Heinrich Dandolo

Heinrich Dandolo

Enrico Dandolo (* 1107; † 21. Juni 1205) war der 41. Doge von Venedig. Er regierte von 1192 bis 1205. In seine Amtszeit fiel der Vierte Kreuzzug.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Dandolo entstammte der prominenten venezianischen Familie der Dandolo, die insgesamt vier Dogen gestellt hat: Außer Enrico die Dogen Giovanni Dandolo, Francesco Dandolo und Andrea Dandolo. Zwei Frauen der Familie waren mit Dogen verheiratet, Giovanna Dandolo mit Pasqual Malipiero und Zilia Dandolo mit Lorenzo Priuli.
Enricos Vater Vitale war ein enger Berater des Dogen Vitale II. Michiel, ein Onkel, der ebenfalls Enrico hieß, war der Patriarch von Grado. Diese Männer wurden beide alt, so dass der junge Enrico bis zu seinen sechziger Jahren in ihrem Schatten stand. Seine Enkelin Anna Dandolo war mit dem serbischen König Stefan Nemanjić verheiratet.

Leben

Erste politische Erfahrungen

Dandolos erster Auftritt auf der politischen Bühne fand 1171 und 1172 statt, als die byzantinische Regierung zuerst den Besitz Tausender von Venezianern konfiszierte und sie anschließlich einkerkerte (vgl. venezianische Wirtschaftsgeschichte). Durch den aufgebrachten Volkswillen hatte sich der Doge zunächst gezwungen gesehen, Truppen für eine Vergeltungsexpedition zu sammeln. Diese fiel jedoch, durch die Pestepidemie im Frühjahr 1171 dezimiert, auseinander. Stattdessen wurden Dandolo und ein anderer Botschafter zu Verhandlungen nach Konstantinopel geschickt.

In den folgenden Jahren reiste Dandolo noch zweimal in diplomatischer Mission zu König Wilhelm II. von Sizilien und 1183 nochmals nach Konstantinopel, um mit Kaiser Manuel I. Komnenos über die Wiederherstellung des venezianischen Viertels in der Stadt zu verhandeln. Der Legende zufolge soll Kaiser Manuel I. Komnenos befohlen haben, den Botschafter Venedigs zu blenden, eine Qual, die auch beispielsweise die byzantinischen Kaiser Alexios V. und Isaak II. traf.

Wahl zum Dogen

Er war 85 Jahre alt (oder zumindest in den späten Siebzigern), als er 1192 ins Amt kam und zudem blind, aber körperlich und intellektuell außergewöhnlich leistungsfähig. 1202 strandeten die Kreuzfahrer des Vierten Kreuzzuges in Venedig und waren nicht in der Lage, die vielen von Venedig angemieteten Schiffe zu bezahlen, da sich weit weniger Truppen als erwartet hatten anwerben lassen. Dandolo erkannte, dass der einzige Weg, die Schiffe vorteilhaft zu nutzen, darin lag, ein venezianisches Kontingent auf den Kreuzzug zu schicken.

In einer ergreifenden und Aufsehen erregenden Zeremonie in der Basilika San Marco nahm Dandolo das Kreuz. Bald folgten Tausende Venezianer seinem Beispiel. Dandolo stellte sich rasch an die Spitze der venezianischen Kreuzzugsbewegung.

Zadar und Konstantinopel

Ursprünglich war die direkte Überfahrt nach Ägypten geplant, Dandolo überzeugte die Truppen jedoch, in der dalmatinischen und früher zeitweilig von Venedig kontrollierten Hafenstadt Zadar, die unter kroatisch-ungarischer Herrschaft stand, zu landen. Viele Kreuzfahrer ahnten, was er vorhatte und verweigerten ihre Hilfe. Andere ließen sich von Dandolos Versprechen, dass ihre während der Wartezeit in Venedig angehäuften Schulden getilgt würden, überzeugen. Der Papst Innozenz III. verbot den Angriff und exkommunizierte das gesamte Kreuzfahrerheer dafür.

Grabmal für Enrico Dandolo

Zara wurde belagert (s. Belagerung von Zara) und am 15. November 1202 erobert und schwer verwüstet. Kurz danach traf Alexios Angelus, Sohn des abgesetzten byzantinischen Kaisers Isaak II., in der Stadt ein und überzeugte die Anführer der Kreuzfahrer mit Dandolos Hilfe, Konstantinopel zu belagern. Sein Plan war, hierdurch auf den Thron des byzantinischen Reiches zu gelangen. Als Konstantinopel schließlich am 12. April 1204 fiel, war Dandolo direkt beteiligt. Er war noch rüstig genug, um an einer Expedition gegen die Bulgaren teilzunehmen und starb 1205. Er ist in der Hagia Sophia in Konstantinopel beigesetzt; sein Grab ist noch heute erhalten, auch wenn man es wegen seiner Kleinheit leicht übersieht.

Erblindung

Es ist nicht bekannt, wann und auf welche Weise Dandolo erblindete. Einer nach dem Vierten Kreuzzug kursierenden (und von manchen Historikern akzeptierte) Erzählung zufolge wurde er während seiner Mission 1171 von den Byzantinern geblendet. Wahrscheinlicher aber geschah es infolge einer Kopfverletzung zwischen 1176 und seinem Antritt des Dogenamtes 1192.

Bilder

Literatur

  • Thomas F. Madden: Venice and Constantinople in 1171 and 1172: Enrico Dandolo’s Attitude towards Byzantium. In Mediterranean Historical Review 8, 1993, S. 166–185.
  • Thomas F. Madden: Enrico Dandolo and the Rise of Venice. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2003, ISBN 0-8018-7317-7.
  • Karl-Hartmann Necker: Dandolo. Venedigs kühnster Doge Enrico Dandolo. Wien 1999.
  • Gerhard Ellert: Der blinde Löwe von San Marco. (Roman) Speidel Verlag, Wien 1966

Weblinks


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