Guillaume d'Aquitaine

Guillaume d'Aquitaine
Wilhelm IX. - Darstellung aus Bibliothèque Nationale, MS cod. fr. 12473, 13. Jahrhundert

Wilhelm IX. (* 22. Oktober 1071; † 10. Februar 1126 oder 1127), auch Wilhelm IX., le Jeune (der Junge), war Herzog von Aquitanien und Gascogne, als Wilhelm VII. auch Graf von Poitou. Er war der Sohn Wilhelms VIII. von Aquitanien in dessen dritter Ehe mit Aldearte, der Tochter Roberts von Frankreich, des Herzogs der Bourgogne.

Seine okzitanischen Namen sind Guilhèm IX duc d'Aquitània e de Gasconha sowie Guilhèm VII comte de Peitieus.

Inhaltsverzeichnis

Politik

Wilhelm übernahm 1086 die Herrschaft seines Vaters, heiratete um 1089 Irmgard (Ermengarde) von Anjou, ließ sich von dieser jedoch 1092 scheiden. Seine zweite Ehe mit Philippa, der Eventualerbin der Grafschaft Toulouse, führte in langanhaltende Konflikte mit der Familie der Gattin. 1098 besetzte Wilhelm erstmals Toulouse, 1099 trat er seine Rechte gegen eine finanzielle Kompensation an einen Neffen der Gattin, Graf Bertrand von Saint-Gilles ab.

Das Geld floss vor allem in den Kreuzzug von 1101, an dem sich Wilhelm an der Seite von Welf IV. beteiligte und der ihn über Konstantinopel nach Heraklea führte, wo die eigenen Truppen im September 1101 von islamischen Streitkräften geschlagen wurden. Wilhelm konnte sich mit Begleitern über Antiochia nach Jerusalem durchschlagen und gelangte im Herbst 1102 nach Frankreich zurück.

1103 unterstützte Wilhelm Fulko IV., Graf von Anjou, genannt "le Rechin", "der Zänker", in dessen Auseinandersetzungen mit seinem Sohn Gottfried Martell - eine Unternehmung, die zu seinen Ungunsten ausging, als die Kontrahenten sich einigten. Wilhelm musste mehrere Burgen in der Saintogne aufgeben, konnte jedoch 1107 deren Rückgabe durch die Gefangensetzung Fulkos V. von Anjou erzwingen. Er unterstützte die Herren von Lusignan und Parthenay in deren mehrjährigen Fehde mit dem Herzog.

Als Bertrand von Saint-Gilles am 21. April 1112 im Heiligen Land starb, erneuerte Wilhelm seine Ansprüche auf Toulouse. 1113 nahm er die Stadt zum zweiten Mal ein - er konnte sich diesmal mit der Unterstützung Bernhard Atton IV. von Beziers des Grafen von Centulle von Bigorre, Pons von Montpezat sowie der Bürger der Stadt bis 1123 halten; die Bürger selbst stürmten die Stadtburg Chateau-Narbonnais.

In der Ehe mit Philippa wurden drei Söhne geboren:

  1. Wilhelm X. sein Nachfolger als Herzog von Aquitanien
  2. Raimund von Poitiers (1099-1149) [1]
  3. Heinrich, Prior zu Cluny, Abt von Peterborough Abbey
  4. Agnes von Aquitaine [1] (auch genannt: Inés von Poitou), heiratete Ramiro II. (Aragón)

Die Ehe selbst verlief unglücklich. Auf dem Konzil von Reims klagte Philippa 1119 ihren Gatten des Ehebruchs mit der Vizegräfin von Châtellerault an, ein Ereignis mit dem – als mutmaßliche Sühneleistung – Wilhelms spanischer Kriegszug in Verbindung gebracht wird.

Gemeinsam mit Alfons I. "el Batallador" von Aragón eroberte Wilhelm in Spanien Calatayud. Am 18. Juni 1120 schlugen Spanier und Franzosen bei Cutanda, nördlich von Daroca, die Mauren vernichtend. Das Bündnis mit Alfons I. hatte keinen Bestand. Wilhelm wechselte in den Auseinandersetzungen um Toulouse zwei Jahre später die Fronten - angewiesen auf die Unterstützung Graf Raimund Berengars III. von Barcelona gegen Alphonse Jourdain von Toulouse. Am 10. Februar 1127 (man findet dieses Datum auch mit dem Jahr 1126 verbunden) starb Wilhelm IX. bei der Belagerung der Burg Blaye, 56jährig.

"Der erste Trobador"

Literaturgeschichtlichen Ruhm errang Wilhelm von Aquitanien als der "erste Trobador" und der erste weltliche Lyriker des christlichen Europa, der in einer Volkssprache dichtete. 11 Lieder in der Langue d'oc, die heute als Okzitanisch bekannt ist, werden ihm zugeschrieben. Die mittelalterliche okzitanische Literatursprache ist in seinen Werken - bereits hochentwickelt - erstmals schriftlich belegt. Seine Lieder zeigen zwei Gesichter ("trovatore bifronte", P. Rajna): Neben höfisch gezügelten, didaktischen Liedern der fin'amors (höfischen Liebe) stehen ausgesprochen sinnenfreudige bis derb obszöne in denen der Herzog mit seiner Potenz prahlt. Zum Beispiel vergleicht er in Lied 3 er seine beiden Geliebten Agnes und Arsène mit zwei Stuten: "Für meinen Sattel habe ich zwei Stuten ... Doch kann ich die eine nicht zusammen mit der anderen haben. Die Pferde wollen sich nicht leiden."

Wilhelms berühmteste Verse sind das dunkle Rätselgedicht "Ich will einen Vers machen aus reinem Nichts" (Lied 7, Farai un vers de dreyt nien), in dem er den poetischen Schaffensprozess thematisiert und zugleich paradox parodiert: "Ich werde ein Lied über rein gar nichts machen ... es wird nicht von Liebe noch von Jugend handeln noch von etwas anderem, denn es wurde im Schlaf gedichtet (wörtl.: gefunden), auf einem Pferd." Dieses Lied vor allem, "dessen zahlreiche Interpretationen die ganze Bandbreite von Nonsens, Komik und Parodie bis zur existentiellen Ungewißheit, dem Nicht-Wissen, dem philosophischen Nichts, abtasten" (D. Rieger, LexMA), begründet das Urteil, die okzitanische Trobadorlyrik trete bereits in höchster Vollkommenheit ins Leben. Man muss daher davon ausgehen, dass diese Kunstform an den Höfen des südfranzösischen Adels bereits länger geübt wurde, dass es aber eines mächtigen und selbstbewussten Feudalherrn wie Wilhelm bedurfte, um diese Dichtung "pergamentfähig" zu machen.

Literatur

  • Ältere Literatur in: A. Pillet / H. Carstens, Bibliographie der Troubadours, Halle 1953, Nr. 183
  • P. Rajna: Guglielmo, conte di Poitiers, trovatore bifronte. In: Festschrift A. Jeanroy, Paris 1928, S. 349-360
  • Reto R. Bezzola: Guillaume IX et les origines de l'amour courtois. In: Romania, Bd. 66 (1940), S. 145-237
  • Dietmar Rieger: Der vers de dreyt nien Wilhelms IX. von Aquitanien, rätselhaftes Gedicht oder Rätselgedicht? Untersuchung zu einem "Schlüsselgedicht" der Trobadorlyrik. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Jg. 1975, Abh. 3. Heidelberg 1975. ISBN 3-533-02392-3
  • Ilija Trojanow / Ranjit Hoskoté: "Für ein Lied und einen Tanz" (Zu den Beziehungen zwischen Wilhelm IX., der Troubadourkunst und der arabischen Kultur Andalusiens) In: Dies., "Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht - sie fließen zusammen", München 2007, ISBN 978-3-89667-363-3, S. 66-76

Weblinks


Fußnoten

  1. Raimund von Poitiers wird bei Schwennicke (Europäische Stammtafeln II (1984) Tafel 76 als unehelicher Sohn Wilhelms IX. (VII.) aus seiner Beziehung mit der Ehefrau des Amaury I., Vizegraf von Châtellerault angegeben. Üblich ist jedoch, ihn als jüngeren Sohn Wilhelms aus seiner 2. Ehe mit Philippa von Toulouse zu sehen, wo der Name Raimund der Leitname war, wobei jedoch festzuhalten ist, dass es gerade ihr Onkel Raimund IV. war, der ihr – mit Willen ihres Vaters Wilhelm IV. – die Grafschaft Toulouse, ihr angebliches Erbe mangels männlicher Nachkommen, vorenthielt. Die in der „Materialsammlung“ angeführten Quellen äußern sich nicht dazu, wer die Mutter Raimunds war, und auch Steven Runciman schweigt sich in seiner „Geschichte der Kreuzzüge“, (7. Buch, 2. Kapitel) dazu aus. Im Artikel „Wilhelm IX.“ des Lexikons des Mittelalters (Band IX, Spalte 140) wird diese Verbindung jedoch hergestellt: „konnte er [Wilhelm IX.] sich bis 1123 (...) in Toulouse halten, wo Philippa auch ihren Sohn Raimund (* 1114/17), dessen Namen ihn als Erben der Grafschaft auswies, zur Welt brachte“.

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