Heinrich Wilhelm Stieglitz

Heinrich Wilhelm Stieglitz

Heinrich Wilhelm Stieglitz (* 22. Februar 1801 in Arolsen, Hessen; † 23. August 1849 in Venedig) war ein deutscher Lyriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heinrich Wilhelm Stieglitz wurde als Sohn des vermögenden jüdischen Kaufmanns Jakob Stieglitz geboren. Heinrich war Neffe des Arztes Johann Stieglitz und des Bankiers Ludwig Stieglitz. Nach der Taufe (1814) und dem Besuch des Gymnasiums in Gotha (1817) besuchte Stieglitz ab dem Frühjahr 1820 die Universität Göttingen. Der Genuss der akademischen Freiheiten dort wurde in der Folge durch Vermögensverluste seines Vaters eingeschränkt, die ihn zwangen, seiner Ausbildung ein Ziel zu geben. Dieses fand er durch seinen Lehrer Bouterweck, der sein Interesse für die Antike weckte. Ein Studentenlied politischen Inhalts bei einem Kommers der Studentenschaft führte jedoch 1822 zunächst zu seiner Relegation von der Göttinger Universität. Er setzte seine Studien an der Universität Leipzig bei Hermann und Spohn fort; in Leipzig lernte er Ende 1822 auch seine spätere Frau Charlotte Willhöft (1806–34) und deren Familie kennen. Durch sein erstes Werk[1] machte er 1823 die Bekanntschaft von Jean Paul, Ludwig Uhland und Goethe. Ab 1824 studierte er in Berlin und wurde von August Boeckh, Hegel und Friedrich von Raumer als seinen Lehrern beeinflusst.

Nach der Promotion 1826 fand er Anstellungen an der Königlichen Bibliothek und einem Berliner Gymnasium und konnte so 1828 Charlotte Willhöft heiraten. Die Ehe der beiden war jedoch zeitlebens durch die Widersprüche in der Person von Heinrich Stieglitz, der zwischen der Notwendigkeit bürgerlicher Existenz und ersehnten dichterischen Ansprüchen schwankte, tragisch gekennzeichnet. 1833 gab er die Anstellung als Custos der Bibliothek auf und reiste mit seiner Frau zu seinem Onkel Ludwig Stieglitz, der ihn finanziell unterstützte, nach Russland, 1834 nach Kissingen. Auch der tragisch frühe Tod seiner Frau beflügelte seine Schaffenskraft in keiner Weise qualitativ. Diese hatte den Freitod gewählt, um damit der Schaffenskraft ihres Mannes Auftrieb zu geben und diesen damit zu der dichterischen Leistungsstärke zu motivieren, die er als Lebensziel für sich in Anspruch nahm. Bei aller Anstrengung gelang es ihm auch in der Folge nicht, an seine ersten Werke anzuknüpfen und dem eigenen Anspruch an sich selbst gerecht zu werden. Nach dem Tod seiner Frau lebt er 1836–38 in München, anschließend in Venedig, von wo aus er nach Dalmatien (1839), Neapel, Rom und Florenz reist.

Nach der Blockade von Venedig im Jahr 1848 verstarb er 1849 an der Cholera und wurde erst 1850 an der Seite seiner Frau auf dem Friedhof II der Sophienkirchgemeinde in Berlin beerdigt.

Werke

  • gemeinsam mit Ernst Ludwig Große: Gedichte zum Besten der Griechen, 1823.
  • Bilder des Orient, 1831–33.
  • Stimmen der Zeit, 1833.
  • Dionysosfest, eine lyrische Tragödie, 1836.
  • Bergesgrüße
  • Gruß an Berlin, ein Zukunftstraum, 1838
  • Ein Besuch auf Montenegro, 1841.
  • Istrien und Dalmatien-Briefe und Erinnerungen. Verlag Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845
  • Erinnerungen an Rom, 1848.
  • Venedigs Auf- und Niedergang
  • Louis Curtze: Briefe von Heinrich Stieglitz an Charlotte (1823–28). Brockhaus, Leipzig 1859.
  • Erinnerungen an Charlotte, hrsg. von Louis Curtze, Marburg 1863.
  • Selbstbiographie, hrsg. von Louis Curtze, Verlag Perthes, Gotha 1865 (Online verfügbar)

Literatur

  • Friedrich Kummer: Stieglitz, Heinrich Wilhelm August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 177–180.
  • Klaus Doderer: Heinrich Stieglitz. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. 74. Bd., 1955. S. 185–190.
  • Ludwig Geiger: Heinrich und Charlotte Stieglitz. In. L.G.: Dichter und Frauen. Vorträge und Abhandlungen. Berlin 1896.
  • Karl Gutzkow: Cypressen für Charlotte Stieglitz (1835). In: Berlin – Panorama einer Weltstadt IV.: „Aus dem literarischen Berlin“.
  • Petra Hartmann: Die Rosskur der Charlotte Stieglitz. In: P.H.: Zwischen Barrikade, Burgtheater und Beamtenpension. Bielefeld 2009. S. 9–47.
  • Susanne Ledanff (Hrsg.): Charlotte Stieglitz. Geschichte eines Denkmals. Frankfurt/M. und Berlin 1986.
  • Werner Leibbrand: Der Selbstmord der Charlotte Stieglitz. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift 50, 1934.
  • Wolfgang Promies: Der ungereimte Tod, oder wie man Dichter macht. Zum 150. Todestag von Charlotte Stieglitz. In: Akzente. Zeitschrift für Literatur. Hrsg. v. Michael Krüger. 32. Jg., 1985.
  • Lynne Tatlock: Grim Wives’ Tales: Mundt’s Stieglitz, Stieglitz’ Goethe. In: Monatshefte für deutschen Unterricht, deutsche Sprache und Literatur. Bd. 82, Nr. 4, 1990. S. 467–486.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gedichte zum Besten der Griechen.

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