Grönländischer Eisschild

Grönländischer Eisschild
Grönland mit deutlich dominierendem Eisschild
Karte der Eisdicken

Der Grönländische Eisschild (auch Grönländisches Inlandeis) ist ein Eisschild, der mit einer Ausdehnung von 1,71 Millionen Quadratkilometern ungefähr 80 % der Fläche Grönlands bedeckt. Er ist die weltweit zweitgrößte permanent vereiste Fläche nach dem antarktischen Eisschild.

Inhaltsverzeichnis

Räumliche Ausdehnung

Rückzug des Jakobshavn Isbræ
Gletscherzunge auf Grönland

In Nord-Süd-Richtung beträgt die Länge des Eisschilds ungefähr 2.400 Kilometer. Die breiteste Stelle mit ungefähr 1.100 Kilometern liegt ungefähr bei 77° N bis 78° N. Im Mittel ist das Eis mit 2.135 m mehr als zwei Kilometer stark; an den meisten Stellen ist es mindestens zwei Kilometer mächtig und erreicht an den tiefsten Stellen eine Dicke von mehr als drei Kilometern. Aus diesen Daten ergibt sich eine räumliche Ausdehnung von ungefähr 2,85 Millionen Kubikkilometern, was einem Würfel mit circa 142km Kantenlänge entspricht.

Die beiden höchsten Stellen mit mehr als 3.000 Metern Dicke der Eisschicht liegen auf zwei Kämmen in der östlichen Hälfte Grönlands; der südliche davon befindet sich zwischen 63° N und 65° N, der nördliche auf 72° N.

An den meisten Stellen erreicht der Eisschild das Meer nicht, so dass sich, anders als in der Antarktis, keine Eisschelfe bilden. Große Gletscherzungen fließen durch Täler entlang dem Rand Grönlands, kalben im Meer und erzeugen auf diese Weise die meisten Eisberge im Nordatlantik. Eine bekannte Gletscherzunge an der Westseite Grönlands ist die Jakobshavn Isbræ, die an ihrem Ende eine Flussgeschwindigkeit von 20 bis 22 Metern pro Tag aufweist und für etwa 10 % aller Eisberge mit grönländischem Ursprung verantwortlich ist.

Neben dem Eisschild existieren am äußeren Rand Grönlands noch einige isolierte Gletscher sowie Eiskappen, die insgesamt weniger als 100.000 Quadratkilometer bedecken.

Entstehung

Das Eis des bestehenden Eisschilds ist mindestens 110.000 Jahre alt. Allerdings existieren Hinweise darauf, dass der Eisschild bereits im frühen Pleistozän oder im späten Pliozän aus zusammenwachsenden Eiskappen und Gletschern entstand – jedoch nicht deutlich früher. Zu dieser Zeit begann die kontinentale Vergletscherung im Rahmen des noch andauernden Eiszeitalters. Die Vereisung Grönlands setzte dadurch ein, dass sich vor 12,5 Millionen Jahren (Ma) die Kontinentalplatten Nord- und Südamerikas aufeinanderzu zu bewegen begannen. Durch die Verbindung dieser beiden Kontinente, die vor 2,4 Ma mit der Schließung des Isthmus von Panama abgeschlossen war, änderte sich das globale ozeanische Strömungssystem. Warmes Oberflächenwasser, der Golfstrom, floss nun in hohe Breiten des Atlantiks. Durch die erhöhte Verdunstung des Ozeanwassers war die Grundlage für die Vereisung der Nordhemisphäre (Eiszeitalter) und der Ausbildung des Grönländischen Eisschildes gegeben. Durch das große Gewicht des Eises wird der Boden nach unten gedrückt; der größte Teil des grönländischen Bodens befindet sich auf Meereshöhe oder darunter.

Klima

Auf dem Eisschild herrschen niedrigere Temperaturen als in den übrigen Gebieten Grönlands. Es werden Jahrestiefstände von unter −30 °C erreicht. Im Sommer taut die oberste Eisschicht an, was durch die Bildung von Luftblasen im Eis dazu führt, dass dieses vollständig weiß erscheint. Im Winter nimmt das Eis dagegen einen klaren, blaugrünlichen Farbton an.

Der Eisschild als Dokumentation der Klimaentwicklung

Der Eisschild besteht aus komprimiertem Schnee, der sich über einen Zeitraum von mehr als 100.000 Jahren angesammelt hat. Aus bis zu drei Kilometer tiefen Bohrungen wurden Proben entnommen, aus denen Rückschlüsse auf die Temperaturen in der Vergangenheit, die Ausdehnung der Ozeane, Niederschläge, chemische Zusammensetzung der Atmosphäre, vulkanische Aktivität und viele andere Vorgänge und Situationen der jüngeren Erdgeschichte gezogen werden können.

Einfluss der globalen Erwärmung

Der Eisschild schmilzt in den letzten Jahren mit Rekordgeschwindigkeit ab. Zwischen 1979 und 2002 hat sich die in den Sommermonaten vom Abschmelzen betroffene Fläche um 16 % erhöht. Der Abfluss des Schmelzwassers durch Spalten und Risse im Eis wirkt seinerseits wieder beschleunigend auf den Tauvorgang. In einer Studie des Jet Propulsion Laboratory der NASA wird vermutet, dass dies auch Grund dafür ist, dass sich die Gletscherzungen Grönlands mit zunehmender Geschwindigkeit in Richtung Meer bewegen[1]. Laut Satellitenmessungen wuchs zwischen 1996 und 2005 der jährliche Eisverlust von 96 km3 auf 220 km3[2], und in den Jahren 2006 bis 2008 auf durchschnittlich 273 km3 pro Jahr an.[3] Andere Messungen, die die Einzelverluste aller Gletscher aufaddieren, ergeben für das Jahr 2008 einen Nettoverlust von 145 km3[4].

Der 2001 veröffentlichte 3. Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change sagt bei einer globale Erwärmung um drei Grad Celsius zwischen 1990 und 2090 einen Meeresspiegelanstieg um 0,2 bis 0,6 Meter voraus. Etwa zwei Drittel dieser Erhöhung beruhen auf der thermischen Expansion des Meereswassers, während ein Drittel auf das Abschmelzen von Landeis zurückzuführen ist. Ein teilweises Abschmelzen der Eisschilde Gröndlands und der Antarktis wurde dabei wegen unzureichender Faktenlage noch nicht berücksichtigt. Ein mittlerer Verlust des Grönländischen Eisschildes von jährlich 100 km3 würde über 100 Jahre zu einem Meeresspiegelanstieg von 0,03 Meter führen[5].

Eine globale Erwärmung um mehr als 3 Grad Celsius würde den Eisschild über eine Schwelle hinaus erwärmen. Das vollständige Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes führt zu einem Meeresspiegelanstieg von 7,2 m[6]. Da Grönlands Festlandboden sich fast vollständig nahe oder unter dem Meeresspiegel befindet, ist es möglich, dass sich das Land nach Abschmelzen des Eisschildes zunächst unter dem Meeresspiegel befindet und die Küstengebirge Grönlands zu Inselgruppen würden. Eine anschließende generelle Hebung des Grönländischen Sockels wäre allerdings möglich, da die heutige mächtige Eislast wegfiele.

Eine andere Hypothese besagt, dass bei vermehrtem Abschmelzen des Eisschildes durch den erhöhten Süßwassereintrag in den Atlantik ab einer bestimmten Schwelle die thermohaline Zirkulation der Nordatlantikdrift als Antrieb des Golfstromsystems soweit gestört werden könnte, dass der Warmwasserzufluss des Golfstromes erheblich reduziert würde. Dadurch könnten sich der Temperaturanstieg im Bereich des Nordatlantiks bis nach Europa verlangsamen[7], und die Abschmelzrate des grönländischen Inlandseises wieder stabilisieren. Eine Änderung der Strömungsverhältnisse in den Ozeanen wird diskutiert als einer der Gründe für die Entstehung einer Kaltzeit.

Einzelnachweise

  1. NY Times: In Greenland, Ice and Instability Andrew C. Revkin, 8. Januar 2008 (in Englisch)
  2. Changes in the Velocity Structure of the Greenland Ice Sheet, Eric Rignot & Pannir Kanagaratnam, 2006, Science 311, Seite 986-990 (PDF-Artikel)
  3. Michiel van den Broeke et al.: "Partitioning Recent Greenland Mass Loss". Science, 13. November 2009, abgerufen am 13. November 2009.
  4. Arctic Report Card Greenland, Jason E. Box et al. 2009, NOAA (in Englisch)
  5. IPCC Third Assessment Report Climate Change 2001, Kapitel 11.5, Future Sea Level Changes (in Englisch)
  6. IPCC Third Assessment Report Climate Change 2001, Tabelle 11.3, Some physical characteristics of ice on Earth (in Englisch)
  7. IPCC Third Assessment Report Climate Change 2001, Kapitel 9.3.4.3, Thermohaline circulation changes (in Englisch)

Literatur

  • Climate Change, the Scientific Basis. IPCC, 2001 [1],[2], und [3] (Englisch)
  • National Report to IUGG, Rev. Geophys. Vol. 33 Suppl. American Geophysical Union, 1995 [4]
  • ACIA, Impacts of a Warming Arctic: Arctic Climate Impact Assessment. Cambridge University Press, 2004 [5]

Weblinks


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