Herzarrhythmie

Herzarrhythmie
12-Kanal-EKG mit Herzrhythmusstörung (Sinusrhythmus mit bimorphen ventrikulären Extrasystolen)

Unter einer Herzrhythmusstörung (Abk.: HRS, auch Arrhythmie von griechisch ἄρρυϑμος „unrhythmisch“) versteht man eine Störung der normalen Herzschlagfolge, verursacht durch nicht regelrechte Vorgänge bei der Erregungsbildung und -leitung im Herzmuskel. Die physiologischen Veränderungen im Herzryhthmus werden als Herzfrequenzvariabilität bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Einteilung der Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen werden meist nach ihrem Entstehungsort (Vorhof, Kammer, Erregungsbildung und -leitungsystem) unterteilt. Weitere Unterteilungsmöglichkeiten sind nach der

  • Geschwindigkeit des resultierenden Herzschlages (bradykarde oder tachykarde Rhythmusstörungen),
  • Gefährlichkeit entsprechend gut oder bösartige, potentiell lebensbedrohliche Rhythmusstörungen,
  • Entstehung als angeboren (zusätzlich Leitungsbahnen, Herzmuskelerkrankungen, Ionenkanalerkrankungen) oder erworben (ischämisch, Verdickung des Herzmuskels, Vergrößerung der Herzhöhlen) Störung.

Vorhof (supraventrikuläre Rhythmusstörungen)

Erregungsleitungssystem
(schematisch, beim Menschen)

1 Sinusknoten - 2 AV-Knoten

Wichtige Strukturen sind in der
Grafik verlinkt

AV-Knoten Sinusknoten His-Bündel Rechter Vorhof Aorta Rechter Tawara-Schenkel Linsanteriorer Faszikel Linksposteriorer Faszikel Rechter Ventrikel Linker Ventrikel VentrikelseptumErregungsleitungssystem
Über dieses Bild

Kammer (ventrikuläre Rhythmusstörungen)

Erregungsbildungs- und Leitungssystem

Symptome

Herzrhythmusstörungen kommen häufig vor. Gesunde bemerken manchmal ein Herzstolpern (Palpitationen) oder kurzzeitiges Aussetzen des Herzschlags verursacht durch Extraschläge. Herzrasen wie bei schnellem Vorhofflimmern oder bei einer AVNRT wird häufig als regelmäßiges oder unregelmäßiges Klopfen "bis in den Hals" beschrieben. Ist ein Herz vorgeschädigt, kann sich, bedingt durch die zu hohe Herzfrequenz, eine bestehende Herzschwäche verschlechtern. Dies kann sich beispielsweise durch Luftnot äußern. In ausgeprägten Fällen kann ein Lungenödem resultieren. Auch Herzschmerzen (Angina pectoris) können vorkommen sowie eine Verschlechterung von Symptomen einer vorbestehenden schlechten Hirndurchblutung (Desorientierung, Schwindel, Krampfanfall, vorübergehende Sprach- und Sehstörungen).

Liegt eine langsame (bradykarde) Rhythmusstörung vor (SSS, SA-Block, AV-Block) können Schwindel, Kollapszustände bis hin zu vollständiger Ohnmacht (Synkope) resultieren. In seltenen Fällen kann auch eine tödliche Asystolie bei einem AV-Block III° ohne Ersatzrhythmus vorkommen.

Bei gefährlichen Herzrhythmusstörungen wie einer ventrikulären Tachykardie ist die Auswurfleistung des Herzens meist so stark eingeschränkt, dass ein ausreichender Kreislauf nicht mehr möglich ist, die Patienten verlieren das Bewusstsein. Eine mechanisch fehlende Herzaktion liegt bei Kammerflattern oder -flimmern mit vollständigem Kreislaufstillstand (Asystolie) vor. Treten diese Rhythmusstörungen ohne vorab erkennbaren Grund auf spricht man vom plötzlichen Herztod.

Diagnose

Es gibt verschiedene Arten und Formen von Herzrhythmusstörungen, zu deren Diagnostik besonders das EKG (Elektrokardiogramm) - und hier wieder besonders das Langzeit-EKG - dient. Falls mit diesen Mitteln die Rhythmusstörung nicht ausreichend diagnostiziert werden kann, ist unter Umständen eine so genannte elektrophysiologische Untersuchung notwendig.

Die Erkennung der Ursache ist die Voraussetzung für eine richtige Therapie.

Diagnostik

  • Anamnese (v.a. Medikamente, bestehende Erkrankungen, Familienanamnese)
  • Ruhe-EKG (Erfassung aktuell vorhandener HRS) und Langzeit-EKG (Erfassung tageszeitlich bzw. situationsbezogener HRS), ggf. Eventrekorder (Erfassung vereinzelt auftretender Episoden)
  • Ergometrie (Erfassung von belastungsinduzierten HRS und von Anomalien des Herzfrequenzanstiegs z. B. beim Sick-Sinus-Syndrom)
  • Elektrophysiologische Untersuchung (invasiv, aber sehr präzise z. B. mittels Mapping-Katheter; Erfassung ektoper Foci, akzessorischer Leitungsbahnen (z. B. Mahaim-Fasern oder Kent Bündel beim WPW-Syndrom)
  • Echokardiografie
  • Pharmakologische Tests (z. B. Ajmalintest zur Diagnose eines Brugada-Syndroms)

Ursachen

Angeborene Ursachen

Erworbene Ursachen

Andere (extrakardiale) Ursachen

Therapie

Herzrhythmusstörungen bedürfen einer Therapie nur beim Herzkranken. Hierzu zählen angeboren oder erworbene Herzmuskelerkrankungen aber auch vorübergehende Erkrankungen wie Herzmuskelentzündungen und Holiday Heart Syndrom. Die häufigsten beim Herzgesunden zu findenden Rhythmusstörungen sind Extrasystolen. Diese sind gutartig und sollten nicht im Sinne einer "Kosmetik des EKGs" medikamentös behandelt werden.

Medikamentös

Abhängig von der Art der Rhythmusstörung werden frequenzregulierende und -stabilisierende Medikamente, s.g. Antiarrhythmika (Adenosin, Ajmalin, Amiodaron, Atropin, Betablocker, Digitalis, Flecainid, Kalziumantagonist vom Verapamil- oder Diltiazem-Typ, u.a.) gegeben.

Elektrisch

Bei zu langsamen Herzschlag wird ein Herzschrittmacher implantiert, bei immer wieder auftretenden gefährlichen Rhythmusstörungen ein implantierbarer Defibrillator (AICD). Zur Wiederherstellung eines normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) (Vorhofflattern und -flimmern, Ventrikuläre Tachykardie) kann von Außen Strom auf den Körper gebracht werden (elektrische Kardioversion). Liegt eine Kammerflimmern vor spricht man, bei hier Verwendung höherer Energie, von einer Defibrillation

Invasiv

Treten bösartige Rhythmusstörung im Rahmen einer Verschlechterung einer koronaren Herzkrankheit (KHK) auf, so gilt es die Durchblutung des Herzens mittel Herzkatheter oder Bypass-Operation zu verbessern. Einige Rhythmusstörungen (AVNRT, WPW-Syndrom, Vorhofflattern und -flimmern) können durch Katheterablation beseitigt werden.

Sonstiges

Extrakardialen Ursachen sollten kausal durch Behandlung der Grundkrankheit (Hyper-, Hypothyreose, Elektrolytstörung, Intoxikation) behandelt werden. Supraventrikulärer schnelle Herzrhythmusstörungen können durch Anheben des Vagotonus mit Hilfe des Valsalva-Manövers oder Carotisdruckversuch beeinflusst werden.

Literatur

  • Mewis, Rissen, Spyridopoulos (Hrsg.): Kardiologie compact. 2 Auflage. Georg Thieme, Stuttgart, New York 2006, ISBN 3-16-130742-0. 
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2007. 

Einzelnachweise


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