Hausfrau und Mutter

Hausfrau und Mutter
Hausfrau in der DDR 1966

Als Hausfrau oder Hausfrau und Mutter wird im deutschen Sprachraum eine Frau bezeichnet, die vorrangig in Haus- und Familienarbeit tätig ist. Der Begriff Hausfrau und Mutter impliziert zudem, dass sie Kinder erzieht. Bei der Verwendung der Begriffe wird meist vorausgesetzt, dass sie nicht erwerbstätig ist, oder nur in Teilzeit[1] erwerbstätig ist. Vielfach wird der Begriff enger gefasst und setzt voraus, dass überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, wobei aber ehrenamtliche und freiwillige Tätigkeiten nicht ausgeschlossen werden.

Für eine Frau, die sich der Haus- und Familienarbeit widmet und nicht erwerbstätig ist, werden auch die Begriffe Vollzeit-Hausfrau[2] oder Vollzeit-Hausfrau und Mutter verwendet.[3] Als weibliches Rollenmodell einer ausschließlichen Tätigkeit in Haushalt und Familie wird die Rolle auch als Nur-Hausfrau beziehungsweise Nur-Hausfrau und Mutter bezeichnet;[4][5] der Ausdruck „nur“ wird vielfach als abwertend interpretiert und kritisiert.

Mit Bezug auf die DDR wird bisweilen von einem Modell der „Auch-Hausfrau“ gesprochen, in Abgrenzung zum gleichzeitig in Westdeutschland vorherrschenden Modell der „Nur-Hausfrau“.[6] Wenn eine Mutter sich in der DDR entschied, ganztägig zuhause zu bleiben, geschah dies bisweilen aus einer bewussten, gesellschaftlich aber gering geschätzten Entscheidung, „die eigenen Kinder der staatlichen Erziehung und bzw. oder sich selbst einer Vergesellschaftung innerhalb des Berufs zu entziehen“.[7]

Im amerikanischen Englisch ist für eine Hausfrau und Mutter der Ausdruck „stay-home-mom“ (bleibt zu Hause Mama) üblich, wobei dies eine ausschließliche Arbeit in Haushalt und Familie impliziert; im Französischen sagt man „mère de famille“ (Familienmutter).

Inhaltsverzeichnis

Statistik

Anteil der nicht erwerbstätigen Mütter in verschiedenen Ländern (aufgeschlüsselt nach Frauen mit Kindern im Vorschulalter und Frauen mit Kindern im Schulalter):

Land jüngstes Kind <6 jüngstes Kind 6-17 Bemerkung
Dänemark[8] 26 %
Deutschland[9] 47 %
Frankreich[10] 41 %
Vereinigte Staaten[11] 37,2 % 22,1 % Frauen mit Kindern unter 1 Jahr: 46 %; Stand: 2003

Hintergrund

Im traditionellen bürgerlichen Familienmodell, das zwischen einer „männlichen“ außerhäuslichen Welt und einer „weiblichen“ häuslichen Welt unterschied, bildete die Hausfrau und Mutter das notwendige weibliche Gegenstück zum männlichen „Versorger“. In dem Maße, in dem in den Industriestaaten der westlichen Welt dieses Familienmodell moderneren und egalitären Konzepten weicht und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem für Frauen – und zunehmend auch für Männer − zu einem Generations-prägenden Thema wird, verliert das Konzept der Hausfrau und Mutter einen Großteil seiner bisherigen Selbstverständlichkeit.

Bis in die 1960er galt in Deutschland gemäß dem Leitbild der Familienpolitik die Rolle der Hausfrau und Mutter als der „natürliche Beruf der Frau“.[12] So hieß es in der in der Einführung zum Gleichberechtigungsgesetz von 1957: „Es gehört zu den Funktionen des Mannes, dass er grundsätzlich der Erhalter und Ernährer der Familie ist, während die Frau es als ihre vornehmste Aufgabe ansehen muss, das Herz der Familie zu sein.“[5]

Die wachsende Erwerbstätigkeit von Frauen ist ein Phänomen, das in allen reichen westlichen Ländern beobachtet werden kann. Die Rolle der Hausfrau und Mutter ist hier heute nur noch eine von vielen Optionen, zwischen denen Frauen wählen können. Zu den Besonderheiten des deutschen Sprachraums jedoch zählt die Tendenz, die Rolle der Hausfrau und Mutter nicht nur als eine im Einzelfall besonders unattraktive Option zu empfinden, sondern als grundsätzlich obsolet. Historisch belastet ist das Hausfrauenkonzept im Deutschland und Österreich durch die Frauenpolitik im Nationalsozialismus. Darüber hinaus muss das schlechte Image der nicht erwerbstätigen Mutter jedoch auch vor dem Hintergrund verstanden werden, dass die Bedingungen der weiblichen Erwerbstätigkeit in Deutschland und Österreich auch in der Gegenwart noch nicht den Standard mancher anderen Länder (wie in Skandinavien oder Frankreich) erreicht haben.

In den Vereinigten Staaten war die Unzufriedenheit von Frauen mit College-Ausbildung, denen in den 50er Jahren nahegelegt wurde, ihre persönliche Erfüllung allein in der Rolle als Hausfrau und Mutter zu suchen, das was Betty Friedan "das Problem ohne Namen"[13] nannte, einer der Ausgangspunkte für die zweite Welle der Frauenbewegung.

Heute, da sogar Mütter von Säuglingen mehrheitlich erwerbstätig sind, wird in den USA nicht das Image der stay-at-home-mom (engl. für „Mutter, die zu Hause bleibt“) als problematisch empfunden, sondern vor allem die Tatsache, dass mit der fehlenden Berufstätigkeit der Frau auch ein Einkommen entfällt.[14]

Einzelnachweise

  1. Christine von Oertzen: Teilzeitarbeit und die Lust am Zuverdienen: Geschlechterpolitik und gesellschaftlicher Wandel in Westdeutschland 1948–1969, nhoeck & Ruprecht, 1999, ISBN 3-525-35795-8. S. 117.
  2. Hartmut Häussermann, Walter Siebel, Jens Wurtzbacher: Stadtsoziologie: Eine Einführung, Campus-Verlag 2004, ISBN 3-593-37497-8. S. 203.
  3. Susanne Frank: Stadtplanung im Geschlechterkampf, VS Verlag, 2003, ISBN 3-8100-3853-9. S. 337
  4. Hartmut Häussermann, Walter Siebel, Jens Wurtzbacher: Stadtsoziologie: Eine Einführung, Campus-Verlag 2004, ISBN 3-593-37497-8. S. 203.
  5. a b Claudia Pinl: Uralt, aber immer noch rüstig: der deutsche Ernährer. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 44/2003). Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 21. Mai 2008.
  6. Gunilla-Friederike Budde: Frauen der Intelligenz: Akademikerinnen in der DDR 1945 bis 1975, Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3525351437, 9783525351437. S. 311
  7. Babett Bauer: Kontrolle und Repression: individuelle Erfahrungen in der DDR, 1971-1989 : historische Studie und methodologischer Beitrag zur Oral History, Vandenhoeck & Ruprecht, 2006, ISBN 3525369077, 9783525369074 S. 130
  8. http://www.dbresearch.com/servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u21674597
  9. http://www.dbresearch.com/servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u21674597
  10. http://www.dbresearch.com/servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u21674597
  11. Postpartum Health of Employed Mothers 5 Weeks After Childbirth; Maternity Leave Policies and Women’s Employment after Childbirth (pdf); Working Mothers and Child Care; Child Care
  12. Christiane Kuller: Familienpolitik im Föderativen Sozialstaat: Die Formierung eines Politikfeldes in der Bundesrepublik 1945–1975, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2004, ISBN 3-486-56825-6. S. 76
  13. "Betty Friedan, der weiblichkeitswahn oder die selbstbefreiung der frau. Ein Emanzipationskonzept, Reinbek bei Hamburg 1970, S. 17ff.
  14. The myth of the stay-at-home mom: Many can't or won't leave jobs; What is Mom worth? Working Mom vs. Stay-at-Home-Mom salaries; The real price of stay-at-home mom (engl.)

Siehe auch

Literatur

Sozialwissenschaftliche Literatur
  • Angela Barron McBride: Das normalverrückte Dasein als Hausfrau und Mutter. Befreiung von der Mutter-Ideologie. Rowohlt, Reinbek 1982, ISBN 3-499-16962-2.
  • Rosemarie Nave-Herz: Frauen zwischen Tradition und Moderne (Theorie und Praxis der Frauenforschung; 18). Kleine Verlag, Bielefeld 2000, ISBN 3-89370-156-7.
  • Beate Wimmer-Puchinger, Barbara Fuchs: Hausfrau und Mutter - Rolle und Realität. Normative Einstellungen und Erwartungshaltungen von Frauen und Männern. Kammer f. Arbeiter u. Angestellte f. Wien, 1998, ISBN 3-7063-0139-3.
Stereotypenforschung
  • Lothar Ulsamer, Cordula Ulsamer, Wilhelm Hahn: Als Dummchen am Herd diffamiert. Die Hausfrau und Mutter. Die „Bunte“ käut die „stern“-Thesen der 70er Jahre wieder (Perspektiven; 30). Verlag Ulsamer, Esslingen 1985, ISBN 3-922241-17-4.

Filme

  • L’aggettivo donna, Annabella Misuglio, Italien 1971, Dokumentarfilm - Kritik des Patriarchats in Italien. L’aggettivo donna analysiert die doppelte Ausbeutung der Arbeiterinnen, die Isolation der Hausfrauen und die Abrichtung der in die Schulen einsperrten, von den anderen Menschen getrennten Kindern.

Weblinks


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