der Umfragewerte lag, traf die Niederlage der Unionsparteien die Öffentlichkeit unvorbereitet. Noch die letzten Umfragen sahen CDU und CSU durchweg bei über 40 % der Wählerstimmen.[1]

Für viele Beobachter schnitt die FDP überraschend stark ab. Während die letzten Umfragen vor der Wahl die Liberalen zwischen 6,5 % (Emnid und Infratest-dimap) und 8,0 % (IfD Allensbach) sahen, erzielten sie mit 9,8 %, einem Zuwachs von 2,4 Prozentpunkten, ein fast zweistelliges Wahlergebnis.[2] Die FDP erreichte damit erstmals seit der Bundestagswahl 1990, bei der sie insbesondere von der Popularität Hans-Dietrich Genschers in den neuen Bundesländern profitierte, in allen 16 Bundesländern mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen und wurde auch erstmals seit jener Wahl drittstärkste Kraft.

Die PDS trat bei der Neuwahl zum ersten Mal als „Die Linkspartei.“ an. Im Zuge der Reformen der Agenda 2010, wie Hartz IV, gewann vor allem in den sogenannten neuen Bundesländern die PDS an Zulauf. Mitglieder der SPD, der Gewerkschaften und Bürger in den West-Bundesländern, die die sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der SPD-Grüne-Bündnis 90-Regierung unter Gerhard Schröder als unsozial ablehnten, beschlossen am 20. November 2004 die Gründung des Vereins „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG). Angelehnt an diesen Verein gründete sich die Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative. Um eine bessere Chance zum Einzug in den Bundestag zu haben kandidierten Mitglieder der Wahlalternative auf den offenen Listen der Linkspartei. Auf diese Weise wurde „Die Linkspartei.“ viertstärkste Kraft mit 8,7 % der Stimmen.

Ebenfalls stärker als in den Umfragen prognostiziert schnitten Bündnis 90/Die Grünen ab. Mit leichten Verlusten von 0,5 Prozentpunkten stellten sie jedoch nur noch die kleinste der fünf Fraktionen im Deutschen Bundestag.

Noch am Abend des Wahltages beanspruchten sowohl Angela Merkel als auch Gerhard Schröder die Kanzlerschaft. Sowohl die CDU/CSU als auch die SPD boten in den folgenden Tagen allen anderen Parteien außer der Linkspartei Gespräche über eine Regierungsbildung an. Gespräche führten zunächst Union und FDP einerseits sowie SPD und Grüne andererseits.

Die FDP erklärte mehrfach, keine Ampelkoalition eingehen zu wollen, diese Haltung bekräftigte die FDP auch nach weiteren mündlichen Angeboten führender SPD-Politiker.

Die Grünen hatten formal keine Koalition ausgeschlossen und gingen auch auf das Gesprächsangebot der Unionsparteien ein. Da aus Union, FDP und Grünen vereinzelt Interesse an einer sogenannten Jamaika-Koalition geäußert wurde, fand dieses Gespräch besondere Beachtung. Es endete allerdings ergebnislos. Mittelfristig könnte es bedeutsam sein, dass Unionsparteien und Grüne erstmals über gemeinsame Regierungsmöglichkeiten oberhalb der kommunalen Ebene sprachen.

Da die anderen Optionen damit gescheitert waren, kam es zu Gesprächen zwischen Union und SPD. Beide Seiten beanspruchten weiterhin das Amt des Bundeskanzlers. Die Union stellte dazu fest, dass der größere Regierungspartner traditionell den Regierungschef stellt; von Seiten der SPD wurde zeitweise argumentiert, dass CDU und CSU zwei verschiedene Parteien seien und, da die SPD stärker war als die CDU alleine, sie die größte Regierungspartei sei.

Nach einem abschließenden Sondierungsgespräch teilten die vier Personen am 10. Oktober mit, ihren Fraktionen und Parteien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen vorzuschlagen. Dazu sei vereinbart worden, dass Merkel Kanzlerin werde; auch Zuschnitt und Parteizugehörigkeit der Ministerien war vereinbart worden. Die Koalitionsverhandlungen begannen am 17. Oktober.

Am 22. November 2005 wurde Angela Merkel mit 397 der 611 gültigen Stimmen (Gegenstimmen: 202; Enthaltungen: 12) der Abgeordneten im 16. Deutschen Bundestag in das Amt des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Merkel hat von den Abgeordneten des Bundestages mehr Stimmen erhalten als ein Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zuvor. Prozentual lag ihr Wahlergebnis mit 64,9 % der Stimmen im Bundestag zwar schlechter als das von Kurt Georg Kiesinger, der 68,5 % erreichte, jedoch stellte die Große Koalition 1966 damals über 90,1 % der Sitze, die heutige Große Koalition unter Merkel stellt jedoch nur knapp 73 % der Sitze im 16. Deutschen Bundestag, nämlich 443.

Übersicht über die Parteien (Auswahl)

Historisch (bis 1945)

Deutsche Zentrumspartei (Zentrum), Bayerische Volkspartei, Christlich-Sozialer Volksdienst (CSVD)
Konservative Partei, Freikonservative Partei, Deutschkonservative Partei, Deutschnationale Volkspartei
Deutsche Fortschrittspartei, Deutsche Volkspartei, Deutsche Freisinnige Partei, Sächsische Volkspartei, Deutsche Demokratische Partei (DDP), ab 1930 Deutsche Staatspartei, Nationalliberale Partei, DVP
Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (ADAV), Sächsische Volkspartei, Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland) (SDAP), Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1875), Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931), Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)
DAP, NSDAP

Parteien nach 1945

Zentrumspartei
CDU/CSU, Deutsche Partei
Bayerische Heimat- und Königspartei (1946), Monarchiefreunde (seit ca. 1995)
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), PASS
Linkspartei.PDS (bis 2007), Die Linke (ab 2007)
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), SED (bis 1990 in der DDR), Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands, diverse K-Gruppen
FDP, LD, Sozialliberale Partei
RSF, FSU (heute: Humanwirtschaftspartei)
Bündnis 90/Die Grünen, ödp, Die Tierschutzpartei
Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (bis 1950), SRP (1952 verboten), NPD, Rep, DVU
Gesamtdeutscher Block/BHE (1950–1961)
  • Regional
SSW (Südschleswigscher Wählerverband), Wendische Volkspartei, NLP (Niedersächsische Landespartei), Regenbogenliste (Köln), AfB (Arbeit für Bremen), Freie Wähler, Bayernpartei

Weitere als Parteien firmierende Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland siehe unter Splitterpartei, K-Gruppen und Spaßpartei.

Zeitleiste der in den Deutschen Bundestag gewählten oder in Bundesregierung vertretenen Parteien
Ausrichtung 40er 50er 60er 70er 80er 90er 2000
9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 5 6 7 8 9
Christlich Zentrum
Nationalistisch NDP DRP
DRP
Konservativ DSU
div. BHE GB/BHE GDP
CDU/CSU CDU/CSU
CDU (Ost)/DBD 
DP DP
WAV
FDP FVP
Liberal FDP FDP
LDPD/NDPD 
Regional Bayernpartei
SSW
Ökologisch Die Grünen Bündnis 90/Die Grünen
div. B'90
Sozialdemokratisch SPD SPD
SDP
Sozialistisch WASG  Die Linke
SED  PDS
Kommunistisch KPD

Siehe außerdem: Liste der politischen Parteien in Deutschland.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.wahlrecht.de/umfragen/archiv/2005.htm
  2. http://www.wahlrecht.de/umfragen/archiv/2005.htm

Literatur

Weblinks


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