- Gottlieb Wagner
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Gottlieb Wagner (auch Samiel genannt) (* 17. Oktober 1794 in Schieben; † 6. Oktober 1878 auf der Rudelsburg) war ein Weinbergarbeiter, Gastwirt und Pionier beim Aufbau touristischer Infrastruktur im Saaletal.
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
Die Rudelsburg bei Bad Kösen gehörte zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Gut Kreipitzsch, das von den Freiherren von Schönberg bewirtschaftet wurde. Sie bauten an den Hängen der Burg Wein an. Zu dieser Zeit begann im Zuge der Burgen- und Wanderromantik die Entdeckung des Saaletals und seiner Burgenlandschaft.
Die Rudelsburg war damals wie die anderen Burgen auch seit Jahrhunderten verfallen und wurde zeitweilig als Steinbruch missbraucht. Infrastruktur war nicht vorhanden. Es gab keine Zufahrt zur Burg und innerhalb der Burg keine geschlossenen Räumlichkeiten, die Gebäude lagen weitgehend in Trümmern. Trotzdem galt die Rudelsburg schnell als „schönste aller Saaleburgen“ und entwickelte eine entsprechende Anziehungskraft. Vor allem im Saaletal wandernde Studenten aus Jena ließen es sich nicht nehmen, auf der Burg Rast zu machen.
Biografie
Etwa um 1824 begann der Weinbergarbeiter Gottlieb Wagner die auf der Burg rastenden Wanderer vom Gut Kreipitzsch aus zu bewirten. Im Jahre 1827 erkundigte sich schließlich der Landrat des Kreises Naumburg beim Gutsbesitzer Friedrich von Schönberg, ob es nicht möglich sei, die Ruine offiziell für Besucher zu öffnen. Daraufhin wurde ein Fahrweg von Bad Kösen auf die Burg gebaut.
Zu Ostern 1827 richtete Gottlieb Wagner, damals immer noch Weinbergarbeiter des Gutsherrn, in der Ruine die erste Schenke ein, die anfangs nur sonntags geöffnet war. Bei Bekanntwerden dieser Öffnung zogen die Studenten von Jena heran und besetzten mit lautem Jubel drei Tage lang die Burg. Dem Burgbesitzer wurde ein Fackelzug dargebracht.
Durch die bessere Erreichbarkeit und die organisierte Bewirtung stieg die Attraktivität der Burg beträchtlich. Die Zahl der Besucher wuchs an. Auch kamen immer mehr Besucher aus weiterer Entfernung, so die Studenten aus Leipzig und Halle an der Saale.
Gottlieb Wagner wurde bald zu einer Kultfigur der Jenenser Studenten. Nach der Teufelsgestalt Samiel aus der im Jahre 1821 uraufgeführten Oper Der Freischütz von Carl Maria von Weber erhielt er seinen Spitznamen. Anlass dafür mag sein satanisches Aussehen gewesen sein, dass auf seinen wilden schwarzen Bart zurückzuführen ist. Die Studenten führten sogar eine feierliche Taufzeremonie durch.
Bildliche Darstellungen zeigen ihn stets mit einer „Kurbel“ in der Hand, einem für Jena typischen Bierkrug aus Holz.
Im Jahre 1848 wurde in Jena der Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) als Dachverband der studentischen Corps in Deutschland gegründet. Schon bald wurde Bad Kösen Tagungsort und die Rudelsburg ein beliebter Treffpunkt – jetzt für Corpsstudenten aus ganz Deutschland. Der Rudelsburg-Wirt „Samiel“ wurde dadurch zu einer landesweit bekannten Persönlichkeit. 1853 bewirtete er für die Sächsischen Provinzialstände König Friedrich Wilhelm, der zu einem Manöver in der Gegend war.
Gottlieb „Samiel“ Wagner betrieb seine Burgschenke mit Unterstützung durch Frau, Tochter und Schwiegersohn rund 50 Jahre lang. Später wurde die Schenke verpachtet. Der Pächter wurde verpflichtet, Samiel in einem speziellen Raum in der Burg („Samielhöhle“) zu pflegen und zu versorgen. Noch heute gibt es einen Gastraum im tieferen Teil der Burg, der „Samiel-Gewölbe“ genannt wird.
Samiel starb im Jahre 1878 auf der Rudelsburg. Seinem Wunsch, auf dem Burggelände begraben zu werden, konnte jedoch nicht nachgekommen werden. Die Beerdigung fand am 9. Oktober 1878 in der Gemeinde Tultewitz südlich der Rudelsburg statt. Der mecklenburgische Dichter Fritz Reuter widmete ihm als dem „Burggeist auf der Rudelsburg“ ein Gedicht:
- Im Burghof rauscht die Linde,
- Es sitzt der Zecher Schar,
- An alten Eichentischen,
- Der Stoff ist frisch und klar,
- Die alten Mauern Grüßen
- So freundlich und vertraut,
- Wie oft hab ich dies alles
- Als Studio einst geschaut.
- Es sind die alten Bilder,
- Nur eines fehlt auf Seel'
- Das ist der alte Burggeist,
- Der wackre Samiel!
Die gastronomische Tradition wird heute vom „Burgrestaurant Rudelsburg“ und vom „Hotel & Restaurant Rittergut Kreipitzsch“ aufrechterhalten.
Literatur
- Theodor Hölcke: Samiel hilf! In: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung. Band 22. Stamsried 1977, S. 219–221.
- Rüdiger Kutz: Die Chronik der Rudelsburg und ihrer Denkmäler. Stand 17. November 1991. Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung. Sonderheft. Stamsried 1993.
Weblinks
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