Heinrich Theodor von Schön

Heinrich Theodor von Schön

Heinrich Theodor von Schön (* 20. Januar 1773 in Löbegallen oder Schreitlauken, Kreis Tilsit; † 23. Juli 1856 auf Gut Arnau bei Königsberg, Ostpreußen) war ein preußischer Staatsmann.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft

Theodor von Schön wurde als drittes von sechs Geschwistern einer alten Domänenpächterfamilie geboren. Seine Mutter war Johanna Dorothea geb. Dallmer aus Plicken in der Nähe von Memel (gestorben am 22. Oktober 1815 in Obstainen) und sein Vater Johann Theodor von Schön (1744-1796), Amtsrat in Schreitlaucken. Sein Großvater Gottfried Theodor von Schön (1704-1770) war bereits Kriegrat und Domänenpächter des Guts Schreitlaucken in der Nähe von Heydekrug. Zu seinen Vorfahren väterlicherseits gehören auch Johannes Schön, der bei der Belagerung von Kaunas durch den Deutschritterorden 1362 fiel sowie Hans Schön, der in der Schlacht bei Tannenberg (1410) fiel.

1802 heiratete er Lydia Auerswald (1785-1807), die Tochter eines Rittergutsbesitzers aus Marienwerder. Nach dem Tod seiner Frau 1808 heiratete er Amalie von Langenau.

Jugend und Ausbildung

Die ersten 16 Lebensjahre verbrachte Schön in Schreitlaucken. Er wurde von Hauslehrern ausgebildet. Ab 1788 besuchte er die juristische Fakultät in Königsberg und widmete sich daneben bei dem mit seinem Vater befreundeten Immanuel Kant eingehenden philosophischen Studien. Nach dem Ende des Kurses wechselte er zu den Staatswissenschaften über, weil er merkte, dass ihm die Rechtswissenschaften nicht lagen. Von 1792 bis 1793 absolvierte er ein praktisches Jahr im Domänenamt Tapiau.

1793 trat Schön als Referendar an der Königsberger Kriegs- und Domänenkammer in preußische Staatsdienst und wurde in die Freimaurerloge in Königsberg aufgenommen. 1795 wurde er Kammerassesor am Hof in Berlin. 1796 legte er dort das Große Staatsexamen ab.

Politischer Werdegang

1796 unternahm Heinrich Theodor Schön eine Bildungsreise durch Deutschland sowie 1798 nach England und Schottland führte. Diese Reise hinterließ ihm einen bleibenden Eindruck: „Durch England wurd ich erst ein Staatsmann“. Nach seiner Rückkehr 1799 nahm er seine Arbeit an der Kriegs- und Domänenkammer in Bialystok auf. Diese Stadt hatte jahrhundertelang zum Großfürstentum Litauen gehört und war bei der letzten polnischen Teilung an Preußen gefallen. 1802 wurde Schön geheimer Finanzrat im Generaldirektorium zu Berlin. 1806 folgte er dem königlichen Hof nach Königsberg. Er verfasste ein Gutachten über die Erbuntertänigkeit, dessen Inhalt in das von Stein erlassene Gesetz zur Abschaffung der Leibeigenschaft, dem so genannten Oktoberedikt von 1807, einging. Auch Steins „Politisches Testament“ gehört dem Entwurf nach Schön an. Nach Steins Rücktritt trat Schön in die neu gebildete Regierung als Leiter des staatswirtschaftlichen Departements ein, legte jedoch seine Stelle nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon bald nieder und schloss sich den Reformern an, deren Ziel es war, den Staat über soziale und Verwaltungsreformen zu stärken und vor dem Untergang zu bewahren.

Schön kehrte nach Königsberg zurück und übernahm 1809 das Regierungspräsidium in Gumbinnen, das er bis mit zwei kurzen Unterbrechungen bis 1816 führte, und widmete sich trotz der schwierigen Kriegszeiten mit Erfolg der Verwaltung seines Bezirks. Als 1813 bald nach dem Abschluss des Yorckschen Waffenstillstandes russische Truppen in die Provinz Preußen einrückten und drohten, die östlichen Teile zu besetzen, trat Schön dem entgegen und veranlasste Stein, die Zurückberufung des Generals Paulucci zu bewirken. Am 15. Mai 1813 wurde Schön Generalgouverneur des Landes zwischen der Weichsel und der russischen Grenze, dann Mitglied des Verwaltungsrates der von den Alliierten besetzten deutschen Provinzen, kehrte aber im Mai wieder in seine vorige Stellung nach Gumbinnen zurück, bis er durch König Friedrich Wilhelm III. 1816 zum Oberpräsidenten von Westpreußen und nach der Zusammenlegung mit Ostpreußen 1824 der ganzen Provinz Preußen mit Sitz in Königsberg ernannt wurde.

Beim Thronwechsel 1840 war die Provinz Preußen die erste, die die preußische Verfassungsfrage erneut anstieß. Schön unterstützte dies durch seine Denkschrift „Woher und wohin?“. Er wurde unter Beibehaltung seines Postens als Oberpräsident zum Staatsminister ernannt und wiederholt nach Berlin berufen. Doch stimmten seine freisinnigen, streng philosophischen Ansichten so wenig mit denen von Friedrich Wilhelm IV. überein, dass er 1842 aus dem Staatsdienst ausschied. 1848 amtierte Schön als Symbolfigur der Reformzeit als Alterspräsident bei der ersten Sitzung der preußischen Nationalversammlung.

Der König ernannte ihn zum Burggrafen von Marienburg, dessen Schloss er zu restaurieren begonnen hatte. Schön lebte seitdem auf seinem 1827 erworbenen Gut Arnau bei Königsberg, wo er am 23. Juli 1856 starb.

Der Ort seiner letzten Ruhe war viele Jahrzehnte unbekannt. Seine Frau und Tochter wurden unter einem Granitblock, dessen Verbleib unbekannt ist, begraben.

1993 wurde bei Aufräumarbeiten an der Arnauer Katharinenkirche die Familiengruft derer von Schön gefunden. Nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten wurde Theodor von Schön wieder bestattet und ein Granitblocks mit deutscher und russischer Inschrift als Grab- und Gedenkstätte errichtet. [1]

Noch im Jahr der Verabschiedung Theodor von Schöns in den Ruhestand organisierten sich seine Anhänger und suchten nach Wegen, seine Verdienste in Preußen zu würdigen. Die Liste umfasste mehr als tausend Namen. Zu seinem 70. Geburtstag errichtete der Kreis seiner Verehrer in Königsberg einen Obelisken neben der Kunstakademie.

Bei der Aufstellung des Denkmals für Borussia in Memel wurde aus seine Büste neben anderen sieben preußischen Berühmtheiten aufgestellt. Der Obelisk wurde von den Nazis 1943 vermutlich aus politischen Gründen entfernt. Über den Verbleib der Büste in Memel ist nichts bekannt.

Kontakt mit Napoleon

In der Autobiographie von Theodor von Schön ist ein Gespräch mit Napoleon erwähnt, das während dessen Aufenthaltes in Gumbinnen, vor dem Angriff auf Russland, geführt wurde. Napoleon interessierte sich für die Verwaltung und Geschichte des Landes: „Darauf ging er in die Geschichte von Preußen über, fragte nach mehreren Umständen über die Eroberung des Landes von Seiten des deutschen Ordens und behauptete, daß die alten Preußen Slawen gewesen sein müßten. Dem erlaubte ich mir nun gänzlich zu widersprechen. Der Kaiser wollte seine Meinung nicht fallen lassen, und verwies mich am Ende auf die Landkarte, wo die Lage des Landes den Beweis für seine Meinung gebe. Ich wiederholte, daß unsere Nachrichten das Gegenteil ergeben, und daß die alten Preußen ein von den Slawen ganz verschiedener Urstamm gewesen wären“.

(Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schön, Halle 1875 S. 4)

Nach diesem Gespräch sei ein Kammerherr Napoleons auf Theodor von Schön zugegangen und hätte ihn gebeten, das Datum zu nennen, wann der Orden das Land erobert habe.

(w.o. S. 75)

Napoleon wollte das für seinen Russlandfeldzug magazinierte Getreide von Bialystok nach Kaunas transportieren und dort mahlen lassen, in der Annahme, daß es dort Mühlen gebe. Von Schön ließ ihn wissen, daß dort nicht ausreichend Mühlen vorhanden seien.

(w.o. S. 73-74)

Insgesamt stand er Frankreich eher kritisch gegenüber. Er äußerte in einem Brief 1812:

Wir hassten die asiatische Apathie nicht weniger, als die französische Despotie.“

(w.o. S. 85)

Von Schön und sein „geliebtes Litthauen“

Theodor von Schön richtete die erste öffentliche Bibliothek der Region in Gumbinnen ein und regte die Herausgabe der ersten regionalen Zeitung „Intelligenzblatt für Litthauen“ an. Das „Wörterbuch der Littauischen Sprache“, von Georg Heinrich Ferdinand Nesselmann 1851 veröffentlicht, war ihm gewidmet.

1811 wurde das Lehrerseminar in Karalene bei Insterburg während seiner Regierungszeit gegründet. Dort wurden auch Lehrer für die litauischen Volksschulen ausgebildetund bis 1882 Kurse für die litauische Sprache angeboten. Die Pflege der litauischen Sprache in Schulen und Ämtern während der Regierungszeit Schöns wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Ähnliches galt für den Erhalt des litauischen un polnischen Seminar an der Universität Königsberg im Rahmen der Bildungsreform 1809.

Nach Absetzung von Schöns gab es sofort Versuche, die litauische Sprache aus den Schulen zu entfernen. Von Schön setzte trotz Meinungsverschiedenheiten mit dem amtierenden Schulrat Dinter den Lehrer Eduard Gisevius als Lehrer am Tilsiter Gymnasium ein, der am 1. April 1825 seine Tätigkeit aufnahm. Bald durfte er auch im Gymnasium Litauisch unterrichten. In der Folge engagierte sich Gisevius für den Erhalt der litauischen Sprache in den Schulen. Gisevius klagte beim König über die Absetzung der litauischen Sprache als Unterrichtsfach in den Schulen und erwirkte die Rücknahme dieser Verordnung. Erst 1873 wurde die litauische Sprache als Unterrichtsfach endgültig aus den Schulen verbannt.

Literatur

  • Theodor von Schön: Persönliche Schriften. Band 1: Die Autobiographischen Fragmente. Herausgegeben von Bernd Sösemann, bearbeitet von Albrecht Hoppe. Köln (Böhlau) 2006
  • Annaberger Annalen über Litauen und Deutsch-Litauische Beziehungen Nr. 12, 2004 ISSN 1614-2608
  • Leyde, E.: Der Staatsminister von Schön. Mohrungen und Königsberg
  • Sembritzki, J.: Der Oberpräsident von Schön und die Stadt Memel, In: Altpreußische Monatsschrift, 1900
  • Alice Klausa: Sehnlich erwarte ich die morgende Post. Amalie und Theodor von Schöns Briefwechsel aus dem Befreiungskrieg (1813). Köln (Böhlau) 2005

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kirchspiel Kraupischken - Breitenstein: »Die Heimat im Herzen«, Nachruf für Beate Volkerding / Von Dr. Sigurd Zillmann, auf http://www.tilsitragnit.de/breitenstein/brpers_beatevolkerding1.html [19. November 2007]
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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