Hydraulikflüssigkeit

Hydraulikflüssigkeit
Zweiwegebagger mit umfassender Hydraulikanlage

Eine Hydraulikflüssigkeit ist ein Fluid, das zur Übertragung von Energie (Volumenstrom, Druck) in Hydrauliksystemen in der Fluidtechnik benötigt wird. Der Gesamtmarkt der Hydrauliköle stellt nach den Motorenölen den zweitgrößten Bereich der Schmiermittel dar. In Deutschland werden jährlich etwa 150.000 t verbraucht, davon etwa 60.000 t bei mobilen Anwendungen.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Hydraulikflüssigkeiten müssen gute Schmiereigenschaften, eine hohe Alterungsbeständigkeit und ein hohes Benetzungs- und Haftvermögen aufweisen. Außerdem benötigen sie einen hohen Flammpunkt und einen niedrigen Pourpoint. Zum Einsatz in hydraulischen Systemen ist eine Verträglichkeit mit Dichtungen sowie eine Harz- und Säurefreiheit wichtig. Weitere Eigenschaften sind ein geringer Temperatureinfluss auf die Viskosität (sowohl dynamische als auch kinematische Viskosität), eine geringe Kompressibilität und eine Scherstabilität sowie eine geringe Schaumbildung.

Zu den Aufgaben der Hydraulikflüssigkeiten gehört vor allem die möglichst verlustfreie Übertragung der hydraulischen Leistung von der Pumpe zum Motor bzw. Zylinder. Neben dieser Hauptaufgabe erfüllt die Hydraulikflüssigkeit die Schmierung und den Korrosionsschutz für die beweglichen Teile (Kolben-, Schiebegleitflächen, Lager, Schaltelemente) und die Metalloberflächen des hydraulischen Systems. Außerdem führt sie Verunreinigungen (beispielsweise durch Abrieb), Wasser und Luft sowie Verlustwärme ab.

Typen

Je nach Verwendungszweck und geforderter Eigenschaft bestehen Hydraulikflüssigkeiten aus unterschiedlichen Typen von Flüssigkeiten auf unterschiedlicher Materialbasis.

Hydrauliköle auf Mineralölbasis

Die am häufigsten eingesetzten Hydraulikflüssigkeiten werden auf Mineralölbasis mit entsprechenden Additiven hergestellt. Sie werden auch als Hydrauliköl bezeichnet. Die Anforderungen an diese Hydrauliköle sind in der ISO 6743/4 mit den Bezeichnungen HL, HM, HV festgelegt. In Deutschland sind die Bezeichnungen H, HL, HLP, HVLP nach DIN 51 524 üblich.

H: ohne Wirkstoffzusätze, entsprechen den Schmierölen nach DIN 51 517. Diese Hydrauliköle finden heute kaum noch Verwendung.

HL: mit Wirkstoffen zum Erhöhen des Korrosionsschutzes und der Alterungsbeständigkeit (auch HL nach DIN 51 524, Teil 1). Sie werden bei Drücken bis 200 bar eingesetzt und genügen den üblichen thermischen Belastungen.

HM: mit Wirkstoffen zum Erhöhen des Korrosionsschutzes, der Alterungsbeständigkeit sowie zur Verminderung des Fressverschleißes im Mischreibungsgebiet (auch HLP nach DIN 51 524, Teil 2)

HV: mit Wirkstoffen zum Erhöhen des Korrosionsschutzes, der Alterungsbeständigkeit, zur Verminderung des Fressverschleißes im Mischreibungsgebiet sowie zur Verbesserung des Viskositäts-Temperatur-Verhaltens (auch HVLP DIN 51 524, Teil 3)

HLPD: mit Wirkstoffen zum Erhöhen des Korrosionsschutzes, der Alterungsbeständigkeit und detergierenden Zusätzen (deutsche Bezeichnung, nicht genormt)

Neben diesen genormten Hydraulikölen können auch Motoren- und Getriebeöle für mobile Hydraulikanwendungen genutzt werden. Vor allem die ATF-Öle (Automatic Transmission Fluid) werden in hydrodynamischen Wandlern eingesetzt.

Schwer entflammbare Flüssigkeiten

Eine zweite Gruppe stellen die schwer entflammbaren Flüssigkeiten dar, die vor allem dort eingesetzt werden, wo Mineralöle aufgrund hoher Brandrisiken nicht nutzbar sind. Insbesondere für den Einsatz im Steinkohlebergbau und in der zivilen Luftfahrt ist der Einsatz von schwer entflammbaren Flüssigkeiten vorgeschrieben. Sonstige Hauptanwendungen sind Anlagen, bei denen die Hydraulikflüssigkeit bei Leckagen mit glühendem oder heißem Metall oder offenem Feuer in Berührung kommen kann (Druckgiessereien, Schmiedepressen, Kraftwerksturbinen, Hütten- und Walzwerke).

Die schwer entflammbaren Flüssigkeiten werden in folgende Gruppen eingeteilt:

HFA: Öl-in-Wasser-Emulsionen mit einem Wassergehalt von mehr als 80 % und Konzentrat auf Mineralölbasis oder auf Basis von löslichen Polyglykolen. Bei Konzentrat auf Mineralölbasis besteht Gefahr der Entmischung und des Mikrobenwachstums. Die Flüssigkeit ist schwer entflammbar und einsetzbar für Temperaturen zwischen +5 °C bis +55 °C, aufgrund der sehr niedrigen Viskosität entstehen hohe Leckverluste.

HFB: Wasser-in-Öl-Emulsionen mit einem Wassergehalt von mehr als 40 % und Mineralöl. Die Flüssigkeit ist schwer entflammbar und einsetzbar für Temperaturen zwischen +5 °C bis +60 °C. In Deutschland ist sie aufgrund mangelhafter brandtechnische Eigenschaften nicht zugelassen und wird selten verwendet.

HFC: Wasserglykole mit einem Wassergehalt über 35 % und Polyglykol-Lösung. Die Flüssigkeit ist schwer entflammbar und einsetzbar für Temperaturen zwischen -20 °C bis +60 °C sowie Drücken von bis zu 250 bar. Handelt sich um die häufigste Hydraulikflüssigkeit unter den schwer entflammbaren Flüssigkeiten.

HFD: Wasserfreie Synthetische Flüssigkeiten mit einer höheren Dichte als Mineralöl oder Wasser (nicht HFD-U), können Probleme beim Ansaugverhalten von Pumpen verursachen und greifen viele Dichtungswerkstoffe an. Die Flüssigkeit ist schwer entflammbar und einsetzbar für Temperaturen zwischen -20 °C bis +150 °C. Dabei handelt es sich je nach Hauptbestandteil um folgende Typen:

  • HFD-R: Phosphorsäureester
  • HFD-S: wasserfreie chlorierte Kohlenwasserstoffe
  • HFD-T: Mischung aus HFD-R und HFD-S
  • HFD-U: wasserfreie andere Zusammensetzung (bestehend aus Fettsäureestern)

Umweltfreundliche Hydraulikflüssigkeiten

Für den Einsatz in biologisch kritischer Umgebung (Baumaschinen in Wasserschutzgebieten, Forstmaschinen im Wald, Pistengeräte im Gebirge etc.) wurden Hydraulikflüssigkeiten entwickelt, die biologisch abbaubar sind. Diese Fluide können aus Mineralöl produziert werden, oft werden sie aber auf Basis nachwachsender Rohstoffe, wie z. B. pflanzlicher Öle hergestellt. Biologisch abbaubare Fluide aus nachwachsenden Rohstoffen werden auch als Biohydraulikflüssigkeiten bezeichnet. Umweltfreundliche Hydraulikflüssigkeiten sind Schadstoffe der Schadstoffklasse I, die Kennzeichnung ist HE (Hydraulic Environmental).

Bei den umweltfreundlichen Hydraulikflüssigkeiten werden folgende Typen unterschieden:

  • HETG (Basis Triglyceride= pflanzliche Öle): Diese Fluide sind biologisch sehr gut abbaubar und i.d.R. nicht wassergefährdend. Gegenüber Mineralölen besitzen sie eine geringere Alterungsbeständigkeit und können nur eingeschränkt unter Temperaturbelastung eingesetzt werden.
  • HEPG (Basis Polyglykole): Polyglycole werden aus Mineralöl hergestellt, sie sind biologisch sehr gut abbaubar und nicht wassergefährdend. Ihre Eigenschaften sind mit denen von Mineralölen vergleichbar, sie sind wasserlöslich und nicht mit Mineralölen oder Pflanzenölen mischbar.
  • HEES (Basis synthetische Ester): Synthetische Ester können sowohl auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen als auch auf Basis von Mineralöl produziert werden. Sie sind biologisch sehr gut abbaubar und nicht wassergefährdend oder erfüllen die Wassergefährdungsklasse 1. Sie besitzen eine hohe Alterungsbeständigkeit und sind gegenüber extremen Arbeitstemperaturen unempfindlich.
  • HEPR (andere Basisflüssigkeiten, in erster Linie Poly-alpha-olefine).

Der Anteil der Biohydraulikölen konnte in Deutschland in den letzten Jahren massiv gesteigert werden; er betrug im Jahr 2000 nur etwa 3 % und stieg bis 2005[1] auf fast 20 % des Gesamtmarktes.[2] Einer der zentralen Gründe hierfür stellt das Markteinführungsprogramm Bioschmierstosffe des BMELV dar, bei dem die Umstellung auf Bioschmierstoffe in den Jahren 2000 bis 2008 gezielt gefördert wurde.

Wasser

Wasser ist als Hydraulikflüssigkeit in jeder Hinsicht unbedenklich. Reines Wasser wird aber in der Leistungshydraulik nicht verwendet, stattdessen wird es mit Öl zu einer Emulsion gemischt, ähnlich dem Kühlschmiermittel bei spanabhebenden Maschinen. Die erste technische Nutzung der Hydraulik erfolgte mit Wasser als Fluid. Wasser hat eine praktisch konstante niedrige Viskosität. Der Kompressionsfaktor liegt bei ca. 60 % des Wertes des Hydrauliköls.

Einteilung:

  • Leitungswasser (gefiltert)
  • Technisches Wasser (Wasser-Öl-Emulsion)
  • See- bzw. Salzwasser (gefiltert, wegen der Aggressivität nicht geeignet)

Belege

  1. Volker Lenz, Michael Weber: Schmier- und Verfahrensstoffe. In: Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow 2006; Seiten 239–261 (PDF-Download)
  2. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (Hrsg.): Daten und Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen. Gülzow 2006; Seite 57 (PDF-Download)

Literatur

  • Robert Bosch GmbH: Taschenbuch für Handwerk und Industrie.' 6. Auflage, Herausgegeben von der Robert Bosch GmbH, 2005; S. 525-527. ISBN 978-3-87125-501-4

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