IEEE 802.1X

IEEE 802.1X
Ein WLAN-Client muss authentifiziert werden, bevor er auf weitere LAN-Ressourcen zugreifen darf.
Gliederung des Standards im IEEE-Modell

IEEE 802.1X ist ein Standard zur Authentifizierung in Rechnernetzen.

Der Standard IEEE 802.1X stellt eine generelle Methode für die Authentifizierung und Autorisierung in IEEE 802-Netzen zur Verfügung. Am Netzwerkzugang, einem physischen Port im LAN, einem logischen IEEE 802.1Q VLAN oder einem WLAN, erfolgt die Authentifizierung eines Teilnehmers durch den Authenticator, der mittels eines Authentifizierungsservers (RADIUS-Server) die durch den Teilnehmer (Supplikant) übermittelten Authentifizierungsinformationen prüft und gegebenenfalls den Zugriff auf die durch den Authenticator angebotenen Dienste (LAN, VLAN oder WLAN) zulässt oder abweist. Bei der Schreibweise ist laut IEEE ein Großbuchstabe zu verwenden, da IEEE 802.1X ein allein stehender Standard ist und keine Ergänzung eines bestehenden Standards.

Durch diese Möglichkeit der Nutzung eines Authentifizierungsservers kann auch lokal unbekannten Teilnehmern der Netzzugang ermöglicht werden. Zum Beispiel können Angehörige vieler Hochschulen mittels eduroam an anderen Hochschulen WLAN nutzen, ohne dass dort ein für jedermann offener Gastzugang oder ähnliches eingerichtet werden muss.

Der Standard empfiehlt das Extensible Authentication Protocol (EAP) oder das PPP-EAP-TLS Authentication Protocol zur Authentifizierung, da keine eigenen Authentisierungsprotokolle definiert werden.

Inhaltsverzeichnis

Supplicant

Supplicants (deutsch Bittsteller) sind alle IEEE 802.1X-authentifizierfähigen Geräte (s. IEEE 802.1X Artikel 5.1 „Requirements“), die sich gemäß Netzwerkpolitik am Netzwerk authentifizieren müssen, bevor dem Netzwerkgerät der Zugriff auf die Ressourcen des Netzwerks erlaubt wird. In der Praxis wird der Supplicant in Form einer Softwareimplementierung umgesetzt. Beispielsweise unterstützt Windows XP (inkl. SP2) eine Supplicant-Implementierung nativ. Weiterhin kann man sich auch der freien Supplicant-Implementierungen aus den Projekten von Open1x oder SecureW2 bedienen um eine IEEE-802.1X-Infrastruktur aufzubauen. Nicht alle Netzwerkkomponenten (wie z. B. Netzwerkdrucker) sind jedoch in der Lage, sich über IEEE 802.1X am Netzwerk zu authentifizieren. Oft fehlt alter und sogar neuerer Hardware die IEEE 802.1X Supplicant-Implementierung. Diese Tatsache stellt bei der Einführung von IEEE 802.1X in Produktivsystemen den größten Kritikpunkt an IEEE 802.1X dar. Einige Switches stellen für dieses Problem z. B. die „MAC-Bypass“-Funktion bereit. Damit ist es möglich, das Netzwerkgerät anhand der MAC-Adresse zu authentifizieren. Somit können auch Geräte authentifiziert werden, die keine IEEE-802.1X-Supplicant-Implementierung besitzen.

Authenticator

Zwischen dem Supplicant und dem zu schützenden Netzwerk existiert der Authenticator. Die Rolle des Authenticators ist es, die Authentizität des Supplicants zu überprüfen, ähnlich der Rolle eines Türstehers im Rahmen einer Ausweiskontrolle. Kann sich der Supplicant gegenüber dem Authenticator erfolgreich mit gültigen Credentials (zu dt. „Berechtigungsnachweis“ oder „Legitimation“) ausweisen, wird dem Supplicant der Zugriff auf das Netzwerk durch den Authenticator gewährt. Schlägt die Authentifizierung fehl, wird der Zugriff verweigert. Der Authenticator kann in der Praxis ein IEEE 802.1X fähiger Switch, Router oder IEEE 802.11 WLAN Access Point sein. Die Credentials werden i.d.R. von dem Authenticator bei einem „Authentication Server“ angefragt. Der Authentication-Server findet sich im IEEE-802.1X-Modell in einem vertrauenswürdigen Netzwerk wieder.

Port Access Entity: PAE

Die PAE, welche in der Praxis als Port am Switch vorgestellt werden kann, implementiert hierbei einen Zustandsautomaten, indem immer der jeweilige Authentifizierungszustand zwischen Supplicant und Authenticator am kontrollierten Port abgebildet ist. Der IEEE 802.1X sieht für die Zugriffseinstellung im PAE drei mögliche Zugriffsmodi für Supplicants vor:

  • ForceUnauthorized: Der kontrollierte Port ist im Modus „nicht bevollmächtigt“. Dabei wird jeder Zugriff vom Supplicant geblockt. Es ist egal ob sich der Supplicant erfolgreich authentifizieren kann oder nicht, in jedem Fall wird der Zugriff gesperrt.
  • ForceAuthorized: Das Gegenteil von ForceUnauthorized. Der kontrollierte Port ist im Modus „autorisiert“. Dabei wird dem Supplicant der Zugriff immer gewährt. Es ist nicht wichtig, ob sich der Supplicant gegenüber dem Authenticator authentifizieren kann, in jedem Fall wird der Zugriff gestattet. Dieser Modus ist für die praktische Einrichtung von IEEE 802.1X Switches interessant. Mit der Aktivierung der IEEE 802.1X Authentifizierung in Verbindung mit dem ForceAuthorized Modus ist z. B. eine sukzessive Aktivierung von IEEE 802.1X möglich. Im ForceAuthorized-Modus können z. B. am Switch interne Tests zur IEEE-802.1X-Funktionstauglichkeit vorgenommen werden, bevor anschließend der produktive „Auto“-Modus aktiviert wird, der alle Supplicants zum Authentifizieren zwingt.
  • Auto: Verlangt eine erfolgreiche Authentifizierung von dem Supplicant. Wenn sich der Supplicant erfolgreich authentifiziert hat, wird der Zugriff gewährt, andernfalls bleibt er weiterhin gesperrt.

(Definition aus dem IEEE-Standard [1], Kapitel 8.2.2.2, Global variables, Seite 46, Definition p) 1 bis 3)

Die PAE kann eine Supplicant- oder Authenticatorfunktionalität annehmen.

Authentication Server (AS)

Der AS stellt dem Authenticator einen Authentifizierungsdienst bereit. Dabei ist der AS in der Regel im geschützten Netz installiert und muss sich nicht authentifizieren. Der AS kann in der Praxis ein RADIUS Serverdienst sein, wie ihn z. B. das FreeRadius Projekt frei bereitstellt. Werden die Betriebssysteme Windows 2000 oder Windows 2003 genutzt, so kann mit dem Internet Authentication Service (IAS) ein RADIUS Server betrieben werden. Jeder größere Hersteller von Switches und Routern stellt auch eine eigene RADIUS-Implementierung bereit, hier sei auf das Produktangebot der jeweiligen Hersteller verwiesen.

Die zu überprüfenden Credentials können direkt auf dem AS liegen, in Form einer „Flatfile“ (ASCII-Datei), der AS kann aber auch durch Datenbanktreiber auf einen Datenbankdienst zugreifen. Die Backendmöglichkeiten sind in der Theorie für einen AS unbegrenzt. In der Praxis wird einer LDAP-Anbindung oft der Vorzug gegeben. Der Vorteil liegt auf der Hand: Bestehende Domänenbenutzerkennungen sind im Active Directory Service (ADS) von Microsoft-Betriebssystemen bereits vorhanden. Im Fall von freien LDAP-Implementierungen kann es auch der OpenLDAP3-Dienst sein, der sich für einen LDAP-Betrieb eignet. Die vielfältigen Backendmöglichkeiten vom RADIUS Server sind somit auch Vorteile für den Einsatz von IEEE 802.1X. An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, dass der IEEE-802.1X-Standard auf vorhandenen Schnittstellen aufsetzt und somit bemüht ist praxistauglich zu sein.

Im Kontext der RADIUS Terminologie wird statt des Begriffs "Authenticator" der Begriff Network Access Server (NAS) verwendet. Einwählende Computer betrachten den NAS als Server. Aus der Sicht des RADIUS-Servers, ist der NAS hingegen ein Client.

Das Dienstspektrum und die Benutzerkennung (Zuordnung des VLANs)

Einen großen Vorteil bei der Nutzung von IEEE 802.1X bilden die RADIUS-Access-Accept-Nachrichten vom AS zum Authenticator. Das RADIUS Extensions RFC 2869 beschreibt eine große Menge an Attributen, die vom AS an den Authenticator gesendet werden. Drei interessante Attribute heißen hierbei „Tunnel-Type“, „Tunnel-Medium-Type“ und „Tunnel-Private-Group-Id“. Am Ende der RADIUS-Authentifizierung sendet der RADIUS Server an den NAS eine Access-Accept-Nachricht. Werden diese drei Attribute an die Access-Accept-Nachricht angehängt, wird damit vom NAS gefordert, den Supplicant in das betreffende VLAN zu zuweisen. Die VLAN-ID steht hierbei genau im Attribut „Tunnel-Private-Group-Id“ des Antwortpakets. Der NAS schaltet hierbei den Port vom Gast-VLAN in das für den Supplicant bestimmte VLAN um. Für die Praxis bedeutet es, dass anhand der Benutzerinformationen, die der Authenticator an den AS sendet, im Gegenzug ein angepasstes Dienstspektrum für den Supplicant stattfinden kann. Auf Linux-, BSD- oder Windowsservern ist es heute relativ leicht mehrere VLANs umzusetzen und damit je VLAN eine Auswahl an Diensten bereitzustellen.

Betriebssysteme mit IEEE 802.1X Unterstützung

  • Windows-Clients: Windows 2000 mit Patch, ab Windows Vista ohne Problemen bei servergespeicherten Profilen.[1]
  • Windows-Server: ab Windows Server 2003
  • Windows CE/Windows Mobile
  • FreeBSD
  • NetBSD
  • OpenBSD
  • Mac OS X ab Version 10.3 „Panther“
  • Linux

Bei anderen Betriebssystemen kann Software eines anderen Herstellers nachgerüstet werden, um die Funktion zu nutzen. Das Open1X-Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, mit einer eigenen 802.1X-Implementierung viele Systeme zu unterstützen. Des Weiteren ist es möglich, Netzwerkkomponenten zu verwenden, die eine webbasierte Authentifizierung gestatten.

Sicherheitslücken in 802.1X-2001 und 802.1X-2004

Mehrere Endgeräte pro Anschluss

Im Sommer 2005 hat Steve Riley von Microsoft einen Artikel veröffentlicht in dem er eine ernsthafte Sicherheitslücke im 802.1X Protokoll aufzeigte, die auf einem Man-in-the-middle-Angriff beruht. Zusammengefasst basiert die Lücke auf der Tatsache, dass per 802.1X nur der Anfang der Verbindung gesichert wird, dass es aber nach der Authentifizierung potenziellen Angreifer möglich ist, die geöffnete Verbindung zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, sofern es dem Angreifer gelingt, sich physisch in die Verbindung einzuschleusen. Dazu kann ein Arbeitsgruppen-Hub mit authentifiziertem Rechner oder ein zwischen authentifiziertem Rechner und abgesichertem Port geschalteter Laptop genutzt werden. Riley schlägt für kabelbasierende Netzwerke die Verwendung von IPsec oder eine Kombination aus IPsec und 802.1X vor.[2]

EAPOL-Logoff-Frames werden von dem 802.1X-Supplicant im Klartext übertragen und beinhalten keine nur dem Sender bekannten Informationen.[3] Daher können sie leicht von einem verbundenem Gerät gefälscht werden, um einen DOS-Angriff durchzuführen; dies funktioniert auch per WLAN. Während eines EAPOL-Logoff-Angriffs sendet eine bösartige dritte Partei mit Zugriff zum Medium des Authenticators wiederholt gefälschte EAPOL-Logoff-Frames mit der MAC-Adresse des Ziels. Der Authenticator geht aufgrund der MAC-Adresse davon aus, dass das Zielgerät die Verbindung beenden möchte. Er schließt die authentifizierte Sitzung des Zielgerätes und blockiert damit den Datenstrom des Zielgerätes. Das Zielgerät ist logisch vom Netz genommen.

Die kürzlich verabschiedete 802.1X-2010 Spezifikation begegnet diesen Sicherheitslücken, in dem per MACSec IEEE 802.1AE die Daten zwischen logischen Ports, die oberhalb der physikalischen Ports anzusiedeln sind und den per IEEE 802.1AR (Secure Device Identity / DevID) authentifizierten Geräten verschlüsselt werden. [4][5]

Als Zwischenlösung bis zur Verbreitung dieser Verbesserungen haben einige Hersteller das 802.1X-2001 and 802.1X-2004 Protokoll erweitert, um mehrere gleichzeitige Authentifizierungssitzungen auf einem einzelnen Port zuzulassen. Dies verhindert zwar das versehentliche Eindringen von nicht authentifizierten MAC-Adressen auf 802.1X authentifizierten Ports, aber es hindert ein bösartiges Gerät nicht daran, Daten abzugreifen, die authentifizierte MAC-Adresse anzunehmen oder einen EAPOL-Logoff-Angriff durchzuführen.

Referenzen

  1. Bei Abruf der Gruppenrichtlinien-Objekte, servergespeicherte Profile und Anmeldeskripts von einem Windows 2003-Domänencontroller treten Probleme auf. Support.microsoft.com (14. September 2007). Abgerufen am 4. August 2011.
  2. Steve Rileys Artikel über die 802.1X Sicherheitslücken. Microsoft.com (9. August 2005). Abgerufen am 10. Februar 2010.
  3. IEEE 802.1X-2001, § 7.1
  4. 2 February 2010 Early Consideration Approvals. Standards.ieee.org. Abgerufen am 10. Februar 2010.
  5. IEEE 802.1: 802.1X-2010 - Revision of 802.1X-2004. Ieee802.org (21. Januar 2010). Abgerufen am 10. Februar 2010.

Weblinks


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