Gohlis-Süd

Gohlis-Süd
Das Gohliser Schlösschen von Süden aus gesehen

Gohlis ist ein Stadtteil von Leipzig. 1890 kam die bis dahin selbst­ständige Gemeinde zum südlich gelegenen Leipzig.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Der alte Ortskern befand sich am nordöstlichen Rand der Elster-Luppen-Aue, nördlich der Mündung der von Nordosten kommenden Nördlichen Rietzschke in die hier von Südost nach Nordwest fließende Parthe, er lag südlich der alten Schkeuditzer Landstraße (heute: Georg-Schumann-Straße) zwischen der Stadt Leipzig im Südosten und dem Dorf Möckern im Nordwesten.

Geschichte

Das Dorf Gohlis wurde wahrscheinlich von westslawischen (sorbischen) Siedlern im 7. Jahrhundert angelegt. Frühere Namensformen waren Golitz, Goliz oder Golis. Der altsorbische Wortstamm gol bedeutet kahl, öde und ist vielleicht ein Bezug auf die waldfreie unmittelbare Umgebung des Dorfes, die Endung -its/-itz ist typisch für slawische Dörfer.

Im Zuge der deutschen Ost-Expansion ließen sich vermutlich um das Jahr 1000 flämische Siedler hier nieder. Aus dem Jahr 1317 stammt die älteste bekannte Urkunde, in der das Dorf anlässlich einer Landschenkung an das Zisterzienserinnenkloster St. Georg erwähnt wird.

Landesherren von Gohlis waren die Markgrafen von Meißen bzw. Landsberg und später die ernestinischen Kurfürsten von Sachsen (1423–1485), die albertinischen Herzöge, Kurfürsten und Könige von Sachsen. Innerhalb des sächsischen Staates gehörte das Dorf Gohlis in das Amt Leipzig.

Das Dorf Gohlis gehörte zur Grundherrschaft des Ritterguts Gohlis, damit unterstand es juristisch dessen Patrimonialgerichtsbarkeit. 1659 erwarb der Leipziger Professor für Medizin Michael Heinrich Horn (†1681) das Rittergut und die Grundherrschaft in Gohlis. Seit 1793, als die Stadt Leipzig Besitzer des Rittergutes Gohlis wurde, lag die niedere Gerichtsbarkeit bei der Stadt Leipzig, die sie auch nach dem Verkauf des Ritterguts im Jahr 1832 behielt.

Das Schillerhaus gesehen vom Schillerweg

1755/1756 ließ sich der Leipziger Ratsherr Johann Caspar Richter (1708–1770) auf zwei benachbarten Bauerngütern in Gohlis ein Sommerpalais im Rokoko-Stil erbauen. Das Gohliser Schlösschen genannte Gebäude wird heute für kulturelle und gastronomische Zwecke genutzt. Von 1780–1788 wurde das Schlösschen zum Musenhof am Rosental, zu dessen Gästen 1785 Friedrich Schiller und der Körnersche Freundeskreis zählten.

Das Schillerhaus gesehen von der Menckestraße

Schiller arbeitete in Gohlis am zweiten Akt des „Don Carlos“, bearbeitete den „Fiesco“ und schrieb die erste Fassung der „Ode an die Freude“. Das Bauernhaus, in dem Schiller wohnte, ist das älteste erhaltene Haus von Gohlis. Es wurde um 1700 erbaut und ist seit dem 18. Jahrhundert wohl kaum verändert worden. 1841 richtete der Leipziger Schillerverein hier eine Gedenkstätte ein, die heute noch als Museum (Schillerhaus) besteht.

Im Jahr 1835 umfasste das Dorf 30 Magazinhufen Land, 54 Häuser und 578 Einwohner. Durch die Sächsische Landgemeindeordnung von 1838 wurde das Dorf Gohlis eine eigenständige Gemeinde und erhielt das Recht zur Selbstverwaltung.

Von 1873 bis 1890 gehörte die Landgemeinde Gohlis zur Amtshauptmannschaft Leipzig. Am 20. Januar 1873 wurde die Gemeinde Gohlis durch die Gohliser Straßenbahntrasse an das Nahverkehrsnetz der Stadt Leipzig angeschlossen.

Am 1. Januar 1890 wurde die Gemeinde Gohlis in die Stadt Leipzig eingemeindet.

In den 1920er Jahren und zu Beginn der 1930er Jahre wurden in Gohlis neue Flächen für die Errichtung von mehrgeschossigen Wohnhäusern erschlossen, um den Wohnbedürfnissen der stark angestiegenen Leipziger Bevölkerung Rechnung zu tragen. Bauträger waren u. a. der Leipziger Bau- und Sparverein Nord und der jüdische Bankier Hans Kroch. Dabei kamen bei der Krochsiedlung auch fortschrittliche städtebauliche und architektonische Lösungen (Bauhaus-Stil) zur Anwendung. Diese Entwicklung kam nach der nationalsozialistischen Machtübernahme vollständig zum Erliegen, da Kroch Deutschland verlassen musste.

Seit 1992 gehört der nördliche Teil des ehemaligen Gemeindegebietes zum Ortsteil Gohlis-Nord, der mittlere Teil zum Ortsteil Gohlis-Mitte und der südliche Teil mit dem alten Ortskern zum Ortsteil Gohlis-Süd.

Kirchen

Im Jahr 1870 wurde Gohlis, das kirchlich bis dahin zur Kirchgemeinde Eutritzsch gehörte, eine eigene evangelisch-lutherische Kirchgemeinde. 1871 begann der Bau der neugotischen Friedenskirche. Im Zweiten Weltkrieg erhielt die Kirche Bombentreffer und büßte dadurch eine Seitenkapelle ein. Die Gohliser evangelische Kirchgemeinde wurde inzwischen mit der Michaelisgemeinde der Nordvorstadt fusioniert.

Kath. Kirche St. Georg
Evang. Versöhnungskirche in Gohlis-Nord

Durch die Industrialisierung des Stadtteils siedelten sich auch viele Katholiken in Gohlis an. Sie erbauten 1909-1910 eine eigene Schule, an deren Turnsaal ein Kapellenraum angebaut wurde (geweiht 1910). Nach dem ersten Weltkrieg folgte der Kirchenbau. Die im Jahr 1923 fertiggestellte Akademiker-Gedächtniskirche St. Georg fiel aufgrund des durch die Inflation eingetretenen Geldmangels viel kleiner aus als ursprünglich geplant. Ebenfalls 1923 wurde St. Georg in Gohlis vom Meißner Bischof Christian Schreiber zur eigenständigen Pfarrei erhoben. Die katholische Schule wurde 1934 von den Nazis enteignet. Bei den Bombenangriffen im Dezember 1943 und im Juli 1944 wurde die Kirche beschädigt, aber in kurzer Zeit wiederhergestellt. Wegen der Liturgiereform erfolgte von 1967–1983 der Umbau der Kirche.

1922 erhielt Gohlis auch eine kleine Synagoge, die nur 16 Jahre bis zur Reichspogromnacht existierte. 1930 weihte die evangelisch-methodistische Bethesdagemeinde ihr Bethaus ein.

Der jüngste Sakralbau des Stadtteils ist die 1932 eingeweihte Versöhnungskirche. Sie ist einer der wenigen bedeutenden Kirchenbauten der klassischen Moderne in Deutschland und wurde im Stil der Bauhausarchitektur in Stahlbetonskelettbauweise ausgeführt. Die Versöhnungskirche war gedacht als Mittelpunkt einer Wohnstadt, deren erste Bauetappe, die Kroch-Siedlung, 1929/1930 in Gohlis-Nord realisiert wurde.

Die Gohliser Mühle

Die Gohliser Mühle

Die Gohliser Mühle (Bannmühle) wurde 1390 erstmals urkundlich erwähnt. Als erster bekannter Betreiber ist die Müllerin Katharina belegt († 1392). An der Mühle floss ein Pleißebogen vorbei, welcher bei der Flussregulierung zwischen 1905 und 1913 verschwand. Auf dem Bild ist das Wohnhaus mit Krüppelwalmdach zu sehen, welches später als Gastwirtschaft benutzt wurde. Im Jahre 1877 wurde das Gebäude rechts im Bild auf den Grundmauern der Mühle errichtet. Seit 1857 war August Bleichert, Vater von Adolf Bleichert (Drahtseilbahnfabrikant), der Müller von Gohlis. Der Mühlenbetrieb wurde am 30. Juni 1908 eingestellt. Im Oktober 2006 fiel die Mühle nach einem Brand zusammen und ist zwischenzeitlich vollständig abgerissen worden.

Die Gohliser Actien-Brauerei

Im Jahre 1871 wurde an der Hallischen Straße (heute Georg-Schumann-Straße) die Gohliser Actien-Brauerei erbaut. Die Brauerei besaß mit dem „Bräustüb'l“ auch einen Ausschank. Die Brauerei wurde 1950 in die Aktienbrauerei Gohlis und im Jahre 1952 in die VEB Brauerei Gohlis umgewandelt. Hier wurde auch die Lipsona Club Cola hergestellt. Der Gebäudekomplex der Brauerei wurde 2006 abgerissen.

Wie auch die Gohliser Mühle wurde im Jahr 2006 das „Braustüb'l“ durch Brandstiftung zerstört und stürzte ein.

Söhne und Töchter des Ortes

Siehe auch

Literatur

  • 680 Jahre Gohlis. 1317–1997. Festschrift, Hrsg. vom Bürgerverein Gohlis. Gohliser historische Hefte 2. Leipzig 1997.
  • Von der „Villa Hilda“ zum Klubhaus „Heinrich Budde“. Beiträge zur Geschichte des Heinrich-Budde-Hauses Leipzig-Gohlis. Gohliser historische Hefte 4. Leipzig 1999
  • Axel Frey: Die Friedenskirche zu Leipzig-Gohlis. Leipzigs älteste neogotische Kirche. Gohliser historische Hefte 5. Leipzig 2000.
  • Manfred Hötzel u. Dieter Kürschner: Straßennamen in Gohlis. Geschichte und Erläuterung. Gohliser historische Hefte 6. Leipzig 2001.
  • Bernd Rüdiger u. Harald Kirschner: Alt-Gohlis. Eine historische und städtebauliche Studie. Hrsg. v. Pro Leipzig e.V. Leipzig 1996.
  • Uta-Andrea Weitzmann u. Harald Kirschner: Neu-Gohlis. Eine historische und städtebauliche Studie. Hrsg. v. Pro Leipzig e.V. Leipzig 2003.

Weblinks

51.36111111111112.3666666666677Koordinaten: 51° 22′ N, 12° 22′ O


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