Gladiatorschrecken

Gladiatorschrecken
Gladiatoren
Mantophasma zephyra

Mantophasma zephyra

Systematik
Unterstamm: Tracheentiere (Tracheata)
Überklasse: Sechsfüßer (Hexapoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Unterklasse: Fluginsekten (Pterygota)
Überordnung: Neuflügler (Neoptera)
Ordnung: Gladiatoren
Wissenschaftlicher Name
Mantophasmatodea
Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002

Die Gladiatoren oder Gladiatorschrecken (Mantophasmatodea) sind eine Ordnung carnivorer Insekten.

Der wissenschaftliche Name Mantophasmatodea ist eine Kombination der Namen der Insektenordnungen Gottesanbeterinnen (Mantodea) und Gespenstschrecken (Phasmatodea), da die Gladiatoren auf den ersten Blick wie eine Kombination beider Ordnungen erscheinen. Der Name Gladiatoren entspringt einer Inspiration des Erstautors. Er verglich die Helmbewehrung eines Gladiators im gleichnamigen Film mit der auffälligen Bestachelung des Kopfes eines später als Tyrannophasma gladiator beschriebenen Tieres, welches er begutachtete während er nebenbei den Film auf einer DVD laufen ließ.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale und Lebensweise

Alle Gladiatoren sind flügellos und haben einen nach unten gerichteten Kopf mit langen, vielgliedrigen Antennen, die in Bau und Funktion denen der Langfühlerschrecken (Ensifera) ähneln. Die drei Brustsegmente überlappen mit dem hinteren Rand jeweils auf das folgende Segment. Die Vorder- und Mittelschenkel sind verdickt und auf der Innenseite mit Stacheln bewehrt. Die Füße (Tarsen) sind fünfgliedrig, wobei das dritte Glied auf der Oberseite einen dreieckigen Fortsatz hat. Zwischen den Krallen befindet sich das relativ große Arolium, auf welchem ein Borstenkranz sitzt. Das Abdomen besteht aus zehn Segmenten. Die beim Männchen vergrößerten und unsymmetrischen Cerci bestehen aus einem Segment.

Larve eines Gladiators

Alle heute noch lebenden Arten kommen in Afrika, genauer in Namibia, Tansania und Südafrika vor. Sie werden bis zu vier Zentimeter lang und ernähren sich von kleinen Insekten, welche sie mit den Vorder- und je nach Größe des Beutetieres noch zusätzlich mit den Mittelbeinen festhalten. Das Männchen trommelt mit dem Hinterleib auf den Boden, um ein Weibchen anzulocken. Dabei wird das sonst aufrecht getragene Arolium auf den Boden abgesenkt. Um die mehrere Stunden dauernde Paarung zu beginnen, springt das Männchen auf das Weibchen. Nachdem das Sperma übertragen wurde, bringt sich das Männchen vor dem stets größeren Weibchen durch einen möglichst langen Sprung (bis zu zehn Zentimeter weit) in Sicherheit. Die länglichen Eier, die keinen abwerfbaren Deckel haben, werden in einem, von einer Schaumhülle umgebenen Gelege im Boden abgelegt. Durch die plastronartige Eioberfläche können die Eier bei Überflutung einige Zeit überstehen. Bei den Gladiatoren handelt es sich um hemimetabole Insekten. Die in der Regenzeit schlüpfenden Nymphen häuten sich innerhalb weniger Wochen etwa zehn mal.

Entdeckung

Die Ordnung wurde erst im Jahre 2002 von Oliver Zompro, Joachim Adis (beide Max-Planck-Institut für Limnologie in Plön), Klaus-Dieter Klass und Niels-Peder Kristensen (beide Kopenhagen) aufgestellt und ist damit die erste neu beschriebene Insektenordnung seit 1914.[1] Einige schon vorher in Museumssammlungen existierende Exemplare waren nicht als derart eigenständig erkannt worden. Zompro fand bei der Materialsammlung zu seiner Dissertationsarbeit über die Systematik der Gespenstschrecken,[2] bis dahin nicht einzuordnende, 45 Millionen Jahre alte Insekten in baltischem Bernstein (†Raptophasma kerneggeri) und bei weiteren Recherchen, die besagten Museeumsexemplare (Mantophasma zephyra und Mantophasma subsolana). Auf einer im Jahre 2002 am Brandberg und im Erongogebirge in Namibia von Oliver Zompro, Eugène Marais (Kurator der Sammlung des National Museum in Windhoek), John Irisch (vom Nabibian National Biodiversity Programm in Windhoek) und anderen durchgeführten Exkursion, wurden weitere, lebende Vertreter gefunden.[3]

Systematik

Äußere Systematik

Die Mantophasmatodea sind eine gültige Ordnung innerhalb der Überordnung der Neuflügler (Neoptera), genauer der Polyneoptera, einer systematisch noch ungeklärten Gruppe. Aus phylogenetischer Sicht werden in dieser die Orthopteromorpha, zu denen die Gladiatoren gezählt werden, von den Phasmatomorpha unterschieden, zu welchen neben anderen die Gespenstschrecken (Phasmatodea), die Tarsenspinner (Embioptera) und die Steinfliegen (Plecoptera) gezählt werden: [4]

Orthopteromorpha
 
   ├── Grylloblattiformia
   │        
   │        ├── Grylloblattodea  o. Notoptera (Grillenschaben)
   │        │       
   │        └── Dermaptera (Ohrwürmer)
   │                            
   ├── Oothecariformia 
   │                                 
   │        ├── Mantodea (Fangschrecken)
   │        │ 
   │        └── Blattodea (Schaben)
   │             
   │               ├── = Isoptera (Termiten)   
   │               └── ? Zoraptera (Bodenläuse)
   │   
   └── Orthopteriformia
            
            ├── Mantophasmatodea (Gladiatorschrecken)
            │
            ├── Ensifera (Langfühlerschrecken)
            │ 
            └── Caelifera (Kurzfühlerschrecken)

Alternativ ist auch die folgende Systematik zu finden, welche die Neuflügler (Neoptera) in Paurometabola und Eumetabola aufteilt. Nach dieser Einteilung gehören auch die Gladiatoren zu den Paurometabola und damit in die engere Verwandtschaft der Gespenstschrecken. Die Fragezeichen, „?“, kennzeichnen eine aktuell diskutierte und umstrittene Position des Taxons:

Paurometabola
        
      ├── Plecopteroida
      │            
      │       ├── Plecoptera (Steinfliegen)
      │       │
      │       └── Embioptera (Tarsenspinner)
      │
      └── Orthopteromorpha
         
              ├── Blattoptriaformes
              │      
              │        ├── ? Notoptera o. Grylloblattodea (Grillenschaben)
              │        │
              │        └── N.N.
              │
              │             ├── Dermatera (Ohrwürmer)
              │             │
              │             └── Blattopteroida
              │     
              │                      ├── Mantodea (Fangschrecken)
              │                      │ 
              │                      └── Blattodea
              │       
              │                              ├── Blattariae (Schaben)
              │                              │ 
              │                              └── Isoptera (Termiten)
              │  
              └── Orthopteroida
        
                      ├── ? Ensifera (Langfühlerschrecken)
                      │
                      ├── ? Caelifera (Kurzfühlerschrecken)
                      │
                      ├── ? Phasmatodea (Gespenstschrecken)
                      │
                      └── ? Mantophasmatodea (Gladiatorschrecken)

Innere Systematik

Die Ordnung wurde ursprünglich mit nur einer einzigen Familie, den Mantophasmatidae beschrieben. Zu ihr gehörten zunächst nur die zwei in Museen gefundenen Arten der rezenten Gattung Mantophasma und die schon erwähnte Art der ausgestorbenen Gattung Raptophasma. Mittlerweile werden wesentlich mehr fossile und rezente Arten unterschieden.

Die hier dargestellte Einteilung folgt Zompro (2008), wobei ausgestorbene Taxa, also die deren Arten lediglich als Fossilien vorliegen mit „†“ und jene mit noch nicht gesicherter (Gattungs)zuordnung mit „?“ gekennzeichnet sind:[3]

  • †Ensiferophasmatidae Zompro, 2005
    • †Ensiferophasmatinae Zompro, 2005
      • †Ensiferophasmatini Zompro, 2005
        • Ensiferophasma Zompro, 2005
          • Ensiferopha velociraptor Zompro, 2005
  • Mantophasmatidae Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
    • †Raptophasmatinae Zompro, 2005
      • †Raptophasmatini Zompro, 2005
        • Raptophasma Zompro, 2001
          • Raptophasma groehni Zompro, 2008
          • Raptophasma grylloblattoides (Arillo & Engel, 2007)
          • Raptophasma kerneggeri Zompro, 2001
            (Syn. = †Adicophasma spinosa Engel & Grimaldi, 2004)
    • Mantophasmatinae Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
      • Mantophasmatini Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
        (Syn. = Austrophasmatidae Klass et al., 2003)
        • Mantophasma Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
          (Syn. = Tanzaniophasmatidae Klass et al., 2003)
          •  ?Mantophasma caledonensis (Klass et al., 2003)
            (Syn. = Austrophasma caledonensis Klass et al., 2003)
          • Mantophasma gamsbergense Zompro & Adis, 2006
          •  ?Mantophasma gansbaaiensis (Klass et al., 2003)
            (Syn. = Austrophasma gansbaaiensis Klass et al., 2003)
          • Mantophasma kudubergense Zompro & Adis, 2006
          • Mantophasma omatakoense Zompro & Adis, 2006
          • Mantophasma paresisensis (Klass et al., 2003)
            (Syn. = Sclerophasma paresisensis Klass et al., 2003)
          •  ?Mantophasma rawsonvillensis (Klass et al., 2003)
            (Syn. = Austrophasma rawsonvillensis Klass et al., 2003)
          • Mantophasma subsolana Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
            (Syn. = Tanzaniophasma subsolana Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002)
          • Mantophasma zephyra Zompro, Klass, Kristensen & Adis, 2002
      • Tyrannophasmatini Zompro, 2005
        • Tyrannophasma Zompro, 2003
          • Tyrannophasma gladiator Zompro, 2003
        • Praedatophasma Zompro & Adis, 2002
          • Praedatophasma maraisi Zompro & Adis, 2002

Außerdem wurden noch folgende Arten und Gattungen beschrieben, deren genaue Einordnung nicht geklärt ist:

  • Austrophasma Klass et al., 2003
    • Austrophasma caledonense Klass et al., 2003
    • Austrophasma gansbaaiense Klass et al., 2003
    • Austrophasma rawsonvillense Klass et al., 2003
  • Hemilobophasma Klass et al., 2003
    • Hemilobophasma montaguensis Klass et al., 2003
  • Karoophasma Klass et al., 2003
    • Karoophasma biedouwensis Klass et al., 2003
    • Karoophasma botterkloofensis Klass et al., 2003
  • Lobophasma Klass et al., 2003 (sollte es sich um eine gültige Gattung handeln, muss hier ein neuer Name vergeben werden, da der Name bereits für eine Stabschrecken-Gattung vergeben ist, Lobophasma Günther, 1938)
    • Lobophasma redelinghuysensis Klass et al., 2003
  • Namaquaphasma Klass et al., 2003
    • Namaquaphasma ookiepensis Klass et al., 2003

Einzelnachweise

  1. Oliver Zompro, Joachim Adis, Klaus-Dieter Klass und Niels-Peder Kristensen: Mantophasmatodea: A New Order of Extant Insects from the the Afrotropics Science 296: 1456–1459, 2002
  2. Oliver Zompro: Eine generische Revision der Insektenordnung Phasmatodea: Areolatae, einschließlich einer neuen Ordnung der Insekten. 858 pp. Max-Planck-Institut für Limnologie, (Nr. 2278), Plön 2003.
  3. a b Oliver Zompro: Mantophasmatodea – Gladiatoren im Insektenreich, Arthropoda 16 (1) März 2008, Sungaya-Verlag Kiel. ISSN 0943-7274
  4. Oliver Zompro: Inter- and Intraordinal relationship of the Mantophasmatodea, with comments on the phylogeny of polyneopteran orders (Insecta: Polyneoptera). Mitteilungen des Geologisch-Paläontologischen Institutes der Universität Hamburg 89: 85–114, 2005

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