Innerparteiliche Demokratie

Innerparteiliche Demokratie

Innerparteiliche Demokratie ist die Praxis der Demokratie in den politischen Parteien, bei der durch Informationsfluss, Konferenzen und Abstimmungen die Parteimitglieder an der Entscheidungsfindung über Richtungsfragen und Personalpolitik zumindest beteiligt werden.

Inhaltsverzeichnis

Innerparteiliche Demokratie in Deutschland

Juristisch fassbar ist innerparteiliche Demokratie in Deutschland als die Bezeichnung für eine Maßgabe des Grundgesetzes (GG) an die Parteien. In Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 GG heißt es: Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Im Parteiengesetz (PartG) von 1967 ist dies näher ausgeführt: Das oberste Organ einer Partei ist die Mitgliederversammlung (§ 9 Abs. 1 PartG), die den Vorstand wählt (§ 9 Abs. 3 PartG) und ihn entlastet (§ 9 Abs. 5 PartG). Ferner haben alle Parteimitglieder gleiches Stimmrecht (§ 10 PartG). Die Willensbildung geschieht durch Mehrheitsbeschluss (§ 15 PartG).

Probleme

In der politischen Praxis ist die Umsetzung dieser Gebote über Prinzipien der direkten Demokratie oftmals schwierig. Da die Parteienbinnenstruktur meist einen sehr aktiven Vorstand und den Großteil der weniger aktiven Mitglieder kennt, sind demokratische Entscheidungsprozesse nur in aufwändigen Mitgliederversammlungen oder Parteitagen durchzuführen. Auf aktuelle Themen einzugehen, fällt auf Grund der notwendig langen Vorlaufzeit schwer.

Deshalb werden demokratische Prinzipien in den Parteien über Methoden der repräsentativen Demokratie realisiert. Der gewählte Vorstand bzw. andere legitimierte Führungsgremien (Parteitage, kleine Parteitage, Parteirat o. ä.) trifft die wichtigen Entscheidungen.

Allerdings können innerparteiliche Wahlen auch zur Farce geraten, wenn sich die Kandidaten im Vorhinein abgesprochen haben oder gerade so viele Kandidaten wie zu verteilende Posten zur Verfügung stehen. Insbesondere die Position des Parteivorsitzenden wird auf allen Ebenen selten mittels Kampfkandidatur besetzt.

Innerparteiliche Demokratie und Parlamentsfraktionen

Der Grundsatz der innerparteilichen Demokratie kann jedoch mit dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie in Konflikt geraten.

Die Abgeordneten eines Parlaments (Deutscher Bundestag, Landesparlament, Kreistag, Stadtvertretung), die derselben Partei angehören, bilden eine Fraktion. Der Grundsatz des freien Mandats verhindert, dass die Abgeordneten an die demokratisch getroffenen Beschlüsse der Partei gebunden sind. Der Abgeordnete ist bei der Entscheidungsfindung demnach nur seinem Gewissen unterworfen. Der im Zusammenhang mit den genannten Volksvertretungen oft diskutierte so genannte Fraktionszwang existiert also nicht. Allerdings wird das freie Mandat in der parlamentarischen Praxis durch eine Fraktionsdisziplin eingeschränkt. Dies bedeutet, dass die bei fraktionsinternen Abstimmungen unterlegene Minderheit sich im Interesse eines geschlossenen Auftretens der Fraktion bei der Abstimmung im Plenum des Parlaments der fraktionsinternen Mehrheit beugt und ebenso wie diese abstimmt.

Die durch die fraktionsinternen Abstimmungen erzielten Entscheidungsfindungen müssen nun aber nicht notwendigerweise mit den politischen Festlegungen übereinstimmen, die ein Parteitag der jeweiligen Partei für dieses Themengebiet getroffen hat.

Literatur

  • Thomas Läufer (Hrsg.): Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-222-6.
  • Wolfgang Rudzio: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. 6. überarbeitete Auflage. Leske + Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3887-3, (UTB für Wissenschaft, Uni-Taschenbücher: Politikwissenschaft 1280), S. 117–196, (Auch: 7. aktualisierte und erweiterte Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14790-0).

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