Hipposandale

Hipposandale
Modernes, ungleich abgelaufenes Vorderhufeisen mit durchlaufendem Falz

Ein Hufeisen ist ein U-förmig gebogenes und mit Nagellöchern versehenes Eisen, das Pferden zum Schutz ihrer Hufe durch Aufnageln, umgangssprachlich beschlagen, durch einen Hufschmied aufgebracht wird. Ein ähnlicher Schutz des Hufes wird auch durch so genannte Hufschuhe erreicht. Die mittigen Rillen im Hufeisen (=Falz), wo auch die Löcher für die Nägel eingebracht sind, dienen als Basisgleitschutz.

Altes, extrem abgelaufenes Hufeisen (rechts)

Inhaltsverzeichnis

Materialien

Das klassische Hufeisenmaterial ist „Eisen“ (Stahl), daneben finden aber auch Werkstoffe oder Werkstofflegierungen aus Aluminium und Kupfer ihre Anwendung. Heute werden oft auch unterschiedliche Kunststoffe eingesetzt. Diese werden dann teilweise auch angeklebt.

  • Stahl: Als heutzutage gebräuchlichstes Material für Hufeisen gilt der widerstandsfähige Stahl.
  • Aluminium: Da Aluminium viel leichter ist als Stahl, wird es oft bei Rennpferden verwendet.
  • Kunststoff: Die offensichtlichste Eigenschaft von Kunststoff ist die Elastizität, die beim Auffußen des Pferdehufes den Stoß dämpft und somit die Gelenke schont.
  • Aluminium mit Stahl: Um die vorzeitige Abnutzung des Hufeisens zu verhindern und somit dessen Lebensdauer zu erhöhen, werden oft „Aluminiumeisen“ mit sogenannten Stahlgriffen in der Zehenfalz verwendet.
  • Kunststoff mit Stahl: Da der Kunststoff sich durch seine einerseits erwünschte Weichheit andererseits sehr schnell abnützt, werden Teile des Hufeisens oder der gesamte Kern mit Stahl verstärkt.

Formen

Aufgrund der unterschiedlichen Funktion der Vorder- und Hintergliedmaßen des Pferdes, besitzen die Hufe der Vorderhand eine kreisrunde Form und die Hufe der Hinterhand eine spitzrunde Form. Die Hufeisen sind daher dementsprechend unterschiedlich geformt.

Für spezielle Anforderungen an das Pferd oder den Huf im Detail werden Spezialhufeisen hergestellt, die gewisse Eigenschaften oder Funktionen unterstützen oder unterbinden sollen:

  • Hufeisen mit Zehenkappe (Standardform): Die vordere Zehenspitze des Hufes wird ein wenig weggeraspelt, damit die flache Zehenkappe des Hufeisens aufliegen kann. Im Rennsport wird der Huf in diese Form gebracht um das Abrollen zu beschleunigen.
  • Hufeisen mit Seitenkappen: Wird oft benutzt, wenn der Huf spröde ist oder Teile des Hufes ausgebrochen sind.
  • Armeehufeisen: Gegenüber dem normalen Hufeisen, besitzt ein Armeehufeisen eine höhere Anzahl von Nagellöchern in einem Hufeisenschenkel. Wobei nicht mehr Hufnägel, als bei einem normalen Beschlag zum Einsatz kommen. Es geht hier nur darum, für ein evt. unter Feldbedingungen, schlecht gerichtetes Hufeisen, genügend Möglichkeiten zu schaffen, in die Weiße Linie zu nageln.
  • Hufeisen mit offener Zehe („Verkehrtes Eisen“): Ein herkömmliches, passendes Hufeisen wird verkehrt (offene Seite unter die Zehe) genagelt. Dies ermöglicht Pferden mit langer Zehe („spitzwinkeliger Huf“) diese vermehrt abzunützen bei gleichzeitiger Schonung der Trachten.
  • Geschlossene Hufeisen (Rundeisen): Werden oft verwendet um zu verhindern, dass der Huf auf der Ballenseite zu sehr abgetreten wird. Wird auch zur Hufkorrektur oder Minderung von Erkrankungen wie z. B. Spat verwendet.
  • Halbmondeisen: Dem Hufeisen fehlen die hinteren Schenkel (Ruten) und es wird somit nur unter der Zehe aufgenagelt. Pferden mit Bockhuf ermöglicht dies die Trachten vermehrt abzunützen und das Zehenhorn zu schonen.
  • Drei-viertel Hufeisen:
  • Keileisen: Die Schenkel werden von der Zehenspitze an zum hinteren Ende höher. Diese Eisen werden oft zur Stellungskorrektur verwendet, oder bei Erkrankungen wie z. B. Spat.
  • Ovaleisen (Eiereisen, Ringeisen, Hart-Bar-Shoe): Bietet eine höhere Auflagefläche.
  • Stegeisen: Das Hufeisen ist hinten geschlossen und dieser Steg erstreckt sich auch auf die Innenseite des Eisens unter den Strahl. Dieser Steg nimmt somit einen Teil der wirkenden Kräfte auf und die Trachten werden entlastet.
  • Strahlbeineisen: Die Schenkelenden sind verdickt bei diesem Hufeisen, womit eine Verminderung des Druckes der Hufbeinbeugesehen auf das Strahlbein bewirkt wird.
  • Herzeisen: Als Unterstützung des Strahl gedachtes Eisen.
  • Bügeleisen: Anstelle eines Steges wird ein Bügel angebracht.
  • Pantoffeleisen: Die Schenkel dieses Hufeisens sind innen erhöht, sodass sich ein nach außen hin abfallender Winkel ergibt. Diese Hufeisenform wird bei Trachtenzwang verwendet um ein weiteres Zusammenziehen zu verhindern und eher ein Ausdehnen zu unterstützen.
  • Pilzeisen: Pilzförmiges Eisen, bei dem der „Stiel des Pilzes“ auf dem Strahl aufliegt und somit die Eckstreben entlastet.
  • Wandgängereisen: Das Hufeisen ist an einer Seite stark verbreitert oder gar in der vertikalen halbiert. Diesen Beschlag wendet man bei Pferden an, die eine Seite des Hufes sehr stark belasten und somit stark vermehrt abnutzen. Die abgenutzte Seite soll durch das Spezialeisen mehr geschont werden.
  • Breitschenkelhufeisen (nach Lungwitz):
  • Breitschenkelhufeisen (nach Bauer):
  • Slidingeisen: Die Schenkel dieser Hufeisenform sind nach hinten offen und verlängert und garantieren dem Pferd beim Sliding(gleiten) die Schonung der Trachten und bewirken eine Verlängerung des Gleitweges. Außerdem sind sie ohne Falz und sehr glatt verarbeitet um das Gleiten zu fördern.
  • NBS-Hufeisen (Natural Balance Shoes): Die Zehenrundung des Hufeisens ist ein wenig abgeflacht und verstärkt. Dadurch wird der Abrollpunkt zurückversetzt. Im Springsport wird dieser Beschlag gerne verwendet.

Größen

Von 7x0 bis 16 für Kaltblüter reicht die Größenangabenpalette von Hufeisen, dabei ist zu Berücksichtigen, dass die Größenangaben je nach Hufeisenhersteller in den Länge/Breite Abmassen sowie der Hufeisenform variieren.

Hufeisenzusätze

  • Eisnägel: Hufnägel, bei denen im Kopf ein Widiastift integriert ist. Dadurch greifen die Nagelköpfe auf Eis und nutzen sich allgemein weniger ab, jedoch können durch Abnutzung des umgebenden Stahls scharfe und gefährliche Kanten/Spitzen entstehen.
  • Stollen: Anschweiß- oder Schraubstollen sind dazu da, dem Pferd bei schlechten Bodenverhältnissen mehr Halt zu geben.
Sie werden im Spring- und Geländereitsport verwendet, um dem Pferd bei Sprüngen, aber auch im Parcours den nötigen Halt zu geben. Im Winter werden sie eingesetzt, damit das Pferd mit ihnen etwaige Eisschichten durchbrechen kann und nicht darauf ausrutscht.
Zum Aufbringen von Schraubstollen müssen in das Hufeisen an den beiden Enden Löcher gebohrt und in diese Gewinde eingebracht werden. In diese Löcher werden die Stollen dann eingeschraubt. Es sind verschiedene Größen, Breiten und Formen erhältlich, die den jeweils vorhandenen Bodenverhältnissen entsprechend ausgewählt werden können.
Formen der Stollen: Vierkantstollen, Langstollen, Kegelstollen, H-Stollen, Spitzstollen, Rasenstollen, Schlammstollen
Der Nachteil von Stollen ist die Verletzungsgefahr, sowohl die Selbstverletzung (Kronentritt) als auch für andere Pferde beim Ausschlagen des mit Stollen versehenen Pferdes.
  • Widia-Stifte: Auch für diese kleinen Metallstifte müssen Löcher in das Hufeisen gebohrt werden. Bedingt durch ihre konische Form benötigen sie aber kein Gewinde, sondern werden einfach in das Eisen hineingeschlagen.
Da die Widia-Stifte nicht so weit aus dem Hufeisen herausragen und abgerundete Kanten haben, geben sie zwar erweiterten Halt bei schlechten Bodenverhältnissen oder auf Asphalt, stellen aber keinerlei Verletzungsgefahr für andere Pferde auf der Koppel dar und beeinflussen die Stellung des Hufes zum Boden auch auf hartem Boden nicht wesentlich. Stifte reduzieren weiterhin die Abnutzung von Eisen und Nägeln auf Asphalt, Pflaster und Schotterwegen erheblich, belasten jedoch die Gelenke stärker, da sich der aufgefußte Huf schlechter drehen kann.
  • Sohlen und Einlagen: Leder, Plastik, Gummi, Filz oder Aluminium wird zwischen Huf und Hufeisen eingebracht um beispielsweise eine Schonung der Hufsohle oder des Strahls zu garantieren oder Heilung zu unterstützen. Man kann zusätzlich eine Polsterung aus Silikon, Hebaform, Watte oder Hanf verwenden.
  • Schneegrip (Hufgrip, Snow Grip): Sind Gummieinlagen, die verhindern, dass sich im Winter Schneeballen in den Hufen bilden. Sie werden beim Aufnageln des Hufeisens, zwischen Huf und Hufeisen gelegt.

Geschichte

Gallo-römische Hipposandale

Schon im Altertum suchten die Menschen nach einem Schutz für die Hufe, die von hartem, steinigem Boden stark abgenutzt werden. Besonders mit der militärischen Nutzung des Pferdes wurde der Hufschutz zu einer Notwendigkeit, denn im Kriege wurden die Pferde über ihre natürlichen Grenzen hinweg beansprucht.

Vorgänger der Hufeisen waren die sog. Hipposandalen. Im alten Ägypten wurden geflochtene Sandalen aus Bast oder Lederschuhe verwendet, die mit Stricken oder Riemen ans Pferdebein gebunden wurden. Allerdings waren solche Konstruktionen wenig haltbar. Die Römer verwendeten bereits Hufbeschlag aus Bronze oder Eisen, aber auch bei ihnen verursachten die Riemen Scheuerwunden. Bei schnellem Ritt flogen die gebundenen Eisen schnell weg oder die Pferde gerieten ins Straucheln. Genagelte Hufeisen, wie sie heute verwendet werden, scheinen von den Kelten erfunden worden zu sein; seit spätkeltischer Zeit (2./1. Jhdt. v. Chr.) in Gebrauch, wurden sie von den Römern übernommen und modifiziert (vgl. Connolly, Die Römische Armee, S. 61 mit Abb.). Daneben benutzte man allgemein, aber auch zu besonderen Zwecken (z.B. in morastigem Gelände) die erwähnten Hipposandalen. Zahlreicher werden die Funde aufgenagelter Hufeisen erst seit dem frühen Mittelalter (um 600).

Als weiteres Indiz zur Datierung von genagelten Hufeisen in der Antike wird oftmals der Hortfund von Neupotz angegeben. Die aktuelle Interpretation des Fundkomplexes betrachtet diesen als ein im Jahre 260 verlorengegangenes Beutegut eines heimkehrenden alemannischen Plündererzuges. Da bei der Bergung auch vorrömische und nachantike Fundstücke zu Tage traten sind die gefundenen Hufeisen nicht eindeutig als römisch zu datieren. Viele Historiker datieren die Erfindung des genagelten Hufeisens ins frühe Mittelalter.

Weiteres

Glückssymbol und Zauberkraft

Seit Schmiede im 12. Jahrhundert mit Feuer und Hammer das Eisen gefügig machten, wurden dem Wundermetall im Volksglauben Zauberkräfte nachgesagt. Es mache unverwundbar, schütze gegen böse Geister und könne Naturkatastrophen abwehren. Hufeisen wurden mit der Öffnung nach unten über Türen, Eingängen, Kamin usw. angebracht, weil man glaubte, weder der Teufel noch böse Geister könnten unter einem Bogen von Eisen durchgehen. In ländlichen Gegenden galt es auch als Glück, wenn man ein Gewitter unbeschadet überstanden hatte. So wurde das Hufeisen „schützend über das Haus“ mit der Öffnung nach unten aufgehängt, um einen Blitzeinschlag abzuhalten.

Während des mittelalterlichen Höhepunkts des Hexenwahns glaubte man, dass „Hexen“ deshalb auf einem Besen durch die Lüfte schwebten, weil sie sich vor Pferden fürchteten. Jede Erinnerung an ein Pferd würde daher „Hexen“ ebenso wirksam abhalten wie Knoblauch einen Vampir. Zur Verhinderung der Auferstehung brachte man daher auf dem Sargdeckel hingerichteter Hexen ein Hufeisen an.

Ein gefundenes Hufeisen galt neuzeitlich als Glücksbringer, wenn es mit der Öffnung nach oben aufgehängt wird (sonst fällt das Glück heraus). Das Hufeisen bekam seine Bedeutung als Glückssymbol durch den früheren Transport von Liebesbriefen mit Postkutschen und berittenen Kurieren.

So findet man über manchen Türen zwei Eisen, eines mit der Öffnung nach unten, eines mit der Öffnung nach oben.

Hufeisenspiel

Geworfene Hufeisen

Dieses Wurfspiel wird meist draußen gespielt. Dabei gilt es das Hufeisen so zu werfen, dass es einen freistehenden Stab umschlingt oder ihm näher liegt als der gegnerische Wurf. Spielregel: das Umschlingen des Stabs zählt 3 Punkte, das dem Stab am nächsten liegende Eisen 2 Punkte, das zweitnächste 1 Punkt.

Literatur

  • Ernst Künzl: Die Alamannenbeute aus dem Rhein bei Neupotz: Plünderungsgut aus dem römischen Gallien, Mainz 1993, ISBN 3884670328
  • Peter Connolly: Die Römische Armee; Hamburg 1976 (engl. Original-Ausg.: The Roman Army; London 1975); ISBN 3-7886-0180-9 (vergriffen; antiquarisch noch erhältlich), hier S. 61 (Hufeisen).

Weblinks


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