Gynäkologie

Gynäkologie

Die Gynäkologie (gr. γυνή gyné „Frau“ und -logie), oder auch Frauenheilkunde, ist die Lehre von der Behandlung der Erkrankungen des weiblichen Sexual- und Fortpflanzungstraktes. Das entsprechende Fachgebiet für männliche Patienten ist die Andrologie, zum Teil die Urologie. Allerdings beschäftigen sich Urologen auch mit weiblichen Patienten, wenn es um Erkrankungen der Nieren, der Harnblase und der Harnröhre geht.

Im engeren Sinne befasst sich die Gynäkologie mit den Erkrankungen der nicht schwangeren Frau im Gegensatz zur Geburtshilfe. Die Frauenheilkunde ist eines von etwa 30 Teilgebieten der Humanmedizin. Die Facharzt-Ausbildung erfolgt in Deutschland immer gemeinsam mit der Geburtshilfe.

Zu den Aufgaben der Gynäkologie gehört auch die Behandlung von Erkrankungen der weiblichen Brust und die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen (Vorsorgemedizin; siehe auch Mammografie).

Inhaltsverzeichnis

Untersuchungsmethoden in der Gynäkologie

Die wichtigsten Untersuchungsmethoden der Gynäkologie sind Ultraschall (siehe Sonografie) zur Abbildung der inneren Organe (vor allem der Gebärmutter), sowie die Tastuntersuchung (Eierstöcke) und visuelle Begutachtung mittels Spekulum zur Untersuchung von Scheide und Muttermund, wobei Gewebeproben und Zellen von der Schleimhautoberfläche (Abstrich) zur Untersuchung entnommen werden können. Für Untersuchungen und Behandlungen im Bereich des Unterleibs wird die Patientin im Regelfall auf einem gynäkologischen Stuhl gelagert, damit die Geschlechtsorgane gut zugänglich sind. Im übrigen sei als wichtiges Hilfsmittel noch die Mikroskopie erwähnt: Zum Beispiel zum Nachweis einer Pilzinfektion der Vagina (Candidamycose).

Behandlungsspektrum in der Gynäkologie

Die Gynäkologie zählt zu den operativen Fachgebieten der Medizin. Einige klassische Eingriffe: Hysterektomie (Gebärmutterentfernung), Tubenligatur (Eileiterunterbindung zur Sterilisation), laparoskopische ovarielle Cystektomie (Eierstockzystenentfernung mittels Schlüssellochoperation durch die Bauchwand). Allerdings umfasst die Frauenheilkunde auch einen großen Bereich konservativer Behandlungsverfahren, wie der Hormontherapie, die Beratung und Durchführung von Maßnahmen zur Kontrazeption und die Behandlung von Paaren bei ungewollter Kinderlosigkeit.

Der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildung, von welcher mindestens drei Jahre im Stationsdienst abzuleisten sind. Anrechenbar auf diese Weiterbildungszeit sind:

  • Jeweils ein halbes Jahr Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Pathologie oder Urologie. Nach der neuen Weiterbildungsordnung von 2006 werden auch weitere Fächer wie z. B. Innere Medizin anerkannt. Zwei Jahre dürfen bei einem niedergelassenen Arzt abgeleistet werden. Zur Anmeldung zur Facharztprüfung bedarf es zudem der Erfüllung eines „OP-Katalogs“ sowie dem Nachweis selbstständig durchgeführter diagnostischer Verfahren oder von mindestens 250 selbstständig geleiteten Geburten sowie selbstständig durchgeführten Kaiserschnitten und vaginal-operativen Entbindungen. Zudem müssen alle bildgebenden Methoden der Gynäkologie und Geburtshilfe (allgemeine Sonographie, Dopplersonographie, sonographischer Fehlbildungsausschluss des Ungeborenen, urodynamische Messung, Kolposkopie, Mammographie, Zytologie, etc.) beherrscht werden. Eine Spezialisierung ist in der speziellen gynäkologischen Onkologie, speziellen Perinatalmedizin und der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin möglich. Die Spezialisierung umfasst weitere drei Jahre Fortbildung nach dem Facharzt, die frühestens ein Jahr vor dem Facharzt begonnen werden kann. Außerdem wird ein Weiterbildungskurs von 80 Stunden in psychosomatischer Grundversorgung verlangt.

Zusatzqualifikationen in der Gynäkologie

Die Zusatzqualifikationen sind nicht Teil der Facharzt- oder der Schwerpunktweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung. Sie befähigen jedoch zu bestimmten Untersuchungen oder Tätigkeiten als Weiterbilder.

  • Pränatalmedizin: In Schwerpunktpraxen für Pränatalmedizin werden in Deutschland Untersuchungen des ungeborenen Kindes und der Schwangeren durchgeführt. Hierfür ist eine Qualifizierung in der Ultraschalluntersuchung nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) der Stufen II oder III notwendig.
  • Urogynäkologie: Dieser Teil des Fachgebiets, welcher sich mit Harn- und Stuhlinkontinenz sowie Lageveränderungen der Genitalorgane beschäftigt, weist Überschneidungen zur Urologie auf und wird sowohl von Gynäkologen als auch von Urologen betrieben. Im Fachgebiet der Gynäkologie können dazu in Deutschland Qualifikationen nach den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion (AGUB) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe erworben werden.
  • Kindergynäkologie: Die Kinder- und Jugendgynäkologie befasst sich mit angeborenen und entwicklungsbedingten gynäkologischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Hier bestehen Überschneidungen zur Kinderheilkunde.
  • Senologie: Die Senologie ist die Lehre von der weiblichen Brust. Erkrankungen der weiblichen Brust werden in Deutschland in der Gynäkologie sowie der Chirurgie, insbesondere der Plastischen Chirurgie behandelt. Zur Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Diagnostik und Therapie wurden spezielle Brustzentren etabliert.
  • Minimal-invasive Chirurgie: Besondere Fähigkeiten in der laparoskopischen Chirurgie und Hysteroskopie werden nach Kriterien der Arbeitsgemeinschaft für Endoskopie in der Gynäkologie (AGE) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe nach MIC I bis III zertifiziert. Ergänzt wird das Spektrum in neuerer Zeit durch die Duktoskopie, eine Spiegelung der Milchgänge.

Es sind Strömungen innerhalb des Fachgebiets der Frauenheilkunde erkennbar, welche diese Zusatzqualifikationen als eigene Schwerpunkte in der Frauenheilkunde definieren möchten. Allerdings wird dabei von Gegnern das Risiko einer möglichen Zersplitterung der Gynäkologie befürchtet. Auch die Weiterbildung in der Frauenheilkunde wäre hierdurch erschwert, da nicht in allen Kliniken das gesamte Spektrum vorgehalten werden kann.

Organisationen

In Deutschland sind etwa 5000 Frauenärzte in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe mit ihren 21 themenbezogenen Arbeitsgemeinschaften, 8 Regionalgesellschaften und 12 deutsch-ausländische Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe und etwa 13500 im Berufsverband der Frauenärzte mit 17 Landes- und 72 Bezirksverbänden organisiert.

Statistiken

  • Am 1. Januar 2001 waren in der Bundesrepublik Deutschland 18.223 Gynäkologen registriert, von denen 10.074 niedergelassen waren. 3.408 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.
  • Die größte (an einem Standort befindliche) Frauenklinik Deutschlands ist die der Eberhard Karls Universität Tübingen: Sie hat 140 Betten und ca. 2.600 Geburten pro Jahr.
  • 1998 erzielten die Gynäkologen durchschnittlich € 100.700 Praxisüberschuss vor Steuern; in den neuen Ländern € 75.000.
  • Anfang 2001 gab es noch 68 offene Planungsbereiche.

Literatur

  • Barbara Maier: Ethik in Gynäkologie und Geburtshilfe. Entscheidungen anhand klinischer Fallbeispiele (2000)
  • Max Schad: Frauenheilkunde und Geburtshilfe bei Ettner. Diss. München 1943
  • Markus Vieten: Berufsplaner Arzt. Via medici-Buchreihe, Thieme Verlag, ISBN 3-13-116105-1
  • Patrick Voigt: Konservative und operative Gynäkologie sowie Urogynäkologie 2003 Seligenstadt am Main

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Gynäkologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Gynäkologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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