Hotspot (Geologie)

Hotspot (Geologie)

Als Hotspots [ˈhɔt.spɔ͡ts] (engl.: heiße Flecken) werden Zentren vulkanischer Aktivität bezeichnet, die nicht direkt durch plattentektonische Prozesse verursacht werden und daher nicht an Plattenränder gebunden sind. Sie entstehen durch thermische Anomalien im (tieferen) Erdmantel und treten oftmals innerhalb von Lithosphärenplatten auf. Der Hotspot-Vulkanismus unterscheidet sich demnach von der vulkanischen Aktivität an Plattengrenzen, die mit plattentektonischen Vorgängen wie Ozeanbodenspreizung und Subduktion einher geht. Die Theorie des Hotspot-Vulkanismus wurde erstmals 1963 von dem Geologen John Tuzo Wilson formuliert.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geologische Struktur

Hotspot

Der Erdmantel unterhalb eines Hotspots ist besonders heiß, da dort Mantelmaterial aus dem tiefen Erdinneren (eventuell von der Kern-Mantel-Grenze) aufsteigt. Die etwa 150 km breiten Zonen des Aufstiegs werden auch als Manteldiapire ("mantle plumes") bezeichnet. Die höheren Temperaturen bedingen im oberen Mantel eine erhöhte Aufschmelzung. Die Schmelzen können aufgrund ihrer geringen Dichte bis an die Oberfläche aufsteigen und verursachen dort einen zumeist basaltischen Vulkanismus. Die geochemische Signatur der so gebildeten OIB (engl.: ocean island basalt) unterscheidet sich oft deutlich von dem so genannten MORB (engl.: midocean ridge basalt).

Da die Lithosphärenplatten stetig über den in der Regel ortskonstanten Manteldiapir hinweg gleiten, schweißt sich das heiße Mantelmaterial durch die Platte durch und bildet nach und nach mehrere Vulkangebäude, die jeweils solange mit Schmelze versorgt werden, wie sie oberhalb der Mantelanomalie liegen. Auf diese Weise bilden sich Vulkanketten wie die Hawaii-Inseln. Zu beachten ist dabei, dass die Krustendicke unter dem Meer 6 km beträgt, während sie unter Kontinenten ungefähr 30 km mächtig ist. Die kontinentale Kruste ist daher schwerer zu durchdringen, so dass die meisten Hotspots in ozeanischen Gebieten zu beobachten sind.

Hotspots und Erdgeschichte

Hotspots sind eine Datenquelle für die Paläogeographie: Aus dem „Wandern“ der Hotspots kann man Richtung und Geschwindigkeit der Plattenbewegungen rekonstruieren (bei Hawaiʻi zur Zeit ca. 8,5 cm/Jahr) und das Alter der durch ihn entstandenen Vulkaninseln errechnen. So wird die Biegung im Verlauf der Hawaii-Imperator-Inseln meist dadurch erklärt, dass sich die Richtung der Rotation (und die Lage der Rotationsachse) der Pazifischen Platte im Verlauf des Tertiärs geändert hat. Die Pazifische Platte bewegt sich derzeit um etwa 5 Zentimeter pro Jahr. Daraus folgt, dass Hawaiʻi, die größte Insel, vor etwa 0,4 Mio. Jahren und Oʻahu vor etwa 3,7 Mio. Jahren über dem Manteldiapir, der sich gegenwärtig unter ʻihi befindet, gelegen haben muss.

Diese Abschätzungen beruhen auf der prinzipiellen Annahme, dass das aufsteigende Material des Plumes ortsfest und nur die Lithosphärenplatte in Bewegung ist. Sowohl Laborversuche als auch Untersuchungen von Relativbewegungen von Hotspot-Inselketten zeigen jedoch, dass auch Hotspots eine Eigenbewegung von 1-2 mm/Jahr zeigen können[2]. Gerade das Beispiel des Knicks in der Hawaii-Imperator-Kette gibt Anlass zur wissenschaftlichen Kontroverse: Eine Bewegungsänderung der Pazifischen Platte hätte mit einer gewaltigen Kollision der Platte vor ca. 43 Mio. Jahren einhergehen müssen. Sichtbare Anzeichen hierfür gibt es jedoch keine, so dass auch eine starke Eigenbewegung des Plumes in Betracht gezogen werden muss[3]. Paläomagnetische Untersuchungen stützen diese Annahme[4]. Unter Berücksichtigung der Rheologie des Erdmantels ist vielmehr wahrscheinlich, dass Richtungsänderungen von Inselketten auf Änderungen von Mantelströmen zurückgehen, die durch die Mantelkonvektion entstehen. Ein Vergleich paläotektonischer Rekonstruktionen bestätigt dies[5].

ʻihi befindet sich derzeit noch 900 m unter dem Meer, wird aber nach Meinung der Geologen in den nächsten Jahrmillionen eine Höhe von 4.000 m über NN erreichen. Sie bildete dann mit insgesamt 10.000 m Höhe eine größere Erhebung als der Mount Everest und wäre exakt so groß wie der Vulkan Mauna Kea heute. Diese These folgt der Ansicht Wilsons, dass das Wachstum aller Hotspot-Inseln immer gleich verlaufen wird. Das unterschiedliche Alter der Hawaii-Inseln zeigt sich u. a. in den verschiedenen Verwitterungsstadien, wobei die jüngste über den Meeresspiegel hinausragende Insel Hawaiʻi durch regelmäßige Vulkanausbrüche noch im Wachsen begriffen ist und die nordwestlichen Nachbarinseln bedingt durch Erosion und Subsidenz bereits wieder schrumpfen.

Bekannte Hotspots

Da die Identifikation kleinerer Plumes sehr schwierig ist, bleibt die genaue Anzahl unklar. In der Fachliteratur wurden Kataloge der weltweit beobachteten Hotspots in unterschiedlicher Zahl veröffentlicht. Etwa 50 davon konnten bislang durch seismologische Untersuchungen als Mantelplumes eindeutig verifiziert bzw. als sehr wahrscheinliche Kandidaten eingestuft werden. Die bekanntesten Beispiele für Hotspot-Vulkanismus sind neben den Hawaii-Inseln und Island die Eifel in Deutschland, die Galápagos-Inseln in Ecuador und der Yellowstone-Nationalpark in Wyoming.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. J.T. Wilson: Evidence from islands on the spreading ocean floor, Nature, 1963, Bd. 197, S. 536-538
  2. A. Davaille, F. Girard & M. L. Bars: How to anchor hotspots in a convecting mantle?, 2002, Earth and Planetary Science Letters, Bd. 203, S. 621-634
  3. I. O. Norton: Plate motions in the North Pacific: The 43 Ma nonevent, 1995, Tectonics, Bd. 14(5), S. 1080-432
  4. J. A. Tarduno & R. D. Cottrell: Paleomagnetic evidence for motion of the Hawaiian hotspot during formation of the Emperor seamounts, Earth and Planetary Science Letters, 1997, Bd. 153, S. 171-180
  5. J. Tarduno, H.-P. Bunge, N. Sleep & U. Hansen: The Bent Hawaiian-Emperor Hotspot Track: Inheriting the Mantle Wind, 2009, Nature, Bd. 324, S.50-53

Literatur

  • J. R. R. Ritter und U. R. Christensen: Mantel Plumes – A Multidisciplinary Approach, Springer-Verlag, 2007, Berlin, ISBN 978-3-540-68045-1

Weblinks


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