Günter Ogger

Günter Ogger

Günter Ogger (* 25. April 1941 in Ulm) ist ein deutscher Wirtschaftsjournalist, der sich besonders durch zeitgenössische Recherchen zu Missständen auf Management-Ebene und insbesondere im Kapitalsektor bei einem breiteren Publikum einen Namen gemacht hat. Günter Ogger war zuerst Redakteur bei Capital, bevor er das Technologiemagazin High Tech gründete und als Chefredakteur führte. Ogger lebt in München.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung und Inhalte

Günter Ogger absolvierte seine Ausbildung zum Journalisten bei der Rems-Zeitung in Schwäbisch Gmünd.[1], nachdem er zuvor eine Lehre als Buchhändler abgeschlossen hatte. 1971 wurde er bekannt durch seine Flick-Biographie Friedrich Flick der Große und den 1978 erschienenen historischen Wirtschaftskrimi: Kauf Dir einen Kaiser. Die Geschichte der Fugger, der für das Fernsehen verfilmt wurde. Die Fugger waren eine der bedeutendsten Handels- und Bankenfamilien des Mittelalters. Unter Jakob Fugger II gelang ihnen mit einem weit verzweigten Handelsnetz und einem europäischen Kupfermonopol der Aufstieg in die damalige internationale Hochfinanz. Jakob Fugger wurde der Bankier des Kaisers, der Päpste und der römischen Kurie. Ogger stellt Kaiser Maximilian I. fast schon als Erfüllungsgehilfen Jakob Fuggers dar und zieht in diesem Punkt Parallelen zur heutigen Zeit.

Wohl am bekanntesten dürfte der Titel seines Werkes Nieten in Nadelstreifen. Deutschlands Manager im Zwielicht aus dem Jahr 1992 sein. Der Titel ist mittlerweile zum geflügelten Wort geworden.

Sein Titel Die Ego-AG widmet sich den Themengebieten Betrug im Bankenwesen, Bilanzfälschungen in US-Unternehmen sowie allgemein dem Thema Bilanzfälschung. Hierbei unterstellt er Betrug im großen Stil – mit Summen von 100 Millionen bis mehrere Milliarden Euro –, der zum Schaden von Unternehmen, Banken sowie Anlegern geführt habe. Aspekte seiner Darlegung sind die nach Oggers Meinung teilweise wirkungslosen oder ungenügenden Kontrollmechanismen der betroffenen Systeme sowie die Folgen für die Täter, welche oft teils milde verurteilt würden, manchmal sogar noch weiter Karriere machten, oder einfach für die Justiz nicht greifbar seien.

Die Art und Weise der Thematisierung bei Ogger ist jedoch eher populärwissenschaftlich, wenn nicht sogar als populistisch, einzustufen. Wirtschaftsthemen sollen dem „einfachen Mann von der Straße“ greifbar gemacht werden. Als Beispiel sei hier der Klappentext seines Buches Die Ego-AG zitiert: „Das Geld wird knapp, das Wirtschaftsklima rau. Überall wird getrickst und getäuscht, gelogen und betrogen. Der Handwerker verlangt Teuro-Preise, Ärzte rechnen falsch ab, die Telekom schickt »aus Versehen« überhöhte Rechnungen, der Barcode zeigt an der Supermarkt-Kasse einen höheren Preis an als den am Regal. Vorstände kassieren Millionen und hintergehen ihre Aktionäre, Bilanzen werden gefälscht, Auftraggeber geschmiert. Jetzt geht es nur noch ums Durchkommen.“ Es handelt sich offensichtlich um keine wissenschaftlich-seriöse Annäherung an das Thema. Rückblickend auf das Jahr 2003, in dem das Buch auf dem Markt erschien, wissen wir heute, dass Ärzte im Jahr 2003 nicht dauernd falsch abrechneten, die Telekom im Jahr 2003 nicht ständig überhöhte Rechnungen versendete oder gar Bilanzfälschungen andauernd und im großen Stil in deutschen Unternehmen stattfanden.

Ogger thematisiert dabei Fälle in folgenden Unternehmen bzw. Instituten, mit der Betrugsart, dem Vorgangswert und den Folgen für Akteure:

  • Adelphia (TV-Kabelbetreiber) und Familie John J. Riga, Kreditgarantien und Konkurs, zunächst Verhaftungen, Strafe noch ausstehend
  • Allied Irish Banks (AIB), Börsenspekulationen, 691 Mio. Dollar, Freispruch durch Bankenchefs
  • AOL Time Warner (Medien und Internet), Bilanzmanipulation mit Anzeigen, 49 Mio. Dollar + 270 Mio. Dollar
  • Computer Associates (CA, Software), Bilanzmanipulation durch eigenes Verfahren, dadurch + 650 Mio. Dollar Umsatz und + 942 Mio. Dollar Gewinn, 23 % Aktieneinbruch durch Aufdeckung
  • Bayerische Landesbank (ca. 50 % Staatsquote in Gremien), Kreditvergaben + Bankenübernahme, 400 + 270 + 2.000 + 80 Mio. Euro, kein Einziger wurde zur Verantwortung gezogen
  • Deutsche Pfandbriefanstalt (Depfa) und GEV, Immobilienkredite, 104,5 + 30.5 Mio. DM, Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat
  • Enron, Manipulationen
  • Global Crossing (Bermuda) und Arthur Andersen (Unternehmen für Wirtschaftsprüfung), Bilanzfälschung und Konkurs, 12 Mrd. Dollar Überschuldung + 12 Mio. Dollar Beraterhonorare
  • Halliburton, (Ölausrüstung, Dick Cheney), Bilanzmanipulation, 445 Mio. Dollar, Cheney war später US-Vizepräsident
  • HSBC Republic (Monaco-Niederlassung der brit. Bank), Unterschlagung, 23 Mio. Euro, durch Revisionsabteilung erwischt
  • IBM, Manipulation (u. a. durch Pensionskasse) zur Erhöhung der Aktionärs-Ausschüttung und stiller Aktienrückkauf, Bilanzgewinn gleich, aber je Aktie von 1,80 auf 4,36, zuständiger IBM-General ist mittlerweile ausgeschieden
  • Merck & Co., Inc./Medco (US-Konzern, Kranken-Zusatz-Versicherung), Bilanzmanipulation, 12,9 Mrd. Dollar
  • Lehman Brothers (Bankhaus), gefälschte Kundenkonten, 250 Mio. Dollar, geflüchtet
  • Merrill Lynch (Investmentbank), Rat zum Aktienkauf trotz gegenteiliger Einschätzung, Schaden nicht beziffert, Bank zeitweise in Übernahmegefahr, Geldbuße von 100 Mio. Dollar für die Bank und Entlassung des Star-Analysten
  • Qwest Communications, Bilanzmanipulationen per Drehtürgeschäften, 1 Mrd. Dollar Umsatz vorgetäuscht, später 40 Mrd. Dollar Bilanzkorrektur nötig, Aktiensturz um 92 %, 17.000 Arbeitsplätze vernichtet, Verursacher kann mit Aktien und Aktienoptionen des Unternehmens 300 Mio. für sich verbuchen
  • Paine Webber (Wall-Street), Geldanlage in Konkurs-Unternehmen, 100 Mio. Dollar
  • Salomon Smith Barney (Investmenthaus) sowie Citigroup, AT&T, Worldcom und Winstar Communications, Manipulative Kaufempfehlungen durch teils vermutete Bestechung, Vorzugsaktien, Honorare (24 Mio. Dollar) Aufnahme ins Konsortium der Emissionsbanken, Millionengewinne durch AT&T-Emission sowie 39 Neu-Emissionen (90 Mio. Dollar), danach Kursabsturz
  • SchmidtBank, Ermittlungen und rechtskräftige Verurteilung wegen Bilanzfälschung, Kapitalanlagebetrug und Konkursverschleppung, 70 Mio. Euro + Unternehmenspleite
  • Sparkasse Tettenheim-Schindlar, Untreue, 593 Mio. DM, 10 Jahre Gefängnis wegen Untreue in 85 Fällen
  • Sparkasse Mannheim (heute Teil der Sparkasse Rhein Neckar Nord), Baukredite z. B. über Strohmänner für unrentable Projekte, ca. 1.000 Mio. DM, 3x Freispruch, 1x Bewährungsstrafe
  • Spectrum 7 (Öl?, George W. Bush), Konkursunternehmen für 2 Mio. Dollar verkauft, Ausstieg vor der Prüfung durch die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC, Bush war später US-Präsident
  • WestLB, Kredite für Metallhandel, 200 Mio. Dollar, Betrüger im Ausland – interne Schuldfrage ungeklärt
  • Worldcom (MCI), Manipulationen
  • Bristol-Myers Squibb (Pharma), Produktion auf Halde für größere Boni-Ausschüttungen, Umsatzkorrektur von 1 Mrd. Dollar nötig
  • Xerox, Geräteleasing als Verkauf verbucht und Boni gesteigert und möglw. Einflussnahme auf Finanzprüfer, + 6,4 Mrd. Dollar Umsatz und + 1,5 Mrd. Gewinn, 10 Mio. Dollar Strafe

Im Jahr 2005 richtete er seinen Fokus unter anderem auf den reichsten Mann Deutschlands, den er aber nur indirekt belegen kann, weil sich dieser nach Oggers Angaben sehr im Hintergrund hält, um seine Geschäfte weiterhin ungestört betreiben zu können. Ogger hat deshalb sein Werk in Romanform verfasst, um damit der gegebenen Unsicherheit Rechnung zu tragen. Laut Ogger beteiligt sich der reichste Mann Deutschlands in nicht unerheblichem Umfang an Hedge-Fonds.

Werke

Bücher (Auszug)

  • Friedrich Flick der Große, 1971
  • Kauf dir einen Kaiser. Die Geschichte der Fugger. München, Zürich: Droemer-Knaur, 1978, 400 S., ISBN 3-426-05607-0; 17. Auflage, München 1995. ISBN 3-426-03613-4
  • Das Kartell der Kassierer, 1994
  • Nieten in Nadelstreifen, 1992
  • König Kunde angeschmiert und abserviert, 1998
  • Absahnen und Abhauen - Deutschland vor dem Chaos, 1999
  • Der Börsenschwindel, 2001, ISBN 3-570-00498-8
  • Die Ego-AG - Überleben in der Betrüger-Wirtschaft, C. Bertelsmann Verlag, 2003, ISBN 3-570-00663-8;
  • Der Absturz. Roman. München: Bertelsmann, 2005, 414 S., ISBN 3-570-00854-1
  • Die Abgestellten, 2007

Film

Tonträger (Auszug)

Einzelnachweise

  1. Geschichte der Rems-Zeitung, abgerufen am 29. April 2009

Weblinks


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