Heinz Nordhoff

Heinz Nordhoff

Heinrich Nordhoff (* 6. Januar 1899 in Hildesheim; † 12. April 1968 in Wolfsburg) war ab 1948 Generaldirektor (Geschäftsführer) der Volkswagenwerk GmbH bzw. Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG (ab 1960) und maßgebend für den Aufbau des Unternehmens.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nordhoff war der zweite von drei Söhnen eines Privatbankiers. [1]. Die Familie zog 1911 nach Berlin, wo er an der TH Berlin-Charlottenburg Maschinenbau studierte. Hier wurde er aktives Mitglied der Katholischen Studentenverbindung Burgundia im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine,[2] der er bis zum Tode treu blieb. Nach einer ersten Station beim BMW-Flugmotorenbau ging er zu General Motors (GM). Dort stellte er Opel-Kundendiensthandbücher zusammen und arbeitete zum besseren Verständnis der Materie in den Ferien auch am Band. Eine daraufhin von GM finanzierte Reise in die USA diente zum Studium der Produktions- und Vertriebsmethoden bei General Motors, von dem er später als VW-Chef noch profitierte. Ende der 1930er Jahre wurde er Vorstandsmitglied bei Opel. Ab Juli 1942 war er Leiter des 1935 gebauten Opel-Lkw-Werkes in Brandenburg (Havel) und damit auch Wehrwirtschaftsführer. Das Werk wurde am 6. August 1944 durch einen britischen Luftangriff zerstört – eine Produktion nach der Wiederherstellung bis 1945 fand dort nicht mehr statt.

Im Zuge eines Entnazifizierungsverfahrens musste Nordhoff im Oktober 1945 seinen Vorstandsposten niederlegen. Im Spruchkammerverfahren wurde er, obwohl anfangs als Hauptschuldiger eingruppiert, am 31. Januar 1947 als entlastet eingestuft. Nordhoff war nach 1945 Geschäftsführer der Opel-Generalvertretung Ernst Dello & Co. in Hamburg, da durch seine Position als Führungskraft der Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschen Reich eine Weiterbeschäftigung bei der Adam Opel AG für die amerikanische Politik nicht in Frage kam. Für die Briten stellte dies jedoch kein Hindernis dar, und nach einem ersten Kontakt mit Ivan Hirst, Offizier bei der britischen Kontrollkommission und nach 1945 kommissarischer Leiter des Volkswagenwerks in Wolfsburg, unterschrieb Nordhoff im November 1947 den Vertrag bei VW.[3]

Am 1. Januar 1948 wurde er Nachfolger von Hermann Münch als Generaldirektor.[4][5] Der erfahrene Techniker baute das Werk in den folgenden zwei Jahrzehnten zur umsatzstärksten Automobilfabrik Europas aus. In seiner Ära wurden das brasilianische und südafrikanische VW-Werk errichtet. Kritisch wird an seiner Tätigkeit gesehen, dass er zu lange am luftgekühlten Boxermotorkonzept des Käfers mit allen seinen Nachteilen festhielt und keine marktfähigen Alternativen entwickeln ließ. Während andere Hersteller schon frühzeitig Fahrzeuge mit raumökonomisch und finanziell günstigeren quer eingebauten Reihenmotoren und Frontantrieb bauten, fußte das VW-Programm (so z. B. die Baureihen VW Typ 3 und VW Typ 4) noch Anfang der 1970er Jahre auf der, wenn auch genialen, Konstruktion Ferdinand Porsches aus den 1930er Jahren.

Im Januar 1968 präsentierte Nordhoff eine Palette von 36 verschiedenen Prototypen, die die Entwicklungsabteilung konstruiert hatte, um daraufhin zu erklären: „Der Stern des Käfers leuchtet unvermindert hell, und Sie können Tag für Tag selber beobachten, welche Lebenskraft in diesem Auto steckt, das man häufiger totgesagt hat als irgendeines jener Konkurrenzmodelle – Modelle, an die sich heute niemand mehr erinnert“. Und in einem anderen Gespräch: „Wir sind arm und Amerika ist reich. Deutschland sollte deshalb dorthin folgen, wohin VW es führt – und nicht umgekehrt“.[6]

Der erste Schritt in eine neue Ära jenseits von Luftkühlung und Heckmotor war der VW K70, der nach der Übernahme von NSU fast unverändert, aber eben als VW und nicht als NSU im Herbst 1970 von Nordhoffs Nachfolger Kurt Lotz vorgestellt wurde. Finanzieller Erfolg stellte sich allerdings erst mit der Adaption von Audi-Technik in den Modellen Passat und Golf ein.

Heinrich Nordhoff starb im Alter von 69 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes. Nach seinem Tod wurde er Wolfsburgs erster Ehrenbürger – die Straße am Mittellandkanal gegenüber dem VW-Werk trägt seinen Namen.

1959 heiratete Ernst Piëch, einer der Enkel Ferdinand Porsches, Nordhoffs jüngste Tochter Elisabeth.

Literatur

  • Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Nordhoff, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 342 f.
  • Heidrun Edelmann: Heinz Nordhoff und Volkswagen. Ein deutscher Unternehmer im amerikanischen Jahrhundert. Göttingen 2003.
  • Hans Mommsen, Manfred Grieger: Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, ECON Verlag, Düsseldorf 1996, ISBN 3-430-16785-X
  • Karl Aloys Schenzinger, Heiner Simon, Anton Zischka: Heinz Nordhoff. München: Andermann, 1969 (unkritische Hagiographie)
  • Heinrich Nordhoff: Reden und Aufsätze, Zeugnisse einer Ära. Econ-Verlag, 1992

Einzelnachweise

  1. Sloninger, Jerry: Die VW Story, Seite 82f., Motorbuch Verlag Stuttgart 1981, ISBN 3-87943-737-8.
  2. Heinrich Nordhoff in: Burgundia 1853-1928, Joseph Oppenhoff (Hrsg.), Aachen, 1928.
  3. Bernd Wiersch: Die Käfer-Chronik, Die Geschichte einer Autolegende. S.111, 2. Auflage. Delius Klasing, Bielefeld, ISBN 978-3-7688-1695-3.
  4. Hans Mommsen, Manfred Grieger: Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, S. 974, Econ Verlag, Düsseldorf 1996.
  5. http://www.volkswagen-media-services.com/medias_publish/ms/content/de/features/2005/01/28/kaefer_zwischen_konsum.standard.gid-oeffentlichkeit.html
  6. Sloninger, Jerry: Die VW-Story, S. 170, Motorbuch Verlag Stuttgart 1981, ISBN 3-87943-737-8.

Weblinks


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