Alfred Jansa von Tannenau

Alfred Jansa von Tannenau

Alfred Jansa (* 16. Juli 1884 in Stanislau als Alfred Johann Theophil Janša Edler von Tannenau, Galizien, Österreich-Ungarn; † 20. Dezember 1963 in Wien) war ein führender Offizier des österreichischen Bundesheeres in der ersten Republik. Er erreichte den Dienstgrad Feldmarschallleutnant und war von 1935 bis zur erzwungenen Pensionierung 1938 Chef des Generalstabes.

Leben

Alfred Jansa trat nach Absolvierung der Kadettenschule in das k.u.k. Infanterieregiment Nr. 72 in Preßburg (Bratislava) ein und besuchte von 1908 bis 1911 die Kriegsschule. Am 1. November 1912 wurde er als Hauptmann in den Generalstab der k.u.k. Armee übernommen und dem Stab des Armeeinspektors und Landeschefs von Bosnien und Herzegowina, Feldzeugmeister Oskar Potiorek, in Sarajevo zugeteilt. Dort erlebte er auch den Thronfolgermord und den Kriegsbeginn 1914.

Während des I. Weltkrieges war er als Generalstabsoffizier auf nahezu allen Kriegsschauplätzen tätig. Nicht unwichtig war seine dreimalige Zuteilung zu deutschen Stäben. Von September 1915 bis Februar 1916 war er auf dem Balkan dem Stab des Generalfeldmarschalls August von Mackensen zugeteilt, dessen Vertrauen er sich erwerben konnte. Ebenso lernte er dort dessen Stabschef General von Seeckt kennen, der später den Aufbau der deutschen Reichswehr leiten sollte. Später war er auch beim Stab des deutschen Generals von Below in Mazedonien tätig. Einen Großteil des Jahres 1917 verbrachte er bei österreichischen Verbänden an der russischen Front. 1918 wurde er schließlich als Verbindungsoffizier dem deutschen AOK 14 des Generals Krafft von Dellmensingen an der italienischen Front zugeteilt.

Nach dem Krieg in das Bundesheer der 1. Republik übernommen, wurde er als Oberst der Stabschef der 3. Brigade in St. Pölten. Am 28. Juni 1930 zum Generalmajor befördert, übernahm er das Kommando der Brigade, die er bis 1932 führte. Anfang 1933 wurde er als Delegierter Österreichs zur Abrüstungskonferenz nach Genf entsandt. Anschließend wurde er zum Militärattaché in Deutschland bestellt, wobei er auch in der Schweiz mitakkreditiert war. Dank seiner ausgezeichneten Verbindungen aus der Zeit des I. Weltkrieges erhielt er nicht nur eingehende Kenntnis von der nach 1933 einsetzenden Aufrüstung der deutschen Wehrmacht, sondern konnte sich auch über das nationalsozialistische Regime ein zutreffendes Bild machen. Die von Hitlerdeutschland ausgehende Gefahr wurde ihm dabei voll bewusst. 1935 wurde er aus Berlin abberufen und ab 1. Juni mit der Leitung der Sektion III des Bundesministeriums für Landesverteidigung betraut. Damit war er de facto Chef des Generalstabes, wenn ihm der Titel auch offiziell erst mit der Einführung der Bundesdienstpflicht am 1. April 1936 verliehen wurde.

Als seine Hauptaufgabe sah er den raschen Aufbau des Heeres an, um es vor allem gegenüber Deutschland abwehrfähig zu machen. Nach seinen Schätzungen war ab 1939 mit einem Angriff Hitlers zu rechnen. Für seine weitreichenden Pläne lagen allerdings nicht genügend Budgetmittel vor. Ein Konzept für die Abwehr wurde ausgearbeitet, wobei er vor allem auch versuchte, die Unterstützung Italiens zu gewinnen. Auch ein Befestigungssystem wurde geplant, das jedoch bis 1938 nicht mehr zur Ausführung kam. Operativ sah Jansa eine Abwehr der deutschen Angreifer in der Traunlinie vor, wobei es ihm darauf ankam, unter Vermeidung eines Entscheidungskampfes Zeit zu gewinnen, bis andere Staaten – dabei war vor allem an Italien gedacht – eingreifen konnten.

Seine klare Ablehnung des Dritten Reiches und seine energischen Abwehrforderungen waren der deutschen Führung wohl bekannt. So war es kein Wunder, dass unter den Forderungen Hitlers im Berchtesgadener Abkommen mit Schuschnigg am 12. Februar 1938 auch die Abberufung des Feldmarschallleutnants Jansa von seinem Posten war. Dies und seine Ersetzung durch Generalmajor Franz Böhme wurde als Punkt 8 der Abmachungen festgehalten. Schuschnigg hatte nachgegeben, um Hitler durch die Beibehaltung eines Vertreters eines „harten Kurses“ gegen Deutschland nicht noch mehr zu reizen, wobei er sich damit tröstete, dass Jansa ohnedies die Altersgrenze erreicht habe. Der General wurde aber von dieser Entscheidung nicht offiziell in Kenntnis gesetzt, sondern erfuhr dies zunächst nur von privater Seite. Am 17. Februar wurde ihm sein Ruhestandsdekret überreicht. Mit ihm war eine Säule des österreichischen Widerstandes gegen Hitlers Pläne zusammengebrochen.

Alfred Jansa hat eingehende und lesenswerte Memoiren hinterlassen, die im Internet abrufbar sind. Das österreichische Bundesheer der zweiten Republik ehrte den letzten Generalstabschef der ersten Republik durch den Namen der Jansakaserne in Groß-Mittel bei Wiener Neustadt.

Literatur

  • L. Jedlicka: Ein Heer im Schatten der Parteien. Graz-Köln 1955
  • o. V.: Die Streitkräfte der Republik Österreich 1918-1968. Katalog zur Sonderausstellung des Heresgeschichtlichen Museums, Wien 1968 (mit weiterführenden Literaturangaben)
  • L. Jedlicka: Neue Österreichische Biographie. Bd. XIX, Wien 1977
  • J. Hafner: Feldmarschalleutnant A. Jansa. Dissertation, Wien 1990
  • Peter Broucek (Hrsg.), Alfred Jansa: Ein österreichischer General gegen Hitler: FML Alfred Jansa - Erinnerungen; Wien: Böhlau-Verlag, 2008, ISBN 3205781481

Weblinks


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