Giulio Pomponio Leto

Giulio Pomponio Leto

Julius Pomponius Laetus (* 1428 in Teggiano, Provinz Salerno; † 9. Juni 1498 in Rom), italienisch Giulio Pomponio Leto, war ein italienischer Humanist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Julius Pomponius Laetus war ein unehelicher Sohn des Grafen Giovanni Sanseverino aus einem alten, berühmten Adelsgeschlecht normannischen Ursprungs. Aus Begeisterung für die Antike verwendete er statt seines italienischen Namens die lateinische Form Julius Pomponius mit dem Zusatz Laetus („der Fröhliche“). Um die Mitte des Jahrhunderts verließ er seine kampanische Heimat und kam nach Rom. Dort studierte er Rhetorik bei dem berühmten Lorenzo Valla und dessen Nachfolger Pietro Odi (Oddi) da Montopoli († 1462/63) und erlangte dann selbst als Nachfolger Odis den Rhetoriklehrstuhl an der Universität von Rom. Sein Konzept war das einer umfassenden historisch-philologischen Altertumswissenschaft, die das textkritische Studium der antiken Quellen mit dem der archäologischen Stätten und Funde verband. Eifrig war er bestrebt, die Angaben der antiken Autoren mit den archäologischen Befunden zu vergleichen und die historischen Schauplätze zu identifizieren, und regte auch seine Studenten zu solchen Bemühungen an. Auch die Katakomben wurden von ihm und seinen Studenten erstmals seit der Antike erkundet. Spätere Forschung hat zwar viele seiner Identifizierungen verworfen, aber seine Rolle als Pionier gewürdigt. Seine am Morgen gehaltene Vorlesung soll so überfüllt gewesen sein, dass Hörer sich schon um Mitternacht einstellten, um ihre Plätze zu sichern.

Als Humanist fasste er die römische Antike nicht als bloßes Objekt distanzierter Neugier und Gelehrsamkeit auf, sondern als „klassisches“ Vorbild für die Gegenwart und ganz konkret für die eigene Lebensführung. Er war für seine einfache, frugale Lebensweise bekannt. Sein Haus wurde zum Mittelpunkt eines Kreises von Freunden und Schülern, die seine Begeisterung teilten. Sie verwendeten griechische oder lateinische Pseudonyme und bildeten eine literarische Gemeinschaft (sodalitas litteratorum). Man traf sich zu Diskussionen über philologische und historische Themen und zum Vortragen eigener lateinischer Gedichte und Reden und führte Komödien von Plautus und Terenz auf. Im April feierten sie die Parilia (Palilia), ein antikes Fest zur Erinnerung an die Gründung Roms. Diese Gemeinschaft wurde Accademia Romana genannt oder nach ihrem Gründer Accademia Pomponiana (zur Unterscheidung von anderen römischen Akademien des späten 15. und des 16. Jahrhunderts). Ihre Mitglieder bezeichneten Pomponius als Pontifex maximus, was aber wohl nicht allzu ernst gemeint war. Prominente Akademieangehörige waren Bartolomeo Platina und Filippo Buonaccorsi (Pseudonym: Callimachus Experiens). Die Akademie war ein lockerer Kreis, keine Institution mit eigenen Räumen und Einrichtungen.

1467 verließ Pomponius Rom in der Absicht, sich im Osmanischen Reich Griechisch- und Arabischkenntnisse anzueignen, und begab sich zunächst nach Venedig, wo er Privatunterricht erteilte. Dort wurde er unter der Beschuldigung der Homosexualität verhaftet; darauf stand in Venedig die Todesstrafe, die oft auf dem Scheiterhaufen vollzogen wurde.

Zu seinem Glück wurde er dann aber im März 1468 nach Rom ausgeliefert. Dort war nämlich in seiner Abwesenheit ein schwerer Konflikt zwischen der Akademie und Papst Paul II. ausgebrochen. Paul war der Akademie nicht wohlgesinnt und war von Platina scharf provoziert worden. Der Konflikt eskalierte, als die Akademiker im Februar 1468 beschuldigt wurden, eine Verschwörung zur Ermordung des Papstes und zur Einführung einer republikanischen Verfassung unternommen zu haben. Solche Bestrebungen, deren Vertreter sich auf die Größe und Freiheit der antiken römischen Republik beriefen, hatten in Rom schon seit dem 12. Jahrhundert (Arnold von Brescia) Anhänger und waren aus der Sicht der Päpste eine direkte Bedrohung ihrer weltlichen Macht über die Stadt. Auch unter Pauls Vorgängern, den Päpsten Nikolaus V. (1447–1455) und Pius II. (1458–1464), waren derartige Verschwörer und Aufrührer aufgetreten. Daher ging Paul mit Härte vor. Die Akademie wurde aufgelöst und eine Gruppe von Humanisten, darunter Pomponius, in der Engelsburg eingekerkert. Die Hauptverdächtigen wurden gefoltert.

Der Verschwörungsverdacht erwies sich als unbegründet. Einige Akademiker wurden zwar auch des Heidentums beschuldigt, aber dank ihrer einflussreichen Fürsprecher (darunter Kardinal Bessarion) mild behandelt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie politisch harmlos waren. Pomponius wurde im April 1469 freigelassen und erhielt bald seinen Lehrstuhl zurück.

Nach dem Tod Pauls II. konnte unter dem humanistenfreundlichen Papst Sixtus IV. sogar die Akademie wiederhergestellt werden, nunmehr vorsichtshalber in der Form einer religiösen Gemeinschaft, die auch christliche Dichtung und die Archäologie christlicher Stätten in ihr Tätigkeitsfeld einbezog.

Zu den Schülern des Pomponius zählten Alessandro Farnese (der künftige Papst Paul III.), Marcantonio Sabellico, Ermolao Barbaro, der bedeutende Archäologe Andrea Fulvio und Pietro Marsi. Ferner besuchten seinen Unterricht auch Johannes Reuchlin, Konrad Peutinger, Jacopo Sannazaro, Giovanni Pontano und Girolamo Balbi (Hieronymus Balbus, später Bischof von Gurk). Sein Ansehen war schließlich so groß, dass an seinem Begräbnis vierzig Bischöfe teilnahmen, obwohl er zeitlebens nie durch christlichen Eifer aufgefallen war.

Pomponius war verheiratet und hatte eine Tochter namens Nigella, die ihn bei der Arbeit unterstützte.

Werke

Von Pomponius sind Briefe und Gedichte und eine in der Haft verfasste Verteidigungsschrift (Defensio in carceribus) erhalten. Seine übrigen Werke sind wissenschaftliche Arbeiten, darunter eine lateinische Grammatik, Kommentare zu Vergil und Quintilian und eine römische Kaisergeschichte (Caesares).

Literatur

  • John F. D’Amico: Renaissance Humanism in Papal Rome, Baltimore (Md.) 1983, ISBN 0-8018-2860-0.
  • Richard J. Palermino: The Roman Academy, the Catacombs and the Conspiracy of 1468, in: Archivum Historiae Pontificiae 18 (1980), S. 117–155.

Weblinks


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