Il Libro del Cortigiano

Il Libro del Cortigiano

Baldassare Castigliones Il Libro del Cortigiano gehört neben Ariosts Orlando Furioso und Machiavellis Il Principe zu den bedeutendsten Leistungen der italienischen Literatur der Renaissance.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Il Libro del Cortigiano, das Buch vom Hofmann, entstand in der Zeit zwischen 1508 und 1516, wurde aber erst 1528 in dritter Fassung von Aldo Romano und Andrea d’Asolo in Venedig gedruckt. – In einem narrativen Dialog lässt Castiglione die Freunde Pietro Bembo, Ludovico da Canossa, Bernardo da Bibbiena, Gasparo Pallavicino und viele andere bedeutende italienische Persönlichkeiten des frühen 16. Jahrhunderts an vier aufeinander folgenden Abenden über die Qualitäten des idealen Hofmanns (cortegiano) und der vollendeten Hoffrau (donna di palazzo) diskutieren. Zwei Frauen, die Herzogin Elisabeta Gonzaga (1471–1526) und ihre Schwägerin Emilia Pia, nehmen den Vorsitz ein, wobei Emilia Pia die Aufgabe zufällt die Gespräche zu moderieren. Castiglione inszenierte in seinem Werk die ideale höfische Gesellschaft, ihre Konversations- und Umgangsformen und setzte damit dem Hof von Urbino ein literarisches Denkmal.

Grazia (Anmut), misura (Ausgewogenheit), ingenio (Geist) und arte (Kunst) sind immer wieder auftauchtende Kernbegriffe. Leitmotivisch werden dabei folgende Merkmale des idealen Hofmannes gefordert:

  • Sprezzatura, mit der man ohne sichtbare Anstrengung seine Aufgaben bewältigt,
  • eine humorvolle Gesinnung und schlagfertige Konversation,
  • eine elegante, urbane Lebenshaltung,
  • unbedingte Aufrichtigkeit in der Konversation mit dem Prinzen,
  • Gewandtheit im Umgang mit Frauen und Bildung in den schönen Künsten.

Der Text lehnt sich bewusst in Form und Inhalt an Werke antiker Autoren wie Schriften Ciceros (De oratore) und Platons (Politeia) an. Schon bei seiner Veröffentlichung 1528 war das Buch über den Hofmann ein Publikumserfolg. Es wurde im 16. Jahrhundert ins Spanische, Französische, Lateinische und Deutsche übersetzt. Sir Thomas Hoby schuf in der Nachfolge von Castigliones Cortegiano die Abhandlung über The Courtyer (1561) und Lukasz Górnicki beschrieb das Ideal des polnischen Hofmanns in Dworzanin polski (1566).

Der Cortegiano als Uomo Universale

Castigliones Hofmann ist universell gebildet und hat vielseitige Fähigkeiten. Die Wiederentdeckung der antiken Autoren sowie „die Entdeckung der Welt und des Menschen“, wie Jacob Burckhardt es in seiner Kultur der Renaissance in Italien (1860) in Anlehnung an Jules Michelet formulierte, führte zu einem geradezu leitbildhaften Idealtypus vom Menschen: dem allseits gebildeten und sich ständig perfektionierenden uomo universale, dem „Universalmenschen“.

Exemplarisch sahen schon die Zeitgenossen diese Idee in Leon Battista Alberti (1404–1472) und Leonardo da Vinci (1452–1519) verkörpert. Die Natur des Menschen ist grundsätzlich dynamisch und auf ständige Erweiterung seines von der Natur gegebenen Potentials angelegt, das Überschreiten der Grenzen sowie die Entwicklung hin zu einem gebildeten, im höfischen Umfeld, in Sport und Krieg vollendeten Menschen wird geradezu als Pflicht des Menschen betrachtet.

Alberti war Schriftsteller, Mathematiker und Architekt. Er war ebenso stolz auf seine Reitkünste wie auf seine berühmte Schrift De re aedificatoria (1452). Leonardos Genius revolutionierte sogar die Anatomie und das Ingenieurswesen seiner Zeit. Während Alberti aber nach Verschiedenartigkeit seiner Interessen und zugleich Vervollkommnung in jedem Aspekt strebte, war Leonardos Sicht durchaus aspekthafter und fragmentarischer, dabei zugleich auch skeptischer und tiefer.

Gerade Alberti strebte danach in allen von ihm verfolgten Interessen die Balance zwischen Theorie und Praxis herzustellen und dadurch Vollständigkeit seiner Erkenntnis zu erreichen. Auch der Hofmann Castigliones sollte harmonisch und ausgewogen sein. So wird zugleich kriegerische Tüchtigkeit und kulturelle Bildung gefordert, höfische Anmut und Schlagfertigkeit, Kühnheit und edle Gesinnung werden beim cortegiano vorausgesetzt. Der Hofmann findet seinen Schwerpunkt in der goldenen Mitte, der positiv verstandenen mediocrità.

Der Cortegiano und der Principe – Ideal und Realität der zeitgenössischen Höfe Italiens

Jacob Burckhardt stellt zutreffend in Frage, ob der Cortegiano den Hofmann und seine vollendete Bildung am Hof meint oder nicht vielmehr den höfischen Menschen als ein verbindliches Ideal aller Zeitgenossen aufstellt: „Alles wohl erwogen, könnte man einen solchen Menschen an keinem Hof brauchen, weil er selber Talent und Auftreten eines vollkommenen Fürsten hat und weil seine ruhige und unaffektierte Virtuosität in allen äußeren und geistigen Dingen ein zu selbstständiges Wesen voraussetzt.“

Indem der cortegiano das Möglichkeitspotential des Menschen reflektiert und Universalität als hohe moralische Verpflichtung fordert, werden Gedanken antiker Autoren wie Cicero wiederaufgenommen. Für die stoischen Philosophen war ein reiner Machtstaat und der reine Machtmensch auf das Niveau seiner tierischen Natur begrenzt.

Niccolò Machiavelli Il Principe (1513) findet entgegen dem Cortegiano Castigliones seine Größe gerade in dem Ignorieren ethisch-moralischer Implikationen. Beide Konfigurationen – Machiavellis Fürst und Castigliones Hofmann – stellen beide letztlich zwei Seiten einer Medaille dar, indem bei Castiglione einerseits die Möglichkeiten der vollendeten Kultiviertheit der italienischen Höfe als Ideal formuliert wird und Machiavelli gleichzeitig eine zynische Sicht auf die Pervertiertheit und die moralische Zügellosigkeit der italienischen Höfe und des Machtmenschen der Renaissance wirft.

Literatur

Übersetzung

  • Baldassare Castiglione: Der Hofmann. Lebensart in der Renaissance. Aus dem Italienischen von Albert Wesselski. Mit einem Vorwort von Andreas Beyer; Berlin: Wagenbach, 1999; ISBN 3-8031-2357-7

Sekundärliteratur

  • Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch; Stuttgart 198811
  • Peter Burke: Die Geschicke des Hofmann. Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten; Berlin 1996
  • Edoardo Costadura: Der Edelmann am Schreibpult. Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution; Tübingen: Niemeyer, 2006

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