Hradschin

Hradschin
Hradčany
Hradčany (Prag) (Tschechien)
DEC
Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Hlavní město Praha
Gemeinde: Praha
Geographische Lage: 50° 5′ N, 14° 24′ O50.08944444444414.3972222222227Koordinaten: 50° 5′ 22″ N, 14° 23′ 50″ O

Hradschin (auch: Burgstadt, tschechisch: Hradčany) bezeichnet nicht, wie in der deutschsprachigen Literatur zumeist angenommen, die Prager Burg (Pražský hrad), sondern den gesamten Hügel- oder Bergsporn, auf dem die Burg steht, und insbesondere den westlich an die Burg angrenzenden Stadtteil Prags. Unweit steht das Kloster Strahov.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der an die Burg angrenzende Stadtteil Hradschin (Hradčany) wurde wahrscheinlich 1320 von dem Burggrafen Hynek Berka von Dubá als dritte Prager Stadt nach der Altstadt und der Kleinseite gegründet. Anders als die übrigen Prager Städte war sie jedoch keine freie Stadt, sondern unterstand den Burggrafen (bis 1598). Anfangs hatte die Ansiedlung nur den Raum um den Hradschiner Platz (Hradčanské náměstí) eingenommen. Unter Karl VI. wurde die Stadtanlage erweitert und in den gemeinsamen Mauerring mit der Kleinseite einbezogen.

Hradschiner Platz mit Blick auf die Burg, rechts das Palais Schwarzenberg

Nach einem verheerenden Brand 1541 erlebte die Stadt eine völlige Umgestaltung durch den Bau von Palästen für den Klerus (Erzbischof und Domherren) und den Adel. Wichtige böhmische Adelsfamilien wie die Salms, Schwarzenbergs, Czernins und Lobkowicz' errichteten hier ihre prachtvollen Residenzen. Nur die Anlage des Marktes beziehungsweise Platzes selbst blieb weitgehend unverändert. Die Hradschin-Stadt wurde 1598 durch Rudolf II. zur königlichen Stadt erhoben.

Brandplatz (Pohořelec) war die Vorstadt der Stadt Hradčany. Sie wurde 1375 von dem Burggrafen Aleš z Malkovic gegründet. Ihren Namen erhielt sie von den zahlreichen Bränden, besonders den drei großen Feuersbrünsten 1420, 1541 und 1742. Ihr heutiges Erscheinungsbild wird überwiegend durch den Barockstil bestimmt.

Im 19. Jahrhundert wurde der Hradschin mit der Stadt Prag vereinigt.

Sehenswürdigkeiten

Loretoplatz

Erzbischöflicher Palast
Loreto-Komplex

Der Loretoplatz / Loretánské náměstí entstand zwischen 1703 und 1726, als die Czernin / Černín die bisher hier stehenden Häuser kauften, abtragen ließen und den Platz neu gestalteten. Leicht erhöht steht das mächtige Palais Czernin, heute Sitz des tschechischen Außenministeriums, mit einer 150 m langen Hauptfront auf der einen Seite. Gegenüber befindet sich das Prager Loreto. Den Abschluss des Platzes bildet das Kapuzinerkloster.

Loreto in Prag

Die als Loreto bezeichneten Wallfahrtsorte gehörten schon immer zu den meistbesuchten in der katholischen Welt.

Nach dem Sieg der Habsburger bei der Schlacht auf dem weißen Berg, 1621, führte ein umfassender Rekatholisierungsprozess zur Gründung von Loreto-Wallfahrtsstätten in ganz Böhmen. Das erschien damals als geeignetes Mittel, das Interesse der böhmischen Bevölkerung an der katholischen Religion wiederzugewinnen.

In Prag handelt es sich dabei um ein fensterloses Häuschen, welches eine Nachbildung der in der italienischen Gemeinde Loreto in der Provinz Ancona befindlichen Santa Casa ist. Der Legende nach wurde sie im 13. Jahrhundert von einem Engel aus Palästina an ihre heutige Stelle übertragen. Dabei soll es sich um jenes Häuschen gehandelt haben, in dem der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria erschien und ihr die kommende Geburt des Erlösers verkündete.

Erzbischöflicher Palast

Der Bau des Prager Loretos (Pražská Loreta) dauerte von 1626 bis 1750. Im Jahre 1721 wurde die barocke Front durch Christoph und Kilian Ignaz Dientzenhofer nachträglich errichtet. Die Orgel stammt von Leopold Spiegel. Der Urheber des Skulpturenschmucks ist H. Kohl. Das 1694 in Amsterdam erstellte Glockenspiel ist im frühbarocken Turm untergebracht. Der Urheber des komplizierten Spielwerks, welches heute stündlich eine wehmütige Weise ertönen lässt, war der Prager Uhrmacher Peter Neumann.

Die Santa Casa, gegründet 1626 von Begina Katherina von Lobkowicz, steht im Innenhof und wurde von dem beauftragten italienischen Baumeister C. G. Orsi 1631 vollendet. Im 18. Jahrhundert wurde der Hof mit zwei von dem Prager Bildhauer J. M. Brüderle geschaffenen Brunnen ausgestattet.

Den bedeutendsten Teil des Loreto-Komplexes bildet die Schatzkammer mit Kleinoden, Juwelen und anderen märchenhaften Kostbarkeiten sowie Gemälden von großem kunsthistorischen Wert. Die weltberühmte Monstranz, eine Wiener Arbeit aus dem Jahre 1699, ist aus vergoldetem Silber angefertigt und mit 6222 Diamanten geschmückt. Sie ist 89,5 cm hoch, 70 cm breit und wiegt 12 kg.

Literatur

  • Tomáš Durdík: Osídlení 12.-13. století v severním předpolí Pražského hradu. (Die Besiedlung des nördlichen Vorfelds der Prager Burg im 12.-13. Jahrhundert.) Archeologické Rozhledy 30, 1978, S. 440–443.
  • Jan Frolík/ Katařina Tomková: Západní předpolí Pražského hradu - Hradčany a jejich archeologický výzkum v nejnovějším období. (Das westliche Vorfeld der Prager Burg – die Stadt Hradschin – und seine archäologische Erforschung in jüngster Zeit.) Archeologické Rozhledy 49, 1997, S. 65–71.
  • Umělecké památky Prahy 4. Pražský hrad a Hradčany. Praha 2000, ISBN 8020008322.

Weblinks


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