Hindenburgplatz (Münster)

Hindenburgplatz (Münster)

Der Hindenburgplatz ist ein Platz im westfälischen Münster. Er befindet sich westlich der Innenstadt, unmittelbar vor dem Schloss und dem Schlossplatz. Er ist die zweitgrößte innerstädtische Freifläche in Europa[1] und Austragungsort des dreimal jährlich stattfindenden Sends.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte des Hindenburgplatzes geht zurück bis ins Spätmittelalter. In dieser Zeit konnte von einem Platz noch nicht gesprochen werden, vielmehr war es ein offenes Feld vor der Stadtmauer, auf dem sich Händler, Ausgestoßene und Wegelagerer tummelten. Ins Stadtgebiet und innerhalb der Stadtmauern kam der Platz erst im Jahre 1661, als Münster von Christoph Bernhard von Galen nach erfolgreicher Belagerung eingenommen wurde. Er ließ die westliche Stadtmauer abtragen und eine Zitadelle errichten. Die Fläche des Hindenburgplatzes sollte als Esplanade, also als freies Schussfeld auf die Stadt dienen. Auch zu dieser Zeit konnte von einem Platz noch keine Rede sein.

Dies änderte sich erst im Jahre 1759, als dieser Bereich unter fürstbischöflicher Verwaltung den Namen „Neuplatz“ erhielt. Zehn Jahre später (1769) wurde der Neuplatz Teil des Generalplans von Johann Conrad Schlaun, der von Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels den Auftrag zum Bau eines Residenzschlosses am Ort der Zitadelle erhalten hatte: Der Platz sollte an seinen Hauptachsen durch kleine Wäldchen und Bassins begrenzt werden, die Mittelachse sollte eine freie Sicht auf das Schloss ermöglichen. Sein Plan blieb jedoch unvollendet, da nach seinem Tod im Jahre 1773 sein Nachfolger Wilhelm Ferdinand Lipper das französische Gestaltungskonzept gegen ein englisches Gestaltungsideal ersetzte. Erst im Jahre 1800 wurde die ebenfalls von Wilhelm Ferdinand Lipper konzipierte Promenade über den Platz fortgeführt.

Der damals noch Neuplatz genannte Platz (zwischen den Wachhäusern des Schlosses und den Häusern im Hintergrund) mit der Stadt im Jahre 1857, fotografiert vom Dach des Schlosses

Nachdem Münster im Jahre 1815 unter preußischer Herrschaft gelangte und die zunehmende Industrialisierung den Ausbau der Infrastruktur erforderten, kamen Überlegungen auf, einen „Rhein-Weser-Elbe-Kanal“ durch den Platz zu führen. Diese Idee wurde aber nicht verwirklicht, so dass der Platz fortan hauptsächlich für Paraden und militärische Aufmärsche genutzt wurde. Ansonsten blieb der Platz bis zum Ende der 1920er Jahre nahezu unverändert, als das plötzliche Absterben der Mitte des 19. Jahrhunderts gepflanzten Ulmen eine Umgestaltung notwendig machte. Besondere Bedeutung während dieser Zeit hatte der 9. November 1918, als am selben Tag wie in Berlin auf dem Platz die Republik ausgerufen wurde.

Seinen heutigen Namen besitzt der Platz erst seit dem Jahr 1927, als der Name von Neuplatz in Hindenburgplatz geändert wurde. Auch danach änderte sich nicht viel am Aussehen und Nutzung des Platzes. Zwar planten die Nationalsozialisten eine monumentale Umgestaltung des Stadtbildes zwischen Schloss und St.-Paulus-Dom, die auf einer Sichtachse liegen sollten und wodurch auch der Hindenburgplatz betroffen gewesen wäre, tatsächlich blieb es aber wie unter preußischer Herrschaft ein Platz für Paraden und militärische Aufmärsche.

Am 10. Mai 1933 fand auf dem Hindenburgplatz, wie in zahlreichen deutschen Städten, die vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund initiierte Bücherverbrennung statt.

Nach der weitgehenden Zerstörung Münsters durch den alliierten Bombenkrieg wurde der Hindenburgplatz zur Zwischenlagerung der geräumten Trümmermassen verwendet, bis sie endgültig beseitigt werden konnten. Solange dieser Zustand anhielt, konnte der Send nicht auf dem gewohnten Platz stattfinden und wich auf den Domplatz aus. Während der Enttrümmerungszeit machte folgender Witz in Münster die Runde: „Weißt du, wo Münster liegt?“ – „Klar, auf dem Hindenburgplatz!“

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zunächst Konzepte, den Platz als zentrales Bindeglied für universitäre Einrichtungen zu nutzen, nachdem die Universität Münster das Schloss als Verwaltungssitz bezogen hatte. Aufgrund der zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung nahm der Verkehr auch um den Hindenburgplatz herum deutlich zu. So entsteht die vor dem Platz verlaufende Straße „Hindenburgplatz“, die eine wichtige Verbindungsfunktion übernimmt. Der Platz selbst wird zu einem Parkplatz mit circa 1000 Stellplätzen. Nachdem ein 1970 veranstalteter Ideenwettbewerb zur Lösung der städtebaulichen und verkehrstechnischen Probleme an den unterschiedlichen Vorstellungen vom Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Münster scheiterte, ist der Platz seitdem nahezu unverändert.

Aktuelle Situation

Parkplatz „Hindenburgplatz-Süd“ im Jahr 2006 vor dem Orkan Kyrill

Der Platz selbst besteht im Wesentlichen aus den beiden großen Parkplatzflächen „Hindenburgplatz-Nord“ und „Hindenburgplatz-Süd“. Aufgrund der nahezu unveränderten Situation seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges befindet sich der Platz in einem schlechten Zustand, teilweise aus löchrigem Straßenbelag und Schotter. Neben in Münster gastierenden, auf Wanderschaft befindlichen Attraktionen dient der Platz dreimal im Jahr als Veranstaltungsfläche für den Send.

Um den Platz städtebaulich und kulturell aufzuwerten, liefen zu Beginn des 21. Jahrhunderts Planungen zum „Kulturforum Westfalen“. Der ursprüngliche Entwurf sah vor, auf dem Gelände eine Musikhalle und ein Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe zu errichten. Die Planungen hierzu schritten jedoch nur langsam voran, insbesondere aufgrund der schwierigen Fragestellung, wie der Verlust der Parkplätze kompensiert und gleichzeitig ein ausreichend großes, zusammenhängendes Gelände hätte erhalten werden können, um den Send weiterhin durchführen zu können. Aufgrund der angespannten Haushaltslage der beteiligten Institutionen Stadt Münster, Landschaftsverband Westfalen-Lippe und Land Nordrhein-Westfalen wurde der Bau der Kunsthalle Anfang Dezember 2006 aus Kostengründen gestoppt. Die geplante Musikhalle sollte hiervon jedoch nicht betroffen sein.[2] Nachdem der Rat der Stadt im Oktober 2007 die finanzielle Unterstützung in Höhe von rund 12 Millionen Euro beschlossen hatte, sprachen sich in einem Bürgerentscheid am 27. April 2008 rund 70 % der Wähler hiergegen aus, was somit den Stopp des Projektes bedeutete.[3]

Namensdiskussion

Die Benennung des Platzes nach Paul von Hindenburg wird aufgrund dessen fragwürdigen Rolle während der Weimarer Republik bereits seit dem Ende des Nationalsozialismus in der Öffentlichkeit diskutiert.

Nach Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Professor für Geschichtsdidaktik an der Universität Leipzig und von 1998 bis 2003 Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des Geschichtsortes Villa ten Hompel in Münster, entschied der Alliierte Kontrollrat im Jahre 1947, dass alle Straßennamen verschwinden sollten, die an den Zweiten Weltkrieg und alle Personen, Organisationen und Einrichtungen, die direkt damit zu tun hatten, erinnerten. Das Innenministerium und der münstersche Regierungspräsident gaben diese Regelung ordnungsgemäß an die Städte und Landkreise weiter. Die Person Hindenburgs war in dieser Regelung ausdrücklich mit eingeschlossen. Das war eigens angefragt und geklärt worden. Es war die Aufgabe der Stadträte oder eines entsprechenden Ausschusses, die Anweisungen vor Ort durchzusetzen. In Münster war der „Ausschuss zur Umbenennung von Straßen“ zuständig. Dessen Mitglieder entschieden am 29. Juli 1947 eine Reihe von Umbenennungen, darunter auch die Rückbenennung von Hindenburgplatz in den historischen Namen Neuplatz. Der Entschluss wurde aber nicht umgesetzt.[4]

Seitdem gab es mehrere neue Initiativen, den Platz umzubenennen, die jedoch alle nicht erfolgreich waren. Einer Umbenennung steht auch die Meinung der Bevölkerung entgegen. So sprachen sich 2008 in einer repräsentativen Umfrage unter Münsters Bevölkerung 76,9 % der befragten Personen gegen eine Umbenennung aus, denen eine Minderheit von 23,1 % für eine Umbenennung entgegen stand.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stadt Münster: Panorama des Schlossplatzes
  2. Zeitungsartikel in der Münsterschen Zeitung vom 8. Dezember 2006
  3. Westfälische Nachrichten vom 27. April 2008
  4. „Hindenburgplatz: Name sollte schon 1947 verschwinden“ in Stadtmagazin Echo Münster, 24. Januar 2008. http://www.echo-muenster.de/node/14692
  5. Umfrage Münster Barometer 1/2008 als PDF-Download und zitiert in den Westfälische Nachrichten vom 15. März 2008
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