Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften

Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften

Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ist ein 1987 in Deutschland gegründeter Verein der Skeptikerbewegung mit Sitz in Roßdorf (bei Darmstadt).[1] Die Organisation ist ein in Deutschland eingetragener Verein und als gemeinnützig anerkannt. Sie hat mehr als 1000 Mitglieder, die sich aus Wissenschaftlern und wissenschaftlich Interessierten zusammensetzen[2] (Stand 2011). Einmal jährlich führt die GWUP eine Konferenz mit wechselnden Themenschwerpunkten durch.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ziele und Themen

Die GWUP sieht ihre Hauptaufgabe in der kritischen Betrachtung unbewiesener Behauptungen in Bereichen wie Parawissenschaften, Esoterik oder Alternativmedizin und Aufklärung im Sinne der Volksbildung und des Verbraucherschutzes.[3] Sie stellt die Bedeutung wissenschaftlichen Vorgehens und kritischen Denkens für gesellschaftliche Herausforderungen heraus.[4] Neben einer theoretischen Auseinandersetzung werden auch Fähigkeiten von Personen wie Wünschelrutengängern, Telekinetikern, Energetisierern und Astrologen empirisch überprüft.

Erklärtes Ziel der GWUP ist die Förderung des kritischen Denkens und der Wissenschaften einschließlich ihrer Methoden. Wissenschaftliche Methoden sollen verbreitet, verständlich gemacht und auf Parawissenschaften, Pseudowissenschaften sowie verwandte Überzeugungssysteme angewendet werden. Dies umfasst auch die Information der Öffentlichkeit über den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand parawissenschaftlicher Behauptungen.[5]

Themengebiete, mit denen sich die GWUP verstärkt beschäftigt, sind Gesundheit, Komplementär- und Alternativmedizin, dabei insbesondere Homöopathie. Kritische Beachtung sei im Gesundheitsbereich besonders angebracht, weil durch Glaube an nicht nachgewiesene Wirkungszusammenhänge wirkungsvollere Therapien unterblieben.[6][7] Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit Okkultismus, Spiritismus, Esoterik oder Ideologien, wie sie z. B. der Anthroposophie zugrunde liegen; des Weiteren Religion und Glaube sowie Aberglaube und Kreationismus. Vor allem im Rahmen eines jährlichen Prognosechecks stehen Astrologie, Prophezeiungen und Vorhersagen im Fokus. Weitere Themenfelder sind Verschwörungstheorien, Paratechnologien, Psychotechniken, Kryptozoologie, Prä-Astronautik, UFOs, das Turiner Grabtuch.[8]

Organisation

Die GWUP wurde 1987 als Verein in Bonn gegründet.[9] Heute ist sie ein in Deutschland als gemeinnützig anerkannter[10] eingetragener Verein mit über 1.000 Mitgliedern und Hauptsitz in Roßdorf bei Darmstadt.[1] Vorsitzender ist seit 2008 Armadeo Sarma.[11] Die GWUP ist laut eigenen Angaben die älteste und größte Skeptiker-Organisation im deutschsprachigen Raum und versteht sich als Teil einer internationalen Bewegung.[2]

Der Verein verfügt über einen wissenschaftlichen Beirat. Dieser berät die Organisation. Vorsitzender ist Peter Kröling. Der Wissenschaftsrat ist interdisziplinär besetzt und besteht aus Wissenschaftlern und Personen aus Bereichen wie Medizin, Psychologie, Physik, Religionswissenschaft, Biologie, Pädagogik, Volkskunde und Kulturanthropologie.[12] Der Wissenschaftsrat soll die wissenschaftlichen Standards der Vereinsarbeit sicherstellen. Dazu wird ein Vertreter des Wissenschaftsrats in den GWUP-Vorstand entsandt.

In Roßdorf unterhält die GWUP das Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken, das hauptberuflich[1] von Martin Mahner geleitet wird.[3] Dort werden unter anderem Anfragen von Journalisten und Interessierten beantwortet.[1] Es wurde 1999 gegründet.[13] Etwa 200 Personen rufen pro Jahr an.[14] In Roßdorf befindet sich auch eine Präsenzbibliothek.

In Deutschland und Österreich gibt es mehrere Regionalgruppen der GWUP. Sie haben ihren Sitz in Berlin, Essen (für die Metropolregion Rhein-Ruhr), Hamburg, Köln, München, Stuttgart, Würzburg und Wien.[15] Die Wiener Regionalgruppe tritt in der Öffentlichkeit als Gesellschaft für kritisches Denken auf.[16]

Aktivitäten

Konferenzen

Seit 1989 veranstaltet die GWUP jährlich eine Konferenz, deren Ziel es unter anderem ist, Ergebnisse aus der Vereinsarbeit der Öffentlichkeit bekannt zu machen. 2011 stand diese Konferenz unter dem Motto "Fakt und Fiktion" und fand im Juli im Naturhistorischen Museum und der Technischen Universität in Wien statt.[17] Neben der Mitgliederversammlung wurde im Rahmen eines Publikumstages auch erstmalig das "Goldene Brett vorm Kopf" verliehen. Preisträger ist der Regisseur Peter A. Straubinger für seinen Film Am Anfang war das Licht, einer Dokumentation über Lichtnahrung. Straubinger nahm den Preis persönlich entgegen.[18]

Psi-Test

Die GWUP führt seit 2004 jährlich Tests zur Überprüfung paranormaler Fähigkeiten durch.[9] Zunächst wurden die Tests in Abstimmung mit James Randi im Rahmen der One Million Dollar Paranormal Challenge[19] durchgeführt, später eigenständig. Für den Nachweis paranormaler Fähigkeiten ist ein Preisgeld von 10.000 Euro ausgeschrieben. Der Testablauf wird im Vorhinein zwischen Kandidat und der GWUP vereinbart. Bis 2010 haben rund 30 Kandidaten, meist Pendler und Wünschelrutengeher, an den Psi-Tests teilgenommen. Bei keinem der Tests konnte ein Erfolg erzielt werden.[20][21]

Prognosecheck

Seit dem Jahr 2002[9] wird jährlich eine Rückschau auf die astrologischen Prognosen des vergangenen Jahres veröffentlicht.[22] Die Prognosen werden gesammelt und auf einer Website veröffentlicht. Sie stammen überwiegend aus dem Internet (ca. 70 %), des Weiteren aus Zeitungen, Zeitschriften und aus Büchern. Im Jahre 2010 wurden ca. 110 Prognosetexte und Webseiten von über 60 Wahrsagern und Astrologen ausgewertet.[23]

Homöopathie / Aktion 10:23

Die GWUP tritt als Kritiker der Homöopathie auf.[3][24] Im Jahr 2005 wurde eine Unterschriftensammlung initiiert, die sich gegen die Sonderbehandlung der Homöopathie als Heilmethode in Deutschland richtete.[25] Im Jahr 2011 beteiligte sich die GWUP an der internationalen Aktion 10:23, bei der Homöopathie-Kritiker in der Öffentlichkeit größere Mengen an hochpotenzierten Homöopathika einnahmen, um auf wissenschaftlich nicht anerkannte Grundlagen der Homöopathie und wissenschaftlich nicht nachgewiesene Wirkung der Homöopathika hinzuweisen.

Publikationen

In der von der Gesellschaft seit 1987 herausgegebenen Quartalszeitschrift Skeptiker werden Berichte, Reportagen und Interviews veröffentlicht, die den Themenschwerpunkt des Vereines betreffen. Der Skeptiker hat 2200 Abonnenten (Stand 2011).[9]

Zusätzlich zu der Zeitschrift Skeptiker erschienen 1998 und 1999 drei Bände einer eigenen Schriftenreihe der GWUP, die sich mit „Parawissenschaft“ und „Paramedizin“ befassten.

Rezeption in Medien

Aktionen der GWUP finden regelmäßig Eingang in den redaktionellen Teil deutschsprachiger Massenmedien.[26] So wurden die PSI-Tests der GWUP und die One Million Dollar Challenge 2004 unter anderem in der ARD-Sendung Quarks & Co vorgestellt.[27] Vor allem unmittelbar vor und während der Konferenz berichten Tageszeitungen und Online-Medien über Themen und Hintergründe.[3][7] GWUP-Mitglieder wurden mehrmals bei Fernsehsendungen zu Themenbereichen, mit denen sich der Verein befasst, als Experten eingeladen, so zum Beispiel Heinz Oberhummer zum Thema "Wieviel Unvernunft verträgt die Wissenschaft?" in der ServusTV-Sendung Talk im Hangar 7[28], Amardeo Sarma als Gast in der ARD-Sendung Menschen bei Maischberger zum Thema "Seher und Propheten"[29] oder Klaus Schmeh beim Hellseher-Casting in der RTL-Sendung Punkt 12.[30]

2008 wurde eine TV-Dokumentation über die PSI-Tests der GWUP gedreht. Der Film wurde unter dem Titel „Alles fauler Zauber!? Das Übersinnliche auf dem Prüfstand“ im deutschsprachigen Raum von mehreren Fernsehsendern ausgestrahlt.[31]

Gegenpositionen

Der Soziologe Edgar Wunder bemängelt, die GWUP selbst führe kaum Untersuchungen zum Nachweis paranormaler Phänomene durch, sondern widme sich primär der Öffentlichkeitsarbeit für ein naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild.[32][33]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Verstand contra unbekannt. In: Focus 20/2002
  2. a b Nach Angaben des Vereins GWUP-Blog: Über uns, aufgerufen am 28. Juli 2011
  3. a b c d Kurt de Swaaf: Schluss mit dem Hokuspokus in Der Standard 1. Juni 2011
  4. Was wir wollen Webseite der GWUP, abgerufen am 27. Juli 2011
  5. Die Ziele der GWUP §2 der Vereinssatzung, abgerufen 24. Juli 2011
  6. Eva Stanzl: Wissen versus Glauben in WienerZeitung.at Artikel vom 30.05.2011, abgerufen am 27. Juli 2011
  7. a b Josephina Maier: Ist das noch normal? in ZeitOnline Artikel vom 25.05.2009, abgerufen am 27. Juli 2011
  8. Themen nach Gebiet Website der GWUP, abgerufen am 27. Juli 2011
  9. a b c d GWUP-Geschichte, Website der GWUP, abgerufen am 27. Juli 2011
  10. Brigitta vom Lehn: Schummeln gehört zum Magie-Geschäft. In: Die Welt, 11. Januar 2008
  11. Beschreibung von Armadeo Sarma bei Sendung Lange Nacht mit Harald Lesch
  12. Liste der Mitglieder im Wissenschaftsrat der GWUP
  13. Das Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP. In: Skeptiker (4/2002)
  14. Nach Ufos kommt nun die Homöopathie für Tiere. In: Welt Online, 5. März 2010
  15. Regionalgruppen der GWUP Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften, abgerufen 26. Juli 2011
  16. Website der Gesellschaft für kritisches Denken
  17. Veranstaltungsarchiv der GWUP abgerufen am 12. Juli 2011
  18. Webseite Das goldene Brett vorm Kopf abgerufen am 12. Juli 2011
  19. Corinna Sachs: Der One-Million-Dollar Test. wdr.de, 12. Oktober 2004
  20. Ralf Nestler: Die Macht der Strahlen. In: Die Zeit, Nr. 34/2009
  21. Bernd Kramer: Die Geisterjäger. Dossier zum Thema Esoterik in: ZeitWissen 04/2011
  22. Wahrsager sind Unwahrsager – außer Paul. In: Badische Zeitung, 16. Dezember 2010
  23. GWUP Wahrsager Prognosecheck 2010, aufgerufen am 28. Juli 2011
  24. Bernd Kramer: Der akademische Geist. Dossier zum Thema Esoterik in: ZeitWissen 04/2011
  25. Resolution gegen Homöopathie
  26. Medienecho, Website der GWUP, abgerufen am 4. August 2011
  27. Corinna Sachs: Der "One-Million-Dollar" Preis. (PDF) wdr.de, 12. Dezember 2004, S. 2–7, S. 7
  28. Tolle Theorien Talk im Hangar 7, Sendung vom 06.05.2010
  29. ARD-Sendung Menschen bei Maischberger zum Thema "Seher und Propheten - Geheimwissen oder fauler Zauber?", 6. Januar 2010. TV-Kritik in Frankfurter Rundschau
  30. Hellseher-Casting bei RTL: GWUP bohlt mit Blog der GWUP, abgerufen am 1. August 2011
  31. Informationen zur Dokumentation vom Regisseur Claus Hanischdörfer, abgerufen am 1. August 2011
  32. Christoph Drösser: Grabenkämpfe Glosse zum Streit um die GWUP in: Die Zeit 1999
  33. Link zur Kritik von Edgar Wunder

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