Haushaltsplan

Haushaltsplan

Unter einem Haushaltsplan versteht man in der Finanzwissenschaft den Vergleich von erwarteten Einnahmen und Ausgaben (Kameralistik) bzw. Erträgen und Aufwendungen (Doppik) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Kommune, Land oder Bund. Mit der Aufstellung von Haushaltsplänen steuern die Parlamente, Kreistage und Gemeinderäte der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände) sowie die Sondervermögen die Finanzen ihrer Körperschaft. In der Schweiz ist der Begriff Haushaltsplan unüblich, stattdessen ist hierfür Budget gebräuchlich. In Österreich wird auch von Finanzgebarung gesprochen.

In Körperschaften des öffentlichen Rechts spricht man von einem Gemeindehaushalt, Kreishaushalt, Landeshaushalt, Bundeshaushalt oder Staatshaushalt. Für Gemeinden laufen Experimente, den Haushalt in Abstimmung mit den Bürgern zu erstellen (Bürgerhaushalt). Nach der Art der Einnahmen und Ausgaben unterscheidet man Verwaltungs- und Vermögenshaushalt.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Haushaltspläne haben in aller Regel den Rang eines Gesetzes, sie sind jedoch keine Gesetze im materiellen Sinne, da sie grundsätzlich keine Außenwirkung entfalten; sie gelten in Verbindung mit Vergaberichtlinien als hinreichende Rechtsgrundlage für die Vergabe von Subventionen. Haushaltspläne geben für einen bestimmten Zeitraum (ein Kalenderjahr) die Zielgrößen für die Einnahmen und Ausgaben vor. Besonders die Ausgaben spielen dort eine wichtige Rolle und werden nach ihrem Verwendungszweck differenziert. Die Festlegungen im Haushaltsplan sind für die ausführende Verwaltung verbindlich. Damit ist der Haushaltsplan beispielsweise für das Parlament oder den Gemeinderat wichtig zur Steuerung der Staatsfinanzen. Dabei sind sogenannte Haushaltsgrundsätze zu berücksichtigen. Bei jeder Dienststelle gibt es einen Beauftragten für den Haushalt. Dieser wird häufig Kämmerer genannt. Die Gesamtheit der Vorgänge im Kontext des Haushaltsplans wird als Haushaltswirtschaft bezeichnet.

Deutschland

Bundeshaushaltsplan

Landeshaushaltspläne

Die gesetzliche Grundlage für den Haushalt der Bundesländer ist in den jeweiligen Landeshaushaltsordnungen (LHO) geregelt.

Der Landeshaushaltsplan wird im Rahmen eines Haushaltsgesetzes verabschiedet. Landeshaushaltspläne sind in Einzelpläne untergliedert. Einzelpläne werden hierbei i.d.R. für das Landesparlament, den Ministerpräsidenten, die einzelnen Ministerien, den Landesrechnungshof und die Allgemeine Finanzverwaltung gebildet. Darüber hinaus können weitere Einzelpläne eingerichtet werden. Eine bundeseinheitliche Gliederung von Landeshaushaltsplänen in Einzelpläne existiert nicht.

Die Landeshaushaltspläne der 16 deutschen Bundesländer basieren derzeit (Stand: Haushaltsjahr 2010) ausnahmslos auf der Kameralistik. Die Bundesländer Bremen, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen stellen ihr Haushalts- und Rechnungswesen derzeit allerdings auf die Doppik um, weshalb auf mittlere Frist voraussichtlich auch auf Landesebene doppische Haushaltspläne anzutreffen sein werden.

Kommunale Haushaltspläne

In Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verankert. Der Kerngegenstand des kommunalen Haushaltswesens ist das Erfüllen von Aufgaben. Diese Aufgaben leiten sich von der Selbstverwaltungsgarantie ab. Zu den elementaren Rechten der Selbstverwaltungsgarantie für die Gemeinden zählen die kommunale Finanzhoheit und die Abgabenhoheit. In NRW konnten 2006 98 Gemeinden keinen genehmigten Haushalt vorlegen.

Im Gegensatz zum Bund und den meisten Ländern wird künftig der überwiegende Teil der Kommunen in Deutschland den Haushaltsplan nicht nach kameralen, sondern nach doppischen Regeln aufstellen. Der kommunale Haushaltsplan gliedert sich in der Doppik in den Ergebnis- und den Finanzhaushalt. Diese sind ihrerseits in einzelne Teilergebnis- bzw. Teilfinanzhaushalte unterteilt. Dem Haushaltsplan ist ein Stellenplan und ggf. ein Haushaltssicherungskonzept beizufügen.

Im Unterschied zu den Haushaltsplänen von Bund und Ländern werden kommunale Haushaltspläne nicht im Rahmen eines Haushaltsgesetzes, sondern im Rahmen einer Haushaltssatzung verabschiedet.

Österreich

In Österreich sind für die Haushalts- und Wirtschaftsführung die Begriffe finanzielle Gebarung und Budget üblich.

Das Bundesministerium für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Rechnungshof die Form und die Gliederung der Voranschläge und der Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) insoweit regeln, als dies zur Vereinheitlichung notwendig ist. Die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) war erstmals für das Finanzjahr 1976 anzuwenden und regelt das Ansatz- und Postenverzeichnis. Beim Postenverzeichnis ist eine Regelung nach den Grundsätzen der doppischen Buchhaltung vorgesehen (Österreichischer Einheitskontenrahmen des Kuratoriums für Wirtschaftlichkeit).

Schweiz

In der Schweiz wird der Haushaltsplan (SOLL) als Budget bezeichnet, während die Darstellung des Abschlusses (IST) als Rechnung figuriert.

Für die Darstellung von Budget und Rechnung wird stets dieselbe Struktur gewählt, um Vergleichbarkeit sicherzustellen. Grundsätzlich sind die Kantone in ihrer "Staatsrechnung" frei bei der Wahl der Darstellung. Allerdings besteht seit den ausgehenden 70er Jahren eine informelle Vereinbarung, dass Gemeinden und Kantone ein harmonisiertes Modell mit einem standardisierten Kontenplan verwenden (so genanntes Harmonisiertes Rechnungsmodell der Kantone und Gemeinden). Der tatsächliche Umsetzungsgrad dieses Modells betrug im Jahr 2000 etwa 90 % der Gemeinden und sämtliche Kantone. Das Modell ist ein accrual accounting and budgeting Modell, d.h. es erfasst die Finanzvorfälle mit zeitlicher Abgrenzung. Damit unterscheidet es sich wesentlich vom kameralistischen Modell Deutschlands. Es wird ferner immer unterschieden zwischen laufender Rechnung/Erfolgsrechnung (mit wiederkehrenden Vorgängen) sowie Investitionsrechnung (mit einmaligen Investitions-Vorhaben). Dies zeitraum-bezogen, in Abgrenzung zur Bilanz.

Auf Bundesebene wurde mit Wirkung per 1. Januar 2007 ein neues Rechnungsmodell eingeführt, das sich ebenfalls am accrual accounting orientiert. Richtschnur bilden die International Public Sector Accounting Standards (IPSAS), von denen allerdings in einzelnen Fällen begründet abgewichen wird.

Als Beispiel für die historische Entwicklung eines Schweizer Staatshaushaltes sei derjenige des Kantons Solothurn herangezogen. Im Jahr 1895 hatte dieser Kanton (dies ohne die Gemeinde-Haushalte) Staatseinnahmen von 1,9 Millionen Schweizerfranken. 1938 dann waren es 18,1 Millionen Franken und 2007 1830 Millionen Franken. Dieser gewaltige Anstieg in der Nachkriegszeit war natürlich nicht nur teuerungsbedingt, sondern zum klar größeren Teil durch reales Wachstum der Volkswirtschaft bedingt.[1]

Namibia

Hauptartikel: Haushalt von Namibia

Vereinigte Staaten

Europäische Union

Unter Haushalt der Europäischen Union wird die Ein- und Ausgabenordnung der EU verstanden. Die EU verfügt auch über eigene Einnahmen, doch im Unterschied zu einem Staat hat sie keine Finanzhoheit, das heißt sie hat nicht das Recht, Steuern und Abgaben zu erheben. Der Haushalt der EU ist per definitionem ausgeglichen: es gibt im Gegensatz zu staatlichen Ebenen kein Haushaltsdefizit oder einen -überschuss. Dabei ist der Haushalt im Vergleich zur nationalen und regional/kommunalen Ebene relativ klein.[2] 2011 beläuft sich das Haushaltsvolumen der EU gemessen an den Ausgaben auf 126,5 Mrd. Euro.[3]

Im Haushalt der Europäischen Union werden die Einnahmen und Ausgaben jährlich für das folgende EU-Haushaltsjahr neu festgelegt. Der Haushalt ist in ein System eines sog. mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) eingebunden (früher: Finanzielle Vorausschau). Die Europäische Union legt den verbindlichen finanziellen Rahmen für den Haushalt in einem Mehrjahreszeitraum fest. Er wird auf Grundlage eines Vorschlags der Europäischen Kommission vom Rat, der in diesem Fall einstimmig entscheidet, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament vereinbart und in eine sog. Interinstitutionelle Vereinbarung überführt. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist der MFR in Art. 312 AEUV verankert. Der Rat beschließt den MFR danach in einem besonderen Gesetzgebungsverfahren einstimmig bei Zustimmung der Mehrheit des Europäischen Parlaments. Der aktuelle MFR gilt für den Zeitraum von 2007 bis 2013. Anfang 2011 will die Europäische Kommission einen Vorschlag für die Periode nach 2013 vorlegen.[4]

Siehe auch

Weblinks

Deutschland:

Österreich:

Schweiz:

Europäische Union

Einzelnachweise

  1. Amt für Finanzen: Der Kanton Solothurn in Zahlen, 2008
  2. vgl. aktuelle Diskussion zum EU-Haushalt
  3. vgl. http://ec.europa.eu/budget/figures/2011/2011_de.cfm
  4. EU-Haushalt im Detail - Verabschiedung des Haushalts
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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Synonyme:

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