Heißleiter

Heißleiter

Heißleiter oder NTC-Widerstände (engl. Negative Temperature Coefficient Thermistors) sind elektrische Widerstände mit einem negativen Temperaturkoeffizienten, das heißt dass sie bei hohen Temperaturen Strom besser leiten als bei tiefen Temperaturen. Das Gegenteil von Heißleitern sind Kaltleiter (PTC-Widerstände), die bei geringer Temperatur besser leiten und einen positiven Temperaturkoeffizienten haben.

Heißleitendes Verhalten zeigen reine Halbleitermaterialien, Verbindungshalbleiter und verschiedene andere Legierungen. Bauteile, bei denen speziell das temperaturabhängige Verhalten ausgenutzt wird, bestehen üblicherweise aus mit Bindemitteln versetzten, gepressten und gesinterten Metalloxiden. Dazu gehören Oxide von Mangan, Nickel, Kobalt, Eisen, Kupfer oder Titan. In der Regel kommen Drähte aus einer Platinlegierung zum Einsatz, um perlenförmige NTCs zu kontaktieren. Sie werden beim Sintern der Perle mit dem NTC-Material verbunden. Andere Bauformen, wie Scheiben, SMD-Chips oder zylindrische Sonden, werden mit metallisierten Oberflächen geliefert.

Heißleiter in Perlen-Bauform

Inhaltsverzeichnis

Austauschbarkeit

Da als Basismaterialien keine Reinstoffe, wie z.B. bei Platinsensoren, zur Verfügung stehen, ist die Kennlinie in hohem Maß von Verunreinigungen abhängig. Dazu kommt die Notwendigkeit eines reproduzierbaren Misch- und Sinterprozesses. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten haben den NTCs in ihrer Anfangszeit den Ruf eingebracht, wegen ihrer Chargenabhängigkeit für seriöse Messaufgaben völlig unbrauchbar zu sein.

Bei Austauschbarkeit geht es um die Abweichung der Messwerte von unterschiedlichen Sensoren des gleichen Typs für einen definierten Messbereich. Der amerikanische Hersteller YSI erreicht bei seiner Serie 46000 über die Messspanne von 0 °C bis 70 °C eine Austauschtoleranz von ±0,05 K. Das heißt, dass die Abweichung der Kennlinie unterschiedlicher Thermistoren dieser Serie bei allen Temperaturen zwischen 0 °C und 70 °C so eng toleriert ist, dass die im Messgerät einprogrammierte Kurve bei einem Sensortausch nicht geändert werden muss. Üblicher jedoch sind Toleranzen um die ±0,2  K bis hin zu ±1,0 K bei Massenanwendungen.

Sensorwerte

Die Werteangaben eines Sensors beschreiben den elektrischen Widerstand bei einer Raumtemperatur von 25 °C:

  • „NTC 10k“ bedeutet einen Widerstand von 10  bei 25 °C
  • „NTC 12k“ bedeutet einen Widerstand von 12  bei 25 °C

Die unterschiedlichen Sensoren sind nicht austauschbar. Eventuell ist in der Auswerteschaltung der Temperaturunterschied elektronisch auszugleichen.

Die Dissipationskonstante eines NTC (Zerstreuungskonstante) gibt die Leistung an, die erforderlich ist, um die Masse des Heißleiters um 1 K gegenüber seiner Umgebungstemperatur zu erwärmen (Eigenerwärmung). Die Einheit ist W/K.

Einsatzbereich

Schaltzeichen eines NTCs

Der übliche Einsatzbereich liegt zwischen −80 °C und +250 °C, also einem Temperaturbereich, der für viele Automatisierungsaufgaben, Temperaturmessung an elektronischen Bauteilen oder Messaufgaben in der Medizintechnik, Biotechnologie und der Lebensmittelproduktion ausreicht. Aufgrund der hohen Auflösungsmöglichkeiten werden hochwertige NTCs auch verstärkt in Luft-und Raumfahrt sowie bei Herstellern von Messgeräten verwendet.

Es gilt näherungsweise:

R_\mathrm{T} = R_\mathrm{N} \cdot \mathrm{e}^{B\left({1 \over T} - {1 \over T_\mathrm{N}}\right)} \quad \Leftrightarrow \quad T = {B \cdot T_\mathrm{N} \over B + \mathrm{ln} \left( \frac{R_\mathrm{T}}{R_\mathrm{N}} \right) \cdot T_\mathrm{N} }

mit

B = {E_\mathrm{A} \over k_\mathrm{B}}

Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:

B ist eine Materialkonstante und wird vom Hersteller ebenso wie der Nennwiderstand im Datenblatt angegeben.

Das Temperatur-Widerstandsverhalten eines NTC lässt sich auch durch die Steinhart-Hart-Gleichung beschreiben:

1/T = a + b \cdot \ln R + c (\ln R)^3

Anwendungen

Einschaltverzögerung mit NTC

Heißleiter werden beispielsweise zur Begrenzung von Einschaltströmen angewandt. Ein Heißleiter in der Zuleitung eines elektrischen Geräts ist vor dem Einschalten kalt, leitet somit schlecht und verringert den Einschaltstrom (Sanftanlauf). Nach dem Einschalten erwärmt er sich durch den Stromfluss sehr schnell und verliert seinen hohen Anfangswiderstand. Zusätzlich kann man den NTC nach wenigen Millisekunden mit einem Relais kurzschließen, damit er sich abkühlen kann. Das verlängert seine Lebensdauer und man erreicht später auch bei kurzen Ausschaltpausen eine sofortige Wiederbereitschaft.

Bei besseren Lichterketten mit vielen in Serie geschalteten Lämpchen liegt parallel zu jedem Lämpchen ein Heißleiter. Normalerweise fließt so wenig Strom durch diesen Heißleiter, dass er kalt bleibt. Falls aber ein Lämpchen durchbrennt, fließt der komplette Strom durch den Heißleiter, dieser erwärmt sich und verringert seinen Widerstand. Deshalb sinkt die Spannung am Heißleiter so weit, dass die anderen Lämpchen fast normal leuchten. Damit wird vermieden, dass bei der Serienschaltung alle Lämpchen stromlos werden, wenn eines davon durchbrennt.

Heißleiter, rechts: URDOX-Widerstand

Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung wurden bereits bei Geräten mit Elektronenröhren im Heizkreis bei Serienheizung eingesetzt, um die Heizfäden der Röhren und ggf. den Eisen-Wasserstoff-Widerstand beim Einschalten vor dem Durchbrennen zu schützen. Es waren sog. URDOX-Widerstände (Heißleiter aus Urandioxid, siehe rechts im Bild).

In Schaltnetzteilen (auch in Computernetzteilen) werden Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung eingesetzt, um das Auslösen der Sicherung beim Laden der darin befindlichen großen Kondensatoren zu verhindern.

Heißleiter können auch als Temperatursensoren in Widerstandsthermometern oder zur Temperaturkompensation elektronischer Schaltungen eingesetzt werden. Im KFZ werden Heißleiter z. B. als Motortemperaturfühler verwendet.

Heißleiter zu Kontrollzwecken werden oft mit einem temperaturstabilen Widerstand in Serie an eine konstante Spannung geschaltet. So kann man zur Auswertung die Spannung am dadurch entstandenen Spannungsteiler messen. Ist die Speisespannung nicht konstant, kann man den NTC über eine Konstantstromquelle speisen, um anhand des Spannungsabfalles dessen dazu proportionalen Widerstand zu messen. Bei Temperaturmessungen muss die Eigenerwärmung durch den Strom kontrolliert bzw. berücksichtigt werden.

Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung können nicht parallel geschaltet werden, um eine Last einzuschalten, die nur einen der NTC überfordern würde. Physikalisch spricht man von einem labilen Gleichgewicht – wegen P=U²/R steigt die Wärmeleistung mit steigender Temperatur, und das bereits wärmere Bauteil erwärmt sich noch weiter. In der Folge übernimmt einer der Heißleiter fast den gesamten Strom. Eine Reihenschaltung ist jedoch möglich, wenn es darum geht, die Hochlaufzeit zu vergrößern.

Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung sind durch ihren Kaltwiderstand und durch ihr Einschaltvermögen (oft angegeben als maximale Kondensatorlast) spezifiziert.

Weblinks

 Commons: NTCs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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