Geulincx

Geulincx

Arnold Geulincx (* 31. Januar 1624 in Antwerpen; † November 1669 in Leiden) war ein flämisch-niederländischer Theologe, Logiker und Philosoph. Neben Malebranche gilt er als ein Hauptvertreter des Okkasionalismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geulincx studierte an der Katholischen Universität Löwen. Unter seinen Professoren befand sich mit Wilhelm Philippi ein erklärter Anhänger des Descartes. Philippi wurde später von der Universität relegiert. 1646 beendete Geulincx seine Studien, erhielt eine Lehrstelle am Pädagogium und wurde 1652 Dekan der Philosophischen Fakultät. Am 16. September 1658 wurde er Doktor der Medizin. Noch im selben Jahr wurde ihm die Professur entzogen, vermutlich wegen seiner jansenistischen Überzeugungen und einem Denken, das sich zu weit von den Grundannahmen des Aristoteles entfernte. Geulincx ging nach Leiden in die Niederlande und wurde dort unter dem Einfluss seines Freundes Abraham Heidanus (oder: Heydanus) 1663 Calvinist. Heidanus sorgte auch für die Professur Geulincx an der Universität Leiden. Ab 1662 lehrt er dort Logik und wurde 1665 außerordentlicher Professor für Philosophie und Ethik. Er starb dort vermutlich an der Pest.

Philosophie

In seiner Philosophie verbindet er Rationalismus und Mystizismus.

In der Tradition René Descartes' beschäftigte er sich mit der Philosophie des Geistes, entwickelte dessen Thesen fort und begründete den Occasionalismus. Danach sind für Geulincx Körper und Geist getrennte Bereiche, zwischen denen Gott vermittelt.

Geulincx Denken beginnt mit einer scharfen Gegnerschaft zum naiv dogmatischen Realismus. Neben der Überzeugung, alle unsere Vorstellungen seien rein subjektiv, tritt später ein ausgearbeiteter Dualismus von Leib und Seele, Körper und Geist, den er von Descartes übernimmt. Anders als Descartes leugnet Geulincx jedoch jeden kausalen oder Kausalität begründenden Zusammenhang zwischen Körper und Geist. Im Uhrengleichnis gibt er das Bild zweier auf den Sonnenlauf exakt abgestimmter Uhren, die völlig unabhängig voneinander tätig sind, aber dennoch exakt zur gleichen Zeit ihre Stundenschläge tun. Gott ist als Schöpfer die Ursache dieser Korrespondenz und er zeugt so bei Gelegenheit die Übereinstimmung von Geist und Körper. Den Zusammenhang von Körper und Geist, Leib und Seele nennt Geulincx daher auch ein „Wunder“.

„Gott, der die Ursache der körperlichen und Geistestatsachen ist, ist in der Wahrheit die alleinige Ursache im Universum. Keine Tatsache enthält in sich den Boden von irgendeinem anderem; das Bestehen der Tatsachen liegt am Gott, ihre Reihenfolge und Koexistenz liegen auch an ihm. Er ist der Boden von allem, was ist.“ (Enzyclopedia Britannica, 1911).

Ontologisch nimmt Geulincx an, dass, soweit ich die Wirkweisen der Dinge (der Körper, des Geistes) nicht erkenne, ich auch nicht Ursache dieser Phänomene bin (quod nescis quomodo fiat, id non facis). Da ich die Ursachen und Wirkweisen meines eigenen Willens selbst nicht erkenne, ist dieser auch nicht Ursache der äußeren Wirkung. Alles wird von Gott bestimmt.

Auf Grund dieser Überlegungen muß ich zur klaren Einsicht kommen, daß genau so wenig, wie ich auf die Dinge dieser Welt einwirken kann, diese auf mich einwirken können ... Jetzt also ist mir meine Stellung in der Welt bekannt. Reiner Zuschauer bin ich in dieser Welt. Zuschauer bin ich in diesem Stück - nicht Spieler! (Geulincx, Ehtik)

Folgerichtig lehrt Geulincx in seiner Ethik auch als höchste Tugend die Demut (Ergebung in den Willen Gottes).

In Bezug zur Frage des Rationalismus und des Verhältnis zu Spinoza scheint Geulincx wie kein anderer seiner Zeit sich dem Pantheismus „so nah wie möglich angenähert zu haben“ (Georges Lyon).

Ludwig Feuerbach über die Ausbildung der Cartesianischen Philosophie durch Arnold Geulincx: „Das Prinzip seiner Philosophie ist wie bei Descartes der Geist, dessen Wesen das Denken ist, und zwar wie bei diesem das Denken, das lediglich nur die Abstraktion und Unterscheidungstätigkeit vom Sinnlichen, nur das auf sich selbst sich beziehende Bewusstsein ist. Der Geist, sagt Arnold Geulincx, oder ich (nämlich als Geist), denn es ist eins, bin etwas von allem Sinnlichen absolut Unterschiedenes, meine Begriffs- und Wesensbestimmung ist einzig das Denken; Ego sola cognitione volitioneque definior.‘“

In seiner Schrift „Logica fundamentalis“ beschäftigt er sich mit dem Syllogismus. Geulincx stellte die Frage nach der Allgemeingültigkeit des Modus Darapti, eines der Modi der dritten Figur des kategorischen Syllogismus.

Seine Werke verfasste er auf Latein.

Neben Einfluss auf Malebranche und anderen Philosophen hat Geulincx Denken große Wirkung auf das Werk von Samuel Beckett ausgeübt.

Literatur

Werke in zeitgenössischen Ausgaben (Auswahl)

  • Quaestiones quodlibeticae (Miscellaneous Questions) (1653)
  • Logica restituta (1662)
  • Logica fundamentalis (1662)
  • Methodus inveniendi argumenta (1663)
  • Saturnalis (ehedem: Quaestiones quodlibeticae) (1664)
  • Ethica. De virtute (1665)
  • Ethica (1675) – unter dem Pseudonym ’’’Philaretus’’’
  • Physica vera (1688)
  • Annotata in Principia philosophiae R. Cartesii (1691)
  • Metaphysica vera (1691)
  • Ethica (Tract. I u. II), Amstel 1696

Andere Ausgaben (Auswahl)

  • Opera Philosophica (5 Bände). Hg. J.P.N. Land. Den Haag Nijhoff 1891-1893
  • De virtute et primis eius proprietatibus, quae vulgo virtutes cardinales vocantur / Ethik oder Über die Kardinaltugenden. (Übersetzer: Georg Schmitz) Hamburg: Meiner 1948 (Meiners Philosophische Bibliothek; Bd. 2)
  • Van de hoofddeugden. De eerste tuchtverhandeling [De virtute et primus ejus proprietatibus], Hg. C. Verhoeven, Ambo, Baarn, 1986 [Es handelt sich um Auszüge aus Spinozas Ethik, von Geulincx ins Niederländische übersetzt, erstmals hg. Von J.P.N. Land, Antwerpen 1895]
  • Metaphysics. Translated with a Preface and Notes by Martin Wilson. Christoffel Press: Birmingham, ISBN 0-9527723-4-5
  • Ethik oder Über die Kardinaltugenden. Übersetzt von Georg Schmitz. Hamburg, Felix Meiner. 1948
  • Ethics. With Samuel Beckett’s notes. Ed. by Han van Ruler and Anthony Uhlmann. Translated by Martin Wilson. (Brill’s Studies in Intellectual History, no. 146). Bedfordshire, Brill. 2006 ISBN 90-04-15467-1

Sekundärliteratur (Auswahl)

  • Ludwig Feuerbach, Geschichte der neueren Philosophie von Bacon bis Spinoza. 1833 online-Ausgabe
  • Eduard Rudolf Grimm, Arnold Geulincx' Erkenntnistheorie and Occasionalismus. 1875
  • G. Samtleben, Geulincx, ein Vorganger Spinozas. 1885
  • V. van der Haeghen, Geulincx. Etude sur sa vie, sa philosophie, et ses ouvrages. Gent, 1886
  • J.P.N. Land, Arnold Geulincx and his works, in: Mind 1891; os-XVI: 223-242. online-Zugang zum Artikel
  • J.P.N. Land, Arnold Geulincx und seine Philosophie. 1895
  • E. Pfleiderer, Arnold Geulincx als Hauptvertreter der okkasionalistischen Metaphysik und Ethik. 1882
  • Falckenberg, History of Modern Philosophy, 1895: Kap. III
  • G. Monchamp, Histoire du Cartesianisme en Belgique. Brussels, 1896
  • H. Hoffding, History of Modern Philosophy, 1900. Bd.I. 245.
  • H.J. de Vleeschauwer, Les Antécédants du Transcendantalisme Geulincx et Kant. In: Kant Studien 45, 1953/54, 245–273
  • H.J. de Vleeschauwer, Occasionalisme et Conditio humana chez Arnold Geulincx. In: Kant Studien 50, 1958/59, 109–124
  • H.J. de Vleeschauwer, Three Centuries of Geulincx Research. 1957 [umfangreiche Bibliografie]
  • Karl Durr, Die mathematische Logik des Arnold Geulincx. Wiederabdruck in: Studium Generale, 1965;18(8):520-41. auch in: Erkenntnis, vol 8, no.1 April 1776, S. 361-368 (Rezension von Alonzo Church in: Journal of Symbolic Logic, Vol. 6, No. 3 (Sep., 1941), p.104)
  • H.J. de Vleeschauwer, Les sources de la penseé d’Arnold Geulincx (1624–1669). In: Kant Studien 69, 1978, 378–402
  • G. Nuchelmans, Geulincx Containment Theory of Logic. Elsevier, Amsterdam 1988 - ISBN 0-444-85698-6 (Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences)
  • Steven Nadler (Hg.), Causation in Early Modern Philosophy: Cartesianism, Occasionalism, and Preestablished Harmony. Penns. State, 1993
  • Anthony Uhlmann, A Fragment of a Vitagraph: Hiding and Revealing in Beckett, Geulincx, and Descartes, in: AFTER BECKETT / D’APRES BECKETT edited by Anthony Uhlmann, Sjef Houppermans, Bruno Clement, pp. 341-356(16). (Becket today/Beckett aujourd’hui, vol. 14) Rhodopi publishers ISSN 0927-3131

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