Geschichte des Eishockeys

Geschichte des Eishockeys

Der Versuch, das Eishockey bis zu seinen genauen Ursprüngen zurückzuverfolgen, gestaltet sich als durchaus schwierig. Auch in Kanada – gemeinhin das „Mutterland“ des Eishockeysports genannt – gibt es Schwierigkeiten, die Entwicklung im eigenen Land zurückzuverfolgen. Daher können jegliche historische Überlegungen keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit erheben, zumal viele Länder die Quelle dieses Sports bei sich sehen.

Als sicher gilt, dass das erste Eishockey-Spiel nach modernen Ansätzen am 3. März 1875 im Victoria Skating Rink in Montréal stattfand. In folgenden Jahrzehnten entwickelte sich der Sport zu einem international anerkannten und beliebten Sport.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Anfänge in Kanada

Das moderne Eishockey entstand allen Vermutungen zum Trotze mit größter Wahrscheinlichkeit im heutigen Kanada. Schon die indianischen Ureinwohner Kanattas (erster erwähnter Name Kanadas, bedeutet „Hütte“) kannten im 16. Jahrhundert verschiedene Ballspiele. Durch die französische Kolonisierung Kanadas in der Mitte des 16. Jahrhunderts vermischten sich jene Ballspiele mit denen der Soldaten zum heute bekannten Lacrosse. Dennoch kann man Lacrosse nicht als direkten Vorläufer des Eishockeys betrachten, da hierzu zwar auch Tore, aber keine Schlittschuhe oder Torhüter benötigt wurden. Der Camburca, ein Krummstock, entwickelte sich zu einer Art Hockey- bzw. Eishockeyschläger. Die Bezeichnung für den Schläger, Hockey, entwickelte sich jedoch aus dem Französischen und bedeutet etwa „krummer Stock“.

Während der britischen Herrschaft in Kanada Mitte des 18. Jahrhunderts brachten die Soldaten die ihnen bekannten Spiele Hurling und Shinty, auch Shinney genannt, mit. Bekannt ist, dass 1856 die Royal Canadien Rifles, ein britisches Regiment, auf den zugefrorenen Hafenbecken von Kingston und Halifax das Eislaufen erlernten und sehr schnell ihr Shinney-Spiel aufs Eis übertrugen. Anfangs spielten nur die Soldaten, doch es kamen Studenten aus Montréal hinzu, die feste Spielregeln entwickelten. Das neue Spiel erfreute sich schnell großer Beliebtheit.

Vom Shinney zum Eishockey

Shinney-Spiel um 1924

Studenten der McGill-Universität entwickelten das Shinney entscheidend in Richtung Eishockey, da sie zum ersten Mal einen Torhüter einsetzten.

Eishockeyspiel 1922

Ein Großteil der Historiker stimmt mittlerweile in vielen Punkten der Entwicklung und Entstehung dem McGill-Report zu, welcher 1943 von Experten der McGill-Universität verfasst und veröffentlicht wurde. Der McGill-Report beschrieb, dass das erste Eishockeyspiel am 3. März 1875 im Victoria Skating Rink in Montréal vor nahezu 500 Zuschauern ausgetragen wurde. In diesem Report wird auch erstmals der spätere Puck, dessen Name in Montréal entstanden sein soll, erwähnt. Erfunden wurde der Puck von William Fleet Robertson. Da bei einem der ersten Spiele der damals verwendete „Gummiball“ immer wieder über die Außenbegrenzung hüpfte und das Spiel unterbrochen wurde, schnitt Robertson einfach den oberen und unteren Teil ab und übrig blieb der Puck. Die McGill-Studenten führten zudem Schiedsrichter und Trikots ein, hatten ein festes Regelwerk ausgearbeitet und gründeten den ersten Eishockey-Club der Welt.

McGill-Student James George Aylwin Creighton hatte den größten Anteil an der Weiterentwicklung des Eishockeys. Er dachte sich viele Neuerungen aus, um das Spiel interessanter zu machen. Die Mannschaften spielten mit Landhockeyschlägern, er übernahm aus dem Rugby-Spiel einige Regeln und hatte die Idee, dass man auch in der Halle spielen könne. Die damaligen Regeln sahen neun Mann pro Team vor, so dass die Mannschaft aus einem Torhüter, zwei Verteidigern, zwei Mittelfeldspielern und vier Stürmern bestand. Für die Einhaltung der Regeln sorgten zwei Schiedsrichter.

Das Spiel entwickelte sich fast selbständig weiter. Die rote Linie wurde eingeführt und die Torhüter wurden durch entsprechende Schutzausrüstungen – man übernahm die Lederhandschuhe und Beinschienen aus dem Feldhockey – ausgestattet. Später wurden die blauen Linien eingeführt, um „Ansammlungen“ vor dem gegnerischen Tor zu verhindern.

Überdachtes Eisstadion um 1900 in Québec

Von den frühen Regeln haben etliche auch heute noch Bestand, so beispielsweise das Anspiel in der Mitte (Bully) bei Spielbeginn und nach Toren. Auch durfte kein Spieler den Gegner von hinten angreifen, seinen Schläger über Schulterhöhe heben, festhalten, treten oder kicken.

1884 wurden die Regeln dahingehend geändert, dass die Mannschaften von neun auf sieben verkleinert wurden. Die Teams bestanden nun aus einem Torhüter, zwei Verteidigern, einem Mittelfeldspieler und drei Stürmern. So ging es auch 1885 in den ersten Ligaspielbetrieb im Eishockey, ebenfalls in Kanada.

Das Eishockey wird international

Von nun an verbreitete sich das Eishockey in viele Länder und wurde immer beliebter. Am 4. Februar 1887 fand auf dem Halensee in Berlin das erste Eishockeyspiel (kanadischer Art) auf deutschem Boden statt. (Siehe auch: Eishockey in Deutschland)

1899 wurde in Montréal das erste überdachte Kunsteisstadion Nordamerikas errichtet. Deutschland musste hierauf bis 1925 warten, als eine Kunsteisbahn im Berliner Sportpalast eröffnet wurde.

Bald wurde in Kanada eine Organisation notwendig, um der Verbreitung des Sports gerecht werden zu können und für einen geregelten Spielbetrieb zu sorgen. Hierzu wurde im November 1890 die Ontario Hockey Association gegründet. Weitere folgten: Pacific Coast Hockey Association, National Hockey Association (1909) und Canadian Amateur Hockey Association.

Die ersten englischen Eishockey-Meister waren Kanadier, hier die Oxford Canadiens, Meister 1909/10

Ab Anfang des 20. Jahrhunderts fand das Eishockeyspiel verstärkt den Weg nach Europa, sodass 1903 mit den London Canadians erstmals auf dem europäischen Kontinent ein Landesmeister im Eishockey gekürt werden konnte. Im gleichen Jahr kam es auch zum ersten internationalen Spiel in Europa zwischen Teams aus London und Paris. In den Folgejahren kam es europaweit zur Gründung von Eishockeyverbänden bzw. zur Aufnahme des Eishockeys in die nationalen Eissportverbände (in Deutschland 1908).

Für das internationale Eishockey bedeutend war am 15./16. Mai 1908 die Gründung der LIHG, der Ligue Internationale de Hockey sur Glace, aus der später die Internationale Eishockey-Föderation IIHF wurde und deren Gründungsmitglieder die Verbände Frankreichs, Böhmens, Großbritanniens, Belgiens und der Schweiz waren. Die LIHG organisierte ab 1910 regelmäßige Europameisterschaften und von 1910-1914 zusätzlich eine eigene IIHF-Meisterschaft, die jedoch nur von geringer Bedeutung war.

Für die Olympischen Sommerspiele 1920 in Antwerpen wurde das Eishockey in das olympische Programm aufgenommen, jedoch nur als Demonstrationsturnier. Bei den olympischen Eishockey-Turnieren und den ab 1920 stattfindenden Eishockey-Weltmeisterschaften waren jedoch vorerst die Nordamerikaner, insbesondere die Kanadier dominierend, die mit ihrem besten Amateurteam zu den Turnieren anreisten und die europäischen Teams häufig zweistellig deklassierten. Dass bei den Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen mit Großbritannien erstmals ein europäisches Team Olympiasieger wurde, lag primär darin begründet, dass das Team ausschließlich aus eingebürgerten Kanadiern bestand. Den ersten tatsächlich europäischen Weltmeister gab es erst bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 1947 mit der Tschechoslowakei.

Derweil entwickelte sich in den 1940er Jahren in der Sowjetunion der Eishockeysport, wo es 1947 zur ersten Sowjetischen Meisterschaft kam. Nachdem die Sowjetunion 1952 wieder in die IIHF eingetreten war, nahm sie 1954 erstmals an den Weltmeisterschaften teil und konnte diese genauso wie die Olympischen Winterspiele 1956 in Cortina d’Ampezzo sofort dominieren. Diese Dominanz führte zu einer sowjetischen Siegesserie, in der die „Sbornaja“ (russisch: Сборная für die Nationalmannschaft) von 1963 bis 1972 alle internationalen Titel im Eishockey gewinnen konnte. Dass auch die Kanadier meist der sowjetischen Mannschaft unterlegen waren, lag jedoch auch an der Tatsache, dass zu Weltmeisterschaften wie zu olympischen Turnieren nur Amateure, nicht jedoch Profispieler, zugelassen waren. Somit traten die Kanadier also weiterhin mit ihren besten Amateurspielern an. Die sowjetischen Nationalspieler spielten jedoch meist bei HC ZSKA Moskau oder HK Dynamo Moskau, dem Armee- oder Polizeisportklub, sodass die Spieler offiziell als Soldaten oder Polizisten angestellt waren, sich jedoch hauptsächlich dem Eishockeysport widmen konnten.

Zum Eklat kam es 1969/1970, nachdem die IIHF die Teilnahme von NHL-Profis wiederholt abgelehnt hatte und Kanada aus diesem Grund bis einschließlich 1976 nicht an den Weltmeisterschaften teilnahm. Bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 1977 kamen die Kanadier jedoch auf das internationale Eis zurück, nachdem die Teilnahme von NHL-Profis gestattet wurde. Trotzdem reichte es bei der WM in Wien nur zu einem für die Kanadier unbefriedigenden vierten Platz.

Siehe auch

Literatur

  • Horst Eckert: Eishockey Weltgeschichte. Copress, München 1989, ISBN 3-7679-0235-4
  • Stephan Müller: International Ice Hockey Encyclopedia 1904-2005 / BoD GmbH Norderstedt, 2005, ISBN 3-8334-4189-5

Weblinks

 Commons: Geschichte des Eishockeys – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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