Herzogtum Teschen

Herzogtum Teschen
Herzogtum Teschen 1746
Herzogtum Teschen 1880

Das Herzogtum Teschen bestand von 1281 bis 1849, zunächst als schlesisches Herzogtum unter der Herrschaft der Piasten im Reichsverband Polens. Ab 1348 war es ein Vasallenstaat des Königreichs Böhmen und ab 1526 mit dem Königreich Böhmen Teil der Habsburgermonarchie, damit folgend mittelbar im Heiligen Römischen Reich. Hauptort war Teschen, das heutige Cieszyn.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Der Höhenzug Westbeskiden, nordwestlicher Teil der Karpaten mit dem 1325 Meter hohen Lissahora (Lysá hora) als höchster Erhebung sowie die Flüsse Olsa und Weichsel prägten das Territorium. Über lange Zeit war das Herzogtum Grenzland zu Polen bzw. Preußen. Heute liegt der westliche Teil im äußersten Osten der Tschechischen Republik, das übrige Gebiet ist im Süden Polens zu finden.

Geschichte

Wappen der Piasten von Teschen

Piastisches Herzogtum Schlesiens

Durch eine Erbteilung des oberschlesischen piastischen Herzogtums Oppeln entstand 1281 das selbständige Herzogtum Teschen unter Mesko I.. Er erhob den schon 1155 erstmals durch Papst Hadrian IV. erwähnten Ort Teschen zur Residenz. Das Herzogtum zählte bereits zu dieser Zeit als zu Schlesien gehörig. Seine Herrscher riefen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts deutsche Siedler ins Land, die vor allem die Beskiden und das Weichselgebiet kolonisieren sollten. Zu einem Zentrum deutscher Siedler wurde das Gebiet um Bielitz, wo ein ganzer Kranz deutscher Waldhufendörfer entstand. Sie bildeten bis in 20. Jahrhundert hinein eine deutsche Sprachinsel. Zusammen mit den anderen schlesischen Herzogtümern unterstellte sich auch Teschen 1298 der böhmischen Oberhoheit. Nach einer nochmaligen Teilung wurde 1327 das Herzogtum Auschwitz abgetrennt. Um 1494 begann die Einwanderung von Walachen aus den rumänischen Karpaten, die sich vor allem in den Gebirgsregionen ansiedelten. Unter Herzog Wenzel III. Adam, der faktisch ab 1545 regierte, wurde im Herzogtum die Reformation eingeführt. 1560 wurde das Gebiet von Bielitz zusammen mit Freistadt und Friedek von Herzog Wenzel III. Adam noch zu seinen Lebzeiten an seinen Sohn Friedrich Kasimir übertragen. Nach dessen Tod 1571 wurde die verschuldete Herrschaft Bielitz 1572 mit Zustimmung des Kaisers Maximilian II. als eine Minderstandesherrschaft an Karl von Promnitz auf Pless verkauft und dem Königlichen Amt Breslau unterstellt.

Teil im Habsburgischen Österreich

Nach dem Tod der Herzogin Elisabeth Lukretia 1653 erlosch der Teschener Familienzweig der Schlesischen Piasten, und das Herzogtum fiel als erledigtes Lehen an die Krone Böhmen, die seit 1526 von den Habsburgern regiert wurde. Sie leiteten im Herzogtum die Rekatholisierung ein. Erst 1707 wurde den Evangelischen in Schlesien mit der Altranstädter Konvention, die vom schwedischen König Karl XII. durchgesetzt worden war, erlaubt, so genannte Gnadenkirchen zu errichten. Die größte von ihnen wurde in der Stadt Teschen errichtet. Die Jesukirche wird auch noch nach 300 Jahren als evangelische Kirche genutzt. 1722 trennte Kaiser Karl VI. das Erbherzogtum Teschen von Böhmen ab und übergab es dem Herzog Leopold Joseph Karl von Lothringen, Vater des späteren Kaisers Franz I. Stephan. Nach dem Frieden von Breslau, der 1742 den Ersten Schlesischen Krieg beendete, verblieb das Herzogtum bei Österreichisch-Schlesien. Seitdem wurde es Österreichisch-Oberschlesien oder Teschener Schlesien bezeichnet. Unter dem Titel Herzog von Sachsen-Teschen herrschte von 1766 bis 1822 der Schwiegersohn Maria Theresias, Prinz Albert Kasimir von Sachsen-Teschen, Sohn des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., in Teschen. Im Zuge der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnenden Industrialisierung entwickelte sich das Teschener Land zu einem der bedeutendsten österreichischen Zentren des Steinkohlenbergbaus und der Eisenverhüttung. Die amtliche österreichische Volkszählung vom 31. Dezember 1910 ergab, dass im Teschener Schlesien 434 821 Menschen lebten. Davon sprachen 53,8% Polnisch, 26,6% Tschechisch und 17,7% Deutsch. Das Gebiet war dabei in folgende Politische Bezirke untergliedert: Bielitz-Land, Freistadt, Friedeck-Land, Teschen sowie Bielitz und Friedeck als Städte mit eigenem Statute[1].

Grenzgebiet von Tschechoslowakei und Polen

Nach dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie sowie der Gründung der souveränen Tschechoslowakei und der Wiedererrichtung eines polnischen Staates als Folge des Ersten Weltkriegs brach im November 1918 zwischen der Tschechoslowakei und Polen ein heftiger Streit über das ehemalige Herzogtum Teschen aus. Er eskalierte am 23. Januar 1919 mit dem Beginn des „Sieben-Tage-Krieges“, als die Tschechen in die von Polen bereits unter Verwaltung genommene Teschener Region einmarschierten. Nachdem weder beiderseitige Verhandlungen noch ein von den Initiatoren des Versailler Vertrages angeordneter Volksentscheid zu einem Ergebnis führten, fällten die Alliierten im Juli 1920 einen Schiedsspruch, mit dem das ehemalige Herzogtum entlang des Flusses Olsa geteilt wurde. Damit erhielt die Tschechoslowakei die wertvollen Industriegebiete im Westen, während sich Polen mit den großen Städten Teschen und Bielitz begnügen musste, die Teil der Autonomen Woiwodschaft Schlesien wurden. Durch die Grenzziehung wurde die ehemalige Residenzstadt Teschen geteilt, nur die westlich der Olsa gelegene Vorstadt kam zur Tschechoslowakei.

Zwei Tage nach dem Münchner Abkommen annektierte Polen einen grenznahen Streifen (Zaolzie) des tschechischen Teils des Teschener Landes. Nach der deutschen Besetzung Polens erfolgte im September 1939 die Eingliederung dieses und des bereits seit 1920 polnischen Gebietes des Teschener Schlesien in das Deutsche Reich als Landkreise Teschen und Bielitz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Grenzverhältnisse wiederhergestellt, die vor dem Münchner Abkommen galten.

Siegel des ersten Herzogs Mesko I. von 1288

Liste der Herzöge von Teschen

siehe auch: Teschen in der Liste der Herzöge von Schlesien

Dynastie der schlesischen Piasten

Dynastie der Habsburger

Infrastruktur

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war das Herzogtum ein Zentrum des Steinkohlebergbaus und der Eisenhüttenindustrie. Daneben dominierten der Maschinenbau und die Textilindustrie. Die bedeutendsten Bergbaugebiete befanden sich bei den Orten Karwin und Ostrau, daneben waren Teschen und Bielitz wichtige Industriestandorte. Die Industrialisierung war durch den Bau der Kaschau-Oderberg-Bahn und der Nordbahnlinie Kojetein–Bielitz gefördert worden. Seit 1849 war das Herzogtum in die drei Bezirkshauptmannschaften Bielitz, Friedeck und Teschen gegliedert. Die Stadt Teschen war stets Regierungssitz bzw. Verwaltungszentrum.

Moderne Karte der Region, mit polnischer Beschriftung

Folgende Orte hatten um 1900 den Status einer Stadt:

(deutscher Name, Einwohnerzahl 1880, heutige Ortsbezeichnung und Staatszugehörigkeit)

  • Bielitz, 13.060, Bielsko, heute Stadtteil von Bielsko-Biała, PL
  • Freistadt, 2.244, Fryštát, heute Stadtteil von Karviná, CS
  • Friedek, 5.912, Frýdek, heute Stadtteil von Frýdek-Místek, CS
  • Jablunkau, 2.425, Jablunkov, CS
  • Oderberg, 1.260, Bohumín, CS
  • Skotschau, 3.113, Skoczów, PL
  • Teschen, 13.004, heute geteilt in Cieszyn, PL / Český Těšín, CS

Dazu kommen die großen Bergbauorte

  • Karwin (Dorf), 4.961, Karviná, CS
  • Polnisch Ostrau (Marktflecken), 9.049, Slezská Ostrava, heute Stadtteil von Ostrava, CS

1910 hatte das Herzogtum 180.033 Einwohner, von denen 69,3 % Polen, 18,2 % Tschechen und 12,4 % Deutsche waren.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ludwig Patryn: Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in Schlesien. Troppau 1912. S.80f.
  2. http://en.wikipedia.org/wiki/Idzi_Panic

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Teschen (Begriffsklärung) — Teschen bezeichnet Cieszyn, Stadt in Polen, östlich der Olsa Český Těšín (Tschechisch Teschen), Stadt in Tschechien, Herzogtum Teschen, auch Sachsen Teschen Landkreis Teschen, deutscher Landkreis von 1939 bis 1945 Diözese Teschen, eine der sechs… …   Deutsch Wikipedia

  • Teschen — Dieser Artikel beschreibt die polnische Stadt Cieszyn, deutsch Teschen. Für weitere Bedeutungen, siehe Teschen (Begriffsklärung). Cieszyn …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Auschwitz — Schlesien in der Zeit 1309–1311, mit dem Herzogtum Teschen im Südosten, in Gelb, vor der Abtrennung von Auschwitz Das Herzogtum Auschwitz (polnisch Księstwo Oświęcimskie; tschechisch Osvětimské knížectví) entstand 1315 als Folge der Teilung des… …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Bielitz — Landkarte Herzogtum Bielitz 1746 Das Herzogtum Bielitz (polnisch Księstwo Bielskie, tschechisch Bílské knížectví, lateinisch Ducatus Bilicensis), dessen Gebiet zunächst zum Herzogtum Teschen gehörte, wurde zweimal für jeweils einige Jahre von… …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Tost — Das Herzogtum Tost (polnisch Księstwo toszeckie; tschechisch Tošecké knížectví) wurde Anfang des 14. Jahrhunderts aus dem Herzogtum Beuthen herausgelöst. Residenzort war die gleichnamige Stadt Tost die heute zur polnischen Woiwodschaft Schlesien… …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Zator — Das Herzogtum Zator (tschechisch Zatorské knížectví; polnisch Księstwo Zatorskie) entstand 1445 durch Teilung des Herzogtums Auschwitz. Es wurde von den Schlesischen Piasten regiert, die es 1494 an Polen verkauften. Residenzort war die… …   Deutsch Wikipedia

  • Teschen [1] — Teschen, Fürstentum im österreich. Herzogtum Schlesien, besteht aus dem größten Teil des frühern Teschener Kreises, der 1849 in die jetzigen Bezirkshauptmannschaften T., Bielitz und Freistadt aufgelöst ward (s. Karte »Böhmen, Mähren und… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Herzog von Teschen — Herzogtum Teschen 1746 Herzogtum Teschen 1880 Das Herzogtum Teschen bestand von 1281 bis 1849, zunächst als schlesisches Herzogtum unter der Herrschaft der polnischen …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Beuthen — Das Herzogtum Beuten (polnisch Księstwo bytomskie; tschechisch Bytomské knížectví) entstand 1281 als selbständiges Herzogtum bei der Teilung Herzogtums Ratibor Oppeln. Es wurde bis 1355 von Herzögen aus der Oppelner Linie der Schlesischen Piasten …   Deutsch Wikipedia

  • Herzogtum Baiern — Die Geschichte Bayerns (Baierns) reicht weit zurück. Bis ins Jahr 555 n. Chr. lassen sich die Ursprünge des älteren baierischen Stammesherzogtums der Agilolfinger mit Sitz in Freising zurück verfolgen. Die Schreibweise des Landesnamens mit „y“… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”