Geschlechterturm

Geschlechterturm
Die Geschlechtertürme in San Gimignano

Der Geschlechterturm ist eine ursprünglich in Italien als Verteidigungswerke einflussreicher städtischer Familien entstandene Bauweise, nach der unterschiedlich hohe, in der Grundfläche meist quadratische Wohntürme errichtet wurden zur Verteidigung im von Fehden geprägten Frühmittelalter. Je höher der Turm einer Familie gebaut wurde, desto höher war das Ansehen dieses Geschlechts.

Die einzelnen Türme wurden als Festungen ausgebaut, man gelangte in das jeweils höhere Stockwerk (häufig nur ein Raum) über Leitern, die im Belagerungsfall nach oben gezogen werden konnten. Teilweise sind die Türme auch mit Wasserspeiern versehen, die für Angriffe auf die Belagerer mit heißem Öl, Wasser und ähnlichem genutzt werden konnten.

Inhaltsverzeichnis

Städte mit Geschlechtertürmen

Goldener Turm in Regensburg

Die am besten erhaltene Stadt ist San Gimignano in der Toscana mit 15 schon von weither sichtbaren Türmen. Zwei bekannte Geschlechtertürme, die Due Torri (Asinelli, 97 m, und Garisenda, 48 m) sind in Bologna zu finden. Hier existieren noch 20 von ursprünglich 180 derartigen Türmen. Torre Asinelli war im Hochmittelalter 137 Jahre lang das höchste Gebäude Europas.

In Deutschland sind Geschlechtertürme vor allem in Regensburg anzutreffen, wo sie allerdings bis auf wenige Ausnahmen (u. a. der Goldene Turm) auf Firsthöhe gekappt wurden. Der Turm am Haus Neuerburg in Köln wurde zwar erst 1923 errichtet, knüpft aber an die Tradition der Geschlechtertürme an.

Ratsturm zu Köln

Richmodisturm in Köln

Ein Geschlechtertum symbolischer Bedeutung ist der Turm des Rathauses in Köln. Er ist nicht nur eine Erweiterung oder architektonische Verschönerung des Rathausgebäudes, also ein Rathausturm, sondern ein Zeichen der Macht des Bürgertums in der Stadt. Er ist nicht Turm eines Geschlechtes, sondern Turm des Rates, ein Ratsturm. Offensichtliches Zeichen hierfür ist der Platzjabbek an der Ostseite des Turmes. Der Kopf eines Bürgers mit Schlapphut wurde im 15. Jhd. unter der Turmuhr angebracht und streckt den Patriziern die Zunge heraus.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Tragbar: Vom Geschlechterturm zum Stadthaus. Studien zu Herkunft, Typologie und städtebaulichen Aspekten des mittelalterlichen Wohnbaus in der Toskana (um 1100 bis 1350) (= Beiträge zur Kunstgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 10). Rhema-Verlag, Münster 2003, ISBN 3-930454-22-X.

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