Integrationsfachdienst

Integrationsfachdienst

Integrationsfachdienste (IFD) sind in Deutschland Dienste, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützen sollen. In Österreich heißen vergleichbare Dienste Arbeitsassistenz. Diese Dienste sind in der Regel in der Trägerschaft freier, gemeinnütziger Träger.

Die Integrationsfachdienste sind in §§ 109 SGB IX bzw. § 33 Abs. 6 SGB IX gesetzlich geregelt. Sie sollen schnittstellen- und leistungsträgerübergreifend für die Bundesagentur für Arbeit (Vermittlung) und das Integrationsamt (Begleitung, Sicherung eines Arbeitsplatzes) sowie die Rehabilitationsträger (z. B. Eingliederung nach einem Unfall) tätig sein. Die Koordination der Arbeit der Integrationsfachdienste liegt bei den Integrationsämtern.

Inhaltsverzeichnis

Zielgruppen

Die Zielgruppen des Integrationsfachdienstes sind

  • Behinderte Menschen
  • Arbeitgeber

IFD sind für die Behinderten Menschen gedacht, die eine personalintensivere Unterstützung bei ihrer beruflichen Eingliederung benötigen. Die gesetzlichen Zielgruppen des IFD sind nach § 109 Abs.2 SGB IX insbesondere:

  • "schwerbehinderte Menschen mit einem besonderen Bedarf an arbeits- und berufsbegleitender Betreuung,
  • schwerbehinderte Menschen, die nach zielgerichteter Vorbereitung durch die Werkstatt für behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden sollen und dabei auf aufwendige personalintensive, individuelle, arbeitsbegleitende Hilfen angewiesen sind, sowie
  • schwerbehinderte Schulabgänger, die für die Aufnahme einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf die Unterstützung eines Integrationsfachdienstes angewiesen sind."

Der Gesetzgeber nennt als Zielgruppe ausdrücklich Menschen mit einer sogenannten geistigen oder psychischen Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung.

Der Integrationsfachdienst kann nach § 33 (6) SGB IX auch zur beruflichen Eingliederung von Behinderten Menschen, die nicht den Schwerbehindertenstatus haben, tätig werden (z. B. Menschen mit psychischer Behinderung oder einer sogenannten Lernbehinderung bzw. behinderte Schulabgänger, die noch keinen Schwerbehindertenausweis besitzen). Sie müssen für die Unterstützung durch den IFD einen Rehaantrag beim zuständigen Rehabilitationsträger (bei jungen Menschen meist die Bundesagentur für Arbeit) stellen.

Aufgaben

Zu den gesetzlichen Aufgaben des Integrationsfachdienstes' gehört es (§ 110 Abs. 2 SGB IX):

  • (1) „die Fähigkeiten der zugewiesenen schwerbehinderten Menschen zu bewerten und einzuschätzen und dabei ein individuelles Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofil zur Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in enger Kooperation mit den schwerbehinderten Menschen, dem Auftraggeber und der abgebenden Einrichtung der schulischen oder beruflichen Bildung oder Rehabilitation zu erarbeiten
  • (1a.) die Bundesagentur für Arbeit auf deren Anforderungen bei der Berufsberatung und Berufsorientierung in den Schulen einschließlich der auf jeden Jugendlichen bezogenen Dokumentation der Ergebnisse zu unterstützen
  • (1b.) geeignete Arbeits- und Ausbildungsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erschließen
  • (2.) die betriebliche Ausbildung schwerbehinderter, insbesondere seelisch und lernbehinderter Jugendlicher zu begleiten
  • (3.) die schwerbehinderten Menschen auf die vorgesehenen Arbeitsplätze vorzubereiten
  • (4.) die schwerbehinderten Menschen, solange erforderlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeitsplatz zu begleiten
  • (5.) die Mitarbeiter im Betrieb oder in der Dienststelle über Art und Auswirkungen der Behinderung und über entsprechende Verhaltensregeln zu informieren und zu beraten
  • (6.) eine Nachbetreuung, Krisenintervention oder psychosoziale Betreuung durchzuführen
  • (7:) als Ansprechpartner für die Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, über Leistungen für die Arbeitgeber zu informieren und für die Arbeitgeber diese Leistungen abzuklären und
  • (8.) in Zusammenarbeit mit den Rehabilitationsträgern und den Integrationsämtern die für schwerbehinderte Menschen benötigten Leistungen zu klären und bei der Beantragung zu unterstützen.“

Die Zielgruppe und die Aufgabenstellung der Integrationsfachdienste entspricht weitestgehend dem Konzept der Unterstützten Beschäftigung (Supported Employment). Das Problem ist, dass die derzeitige Finanzierung eine Unterstützung von Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf oft nicht zulässt.

Aber auch schwerbehinderte Menschen, die bereits auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten, werden von den Integrationsfachdiensten im Rahmen der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben beraten bzw. betreut.


Berufsbegleitende Hilfen am Arbeitsplatz

Die Aufgaben des Integrationsfachdienstes im Rahmen der Berufsbegleitenden Hilfen im Auftrag des Integrationsamtes umfassen insbesondere die Förderung von Eingliederungen schwerbehinderter Menschen auf behinderungsgerechten Arbeitsplätzen sowie die Sicherung der Arbeitsplätze dieser Beschäftigten.

Die Integrationsfachdienste beraten

  • Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige
  • Arbeitgeber
  • betriebliche Helferinnen und Helfer (z. B. Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen, Betriebs- und Personalräte)


Die Berufsbegleitenden Hilfen umfassen persönliche Hilfen sowie psychosoziale Hilfen. Die Integrationsfachdienste

  • informieren die Mitarbeiter über Rechte und Pflichten, insbesondere die Förderungsmöglichkeiten nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen,
  • beraten in Fragen des behinderungsgerechten Arbeitseinsatzes schwerbehinderter Menschen und geben Tipps, wie man einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz gestalten kann,
  • vermitteln und unterstützen, wenn es Fragen bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gibt,
  • betreuen die Betroffenen in besonderen Fällen auch außerhalb des Betriebs, so weit dies zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses beiträgt.


Arbeitgeber werden über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten durch das Integrationsamt informiert und zwar im Hinblick auf

  • die behinderungsgerechte Gestaltung vorhandener Arbeitsplätze und Betriebseinrichtungen
  • die Ausstattung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen mit technischen Hilfsmitteln


Im Rahmen der psychosozialen Hilfen beraten die Integrationsfachdienste Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit psychischen Behinderungen, geistig Behinderte, sonstig körperlich behinderte und lernbehinderte Menschen sowie deren Arbeitgeber. Sie

  • unterstützen bei Problemen am Arbeitsplatz
  • helfen bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer Erkrankung
  • helfen bei Konfliktgesprächen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
  • beraten Arbeitgeber
  • ermitteln eine mögliche finanzielle Beteiligung des Integrationsamtes bei innerbetrieblichem Betreuungsaufwand und/oder bei Minderleistung
  • arbeiten eng mit den Institutionen der psychosozialen Versorgung zusammen und helfen den Betroffenen bei der Kontaktaufnahme zu einer außerbetrieblichen Betreuung
  • machen Hausbesuche

Ein weiteres Arbeitsfeld ist der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen. Dabei sind die Integrationsfachdienste am Verfahren beteiligt. Es ist Aufgabe des Integrationsamts bei beabsichtigten Kündigungen von schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen den Sachverhalt zu ermitteln, Arbeitgeber, schwerbehinderte Beschäftigte und Dritte zu hören und auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Die Integrationsfachdienste leisten im Rahmen der Begleitenden Hilfen im Arbeitsleben in diesem Zusammenhang fachdienstliche Unterstützung.


Integrationsfachdienste wurden in den 1980'er und 1990'er Jahren in Modellprojekten erprobt und sind seit ihrer gesetzlichen Verankerung im Herbst 2000 flächendeckend in Deutschland in jedem Bezirk der Agentur für Arbeit aufgebaut worden. Es gibt in Deutschland mittlerweile ein flächendeckendes Netz von 236 Integrationsfachdiensten mit insgesamt 1058 Integrationsberaterstellen im Jahre 2007. Im Jahre 2007 wurden 6.635 Personen mit Behinderungen von den IFD auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden. In 8.567 Fällen konnte durch die Intervention des Integrationsfachdienstes im Rahmen der Begleitenden Hilfen im Arbeitsleben ein Arbeitsplatz gesichert werden. Insgesamt wandten sich knapp 90.000 Personen an einen Integrationsfachdienst, von denen knapp 60.000 Personen in eine Betreuung des IFD übergingen. [1].

Die aktuellen Adressen der regionalen Integrationsfachdienste sind bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) abrufbar. (Datenbank Integrationsfachdienste)

Der bundesweite Zusammenschluss der Integrationsfachdienste ist die Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung (BAG UB) BAG UB.

Literatur

  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) (Hrsg.): Jahresbericht 2007/2008. Hilfen für Schwerbehinderte Menschen im Beruf. Karlsruhe 2008. PDF; BIH Jahresbericht 2007/2008 (Grundinformationen über IFD und aktuelle Zahlen des Leistungsträgers)
  • Stefan Doose: Unterstützte Beschäftigung: Berufliche Integration auf lange Sicht. Theorie, Methodik und Nachhaltigkeit der Unterstützung von Menschen mit Lernschwierigkeiten durch Integrationsfachdienste und Werkstätten für behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Eine Verbleibs- und Verlaufsstudie. 2. durchgesehene und aktualisierte Auflage. Lebenshilfe-Verlag, Marburg 2007, ISBN 978-3-88617-209-2 (ausführliche Einführung, System der beruflichen Integration, Entwicklung IFD, Konzept und Methoden Unterstützter Beschäftigung, Forschungsüberblick, Verbleibsstudie).
  • Dieter Schartmann: Berufliche Integration durch Integrationsfachdienste. In: Rudolf Bieker (Hrsg.): Teilhabe am Arbeitsleben. Wege der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung. Kohlhammer, Stuttgart 2005, S. 258-281, ISBN 978-3-17-018444-2 (Überblicksartikel)
  • Dieter Schartmann & Bernhard van Treeck: Integrationsfachdienst – zurück in das Arbeitsleben. In: Neurotransmitter 6, München 2008, S. 22-26, Volltext (PDF)

Weblinks

bundesweite Organisationen in Deutschland

bundesweite Organisationen in Österreich

Seiten regionaler Integrationsfachdienste in Deutschland

Datenbanken mit Literaturhinweisen zum Thema

Quellennachweise

  1. Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) (Hrsg.): Jahresbericht 2007/2008. Hilfen für Schwerbehinderte Menschen im Beruf. Karlsruhe 2008, S. 28 BIH Jahresbericht 2007/2008


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