Hohnbeer

Hohnbeer
Symbol der Norderegge und der namensgebende Hahn

Hohnbeer ist ein jährlich am Ende des Winters stattfindendes Fest in Heide (Holstein). In dieser Zeit feiern die drei sogenannten Eggen (Ortsteile von Heide) den Gemeinschaftssinn und die plattdeutsche Sprache. Die Festlichkeiten ziehen sich über mehrere Wochen hin und enden an drei Samstagen, an denen je eine der Eggen einen Festumzug durch die Stadt hält. Während die Eggen selbst bis ins Mittelalter zurückgehen, existiert Hohnbeer seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Name

Das „Beer“ von Hohnbeer bedeutet nicht Bier, sondern Fest; also ein Fest, das für den Hahn, der ein Freiheits- und Fruchtbarkeitssymbol darstellt, gefeiert wird. Das Fest geht auf einen Brauch in Schleswig-Holstein, besonders Dithmarschen und Stapelholm zurück, bei dem man einen lebendigen Hahn in eine Holztonne sperrte. Die Feiernden bewarfen diese Tonne mit Knüppeln oder Steinen, um die Tonne zu zerstören und dem Hahn seine Freiheit wiederzugeben, sofern er nach dieser Behandlung noch lebte. Anschließend wurde Hohnbeer gefeiert.

Im Jahr 1841 beschloss der Bauer und Holzpantoffelmacher Jacob-Peter Claußen, genannt „Peter Bur“, zusammen mit dem späteren Lehrer und Dichter Klaus Groth und Eggenbrüdern aus allen drei Eggen, das Hohnbeer als Gemeinschaftsfest der Eggen neu aufleben zu lassen und gleichzeitig den Boßelwettkampf wieder einzuführen. Die Vision von Peter Bur wurde Wirklichkeit – zunächst mit Stiftung der Süderegge durch Bur selbst. Die plattdeutsche (niederdeutsche) Sprache war zu der Zeit die Sprache der armen Leute und daher nicht gesellschaftsfähig. Dies änderte sich erst durch den Heimatdichter Klaus Groth von der Österegge, der in seinem Werk Quickborn (1852) die plattdeutsche Sprache auch als mögliche Literatursprache etablierte.

Für das Hohnbeer in der Norderegge setzte sich Klaus Groths Kollege Andreas Stammer ein. Seitdem wird Hohnbeer zur Pflege und Förderung des Gemeinschaftssinns und der Erhaltung der plattdeutschen Muttersprache in jedem Jahr im Februar – heute an drei aufeinanderfolgenden Samstagen – von den Eggen gefeiert. Der Hahn auf der Tonne wurde zum Symbol aller drei Heider Eggen. Süderegge und Österegge führen ein Straßenboßeln durch und in der Norderegge wirft man mit Boßelkugeln nach einem Holzhahn in einer Holztonne.

Die Eggen

Die Eggen vertreten einen Stadtteil. Viele Gebäude im Stadtteil, wie hier die Polizei, sind am Umzugstag geschmückt.

Im Jahre 1462 wurden die Eggen zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Heide bestand demnach im Mittelalter aus vier Eggen. Die Eggen (Ortsteile) erhielten ihren Namen nach der jeweiligen Himmelsrichtung. Die Norder-, Süder- und Österegge bestehen bis zum heutigen Tag, die Westeregge hingegen gab es nur kurze Zeit. Um 1560 hatte Heide etwa 1500 Einwohner (darunter 60 Bauern) in 240 Haushaltungen. Bis zur Verleihung der Stadtrechte am 7. Juli 1870 bestand der damalige Flecken Heide aus den drei Eggen als selbstständigen Teilgemeinden. Die Eggen waren ursprünglich Feldgemeinschaften, die als selbstständige Gemeinwesen mit Meent-Land (Gemein-Land) und mit Meent-Werk (Gemein-Werk) mit einem Eggenvorsteher, der zugleich Protokoll- und Rechnungsführer war, verwaltet wurden.

Der Festtag

Morgens um 6:00 Uhr treffen sich die Eggenbrüder in ihren traditionellen Garderoben im ihrem Eggenlokal, dem Heider Hof. Alle Aktiven tragen einen schwarzen Zylinder, den schwarzen Mantel, den schwarzen Anzug und das „Wittwark“ (Weißwerk), das weiße Hemd, die weiße Fliege, die weißen Handschuhe und den weißen Schal. Nach der Begrüßung aller Aktiven, der Musiker, der Gendarmen und der Gäste durch den 1. Föhrer werden vom Ehrenföhrer die Föhrerstäbe an die drei Föhrer übergeben und damit auch die Verantwortung zum guten Gelingen des Feststages.

Das Schleswig-Holstein-Lied ertönt und danach marschieren die Züge ab 6:30 Uhr auf den festgelegten Routen zu ihren Umtrunk- und Einkehrstellen. Dem Zug voraus läuft jeweils der Föhrer in Begleitung eines Gendarms als Geleitschutz, dahinter die Musikkapelle, die Fahnenabordnung und die Vorstandsmitglieder, Aktiven und Gäste. Am Schluss des Zuges marschieren die beiden Kretler, die dafür Sorge tragen, dass der gesamte Zug sich vorbildlich verhält, sauber marschiert und dass der Zeitplan minutengenau eingehalten wird. Mittags um 12:45 Uhr treffen sich alle drei Züge am Markt und marschieren gemeinsam zum Eggenlokal Heider Hof, um sich beim Ehrenföhrer zurückzumelden. Mit einer Erbsensuppe stärken sich die Eggenbrüder zusammen mit den geladenen Gästen und Abordnungen der anderen beiden Eggen und bereiten sich so auf den Boßelwettkampf „Schmieten no den Hohn in de Tünn“ vor. Zum Boßeln werden die Anwesenden in zwei Gruppen eingeteilt, die blaue und die rote Partei. Ein Punkt für die getroffene Tonne, zwei Punkte für den Wurf in die Tonne, drei Punkte für das Treffen des Hahnes, das sind die Regeln nach denen auf dem Parkplatz vom Heider Hof geboßelt wird.

Nach dem Boßeln bereiten sich alle Aktiven und Gäste auf den großen Festumzug vor. Dann marschiert der Zug ab 15:00 Uhr durch einen Teil der Norderegge, einmal um den Marktplatz und dann zum Ball- und Konzerthaus Tivoli. Im großen Saal des Tivoli findet die Kaffeetafel (Festkommers) statt. Es werden Festreden gehalten, die Jubilare und Boßelsieger werden geehrt und es wird kräftig gekretelt.

Literatur

  • Kai Detlev Sievers (Hrsg.): Feste in Schleswig-Holstein. Wachholtz, Neumünster 1984, ISBN 3-529-02672-7, S. 75–77.

Weblinks

 Commons: Hohnbeer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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