Alfred Kurella

Alfred Kurella
Alfred Kurella (1967)

Alfred Kurella (* 2. Mai 1895 in Brieg/Oberschlesien; † 12. Juni 1975 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Kulturfunktionär der SED in der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Alfred Kurella, Sohn des Arztes und Psychiaters Hans Kurella (1858–1916), studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Breslau, Ahrweiler und Bonn Malerei und Grafik an der Kunstgewerbeschule München. Er wurde 1914 Kriegsfreiwilliger in Ersten Weltkrieg. Nach der durch Simulation erwirkten Entlassung aus dem Kriegsdienst lebte er ab 1916 als Hauslehrer und Mitarbeiter linker bürgerlicher Zeitungen in Leipzig und Dresden.

1910–1918 war Kurella ein führendes Mitglied der Jugendbewegung, er war Teilnehmer des Ersten Freideutschen Jugendtages auf dem Hohen Meissner und später Herausgeber der Zeitschrift „Freideutsche Jugend“. 1918 war er Begründer der Ortsgruppe der Freien Sozialistischen Jugend in München und trat der KPD bei. Auf einer Fahrt als Kurier der KPD traf er 1919 in Moskau mit Lenin zusammen. Er war als Vertreter des russischen kommunistischen Jugendverbandes Mitbegründer der Kommunistischen Jugendinternationale (KJI) und ab 1921 erster Sekretär des Berliner und Moskauer Exekutivkomitees der KJI. Zugleich war er seit 1920 Mitglied des Büros des Zentralkomitees des Komsomol und 1924–1929 der KPdSU.

1924–1926 leitete er eine Jugendschule der Kommunistischen Internationale und eine Schule der französischen Kommunistischen Partei in Bobigny. 1926–1928 war er stellvertretender Leiter der Agitprop-Abteilung des Exekutivkomitees des Kommunistischen Internationale und 1928–1929 Leiter der Abteilung Bildende Kunst im Volkskommissariat für Volksbildung der RSFSR und Redakteur der „Komsomolskaja Prawda“.

Aufgrund von Vorwürfen „ultralinker, formalistischer Fehler“ kehrte Kurella nach Deutschland zurück, wo er als freier Schriftsteller arbeitete und für die KPD aktiv war. 1931 unterrichtete er an der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH) und unternahm eine Studienreise nach Italien. 1932–1934 war er Sekretär des Internationalen Komitees zum Kampf gegen Krieg und Faschismus und Chefredakteur dessen Organs „Le Front Mondiale“.

Bis 1935 arbeitete Kurella als Sekretär von Georgi Dimitrow in Moskau und bis 1937 als Leiter der wissenschaftlich-bibliografischen Abteilung der Moskauer Zentralbibliothek für ausländische Literatur. 1937 wurde er sowjetischer Staatsbürger. Im selben Jahr wurde in Moskau sein jüngerer Bruder, der Journalist Heinrich Kurella (1905–1937), im Rahmen der Großen Säuberung in Moskau verhaftet, zum Tode verurteilt und erschossen. Alfred Kurella, der in den deutschen Exilantenkreisen als Zuträger des NKWD galt, soll seinen Bruder selbst beim Geheimdienst denunziert haben.

1941–1945 war er „Oberredakteur“ in der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee und arbeitete als Redakteur verschiedener (Front)Zeitungen, absolvierte Dezember 1942/Januar 1943 auch einen Propagandaeinsatz im Kessel von Welikije Luki. 1943 arbeitete er am Entwurf des Manifestes der Nationalkomitee Freies Deutschland mit und war leitender Redakteur für das Informationsressort von dessen Zeitung „Freies Deutschland“.

1946 übersiedelte Kurella in den Kaukasus, wo er vor allem als Maler und Bildhauer, aber auch als Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber (u. a. von Werken von Nikolai Tschernyschewski, Nikolai Dobroljubow, Alexander Herzen) lebte. Seit 1948 versuchte er, die Erlaubnis zu seiner Rückkehr nach Deutschland zu erwirken. In der SED nicht unumstritten, wurde Kurella von Walter Ulbricht dennoch 1949 angefordert, während Johannes R. Becher und Wilhelm Pieck Kurellas Rückkehr hinauszuzögern versuchten. Als hochrangiger Geheimdienst- und Nomenklaturkader der Komintern hatte Kurella bis zur Rückkehr nach Deutschland 1954 die für sowjetische Geheimnisträger übliche fünfjährige Kaltstellungsphase abzuwarten.

Am 9. Februar 1954 übersiedelte Kurella in die DDR, trat der SED bei und war 1955–1957 erster Direktor des Institutes für Literatur in Leipzig. Er hatte leitende Funktionen in der Akademie der Künste, dem Schriftstellerverband der DDR und dem Kulturbund inne. 1957–1963 war er Leiter der Kulturkommission des Politbüros des Zentralkomitees der SED, seit 1958 auch Kandidat des Politbüros (bis 1963) und Abgeordneter der Volkskammer. In diesen Funktionen war Kurella maßgeblich an der Durchsetzung des „Sozialistischen Realismus“ und zahlreichen kulturpolitischen Interventionen der SED beteiligt. Ab 1963 war er Mitglied der Ideologischen Kommission des Politbüros des ZK der SED. 1968 promovierte er an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum Dr. phil. mit der Arbeit „Das Eigene und das Fremde“. Verglichen mit den Funktionen, die Kurella in der Sowjetunion bis 1945 innehatte, bekleidete er nach 1945 weder ein herausragendes politisches Amt noch eine wichtige Funktion im Staatsapparat.

Grab von Kurella in Berlin

Auszeichnungen

Kurella auf einer DDR-Briefmarke aus dem Jahr 1985

Kurella wurde 1961 mit dem Karl-Marx-Orden, 1969 mit dem Nationalpreis und 1970 mit dem Kulturpreis des FDGB und der FDJ sowie der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden ausgezeichnet. Seine Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.

Werke und Schriften

  • Wandervogel Lautenbuch, Magdeburg 1913
  • Gründung und Aufbau der Kommunistischen Jugendinternationale, Berlin 1929
  • Mussolini ohne Maske, Reportagen, 1931
  • Wo liegt Madrid?, Kiew 1939
  • Ich lebe in Moskau, 1947
  • Die Gronauer Akten, Roman, 1954
  • Der Mensch als Schöpfer seiner selbst, Aufsätze, Berlin 1958
  • Zwischendurch. Verstreute Essays, 1961
  • Kleiner Stein im großen Spiel, Roman, 1961
  • Dimitroff kontra Göring, Berlin 1964
  • Unterwegs zu Lenin, Berlin 1967
  • Das Eigene und das Fremde. Neue Beiträge zum Sozialistischen Humanismus, Aufbau-Verlag 1968 (307 S.), 2. erw. Aufl. 1970 (343 S.), Dietz-Verlag 1981 (521 S.)
  • Der ganze Mensch, Reden, 1969

Literatur

Weblinks

 Commons: Alfred Kurella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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