Hauyn

Hauyn
Hauyn
Haüyn im Muttergestein Bims in ungewöhnlicher Größe von ca. 2 cm
Chemische Formel Na5-6Ca2[(SO4,Cl)2|Al6Si6O24]
Mineralklasse Silikate und Germanate
9.FB.10 (8. Aufl.: VIII/J.11-30) (nach Strunz)
76.2.3.3 (nach Dana)
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse hexakistetraedrisch \bar{4}3m [1]
Farbe blau, braun, gelb, grau, grün, grünblau, rot, weiß
Strichfarbe hellblau bis bläulich-weiß
Mohshärte 5,5 bis 6
Dichte (g/cm³) 2,4 bis 2,5
Glanz Fettglanz, Glasglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch muschelig
Spaltbarkeit vollkommen nach {110}, {011} und {101}
Habitus würfelig, rhombendodekaedrisch
Häufige Kristallflächen
Zwillingsbildung häufig nach [111]
Kristalloptik
Brechzahl n = 1,494 bis 1,509 [2]
Weitere Eigenschaften
Ähnliche Minerale Sodalith, Nosean, Lasurit
Besondere Kennzeichen Gelegentlich Fluoreszenz

Haüyn (eingedeutscht auch Hauyn, veraltet Hauynit, Aussprache [ha'ɥi:n]) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Silicate (und Germanate). Er kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Na5-6Ca2[(SO4,Cl)2|Al6Si6O24] [3] und entwickelt meist nur millimetergroße Kristalle von überwiegend blauer Farbe. In seltenen Fällen wurden aber auch schon weiße, braune, gelbe, graue, grüne, grünblaue und orangerote Haüyne gefunden.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Haüyn gehört als Mitglied der Sodalithgruppe zu den Foiden. Das Mineral ist transparent bis durchscheinend, hat eine Mohshärte von 5,5 bis 6 und eine Dichte von 2,4 g/cm³. Die chemische Zusammensetzung von Haüyn ist schwer zu ermitteln, da es sich zumeist um komplexe Mischkristalle zwischen verschiedenen Gliedern der Sodalithgruppe (hauptsächlich Sodalith, Nosean und Lasurit) handelt. Daher werden in der Literatur unterschiedliche chemischen Formeln genannt, neuere Quellen geben sie idealisiert als Na3Ca(Si3Al3)O12(SO4) an. [4]

Gelegentlich zeigt sich unter langwelligem UV-Licht gelborange und unter kurzwelligem UV-Licht rosa bis rotorange Fluoreszenz.

Etymologie und Geschichte

Haüyn wurde erstmals im Jahre 1807 vom Monte Somma in Italien beschrieben. Er ist nach dem französischen Mineralogen René-Just Haüy (1743-1822) benannt.

Klassifikation

In der alten (8. Auflage) und neuen Systematik der Minerale (9. Auflage) nach Strunz gehört der Haüyn zur Abteilung der „Gerüstsilicate (Tektosilicate)“. Die neue Strunz'sche Mineralsystematik unterteilt diese Abteilung noch weiter, so dass sich das Mineral jetzt in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit weiteren Anionen“ befindet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Haüyn in die „Sodalite group“ (Sodalith-Gruppe) der Abteilung „Tectosilicate Al-Si Framework Feldspathoids and related species“ (Gerüstsilicate mit Al-Si-Gerüst, Feldspate und verwandte Mineralarten) ein. [5]

Bildung und Fundorte

Haüyn bildet sich in SiO2-untersättigten (siliciumarmen, alkalischen) Vulkaniten während der Spätphase der magmatischen Differentiationsfolge. Bei explosiven vulkanischen Eruptionen wird es aus der Tiefe der Erdkruste heraus geschleudert. Der Fallout enthält vulkanische Aschen, Bims, Tuff und Schlacke.

"Edle", das heißt für die Schmuckindustrie verwertbare und facettierbare Haüyne werden vor allem in den Aschen und Bimsschichten gefunden, die das Umfeld des Laacher Sees bedecken.

In Deutschland wurde Haüyn bisher außer im Bereich des Laacher See-Vulkans in der Eifel auch noch bei Andernach, Bad Breisig, Daun, Gerolstein, Hillesheim, Mayen, Mendig, Niederzissen und Polch gefunden. Die besten Fundstellen befinden sich in der Umgebung der Städte Mendig und Nickenich. Obwohl kleinere Hauyne noch überall in der Laacher See Region gefunden werden können, kann man Steine von höherer Qualität nur noch in wenigen Gruben finden. Die momentan (2009) beste Hauyn-Quelle ist die kommerzielle Sandgrube "In den Dellen" in der Nähe der Stadt Nickenich. Hier wurden alle möglichen blauen Farbvarianten des Hauyn in allen Größen finden, und möglicherweise sogar einen zweiten, facettierbaren 5-Karäter.

Weltweite Fundorte sind unter anderem Badakhshan in Afghanistan; Armenien; die Insel Tasmanien in Australien; am Fluss Napo in Ecuador; Auvergne und Rhône-Alpes in Frankreich sowie die französische Kolonie Tahiti; Tunu in Grönland; verschiedene Regionen in Italien; Nunavut und Québec in Kanada; die Steiermark in Österreich; die nördlichen Regionen von Russland; die Kanarischen Inseln sowie Katalonien in Spanien; Dalarna und Uppland in Schweden; sowie in mehreren Staaten der USA. [6]

Morphologie

Normalerweise findet man Hauyn als sehr kleine (ca. 1 bis 2 mm), abgerundete Stücke. Kristalle über 5 mm sind nur sehr selten zu finden. Hauyn ist nur selten in vollkommenen Kristallen zu finden. Normalerweise sind die einzelnen Kristalle mit anderen Mineralien zusammen gewachsen.

Struktur

Haüyn kristallisiert im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe \ P \bar 4 3 n mit dem Gitterparameter a = 9,1097 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle. [1] [7]

Verwendung

Haüyn, mehrere facettierte Steine ca. 1-2 mm groß

Obwohl die Typlokalität der Monte Somma am Vesuv in Italien ist, stammen die bisher gefundenen Haüyne in der begehrten neonblauen Farbe und in Schmucksteinqualität aus der Eifel. Internationale Quellen erwähnen immer wieder auch weiße, graue, gelbe, grüne, violette oder rote Hauyne. Hauyn in Bims ist heller und kleiner (1 bis 2 mm) als in basaltischen Lapilli (< 5 mm).

Nur transparente, fehlerfreie und intensiv gefärbte Haüynkristalle werden geschliffen und zu Schmucksteinen verarbeitet. Aufgrund der in mehreren Achsrichtungen des Kristalls vollkommenen Spaltbarkeit reagiert der Stein auf alle Arten von Druck (Schleifen, Fassen, Ultraschallreinigen) und Wärmeänderungen (Löten, Punktlichtstrahler) sehr empfindlich [8]. Der Wert eines facettierten Haüyns steigt demnach umso mehr, je größer er ist. Zukünftig können Hauyne noch zusätzlich im Wert steigen, da die wenigen noch existierenden deutschen Gruben nur noch für eine überschaubare Zeit existieren. Der Hauptgrund liegt darin, dass mehr und mehr alte Eifelvulkane als schützenswerte Naturdenkmäler angesehen werden und somit nicht mehr von Sammlern oder Bergbaubetrieben "angegraben" werden können.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Webmineral - Hauyne (englisch)
  2. MinDat - Haüyne (englisch)
  3. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN ISBN 3-921656-17-6. 
  4. IMA/CNMNC List of Mineral names - Haüyne (engl., PDF 1,79 MB, S. 114)
  5. Webmineral - New Dana Classification of Tektosilicates Tectosilicate Al-Si Framework (englisch)
  6. MinDat - Localities for Haüyne (englisch)
  7. American Mineralogist Crystal Structure Database (engl., 1991)
  8. Edelstein-Knigge - Hauyn (Die dortige Schreibweise Hayn ist ein Schreibfehler)

Literatur

  • Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Verlags GmbH, 1976/1989, ISBN 3-405-16332-3, S. 43, 56, 240. 

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Haüyn — Hauyn Haüyn im Muttergestein Bims in ungewöhnlicher Größe von ca. 2 cm Chemische Formel Na5 6Ca2[(SO4,Cl)2|Al6Si6O24] Mineralklasse Silikate und Germanate …   Deutsch Wikipedia

  • Hauyn — Hauyn, Mineral, krystallisirt im tesseralen System, meist in Dodekaëdern, häufig erscheint er in einzeln eingewachsenen krystallinischen Körnern, Bruch flachmuschlig bis uneben, spröde, Härte 5–6, specifisches Gewicht 2,4–2,5; himmelblau,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Hauyn — (Nosean), ein Mineral der Nephelingruppe, isomorphe Mischung eines schwefelhaltigen Natrontonerdesilikats und eines analog zusammengesetzten Kalktonerdesilikats, kristallisiert regulär, findet sich aber häufiger in kristallinischen Körnern,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Hauyn — Hauyn, ein Mineral, Kalk Natron Tonerde Silikat und Kalk Natron Sulfat 3Na2CaAl2Si2O8 + (Na2Ca)SO4, von Nosëan nur durch höheren Kalkgehalt unterschieden. Kristallisiert regulär. Meist blau, selten grün, rot oder farblos; glas bis fettglänzend,… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Haüyn — Haüȳn, reguläres Mineral, himmelblau oder farblos und dann oft mit schwarzer Rinde; besteht aus Kieselsäure, Tonerde, Natrium und Schwefelsäure und ist oft kalkhaltig (Nosean). Es findet sich nur in jungvulkanischen Gesteinen …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Haüyn —   [ha ɥiːn; nach R. J. Haüy] der, s/ e, Mineral, Feldspatvertreter aus der Gruppe des Sodalith.   …   Universal-Lexikon

  • Hauynit — Hauyn Haüyn im Muttergestein Bims in ungewöhnlicher Größe von ca. 2 cm Chemische Formel Na5 6Ca2[(SO4,Cl)2|Al6Si6O24] Mineralklasse Silikate und Germanate 9.FB.10 (8. Aufl.: VIII/J.11 30) (nach …   Deutsch Wikipedia

  • Nosean — Einkristall (1mm) mit typischer Kopfform aus Wannenköpfe bei Ochtendung in der Eifel Chemische Formel Na8[SO4|(AlSiO4)6] bzw. Na8(Al6 …   Deutsch Wikipedia

  • Lasurit — in weißem Marmor mit etwas Pyrit aus Ladjuar Medam, Distrikt Sar e Sang, Badachschan, Afghanistan (Größe: 7,5 x 5,9 x 3.9 cm) Andere Namen Lasurstein englisch: Lazurite (Cyanus) …   Deutsch Wikipedia

  • Foidgestein — Foyaite sind eine Gruppe von Plutoniten, die den Syeniten nahe stehen und eine differenzierte mineralische Zusammensetzung aufweisen. Einzelne Sorten sind hochdekorativ und werden für besondere Gestaltungszwecke eingesetzt. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”