Alfred (Sachsen-Coburg-Gotha)

Alfred (Sachsen-Coburg-Gotha)
Herzog Alfred von Edinburgh und Sachsen-Coburg und Gotha in Admiralsuniform

Alfred, Prinz von Großbritannien und Irland, Herzog von Edinburgh, Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha und Herzog zu Sachsen (* 6. August 1844 in Windsor Castle, Berkshire, England; † 30. Juli 1900 in Schloss Rosenau, bei Coburg) war dritter Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog von Sachsen, Herzog von Jülich, Kleve und Berg, von Engern und Westfalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf von Meißen, Fürst von Henneberg, Graf von der Mark und Ravenstein, Herr von Ravenstein und Tonna u. a. m.; Herzog von Edinburgh, Earl of Kent und Earl of Ulster; außerdem königlich britischer und kaiserlich russischer Admiral, Admiral à la suite der kaiserlichen Marine, königlich sächsischer, kaiserlich russischer und königlich preußischer General und Inhaber mehrerer deutscher und britischer Regimenter. Er war der zweitgeborene Sohn der britischen Königin Victoria und deren Gemahls Albert von Sachsen-Coburg und Gotha und der Bruder der Deutschen Kaiserin Victoria und des britischen Königs Eduard VII. und entstammte dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Alfred Ernst Albert, genannt "Alfie", war das einzige Kind des Königspaares, das nicht im Buckingham Palace, sondern in Windsor Castle, geboren wurde. Alfie wurde ein kräftiges und temperamentvolles Kind, das keine Angst kannte und gerne kletterte und herumtollte. Dabei blieben auch kleinere Unfälle nicht aus, die aber immer mit harmlosen Blessuren, wie einer Beule oder einem blauen Auge, endeten. Er erhielt – wie alle Geschwister – eine sorgfältige und umfassende Erziehung und Ausbildung. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Albert Edward, gen. Bertie, an dem er Zeit seines Lebens sehr hing, galt Alfred als wissbegierig und lernwillig. Von allen Kindern des Königspaares sprach er am schlechtesten Deutsch.

Offizier der Royal Navy

Alfred (re., 11 Jahre) und sein Bruder Bertie (13 Jahre), 1855

Prinz Alfred ging 1852, seinen Neigungen entsprechend, zur königlichen Marine. Nach erfolgreich absolvierter seemännischer Ausbildung reiste er mit der HMS Euryalus nach Südafrika und besuchte die Kapkolonie, den Oranje-Freistaat und Natal. Auf einer Seereise nach Westindien und Nordamerika 1861 erhielt er die Nachricht vom Tod seines Vaters Albert. Nach der Abdankung König Ottos von Griechenland wurde Alfred von der griechischen Nationalversammlung 1862 zum Nachfolger gewählt, konnte aber diese Krone als Prinz einer Großmacht aus politischen Gründen nicht annehmen. (Statt seiner wurde der Bruder seiner Schwägerin, ein dänischer Prinz, als Georg I. 1863 neuer König der Hellenen.) Prinz Alfred blieb in der Marine, wurde 1863 Leutnant zur See und studierte von 1863 bis 1865 an der Universität Edinburgh und der Universität Bonn. Im Jahre 1865 besuchte Alfred, der seit 1852 als Thronfolger für Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha ausersehen war, Coburg und erwarb das Wangenheimsche Palais am Schlossplatz (Palais Edinburg – heute IHK zu Coburg) als künftigen Wohnsitz. Anlässlich der Geburtstagsfeierlichkeiten der Königin wurde er zum Duke of Edinburgh ernannt und erhielt vom Parlament eine jährliche Apanage von 15.000 Pfund Sterling. Am 8. Juni 1866 zog er in das englische Oberhaus, das House of Lords, ein.

1867 wurde Alfred Kapitän und erhielt das Kommando über die Fregatte HMS Galatea, mit der er am 24. Januar zu einer Weltreise aufbrach. Im Oktober erreichte er Australien, wo er – als erstes Mitglied des britischen Königshauses, das je Australien besuchte – begeistert empfangen wurde. Während seines fünfmonatigen Aufenthalts wurde während eines öffentlichen Picknicks am 12. März 1868 in Clontarf ein Attentat auf ihn verübt. Der Ire Henry James O'Farrell schoss ihm mit einer Pistole in den Rücken. Alfred wurde nicht schwer verletzt, konnte einen Monat später sein Kommando auf der HMS Galatea wieder aufnehmen und die Reise fortsetzen. Nach siebzehnmonatiger Abwesenheit erreichte er am 26. Juni 1868 wieder England. Seine nächste Reise 1869 führte ihn nach Indien und Hongkong. Auch hier war er der erste britische Royal, der je seinen Fuß auf den Boden dieser Kolonien gesetzt hatte und auch hier wurde er begeistert empfangen.

Prinz Alfred war ein begeisterter Seemann, der ganz in seinem Beruf als Marineoffizier aufging. Sein Pflichtbewusstsein und seine außergewöhnlichen seetaktischen Fähigkeiten fanden breite Anerkennung. Er wurde 1878 Konteradmiral, 1882 Vizeadmiral, 1887 Admiral und schließlich am 3. Juni 1893 Großadmiral (Admiral of the Fleet), der höchste Dienstgrad der Royal Navy. Er übernahm 1876 ein Kommando im Mittelmeergeschwader auf Malta, wo auch seine zweite Tochter Victoria Melita geboren wurde. 1878 leitete er die Besetzung Zyperns, 1883 erhielt er das Kommando über das Kanalgeschwader, 1886 über die Mittelmeerflotte und 1893 wurde er Oberbefehlshaber in Davenport. Er widmete seinen Dienstpflichten immer die größte Aufmerksamkeit und galt als tüchtiger Admiral.

Ehe und Familie

Alfred und Maria mit ihrem Sohn, Erbprinz Alfred

Am 23. Januar 1874 heiratete Alfred die russische Großfürstin Maria Alexandrowna (1853–1920). Diese Verbindung stand von Anfang an unter keinem guten Stern und es sollte sechs Jahre dauern, bis sie überhaupt zustande kam. Maria war die einzige überlebende Tochter des russischen Zaren Alexander II. und der Zarin Marie. Keine Seite war von dieser Verbindung begeistert. Dem Zarenpaar fiel es schwer, ihre einzige Tochter wegzugeben und die Queen hegte – vor allem seit dem Krimkrieg – eine tiefe Abneigung gegen die Romanows. So brauchte es einige Zeit und mehrere Anläufe, um schließlich doch noch die zweite Vermählung zwischen Kindern eines russischen und eines britischen Monarchen in der Geschichte zustande zu bringen. Diese wurde – dem erklärten Unwillen Victorias zum Trotz – im Winterpalais in Sankt Petersburg vollzogen. Es war die einzige Hochzeit der Kinder Königin Victorias, die nicht im Vereinigten Königreich stattfand und die einzige, an der Victoria, die sich strikt weigerte das Vereinigte Königreich zu verlassen, nicht teilnahm. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor:

  1. Alfred Alexander Wilhelm Ernst Albert (1874–1899), Erbprinz von Sachsen-Coburg und Gotha
  2. Marie Alexandra Victoria (1875–1938), als Gattin Ferdinands von Hohenzollern Königin von Rumänien
  3. Victoria Melita (1876–1936), heiratete zunächst ihren Cousin väterlicherseits, den Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, nach ihrer Scheidung später ihren Cousin mütterlicherseits, den russischen Großfürsten Kyrill Wladimirowitsch Romanow
  4. Alexandra Louise Olga Victoria (1878–1942), heiratete Fürst Ernst II. zu Hohenlohe-Langenburg, der nach dem Tode Alfreds bis zur Volljährigkeit des Nachfolgers Herzog Carl Eduard als Regent von Sachsen-Coburg und Gotha die Regierungsgeschäfte führte
  5. Beatrice Leopoldine Victoria (1884–1966), heiratete den Infanten Alfonso von Spanien

Regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha

Als sein Onkel väterlicherseits Herzog Ernst II. im August 1893 ohne legitime Nachkommen starb, fiel das in Personalunion verbundene Doppelherzogtum Sachsen-Coburg und Gotha an Alfred, da sein älterer Bruder Albert Edward, der Prince of Wales und spätere britische König Eduard VII., auf die dortige Thronfolge verzichtet hatte. Alfred schied aus dem aktiven Marinedienst aus und legte seine Mitgliedschaft im britischen Oberhaus und im Privy Council nieder. Seine übrigen britischen Titel und Ehrenämter behielt er. Er gab seine jährliche Apanage von 15.000 Pfund Sterling zurück und behielt aber die 10.000 Pfund, die ihm anlässlich seiner Hochzeit zusätzlich gewährt worden waren, um seine Residenz Clarence House in London zu unterhalten.

Der Regierungsantritt in Coburg fiel ihm nicht leicht. Er war nun ein britischer Prinz auf einem deutschen Fürstenthron, in einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht zum besten standen. Alfred teilte die Abneigung seines älteren Bruders Albert Edward gegen ihren gemeinsamen Neffen, den Deutschen Kaiser Wilhelm II.. Als Staatsoberhaupt eines kleinen Bundesstaates im Deutschen Reich hatte der Herzog nur innenpolitische Regierungsgewalt. Er fühlte sich buchstäblich wie ein Fisch auf dem Trockenen und trauerte der aktiven Zeit in der Royal Navy nach, die die letzten 35 Jahre seine Heimat gewesen war. Er verfolgte – selbst zum passiven Zuschauer verurteilt – alle Marineangelegenheiten sehr genau. Vor allem die deutsche Flottenrüstung beobachtete er mit großer Sorge.

Die deutsche Öffentlichkeit war von der britischen Thronfolge in Coburg und Gotha ebenso wenig erfreut. Die von Alfred praktizierte Voranstellung seiner britischen vor die deutschen Titel und der Gebrauch der Bezeichnung „Königliche Hoheit“, die ihm als britischer Prinz, nicht aber als regierender Herzog von Coburg und Gotha zustand und daher sogar den Bundesrat der deutschen Fürsten beschäftigte, wurden ihm verübelt. Alfred wurde – genau wie seine Schwester Vicky in Berlin – als "Ausländer" mit Misstrauen, fast schon Feindseligkeit, bedacht. Einige Zeitungen betrachteten seinen Regierungsantritt als Affront gegen das deutsche Nationalgefühl. Mit der Zeit beruhigten sich die Angriffe wieder und Alfreds Popularität in den Herzogtümern wuchs. Bis zum Ende seiner Regentschaft hatte er die Achtung und Zustimmung der Bevölkerung gewonnen, obwohl er nur gebrochen Deutsch sprach. Bezüglich der Landesangelegenheiten in den Herzogtümern hielt sich Herzog Alfred zurück und ließ dem Staatsministerium weithin freie Hand. Er widmete sich lieber der Jagd und unternahm Reisen. Bei einem Aufenthalt in Alexandria 1898 wurde er von einem Moskito gestochen und zog sich eine langwierige Infektion am Auge zu, von der er sich nicht mehr ganz erholte. Alfreds letztes Lebensjahr war überschattet vom plötzlichen Tod seines einzigen Sohnes und Thronfolgers Alfred, der 1899 während der Feierlichkeiten zur Silberhochzeit des Herzogspaares einen Suizidversuch beging und zwei Wochen später starb. Alfred gab seiner Frau die Schuld und trennte sich offiziell von ihr. Um seinen Schmerz zu betäuben, begann er zu trinken.

Tod und Nachfolge

Herzog-Alfred-Brunnen im Coburger Hofgarten

Herzog Alfred starb im Juli 1900, kurz vor seinem 56. Geburtstag, an Kehlkopfkrebs auf seiner Sommerresidenz Schloss Rosenau und wurde im herzoglichen Mausoleum in Coburg neben seinem Sohn beigesetzt. Seine Witwe ließ zu seinem Andenken in Luisenthal eine Gedächtniskirche und im Park von Coburg einen Brunnen errichten. Seine über die Jahrzehnte zusammengetragene, bedeutende und erlesene Sammlung antiken und venezianischen Glases vermachte sie der Coburger Bevölkerung. Sie ist heute Teil der Kunstsammlungen auf der Veste Coburg. Nachfolger als Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha wurde sein Neffe Herzog Carl Eduard, ebenfalls ein britischer Prinz und einziger Sohn des bereits verstorbenen jüngsten Bruders Leopold Georg von Albany, nachdem der nächste Anwärter, Herzog Arthur von Connaught wegen seiner britischen Armeekarriere auf die Nachfolge verzichtet hatte. Der Titel "Herzog von Edinburgh" erlosch mit Alfreds Tod und wurde erst wieder 1947 an Philip Mountbatten, den Gemahl der künftigen Königin Elisabeth II. von Großbritannien und Nordirland, verliehen.



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