Großes Stehen an der Ugra

Großes Stehen an der Ugra
Das große Gegenüberstehen am Ugra-Fluss

Das Große Gegenüberstehen an der Ugra (russisch Великое cтояние на реке Угре) benennt die Schlachtaufstellung zwischen der Goldenen Horde unter Akhmat Khan und dem russischen Heer unter Iwan III., die nicht zu einer tatsächlichen Schlacht führte. Die beiden Heere standen sich im Jahr 1480 mehrere Wochen lang zur Entscheidungsschlacht am Fluss Ugra gegenüber, ohne dass eine der beiden Seiten einen Angriff durchführte. Beide Heere zogen schließlich nahezu kampflos wieder ab. Dieser Vorfall kennzeichnet das Ende der mongolischen Herrschaft über Russland und gilt neben der Schlacht auf dem Schnepfenfeld im Jahr 1380 als Ausgangspunkt für den Aufstieg des russischen Reiches und den Untergang des Reiches der Goldenen Horde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Im Jahr 1476, vier Jahre vor dem Gegenüberstehen an der Ugra, verweigerte Iwan III. den mongolischen Besetzern den jährlich zu bezahlenden Tribut an die Goldene Horde. Diese Tributzahlungen wurden bereits seit der Zeit von Batu Khan von den Mongolen erhoben. Akhmat Khan befand sich zu dieser Zeit im Kampf mit dem Khanat der Krim. Dadurch war es ihm erst im Jahr 1480 möglich, Maßnahmen gegen den Ungehorsam des russischen Großfürsten zu ergreifen.

Vorbereitungen

Als erste Maßnahme schloss Akhmat Khan ein Bündnis mit Kasimir IV. Jagiello, dem König von Polen und Großfürsten von Litauen. Ziel des Bündnisses war ein gemeinsamer Angriff auf das Großfürstentum Moskau. Im Sinne dieses Bündnisses wurden zu Beginn des Jahres 1480 die westlichen Grenzen Russlands verstärkt von Rittern des Deutschen Ordens von Livland aus angegriffen. Ebenfalls zu Beginn des Jahres kam es zudem zu Streitigkeiten zwischen Iwan III. und seinen beiden Brüdern Boris Wolotski und Andrei Bolschoi, die sich schließlich gegen den Fürsten wendeten. Aufgrund dieser internen Streitigkeiten entschloss sich Akhmat Khan zu handeln und schickte Kundschafter aus, um den Fluss Oka als mögliches Schlachtfeld zu erkunden. Im Herbst zog er schließlich, durch das Territorium seines Verbündeten Kasimir, in Richtung Moskau und positionierte sich auf der litauischen Seite der Ugra.

Auf russischer Seite kam es zu Meinungsdifferenzen zwischen den Bojaren. Ein Teil sprach sich für einen Rückzug aus, während ein anderer Teil einen Angriff auf die Goldene Horde vertrat. Laut dem russischen Historiker Nikolai Kostomarow aus dem 19. Jahrhundert soll der Großfürst bereits weit früher schon starke Bedenken bezüglich des bevorstehenden Kampfes gehabt haben. Nur auf Drängen seiner Mutter und von Geistlichen sei er zu bewegen gewesen, sich zu den Truppen zu begeben.

Kampfhandlungen

Am 8. Oktober 1480 plante Akhmat Khan, seine Truppen mit denen von Kasimir IV. Jagiello zu vereinigen. Hierzu wollte er den Oka-Fluss westlich am Nebenfluss Ugra überqueren, was eine Begegnung mit in Kolomna, Serpuchow und Tarussa stationierten Truppen verhindern sollte. Die russischen Streitkräfte unter Iwan Iwanowitsch und Andrei Menschoi kamen diesen Bemühungen zuvor und postierten ihr Heer an der anderen Flussseite. In einem viertägigen Kampf verhinderten sie, dass das mongolische Heer den Fluss überquerte.

Nach diesen ersten Kampfhandlungen zog Akhmat seine Truppen in die Stadt Worotynsk zurück, um hier auf Kasimirs Truppen zu warten. Iwan III. nutzte die gewonnene Zeit, um die Beziehungen zu seinen aufständischen Brüdern wiederherzustellen, wozu er nur vier Tage brauchte. Nach weiteren 17 Tagen erreichten die Heere seiner Brüder das an der Ugra stationierte russische Heer und vereinigten sich mit diesem.

Akmat Khan sah das Anwachsen des russischen Heeres und wartete noch immer auf eine Nachricht von seinem Verbündeten Kasimir. Dieser hatte in der Zwischenzeit Probleme in seinem eigenen Land und befand sich im Kampf mit dem Khanat der Krim. Die Mongolen warteten bis zum 11. November 1480. Als der Fluss vereiste, musste eine militärische Entscheidung getroffen werden. Geschwächt durch Epidemien und den beginnenden Winter, zogen sich die Tataren nach Süden zurück.

Folgen des Großen Gegenüberstehens

Der Vorfall war die letzte kriegerische Begegnung zwischen Russland und der Goldenen Horde. Nur einige Wochen nach dem Treffen, am 6. Januar 1481, wurde Akhmat Khan in einem Kampf mit dem Heer des Khanat Sibir getötet. Das Aufeinandertreffen an der Ugra bedeutete das Ende der mongolischen Herrschaft in Russland und trug zum Untergang der Goldenen Horde bei. Der Nachfolger von Akhmat Khan, Saih Ahmed, wurde 1502 als letzter Herrscher der Goldenen Horde in Litauen hingerichtet. Für das Großfürstentum Moskau stellte der Vorfall einen wichtigen Schritt zu einer vorherrschenden Stellung in diesem Raum dar. 1547, unter Iwans Enkel Iwan dem Schrecklichen, entstand das Zarentum Russland.

Literatur


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