Hunnisch

Hunnisch

Der Begriff Hunnen ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe zentralasiatischer Reitervölker mit nomadischer, später halbnomadischer Lebensweise. Sie waren ursprünglich im Gebiet zwischen dem heute kirgisischen Yssykköl-See und der heutigen mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar beheimatet und sollten für die weitere asiatische und europäische Geschichte eine bedeutende Rolle spielen.

Inhaltsverzeichnis

Namensherkunft und -verwendung

Das Wort Hunne wird vom chinesischen Begriff für das Volk der Xiongnu abgeleitet. Es tauchte in abgewandelter Form als Ounnoi (lat. Chunni bzw. Hunni) im 2. Jahrhundert n. Chr. in der Geographie des Ptolemaios auf.[1] Dennoch hat die moderne Forschung bewiesen, dass dies kein Beleg dafür ist, dass Hunnen und Xiongnu identisch sein müssen; vielmehr geht die neuere Forschung zum größten Teil nicht mehr davon aus. Letztendlich handelte es bei den zentralasiatischen Stämmen um Nomadengruppen, die sich je nach politischen Umständen in rudimentären Herrschaftsbereichen organisierten, trennten und neu organisierten, so dass einige Fragen zu ihrer jeweiligen Zusammensetzung immer offen bleiben werden (siehe auch: Ethnogenese). Der Name der Xiongnu bürgte wohl für ein gewisses Prestige, weshalb dies als ein möglicher Grund für die Namensübertragung angenommen wird, auch wenn die Hunnen des 4. Jahrhunderts nicht mit den Xiongnu verwandt waren.[2]

In der spätantiken Geschichtsschreibung bezeichnet der Begriff Hunne schließlich oft nur ein Volk, welches aus der gewaltigen Steppenregion Zentralasiens stammte, ohne dass damit eine Aussage über die ethnische Zugehörigkeit verbunden wäre. Von der Sprache der Hunnen sind nur einige spärliche Überreste erhalten. Einige Forscher vertreten dabei die Ansicht, dass die Hunnen des 4. und 5. Jahrhunderts kein altaisches Idiom (wie bisweilen angenommen), sondern eine inzwischen ausgestorbene Sprache gesprochen haben.[3]

Aufgrund der sogenannten Hunnenrede Kaiser Wilhelms II. wird der Begriff Hunne (engl. "Hun") im englischen Sprachraum als Schimpfwort für Deutsche benutzt.

Die asiatischen Hunnen

Die Herkunft der heute im Allgemeinen als Hunnen bezeichneten Stämme hatte die ältere Forschung noch in Zusammenhang gesetzt mit dem Untergang des Xiongnu-Reiches. Das Xiongnu-Reich hatte sich um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. in einen nördlichen und einen südlichen Teil gespalten. Der südliche Teil wurde zu einem chinesischen Protektorat, während das Nordreich gegen Ende des 1. Jahrhunderts unterging, die Reste der Bevölkerung ging im Volk der Xianbei auf.[4]

In der älteren Forschung wurde nun angenommen, dass es eine Verbindung zwischen den Xiongnu und den späteren Hunnen gegeben habe. Die neuere Forschung ist, wie bereits angesprochen, diesbezüglich weitaus skeptischer, wenn sie diese These nicht sogar ganz aufgegeben hat.[5]

Aussagen zu treffen über die ethnische Herkunft der Hunnen ist weitgehend kaum möglich; auch in der neueren Forschung können höchstens Hypothesen gemacht werden. Dies ist auch dadurch bedingt, dass der Begriff „Hunne“ in den antiken Quellen teils als bloße Bezeichnung für Völker benutzt wurde, die in den pontischen Steppen nördlich des Schwarzen Meeres und Mittelasiens auftraten (ähnlich wie der Begriff „Skythen“). Ebenso waren diese Gruppen kaum ethnisch homogen zusammengesetzt. Zudem ist auch umstritten, welche in den chinesischen Quellen als „Hunnen“ bezeichnete Völkerschaften wirklich als Hunnen gelten dürfen. Viele dieser Völkerschaften hatten wahrscheinlich keine Gemeinsamkeit, außer ihrer nomadischen Lebensweise.[6]

Der eigentliche „Hunnensturm“ begann im 4. Jahrhundert: Im Jahr 350 begannen Angriffe einer als Chioniten bezeichneten hunnischen Gruppe gegen das Sassanidenreich unter Schapur II..

Die Chioniten eroberten Baktrien und drängten die Kidariten (eher als Reste der Yüe-tschi unter Kidara anzusehen) nach Afghanistan und Nordindien. Schapur II. schlug die Chioniten, die 359 als Hilfstruppen im römisch-persischen Krieg dienten und an der Belagerung der Festung Amida teilnahmen. Ihnen folgten die Hephthaliten (so genannte „Weiße Hunnen“, siehe auch das Geschichtswerk des Prokopios von Caesarea; sie waren aber nicht verwandt mit den „europäischen Hunnen“), die 425 den Syr-daja überschritten und bis 450 de facto die Herrschaft über die Chioniten übernahmen. Zu einem chronologisch unklaren Zeitpunkt (451 oder 484) endete auch die Zeit der Kidariten. Die Weißen Hunnen hatten wesentlichen Anteil am Niedergang des indischen Großreichs der Gupta und führten auch mehrere Auseinandersetzungen mit Persien (484 Tod des Sassaniden Peroz I., 498/99 Einmischung in die sassanidischen Thronstreitigkeiten).[7]

Die europäischen Hunnen

Der Einfall der Hunnen in Europa

Der Beginn der Völkerwanderung

Zur Zeitenwende beherrschten indogermanische Stämme aus der Gruppe der mit den Skythen verwandten Sarmaten die Steppe Osteuropas (Iazygen, Roxolanen, Alanen), im 3. Jahrhundert kamen die Goten dazu.

Das änderte sich, als ein Teil der so genannten „Schwarzen Hunnen“ in den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts die große Völkerwanderung auslöste. Als Grund wird eine Klimaänderung vermutet, so dass die Nahrung für die Herden, die Lebensgrundlage der Nomaden, knapp wurde. Darüber, sowie über die genaue Herkunft dieser Hunnen, sind jedoch nur Spekulationen möglich. Unter ihrem Führer Balamir (oder Balamber, dessen Historizität aber zweifelhaft ist) überschritten die Hunnen die Wolga. Dort zerschlugen sie gegen 374 das Reich der Alanen im Gebiet der Wolga und des Kaukasus und schlossen ein Bündnis mit ihnen. Auf der Tauris-Halbinsel (Krim) zerstörten sie 375 das Reich der Greutungen Ermanarichs (vgl. vor allem Ammianus Marcellinus, 31, 2f.). Teile der Greutungen flohen jedoch vor dem Zugriff der Hunnen nach Westen.[8]

In der Folgezeit erreichten die Hunnen die Grenzen des oströmischen Reiches, so dass die Terwingen ca. 394 aus dem Schwarzmeergebiet flohen. Die Schwarzen Hunnen haben einen geradezu dämonischen Eindruck auf ihre Feinde gemacht: Bei ihnen war es, nach Angaben des Jordanes, Sitte, den männlichen Kleinkindern die Gesichter zu zerschneiden, um den Bartwuchs zu verhindern. Die Krieger schmierten sich Schwarzerde in die Kampfwunden, damit sich dort dickhäutige Narben bildeten. Auch praktizierten sie die Sitte der Schädeldeformation, weshalb viele Hunnen hohe Turmschädel aufwiesen. Derartig deformierte Schädel wurden sowohl in Thüringen als auch am Talas (Kirgisistan) gefunden. Der Oberkopf wurde als äußeres Zeichen ihrer Unterwerfung kahlgeschoren, da nur der als "Khagan" bezeichnete Hordenführer das Recht besaß, langes Haupthaar zu tragen.

"Die Hunnen im Kampf mit den Alanen": Phantasiedarstellung (1873) von Johann Nepomuk Geiger (1805-1880). Die Reitkunst und Bewaffnung der Hunnen sind vermutlich realistisch dargestellt. Es fehlen jedoch die Steigbügel. Die dargestellte asiatische Physiognomie erweckt den Eindruck von Homogenität, der wohl nicht der Wahrheit entspricht.

Bezüglich der Kampftechnik zu Pferde waren die Hunnen den Europäern weit überlegen: Wie alle zentralasiatischen Reiterhirten waren auch sie außerordentliche Reiter und Bogenschützen und beherrschten die Technik des Parthischen Manövers, bei der in vollem Galopp nach hinten geschossen wurde. Die besten Bogenschützen trugen bunte Bänder in ihren langen Zöpfen. Mit den Hunnen kam eine revolutionäre Erfindung nach Europa: stabile Sättel mit eingearbeiteten Steigbügeln. Die Römer kannten zwar auch leichte Sättel, aber keine Steigbügel. Durch den stabilen Halt und die Steigbügel war die hunnische Reiterei in der Lage, beidhändig vom Pferde aus zu kämpfen, da sie dieses nun mit den Schenkeln lenken konnten. Die Europäer, welche das parthische Manöver nicht beherrschten und im Mittelalter schwere Ritterrüstungen trugen, führten zwar auch einen eingeschränkten Kampf zu Pferde, bevorzugten jedoch den Kampf von Mann gegen Mann.

Hunnische Führungsprobleme

Die Hunnen hatten zunächst keine umfassend anerkannte Führungsspitze. So stellten sie keine besondere Gefahr dar und konnten sogar gruppenweise an diversen Orten in römischen Sold genommen werden.

Bekannt wurden die Anführer Basich und Kursisch, die 395 über den Kaukasus kamen und römisches wie persisches Gebiet zwischen Antiochia und Ktesiphon plünderten, bis sie von den Persern geschlagen wurden. Der Grund für den Raubzug war eine Hungersnot auf ihrem Gebiet - sie trieben unzählige Rinder ab. Später suchten sie in Rom um ein Bündnis nach. Im gleichen Zeitraum spielte sich Uldin als Anführer der Hunnen gegenüber den Römern in den Vordergrund, bis er aufgrund von Misserfolgen um 408/09 von der Bühne der Geschichte verschwand. Der nächste Anführer scheint Charaton gewesen zu sein. Er ist für 412/13 belegt.

Greifbarer werden die nächsten Anführer, die Brüder Mundschuk, Oktar und Rua (der jedoch vielleicht nicht mitregierte). Nach Oktars Tod 430 (angeblich durch Völlerei), regierte Rua über den Großteil der europäischen Hunnen. Rua war der erste, der eine einheitliche Führung der Hunnen gewährleisten konnte, was sich in einer energischeren Außenpolitik niederschlug. Die Römer einigten sich mit ihm auf einen Waffenstillstand und mussten mäßige Tributzahlungen leisten. Dafür versprach der Hunne, Rom im Bedarfsfalle Truppen zu stellen, was z.B. im Falle der Burgunden-Kriege auch geschah (Nibelungensage).

Der Großkönig Attila

Nach dem plötzlichen Tode Ruas (angeblich Frühjahr 434) wurde das Reich zwischen seinen Neffen bzw. Mundschuks Söhnen Bleda und Attila geteilt. Bleda erbte den Osten, Attila den Westen des Reiches. Die beiden sollen gemeinsam regiert haben, aber Attilas Name wird bei allen politischen und kriegerischen Aktionen trotzdem allein erwähnt.

Im Auftrag des weströmischen Feldherren Aëtius zerschlugen hunnische Hilfstruppen 436 das Reich der Burgunden, das sich seit 400 am mittleren Rhein befand. Dadurch wurde der Hunnen-König Attila, der daran aber nicht beteiligt war, ein wichtiger Bestandteil der deutschen Heldensage: Er ist der König Etzel des Nibelungenliedes.

Zu einem nicht ganz geklärten Zeitpunkt Ende 444/Anfang 445 wurde Bleda von Attila ermordet. Da auch ein Münzschatz bei Szikancs (Ost-Ungarn, 1439 byzantinische Goldmünzen, die letzte von 443) zu diesem Zeitpunkt vergraben und nicht wiedergeholt wurde, scheint sein Anhang ebenfalls ausgeschaltet worden zu sein. Vielleicht wollte Bleda also im Frühjahr 445 seinerseits den Bruder von der Macht verdrängen. Er war sich wichtiger Stimmen der kommenden Fürstenversammlung sicher, da ließ ihn Attila kurz vor der Ankunft der Stammes- und Klanfürsten durch Attentäter ermorden. Unter dem Alleinherrscher Attila erreichte die Macht der Schwarzen Hunnen ihren Höhepunkt.

Mitte des 5. Jahrhunderts begannen die Schwarzen Hunnen, sesshaft zu werden: Das Hauptsiedlungsgebiet des Volkes lag zwischenzeitlich in der Theißebene, wo Attila seit 444 seinen Heersitz hatte; die Schwarzen Hunnen Europas verloren den Kontakt zu den anderen hunnischen Völkern. Attila bekam einen Palast aus Holz, von Pfählen umzäunt, auch wenn die Hunnen immer noch im Zelt lebten. Ein Minister badete sogar in seinem eigenen Bad, die Ausnahme schlechthin. Es gab eine frühfeudale Rangordnung am Hofe. Verdiente Leute wurden dank römischen Goldes mit Pensionen versorgt, hatten Güter oder Vorrechte - so z.B. durfte der einflussreiche Minister Onegesius seine Gefangenen behalten. Aber der römische Dienst war eben doch attraktiver - Attila forderte Hunnen als entlaufene Vasallen vom oströmischen Kaiser zurück.

In den Jahren zwischen 441 und 447 verwüstete Attila den gesamten Balkanraum und legte die Städte Singidunum, Serdica und Ratiaria in Schutt und Asche. Er zwang den damaligen oströmischen Kaiser Theodosius II. zu hohen Tributzahlungen. Kaiser Markian jedoch stellte die Tributzahlungen ein; Attila musste sich nach einer neuen Quelle umsehen, zumal die europäischen Provinzen Ostroms bereits verwüstet waren.

Dieses Diagramm zeigt die Wege, die von den Hunnen wahrscheinlich bei ihrer Invasion Galliens 451 benutzt wurden, und die Schicksale der Städte auf ihrem Weg.

Attila zog schließlich gegen Westrom: Er marschierte quer durch Germanien und traf in Gallien 451 auf seinen einstigen Verbündeten Flavius Aëtius, den Statthalter Westroms: Dieser war zwischenzeitlich mit den Stammeskönigen der Franken, Burgunden und Westgoten verbündet und schlug Attila und dessen ostgotische, gepidische u.a. Vasallen in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern zurück. Die Schlacht endete ohne Sieger, beide Seiten hatten schwere Verluste, aber die Moral der Hunnen war erschüttert, zumal Attila den Rückzug antreten musste.

Attila zog dann nach Italien und verwüstete mehrere Städte (u.a. Aquileia), musste sich dann aber in die Ungarische Tiefebene zurückziehen; die angebliche Begegnung mit Papst Leo dem Großen, der Attila davon abgehalten haben soll, Rom zu plündern, ist vielleicht nicht historisch. Aber im Grunde stellte Attila bereits seit seinem Rückzug aus Gallien keine ernsthafte Gefahr mehr dar. (Wobei das wieder eine Frage der Sichtweise ist, denn immerhin hat sich Attila für das Risiko eines Raubzuges in Gallien, weit entfernt von seinem natürlichen Stammland, gut gehalten.) Auch Ostrom lehnte weitere Tributzahlungen ab; gleichzeitig griffen oströmische Truppen hunnisches Gebiet an.[9]

Verfall und Untergang

Im Jahre 453 heiratete Attila die Gotin Hildico und starb bereits in der Hochzeitsnacht, laut Überlieferung an einem Blutsturz. Nun begann der rasche Verfall des Schwarz-Hunnen-Reiches. Durch innere Auseinandersetzungen (Abfall der Gepiden, Ostgoten und anderen) um 454/55 stark zerrissen, verloren sie endgültig ihre Schlagkraft. Ellac (Ellak, İleks) fiel 454 in der Schlacht am Nedao, Dengizich 469 im Krieg gegen Ostrom. Hunnen dienten später noch als Söldner, etwa für Ostrom (während der Kriege Justinians wurden sie unter anderem von Belisar eingesetzt).

Die Schwarzen Hunnen gingen nun in anderen Völkern auf. Ein Teil von ihnen (unter Ernak) wurde unter römischer Oberherrschaft in der späteren Dobrudscha angesiedelt. Diese Volksteile sollten einen der Grundstöcke für die späteren Gagausen bilden. Andere ließen sich an der heutigen serbisch-bulgarischen Grenze nieder und gingen in den slawischen Vorfahren der heutigen Mazedonier auf. Eine dritte Gruppe verblieb im heutigen Ungarn (der Name „Ungarn“ wird fälschlicherweise auf die Hunnen zurückgeführt) und zog in der Folgezeit auch nach Siebenbürgen weiter: Aus ihnen wurde angeblich im 9. Jahrhundert der magyarische Volksstamm der Szekler, dies ist jedoch sehr zweifelhaft, da andere Erklärungen für die Herkunft der Szekler weit glaubhafter sind.

An den Läufen der unteren Wolga siedelten ebenfalls noch Reste der Hunno-Bulgaren. Vereinzelte hunnische Volkssplitter wurden noch in den Jahren zwischen 539 und 540 von oströmischen Geschichtsschreibern erwähnt, als diese bis nach Korinth und Konstantinopel vorstießen. Die Oströmer/Byzantiner hetzten schließlich ihre Fürsten Sandilkh (Utriguren) und Zabergan (Kutriguren) 558/60 aufeinander, dazu griffen die Awaren an. So sollten auch jene Reste in anderen Turkvölkern aufgehen: Als wichtigste Nachfolgestämme seien hier nur die Wolgabulgaren, Chasaren, Petschenegen und Kumanen genannt.

Materielle Kultur der europäischen Hunnen

Als typisches Kennzeichen der Schwarzen Hunnen Europas gelten runde bronzene Metallspiegel, die die Hunnen allgemein von den Chinesen übernommen hatten und den Toten als Grabbeigabe mitgegeben wurden. Genauso wie eigentümliche große Kupferkessel (bis 50 kg schwer, am Rand mit Schuppen verziert), die ebenfalls aus China stammten und wahrscheinlich als Opfergefäße verwendet wurden. Diese Bronzekessel fanden sich in Ungarn ebenso wie in Rumänien, Kasachstan, Russland samt Permgebiet und in Minussinsk. Charakteristische hunnische Ziermotive sind der Lebensbaum und Raubvögelköpfe, vor allem der Adler erfreute sich bei den Hunnen großer Beliebtheit, wie bei den iranischen Steppenvölkern (Sarmaten, Alanen), von denen auch die Goten und andere Germanenstämme das Adlermotiv übernommen hatten.

Die Krieger der Schwarzen Hunnen kämpften meist beritten mit dem enorm durchschlagskräftigen Kompositbogen, für den Nahkampf zu Pferde verwendeten sie ein sehr langes zweischneidiges Schwert, das auch als sarmatisches Langschwert oder sassanidisches Langschwert bezeichnet wird. Für den Kampf zu Fuß führten alle Hunnen ein einschneidiges, säbelartiges Kurzschwert mit. Die Hunnen waren selten schwer berüstet, neben der Leder- und Fellkleidung wurden Fellmützen oder Spangenhelme getragen.

Hunnische Gräber sind in der Regel Einzelgräber, oft in der Nähe von Flüssen angelegt. Oftmals wurden den hunnischen Kriegern Reitsattel, Lasso, Reitpeitsche und Zaumzeug ihrer Pferde, manchmal sogar die Tiere selbst mit ins Grab gegeben. Typisch für hunnische Frauen waren große Ohrringe, die Vornehmen unter ihnen trugen Stirnbänder aus Gold, verziert mit rotem Almandin und Perlmutteinlagen.

Zur Religion

Der Großteil der Hunnen hatte zu Zeiten Attilas unverändert eine naturverbundene Religion, wie zu jener Zeit, als sie aus Asien kamen. Man übte Wahrsagung und Schamanismus aus, wobei die Schamanen am Namenskürzel "-kam" (Atakam, Eskam) zu erkennen waren. Eingeweideschau und Schulterblattschau als Mittel der Vorhersage sind überliefert, wobei Jordanus nicht angab, ob die Schulterblätter dabei wie in Asien im Feuer erhitzt wurden. Die Naturkräfte waren göttlich, ähnlich wie schon bei den Xiongnu, bei denen "Tang Kök/Gök Tengri", der Himmel, die höchste Gottheit war. So wuschen die Hunnen sich und ihre Kleider bis auf wenige Ausnahmen (Attila selbst) nicht. Sicherlich galt auch das fließende Wasser wie bei den Mongolen als lebendig und musste entsprechend rein gehalten werden.

Für die Hunnen war der Herrscher gottähnlich, denn er sah sich von Gott (Tang Tengri) zum Herrscher und König (Yabgu/Tangriqut) ernannt und wurde mit der Sonne (Tang Kun/Gün Tengri) verglichen. Jedenfalls vertrat man gegenüber einem römischen Vermittler die Gottähnlichkeit Attilas, der aber zumindest gegenüber seinen Hunnen ein bescheidenes Äußeres pflegte.

Es gibt auch Hinweise auf erfolgreiche katholische Missionierungsversuche bei den Hunnen. Allerdings zeugen die unverändert anhaltenden Plünderungen - und damit verbundenen Gewalttaten in Kirchen - davon, dass es sich hierbei bloß um römische Wunschträume handelte. Es gab zwar nach wie vor eine sesshafte katholische Bevölkerung im hunnisch besetzten Pannonien, aber die Hunnen übernahmen offensichtlich nicht den Glauben der Besiegten. Attraktiver dürfte der arianische Glauben der Goten gewesen sein, die im Rang den Hunnen fast gleichkamen.

An Kultgegenständen gab es Idole aus Gold und Elektron wie bei den Sarmaten und Alanen, des weiteren Amulette und schamanistisch geprägte Masken. Einige Idole wurden vom Hunnenführer Grod um 528 eingeschmolzen, um Münzen herzustellen, was seine Hinrichtung durch seinen Bruder zur Folge hatte.

Literatur

  • Franz Altheim: Geschichte der Hunnen. 5 Bde. Berlin 1959ff.
    (Älteres und teils überholtes Standardwerk)
  • Bodo Anke: Studien zur reiternomadischen Kultur des 4. bis 5. Jahrhunderts. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Bd 8. Wilkau-Haßlau 1998. ISBN 3-930036-11-8
  • Attila und die Hunnen. Begleitbuch zur Ausstellung. Hrsg. vom Historischen Museum der Pfalz, Speyer. Stuttgart 2007.
  • Istvan Bóna: Das Hunnenreich. Theis, Stuttgart 1991. ISBN 963-13-3356-6
    (Vor allem aufgrund der Einbeziehung archäologischer Erkenntnisse lesenswert)
  • Peter J. Heather: The Huns and the end of the Roman Empire in Western Europe. In: English Historical Review. 110 (1995), S. 4–41. ISSN 0013-8266
  • Otto J. Maenchen-Helfen: Die Welt der Hunnen. Deutsche Übersetzung von Robert Göbl. Wiesbaden 1997.
    (Deutsche Erstaufl. 1978. Standardwerk, teils lückenhaft, dt. Fass. auf neuerem Stand)
  • Wilfried Menghin (Hrsg.): Germanen, Hunnen und Awaren. Schätze der Völkerwanderungszeit. Die Archäologie des 5. und 6. Jahrhunderts an der mittleren Donau und der östlich-merowingische Reihengräberkreis. Ausstellungskataloge des Germanischen Nationalmuseums. Nürnberg 1987. ISBN 3-9801529-4-4
  • Timo Stickler: Die Hunnen. München 2007. ISBN 978-3-406-53633-5
    (Kompakte Einführung in die Geschichte der Hunnen in der Reihe C.H.Beck Wissen; Besprechung bei H-Soz-u-Kult)
  • Edward A. Thompson: The Huns. Oxford 1999, 2000. ISBN 0-631-21443-7
    (Werk aus den 40er Jahren, mit einem Nachwort von Peter Heather)

Weblinks

Anmerkungen

  1. Ptolemaios 3,5,10. Diese Gleichsetzung wird nun allgemein akzeptiert, siehe Martin Schottky: Huns. In: Encyclopedia Iranica; Stickler, Die Hunnen, S. 24.
  2. Vgl. Stickler, Die Hunnen, S. 20–26.
  3. Gerhard Doerfer: Zur Sprache der Hunnen. In: Central Asiatic Journal 17 (1973), S. 1–50.
  4. David Andrew Graff: Medieval Chinese warfare. Cambridge 2002, S. 39f. ISBN 0-415-23954-0
  5. Vgl. etwa Denis Crispin Twitchett, Michael Loewe (Hrsg.): The Cambridge History of China. Bd 1. Cambridge 1986, S. 383ff. ISBN 0-521-24333-5
  6. Vgl. Hunnen. in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd 15. de Gruyter, Berlin 2000, S. 246ff. ISBN 3-11-016649-6
  7. Vgl. zur Verquickung der Geschichte der Hephthaliten und Sassaniden etwa Klaus Schippmann: Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches. Darmstadt 1990, S. 32ff. ISBN 3-534-07826-8
  8. Vgl. zur folgenden Geschichte die einschlägigen Handbücher zur Spätantike sowie Maenchen-Helfen: Welt der Hunnen. Wiesbaden 1997. ISBN 3-928127-43-8; Allgemein und recht aktuell etwa Peter J. Heather: The Fall of the Roman Empire. London 2005, S. 145ff. ISBN 0-330-49136-9
  9. Vgl. Heather: Fall of the Roman Empire, S. 333ff.

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