Giacomo della Chiesa

Giacomo della Chiesa
Papst Benedikt XV.

Benedikt XV. (als Giacomo della Chiesa * 21. November 1854 in Genua (Italien); † 22. Januar 1922 in Rom) war Papst von 1914 bis 1922. Auf Grund seines engagierten Auftretens gegen den Ersten Weltkrieg wurde er als Friedenspapst bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Papst Benedikt XV.

Giacomo Della Chiesa wurde in Genua, Italien, als Sohn einer markgräflichen Adelsfamilie geboren. Im Jahre 1875 erlangte er den staatlichen Doktortitel der Rechtswissenschaften. Erst danach gestattete sein Vater das Studium für das Priesteramt. Er schloss die Schule der vatikanischen Diplomatie 1880 mit einem Doktorat in Kirchenrecht ab. Am 21. Dezember 1878 empfing er das Sakrament der Priesterweihe. Den größten Teil seiner kirchlichen Laufbahn verbrachte er im Vatikan.

Kardinal Mariano Rampolla war sein Freund und Mentor, dem er zunächst in Madrid und später ab 1887, als dieser zum Kardinalstaatssekretär an der Kurie berufen wurde, als Sekretär diente. Während dieser Zeit half della Chiesa bei der Vermittlung zur Lösung eines Konfliktes zwischen Deutschland und Spanien um die Karolinen Inselgruppe sowie bei der Organisation von Hilfsaktionen während einer Choleraepidemie. Als Rampolla mit der Wahl von Pius X. aus dem bisherigen Amt ausschied und Kardinal Merry del Val ihm nachfolgte, behielt della Chiesa zunächst seine Position als Substitut des Staatssekretariats (seit 1901).

Aufgrund seiner engen Beziehung zum frankreichfreundlichen Rampolla, dem Architekten der vergleichsweise offenen Außenpolitik Leos XIII. und Favoriten im Konklave von 1903, wurde der fleißige, energische, aber wenig imposant auftretende della Chiesa jedoch bald durch die neue, konservativ geprägte Kirchenführung aus dem diplomatischen Dienst entfernt und wurde am 16. Dezember 1907 zum Erzbischof von Bologna ernannt. Die Bischofsweihe spendete ihm Papst Pius X. am 22. Dezember desselben Jahres jedoch als Zeichen der Verbundenheit persönlich.

Erst am 25. Mai 1914 wurde della Chiesa als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santi Quattro Coronati in das Kardinalskollegium aufgenommen. Mit den neuen Würden ausgestattet, hielt er beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, als das Papstamt durch den Tod Pius X. vakant war, eine Rede, in welcher er die Position und Aufgaben der Kirche angesichts der Weltlage beschrieb, die Notwendigkeit von Neutralität und den Willen zum Frieden betonte und die Milderung des verursachten Leidens beschwor. Wenige Wochen später, am 3. September 1914, wurde della Chiesa in einem schwierigen Konklave (57 Wähler) im 10. Wahlgang mit 38 zu 18 Stimmen (gegen Domenico Serafini) zum Papst gewählt und nahm, unter Bezugnahme auf das Andenken des Papstes Benedikt XIV., der auch Erzbischof von Bologna war, den Namen Benedikt XV. an. Der von Kardinal Merry del Val ausgesprochene Verdacht, della Chiesa habe sich selbst gewählt (das ist seit Gregor XV. streng untersagt) konnte am Morgen des 4. September anhand der Wahlzettel ausgeräumt werden. Er nahm die Entscheidung an und ergriff sofort erste Maßnahmen. Die Krönung erfolgte kriegsbedingt in aller Eile in der Sixtinischen Kapelle. Sein Stil war bisweilen ironisch oder cholerisch, aber sehr durchsetzungsstark. Trotz bester Fähigkeiten konnte Benedikt XV. kaum öffentliche Popularität gewinnen.

Pontifikat

Das Papstwappen Benedikts XV.
Papst Benedikt XV.

Das Pontifikat Benedikts war geprägt durch den Krieg und dessen Auswirkungen. Benedikt XV., der persönlich eher auf Seiten Frankreichs stand, aber in seinen Positionen strikte Neutralität wahrte, organisierte humanitäre Hilfe und unternahm mehrere erfolglose Versuche zu Friedensverhandlungen. Das erste Rundschreiben Ubi primum erließ er hierzu wenige Tage nach seinem Amtsantritt. Im Jahre 1915 wendet er sich erneut in seiner Exhortatio mit drastischen Worten an die kriegführenden Nationen.

Besonders bekannt wurde Dès le début, die Friedensnote Benedikts XV. am dritten Jahrestag des Kriegsbeginns (1. August 1917). Darin schlug der Papst, als neutraler Vermittler, allen kriegführenden Mächten Friedensverhandlungen vor. Er forderte Abrüstung, eine effektive internationale Schiedsgerichtsbarkeit zur Vermeidung künftiger Kriege und den Verzicht auf Gebietsabtretungen. Damit wurden wesentliche Grundzüge der internationalen Friedensbewegung der Vorkriegszeit seitens des Vatikans aufgegriffen. Doch sah sich jede der Kriegsparteien als durch ihn benachteiligt an und der Plan wurde ausgeschlagen. Der Vatikan wurde auch von den Verhandlungen zum Waffenstillstand ausgeschlossen. Seine am 23. Mai 1920 veröffentlichte Enzyklika Pacem, Dei munus pulcherrimum war ein Plädoyer für die Versöhnung der Völker. Benedikt wandte sich darin gegen die harten Maßnahmen der Sieger im Friedensvertrag von Versailles. Während der Nachkriegszeit organisierte er die Kirchenverwaltung neu, um den Anforderungen der neuen internationalen Verhältnisse besser gerecht zu werden.

Innerkirchlich beendete Benedikt XV. angesichts der neuen Weltlage die Exzesse des Antimodernismus, der das Ende der Ära Pius X. geprägt hatte. In den Missionsgebieten der Dritten Welt förderte er die Ausbildung des einheimischen Priesternachwuchses, der möglichst bald die europäischen Missionare ersetzen sollte. Er promulgierte das neue Kanonische Recht (CIC) von 1917 und unternahm Versuche, die Beziehungen zur antiklerikal eingestellten Regierung Frankreichs zu verbessern, indem er die französische Nationalheldin Jeanne d'Arc 1920 heilig sprach. Die diplomatische Anerkennung des Heiligen Stuhls durch Frankreich sowie Großbritannien war jedoch sein einziger politischer Erfolg. Die Friedensdoktrin Benedikt XV. wurde fester Bestandteil des kirchlichen Lehramts seiner Nachfolger. Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) fordert schließlich, einen Zustand der Welt herbeizuführen, in dem der Krieg völlig untersagt wird (bellum est omnino interdicendum; GS Nr. 82).

Benedikt XV. starb 1922 im Alter von 67 Jahren nach einer Lungenentzündung. Auch wenn er nicht zu den bekannteren Päpsten des 20. Jahrhunderts zählt, ist sein Einsatz für den Frieden in den Jahren 1914 bis 1918 bemerkenswert, der im starken Gegensatz zur Haltung der meisten anderen Monarchen und Staatsführer seiner Zeit stand.

Der nächste Träger dieses Papstnamens, Benedikt XVI., stellte sich 2005 bewusst in die Tradition des Friedenspapstes Benedikt XV., wie er in der Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2006 explizit bekräftigte.

Exhortatio gegen den Krieg

In einer Exhortatio vom 28. Juli 1915 bezeichnete Benedikt XV. den Krieg als „grauenhaft nutzlose Schlächterei“ („horrenda carneficina“), was in der deutschen Übersetzung zu einem „entsetzlichen Kampf“ abgemildert wurde, in anderen Übersetzungen (wie in Karl Kraus', Letzten Tagen der Menschheit. I. Akt, 27. Szene) aber immerhin als „fürchterliches Morden“ erscheint.

„Im heiligen Namen Gottes, unseres himmlischen Vaters und Herrn, um des gesegneten Blutes Jesu willen, welches der Preis der menschlichen Erlösung gewesen, beschwören wir Euch, die ihr von der göttlichen Vorsehung zur Regierung der kriegsführenden Nationen bestellt seid, diesem fürchterlichen Morden, das nunmehr seit einem Jahr Europa entehrt, endlich ein Ziel zu setzen. Es ist Bruderblut, das zu Lande und zur See vergossen wird. Die schönsten Gegenden Europas, dieses Gartens der Welt, sind mit Leichen und Ruinen besät. Ihr tragt vor Gott und den Menschen die entsetzliche Verantwortung für Frieden und Krieg. Höret auf Unsere Bitte, auf die väterliche Stimme des Vikars des ewigen und höchsten Richters, dem Ihr werdet Rechenschaft ablegen müssen. Die Fülle der Reichtümer, mit denen Gott der Schöpfer die Euch unterstellten Länder ausgestattet hat, erlauben Euch gewiss die Fortsetzung des Kampfes. Aber um was für einen Preis? Darauf mögen die Tausende junger Menschenleben antworten, die alltäglich auf den Schlachtfeldern erlöschen.“

Die Veröffentlichung der Exhortatio in einer neuen Übersetzung im Jahre 1931 veranlasste Kurt Tucholsky zu der Polemik Der bewachte Kriegsschauplatz, in welcher der umstrittene Satz „Soldaten sind Mörder“ geprägt wurde.

Werke

  • Antrittsenzyklika Ad beatissimi Apostolorum principis, 1. November 1914. In diesem Rundschreiben ruft er angesichts des Weltkrieges äußerst vehement zum Frieden auf, wendet sich abermals gegen den Modernismus und warnt vor den Gefahren der innerkirchlichen Zwietracht (gegen Tendenzen des Integralismus).
  • Siehe auch die Auflistung aller seiner Enzykliken.

Literatur

  • Mary Ball-Martínez: Die Unterminierung der Katholischen Kirche. Anton Schmid, Durach 1992, ISBN 3-929170-29-9 (Originaltitel: The Undermining of the Catholic Church, Mexiko-Stadt 1991).
  • Anton de Waal: Papst Benedikt XV. Ein Lebensbild des Hl. Vaters. (= Der neue Papst. Unser Hl. Vater Benedikt XV.) Breer und Thiemann, Hamm 1915.
  • J. R. Grigulevic: Die Päpste des 20. Jahrhunderts. Urania, Leipzig 1984.
  • Jean Mathieu-Rosay: Die Päpste im 20. Jahrhundert. Primus, Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-531-1.
  • René Schlott: Die Friedensnote Papst Benedikts XV. vom 1. August 1917. Eine Untersuchung zur Berichterstattung und Kommentierung in der zeitgenössischen Berliner Tagespresse. Kovac, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-2688-4.

Weblinks


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