Hebesatz (Steuerrecht)

Hebesatz (Steuerrecht)

Der Hebesatz ist im Gemeindesteuerrecht die Bezeichnung für einen Faktor, der zur Ermittlung der Steuerschuld mit dem Steuermessbetrag multipliziert wird. In Deutschland ist ein Hebesatz bei der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) und der Grundsteuer (§ 25 GrStG) vorgesehen. Er ist somit ein Instrument, mit dem die Gemeinden in Deutschland die Höhe der ihnen zustehenden Gemeindesteuern beeinflussen können. Dieses Recht ist Teil der verfassungsrechtlich abgesicherten Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz).

Inhaltsverzeichnis

Festsetzung

Es gibt drei Hebesätze:

  • Hebesatz Grundsteuer A (für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft)
  • Hebesatz Grundsteuer B (für die meisten anderen Grundstücke)
  • Hebesatz der Gewerbesteuer

Die Gemeindevertretung beschließt die Höhe des jeweiligen Hebesatzes.[1] Der Steuermessbetrag wird mit bindender Wirkung für die Gemeindevertretung durch die Finanzverwaltung ermittelt. Bei einem höheren Hebesatz erhält die Gemeinde mehr Steuereinnahmen, setzt sich jedoch der Gefahr aus, dass sie für Gewerbebetriebe (bei der Gewerbesteuer), für Landwirte (Grundsteuer A) oder für Gebäudeeigentümer (Grundsteuer B) unattraktiver im Vergleich zu anderen Gemeinden wird.

Die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer werden regelmäßig in der kommunalen Haushaltssatzung für ein Haushaltsjahr (= Kalenderjahr) festgelegt, können also jedes Jahr geändert werden. Sie werden als "Vomhundertsätze" bezeichnet, sind also als Prozent zu verstehen. Beträgt ein Hebesatz beispielsweise 350 %, so wird der Steuermessbetrag mit 3,5 multipliziert.

2009 lag der Hebesatz der Gewerbesteuer in den meisten Gemeinden bei 250-400 %. Der niedrigste Hebesatz betrug 200 % (das gesetzliche Minimum), einige hundert Gemeinden verlangen über 400 %. Der Hebesatz Grundsteuer A liegt meist bei 250-350 %, der Hebesatz Grundsteuer B etwa bei 250-400 %, wobei hier viele Gemeinden niedrigere Sätze erheben.[2] Aktuell erhebt die Gemeinde Dierfeld mit 900% den höchsten Hebesatz in Deutschland.

Mindesthöhe

Nach Änderung des Gewerbesteuergesetzes im Dezember 2003 sind die Gemeinden seit 2004 verpflichtet, bei der Gewerbesteuer mindestens einen Hebesatz von 200 zu erheben (§ 16 Abs. 4 S. 2 GewStG: Der Hebesatz „beträgt 200 vom Hundert, wenn die Gemeinde nicht einen höheren Hebesatz bestimmt hat.“) Damit sollen sogenannte Gewerbesteueroasen (siehe Norderfriedrichskoog) verhindert werden. Meistens sind die Hebesätze von Großstädten höher als die im Umland. München hat z. B. einen Hebesatz von 490 %, die Hebesätze der Gemeinden im Umland liegen zwischen 240 % (Grünwald) und 350 % (bspw. in Olching).[3]

Dem Bundesverfassungsgericht wurde die Frage vorgelegt, ob den Kommunen eine Mindestgrenze für den Gewerbesteuerhebesatz vorgeschrieben werden darf. Der 2. Senat hat am 27. Januar 2010 unter den Aktenzeichen „2 BvR 2185/04“ und „2 BvR 2189/04“ entschieden, die Klagen zurückzuweisen. Die Regelung sei durch Art. 105 Abs. 2 GG (Vorrang der Bundesgesetzgebung bei bestimmten Steuern) in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG (Vorrang der Bundesgesetzgebung, wenn es die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erfordert) gedeckt.[4]

Quellen

  1. Gewerbesteuer - Berechnung und Gewerbesteuerhebesatz, Informationen zur Berechnung des Hebesatzes
  2. Realsteuervergleich - Realsteuern, kommunale Einkommen- und Umsatzsteuerbeteiligungen -, Destatis, Fachserie 14 Reihe 10.1 - 2009, S. 11
  3. Hebesätze der Realsteuern, Ausgabe 2010, Destatis
  4. Entschluss des Bundesverfassungsgerichts zu 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04

Weblinks


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