Gustav Kühn (Buchdrucker)

Gustav Kühn (Buchdrucker)
Kühn-Denkmal auf dem Neuruppiner Schulplatz
Erinnerungstafel an der Stelle des ehemaligen Alten Friedhofes

Adolf Gustav Leopold Kühn (* 21. September 1794 in Neuruppin; † 29. August 1868) war ein deutscher Buchdrucker, Verleger und Herausgeber von Bilderbogen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Familie Kühn war bereits 1470 im Brandenburgischen ansässig und ab 1699 in Neuruppin. Johann Matthias Kühn betrieb hier eine Buchbinderwerkstatt, die er seinem Sohn Johann Christian übergab. Das Geschäft lief schlecht und so konnte der Sohn Johann Bernhard Kühn (1750-1826) nicht die empfohlene Hochschule besuchen. Stattdessen wurde er Buchbindergeselle und ging ab 1770 auf Wanderschaft nach Leipzig, Heilbronn und Straßburg. Die erlernte Holz- und Metallschnittkunst und sein eigenes künstlerisches Talent hoben sich deutlich vom Können seines Vaters ab. Daher eröffnete er nach seinem Meisterabschluss eine eigene Werkstatt im Jahre 1775 in der Heimatstadt. Hier begründete er eine bekannte Leihbibliothek, betrieb eine Elektrisiermaschine und einen großen Guckkasten. Dem Stadtbrand von 1787 fiel sein Haus jedoch den Flammen zum Opfer und so bezog er ein neues Gebäude in der Friedrich-Wilhelm-Straße 62. Dort richtete er neben der Buchbinderei und Leihbibliothek eine Buchhandlung und ab 1791 eine Druckerei mit königlichem Privileg ein. Zu seinem Repertoire gehörten Kolportageschriften, geistliche Erbauungsbücher, selbst verfasste Romane und um 1810 die ersten Bilderbögen, die nur im Geschäft in Neuruppin erhältlich waren. Johann Bernhard war mit Sabina Regina Fretzdorf verehelicht. Dem gemeinsame Sohn Adolf Gustav Leopold überschrieb Johann Bernhard wegen Krankheit am 1. Mai 1815 die Geschäfte der Firma mit 18 Angestellten, Sohn Carl wurde Buch- und Papierhändler in Berlin.

Biografie

Grabstätte Meusel & Engelbrecht

Bevor Gustav Kühn die Geschäfte seines Vaters übernahm, studierte er vom Januar 1812 bis zur Schließung im Frühjahr 1813 an der Berliner Kunstakademie Holz-, Stahl- und Kupferstich. Unter seinen Lehrern war auch Friedrich Wilhelm Gubitz (1786-1870). In den Jahren 1814-1819 erteilte er Zeichenunterricht im Neuruppiner Gymnasium, trat 1819 als Teilhaber in die Firma seines Vaters ein und übernahm diese 1822. Bereits 1825 führte er das kommerzielle Steindruckverfahren ein, früher als beispielsweise Berliner Druckereien. Er nannte sich nun „Hoflieferant“, sein Bruder wurde Kommissionshändler des Unternehmens. Unter der Leitung von Gustav Kühn, der die Bögen zeichnete und textete, erlangten die meist handkolorierten Neuruppiner Bilderbogen weltweite Verbreitung. Sie gelten als Vorläufer der Illustrierten Zeitung. Ab 1828 gab er die „Ruppiner Zeitung“, den Vorläufer der „Märkischen Zeitung“, ebenfalls heraus. Bereits 1830 besaß die Druckerei 1000 Drucksteine und eine Auflage von 600.000 Blatt, im Jahre 1832 lag die Produktion bei 1,2 Millionen Blatt, 1840 wurde das erste Fabrikgebäude errichtet, zehn Jahre später arbeiteten 60 Coloristen für das Unternehmen, zu den professionellen Steinzeichnern gehörte auch der Berliner Hofmaler Bülow. Maschinelle Lithopressen wurden ab 1858 eingesetzt, der Vermerk Dampf-Schnellpressendruck findet sich u.a. 1865. Bemerkenswert ist die hervorragende Qualität der hebräischen Bilderbogen. In den Jahre 1865 und 1866 sind jeweils 30 Bogen unter der Rubrik „Heiligenbilder“ verzeichnet, welche mit Bildunterschriften in jüdischer Sprache versehen waren. Die Bandbreite der Thematik war ebenso vielfältig, wie die christlicher Themen, das fehlerfreie Schriftbild lässt darauf schließen, das die Verlage auf Steinschneider zurück griffen, die entweder der Sprache mächtig waren oder sie bekamen sehr gute Vorlagen zur Verwendung.

Nach Gustav Kühn´s Tod übernahm sein Sohn, der Geheime Kommerzienrat Bernhard Kühn die Fabrik, Sohn Gustav war bereits Kommissionshändler, seine Enkel Paul (* 1848) und Richard (1850-1899) verkauften im Jahre 1892 die lithografische Anstalt und den Bilderbogenverlag an Otto Meusel und Richard Gumbrecht (1864-1911), welche noch einige Jahre unter dem Namen Kühn produzierten. Aus dem Verlagsprogramm von 1895 ist bekannt, das die Bilderbogen in zahlreichen Fremdsprachen, unter anderem skandinavischen Sprachen, aber auch in tschechisch, polnisch, litauisch oder englisch, französisch oder spanisch erschien.

Zur Jahrhundertwende ging der Druck von Bilderbögen stark zurück, Meusel und Gumbrecht erwarben von Heinrich Morchel im Jahre 1904 die "Märkische Zeitung", welche dieser von den Kühn´s erworben hatte. Das wiedervereinte Unternehmen wurde in den 1920er Jahren von Meusels Bruder Oswald und dessen Schwiegersohn Walther Engelbrecht geführt, die Geschichte des Verlages endete im Jahre 1939.

Das von Gustav Kühn neu errichtete Druckhaus in Neuruppin ist heute Bestandteil des Einkaufszentrums Bilderbogenpassage.

Literatur

  • Erdmute Nieke: Religiöse Bilderbogen aus Neuruppin: eine Untersuchung zur Frömmigkeit im 19. Jahrhundert,Peter Lang GmbH, Internationaler Verlag der Wissenschaften Frankfurt (Main) 2008, ISBN 978-3-631-57156-9, S. 23-26, S. 162-170
  • Adolf Spamer, Mathilde Hain: Der Bilderbogen von der "Geistlichen Hausmagd": ein Beitrag zur Geschichte des religiösen Bilderbogens und der Erbauungsliteratur im populären Verlagswesen Mitteleuropas (= Band 6 der Veröffentlichungen des Philipps-Universität Marburg Institut für Mitteleuropäische Volksforschung, A: Allgemeine Reihe), O. Schwartz Verlag 1970, S. 201f

Weblinks


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